Herr Kollege Dr. Fahn, Sie dürfen schon nach vorn kommen. Zunächst habe ich jedoch eine Bekanntgabe zu machen: Beim Tagesordnungspunkt 9, das ist die Abstimmung über Anträge, die gemäß § 59 Absatz 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden, ist über die Listennummern 2 und 10 gesondert in namentlicher Form abzustimmen.
Träger der Erwachsenenbildung für ihre gute Arbeit gelobt. Ich tue dies ebenfalls. Auch wir Freien Wähler halten die Arbeit der Träger der Erwachsenenbildung für sehr gut und bedanken uns für diese gute Arbeit.
Ich hätte auch den "Bayerischen Staatsanzeiger" vom 11. September 2009 zitieren können. Dort geht es um hochprofessionelle Bildungszentren. Diese Zeitung nennt die Zentren "fast eine kleine Universität". Ich halte es für wichtig, bei einem Gesetz, das aus dem Jahre 1974 stammt und somit 35 Jahre alt ist, zu schauen, was daran verbessert und verändert werden kann. Am 24. Juni 2008 hat die Arbeitsgemeinschaft der Erwachsenenbildung ein beachtenswertes Papier herausgebracht. Es trägt den Titel: "Der Mensch bleibt Maß". Darin ist von den wachsenden Herausforderungen in einer leistungsfähigen Gesellschaft und von einem Lernen im Lebenslauf die Rede.
Die Bundesregierung hat am 23. August 2008 ein zukunftsweisendes Papier herausgebracht, das ebenfalls den Titel "Lernen im Lebenslauf" trägt. Darin geht es um ein Konzept zur Verbesserung der Bildung von Kindern im Vorschulalter, das bis zu den Senioren reicht. Am 23. November 2009 fand ein Empfang des bayerischen Ministerpräsidenten - besser gesagt, ohne den bayerischen Ministerpräsidenten - für die Träger der Erwachsenenbildung statt. Dieser Empfang trug ebenfalls den Titel "Lernen im Lebenslauf".
Warum spreche ich dies an? Ich spreche dies an, weil wir heute über einen Gesetzentwurf der GRÜNEN zur Novellierung des Erwachsenenbildungsgesetzes sprechen. Das ist schön und recht. Ich muss aber fragen: Warum springen die GRÜNEN hier zu kurz? Warum sind Sie nicht in die Offensive gegangen und haben gleich ein Gesetz für ein lebenslanges Lernen vorgelegt oder für ein Gesetz für ein Lernen im Lebenslauf plädiert? Das wäre innovativ und etwas Neues gewesen. Dies würde der gegenwärtigen Situation und der Entwicklung entsprechen.
Der Gesetzentwurf der GRÜNEN wurde bereits in verschiedenen Ausschüssen diskutiert. Trotzdem möchte ich einige Punkte noch einmal vertiefen. Positiv ist der darin enthaltene breite Bildungsbegriff in Artikel 2 sowie die breite Aufgabenstellung in Artikel 3. "Das ist durchaus zeitgemäß" schreibt der Bayerische Landkreistag in einer Stellungnahme vom 23. Juni 2009. Ich möchte allerdings einen Einwand einschieben: Je differenzierter und genauer man alles beschreibt, desto mehr schränkt man sich wiederum ein, vor allem wenn das neue Gesetz für längere Zeit gelten und nicht jedes Jahr geändert werden soll. Das bisherige Gesetz beschreibt die Ziele relativ allgemein. Dies hat nicht nur Nachteile, sondern lässt auch Freiräume, die genutzt werden können.
Ein weiterer Knackpunkt steht im Artikel 1 Satz 1: "Jede und jeder hat das Recht, die zur freien Entfaltung der Persönlichkeit und zur freien Wahl des Berufs erforderlichen Kenntnisse und Qualifikationen zu erwerben und zu vertiefen." Hier werden - das ist ein weiterer Kritikpunkt - keine Aussagen zur Finanzierung gemacht. Die finanziellen Auswirkungen wären aber beträchtlich. Diese Aussage ist vor dem Hintergrund der finanziellen Lage lediglich ein frommer Wunsch. Der Landkreistag fragt dazu, was der Inhalt des Anspruchs und wer die Antragsgegner seien. Aus diesem Grunde können die Freien Wähler diesem Gesetzentwurf in dieser Form nicht zustimmen.
