Herr Kollege Freller, meine Frage zielte natürlich nicht auf Ihre Verdienste ab. Wenn Sie das damals schon wussten, warum haben Sie das damals dann nicht in Arbeitsaufträge für die Schulen umgesetzt?
Das haben wir doch gemacht. Ich muss mich wiederholen: Wir haben eine gute Aufklärungsarbeit gemacht. Wir machen immer noch eine gute Aufklärungsarbeit. So gut, wie wahrscheinlich in keinem anderen Land. Die Schulbücher wurden untersucht. Wir haben in Bayern gezielt den Auftrag erteilt, in den Schulbüchern die Geschichte fortzuschreiben und die Bücher entsprechend zu überarbeiten. Wir haben dafür gesorgt, dass in den Schulbüchern auch das DDR-Unrechtsregime genannt wird. Auch der Bürgerwiderstand