Beachten Sie in diesem Zusammenhang bitte, dass es für Schüler ohne einen Hauptschulabschluss seit dem 01. Januar 2009 bereits einen Rechtsanspruch auf Förderung durch den Bund gibt. Damit ist sichergestellt, dass es für jeden Interessierten in ganz Bayern ein entsprechendes Angebot gibt. Dafür wurden im Etat des Kultusministeriums immerhin 580.000 Euro zur Verfügung gestellt.
Uns gefällt die Position der SPD besser. Die SPD definiert ein Grundversorgungsangebot und möchte diesen Anspruch durch eine gezielte Finanzierung umsetzen. Meine Damen und Herren, das ist realistisch, nachvollziehbar und finanzierbar.
Deshalb werden wir dem Antrag der SPD zustimmen. Denkbar sind gewisse Anreizsysteme wie Weiterbildungsprämie, Prämiengutschein oder ein Weiterbildungsdarlehen. Das sind Vorschläge, die von einer Arbeitsgemeinschaft der damaligen Bundesregierung erarbeitet wurden.
Der Vorschlag der SPD, einen neuen Begriff, nämlich "Bildungsrahmengesetz", zu verwenden, könnte man auch aufnehmen. Die aufgeführten Inhalte kommen dem Konzept eines lebenslangen Lernens sehr nahe.
Ein Problem haben wir mit der Bildungsfreistellung. Wir sagen grundsätzlich Ja. Allerdings stellt sich die Frage, ob wir das mit diesem Gesetz machen müssen. Sowohl der Landkreistag als auch die Träger der Erwachsenenbildung - mit denen haben wir uns deswegen getroffen - möchten dies auf andere Weise geregelt wissen. Das müsste man noch erarbeiten. Die Forderung in den Initiativen von SPD und GRÜNEN dazu scheint ideologisch etwas angehaucht. Wir sind nicht gegen die Bildungsfreistellung. Die Frage ist aber, ob man sie unbedingt in das Gesetz schreiben muss.
Nun zur stärkeren Einbeziehung der Kommunen und der Universitäten. Sowohl die SPD als auch die GRÜNEN wollen die stärkere Vernetzung der Erwachsenen
bildung mit den Kommunen bzw. mit dem ländlichen Raum. Sehr gut ist der Vorschlag der SPD, dass berufliche Schulen zu regionalen Zentren für die berufliche Aus-, Fort- und Weiterbildung ausgebaut werden sollen. Die Freien Wähler begrüßen diese Vorschläge ebenso wie den Punkt im SPD-Antrag, dass die Universitäten und Fachhochschulen den Weiterbildungsauftrag verstärkt wahrnehmen sollen.
Ich komme noch einmal zu den Positionen der CSU. Herr Rüth hat auf den Beschluss vom 14.02.2008, der auf Initiative der CSU gefasst wurde, Bezug genommen. Es ging um die Weiterentwicklung der Erwachsenenbildung. Wir wissen nicht, wie sie weiterentwickelt werden soll. Nach eineinhalb Jahren wissen wir es auch noch nicht. Es ging um den Halbsatz, dass der Mitteleinsatz möglichst zielgenau erfolgen solle. Dabei bleibt allerdings unklar, was das Ziel ist, das verfolgt werden soll. Mit anderen Worten könnte es heißen, dass die Freiheit der Bildungsträger, über ihr Angebot selbst zu entscheiden, eingeengt werden soll. So kann man das auch interpretieren. Wir haben das im Gespräch mit den Trägern der Erwachsenenbildung festgestellt. Am Ende ist festzustellen - Herr Rüth hat es gesagt -, dass gar keine Änderung gewollt ist. Vor Kurzem wurde gesagt, die CSU wolle nach 35 Jahren eine Weiterentwicklung. Jetzt muss man davon ausgehen, dass die CSU gar keine Änderung will.
Ich meine, das entspricht nach 35 Jahren nicht der aktuellen Entwicklung. Man müsste konkret etwas ändern. Herr Rüth hat gesagt, der Staat könne nur so viel Geld ausgeben, wie er vorher eingenommen habe. Oder, die CSU stehe dafür,
die Träger der Erwachsenenbildung finanziell bestmöglich auszustatten. Klar, das wollen wir auch, das wollen alle. Was aber heißt "bestmöglich auszustatten"? Das sind viele Versprechungen, meine Damen und Herren.
Das ist leider nichts Konkretes. Auch Kultusminister Dr. Ludwig Spaenle hat nichts zur Klärung beigetragen. Bei einer Tagung in Tutzing am 17.07.2009 zeigte er Verständnis für die Belange der Erwachsenenbildung.
Er sprach aber gleichzeitig von einer knallharten Finanzlage und der absoluten Priorität der Schulen. Ich bin gespannt, was der Staatssekretär hier sagen wird. Ich kann die Aussage zu den Schulen nachvollziehen. Die Erwachsenenbildung muss aber auch mehr bekommen. Deutschland liegt im europaweiten Vergleich bei der Weiterbildung am unteren Ende. Deshalb muss man von der Staatsregierung mehr erwarten. Wir unterstützen die Bestrebungen der Träger der Erwachsenenbildung, die sich wünschen, dass ihr Bereich, nämlich die Weiterbildung, genau die gleiche Existenzgarantie bekommt wie die schulische Bildung. Das ist wichtig.
Ich glaube, das ist in den Köpfen noch nicht vollständig angekommen. Beim Staatsempfang am 23.11.2009 sprach Dr. Ludwig Spaenle von dem Ziel der "Verlängerung der Finanzierungskulisse" - was immer das auch heißen mag.
Die Freien Wähler plädieren für ein modernes Gesetz für ein lebenslanges Lernen. Ich darf ankündigen, dass wir einen eigenen Gesetzentwurf zum Thema "Lebenslanges Lernen" in Kürze einbringen werden. Johann Amos Comenius beschrieb das folgendermaßen: "omnes omnia omnio". Das heißt, allen Menschen alle Dinge der Welt grundlegend beibringen. Das ist der Leitspruch: "Omnes omnia omnio".
Nun einige Worte zu einem Gesetz für ein lebenslanges Lernen: Beim lebenslangen Lernen geht es um Maßnahmen zur Verbesserung der Bildungschancen für Vorschulkinder. Es geht um ein Maßnahmenbündel zur Verbesserung der Situation der Ausbildungsplätze und zur Erleichterung des Übergangs von der Schule zur Hochschule. Es geht auch um Studienanfänger. Es geht um die Verbesserung der Chancen für Frauen.
Die Freien Wähler orientieren sich an zehn Empfehlungen für eine Strategie der Gestaltung des lebenslangen Lernens im Lebenslauf. Es gibt den Innovationskreis Weiterbildung der damaligen Bundesregierung, der im Jahr 2008 eine gute Broschüre vorgelegt hat, in der das festgehalten ist. Es geht um Motivation und Verantwortung durch Verbesserung der finanziellen Rahmenbedingungen, Anerkennung und Akzeptanz für das lebenslange Lernen im Lebenslauf und darum, die Durchlässigkeit und Verzahnung der Bildungsbereiche zu ermöglichen. Ich will auch kurz andeuten: Transparenz und Qualität sicherstellen: Integration durch Bil
dung verbessern - dabei kommt der Sprachförderung eine zentrale Bedeutung zu - Lernen zwischen den Generationen - das wollte ich ausdrücklich erwähnen -: Potenziale ausschöpfen, das Wissen und die Kompetenz der älteren Generation erhalten und weitergeben durch Projekte "Alt hilft Jung" und "Jung hilft Alt". Die soziale Integration und die Weitergabe von Fähigkeiten der Älteren lassen sich dadurch erreichen. Dazu müssen wir neue Angebotsformen entwickeln. Wir müssen das Lernen in der Zivilgesellschaft entwickeln und wir müssen das lebenslange Lernen im Lebenslauf mit Unternehmen ausbauen. Lebenslanges Lernen in der Region ist sehr wichtig. Den Kommunen fällt dabei eine zentrale Rolle zu - das wurde bereits gesagt. Außerdem geht es um grenzüberschreitende Bildungsangebote, die zusammengeführt werden müssen.
Am Schluss komme ich zur wichtigsten Frage. Das ist die Gretchenfrage, wie es mit der Finanzierung aussieht. Bei den Gesprächen mit den Trägern der Erwachsenenbildung stellt man immer wieder fest, dass diese noch heute erschrocken sind, als der damalige Ministerpräsident Dr. Stoiber im Dezember 2005 in einer Nacht- und Nebelaktion - das war wirklich so - die Mittel für die Volkshochschulen gänzlich kürzen wollte. Dieser Schreck ist immer noch präsent. Sie sagen, so etwas darf nie mehr vorkommen. Die Träger wollen eine Existenzsicherung für die Erwachsenenbildung, wie sie sie für die Schulen gibt. Wir wissen, die Mittel für die Jahre 2009 und 2010 betrugen je 19 Millionen Euro, genauso hoch wie im Jahr 2000. Damals waren es 19,65 Millionen Euro. Zwischenzeitlich gab es Inflation und Haushaltssperren, trotzdem wurden die Mittel nicht erhöht.
Die Freien Wähler unterstützen die Forderung der Träger der Erwachsenenbildung, die eine staatlich garantierte Grundfinanzierung in Höhe von 25 Millionen Euro ohne Haushaltssperre und mit einem Dynamisierungsfaktor wollen. Wir finden, dass das nicht unrealistisch ist. Wir sollten anstreben, die Mittel fortzuschreiben und eine gewisse Garantie zu geben. Wir wollen, dass die Finanzierung durch den Landtag geschieht und nicht durch einen Beirat, weil das transparenter ist.
Ich komme zurück zum 23.11.2009. Das war ein toller Empfang der Träger der Erwachsenenbildung. Viele hundert Personen waren anwesend, und es war insgesamt eine hervorragende Veranstaltung. Die Träger der Erwachsenenbildung stellten ihre Arbeit vor. Immerhin werden jedes Jahr von 416 Einrichtungen drei Millionen Menschen in Bayern erreicht. Kultusminister Spaenle drückte sein Lob treffend aus und meinte, das Tolle an der Volkshochschulbildung sei, dass jeder Bürger an jedem Punkt seiner Biografie einsteigen könne. Ich möchte das ausdrücklich bestätigen. Allerdings war es ein Staatsempfang, zu dem Ministerpräsident Seehofer
eingeladen hatte. Er hatte eingeladen und sagte mittags um 12.30 Uhr kurzfristig ab. Den Grund der Absage kennen wir bis heute nicht.
Eine Bemerkung am Rande, meine Damen und Herren: Ich habe am Sonntag die Homepage der Staatsregierung angesehen. Dort steht immer noch, dass der Ministerpräsident am 23.11.2009 einen Staatsempfang bei den Trägern der Erwachsenenbildung gegeben habe. Der Webmaster der Staatsregierung müsste das löschen und aktualisieren.
An diesem Abend war alles angerichtet: ein volles Haus, eine tolle Veranstaltung, tolle Referenten. Man hatte gehofft, dass der Ministerpräsident eine finanzielle Zusage mitbringen wird - zumindest 1 oder 2 Millionen Euro. Diese Chance wurde leider verpasst. Jetzt habe ich gehört, dass morgen der Ministerrat tagt.
Da sind wir einmal gespannt, was passiert. Kultusminister Spaenle hat mir gesagt, es gibt wahrscheinlich etwas, aber er darf noch nicht sagen, wie viel. Da sind wir gespannt.
Ganz zum Schluss, meine Damen und Herren, machen wir vielleicht noch einen großen Wurf. 1974 wurde das jetzt geltende Erwachsenenbildungsgesetz von allen Fraktionen gemeinsam verabschiedet. Vielleicht gelingt uns diese Geschlossenheit noch einmal. Von Konrad Lorenz stammt der Satz: "Leben heißt Lernen." Also brauchen wir ein lebenslanges Lernen.
Bleiben Sie bitte noch kurz am Pult stehen, Herr Kollege. Frau Kollegin Tolle möchte eine Zwischenbemerkung machen.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich lege Wert auf die Feststellung - und ich glaube, viele Parlamentarierinnen und Parlamentarier hier auch -, dass es unmöglich ist, es gutzuheißen, wenn ein Ministerpräsident auf eine Veranstaltung kommt und seine Sterntaler verteilt oder Versprechungen macht, die das Haushaltsrecht des Landtags berühren. Was den verschiedenen Institutionen in Bayern an Geld gegeben wird, entscheidet immer noch dieses Hohe Haus.
Da geht es nicht darum, dass jemand kommt und Geschenke bringt. Ich denke, wir sollten hier ein Demokratieverständnis in der Art, dass so etwas von einem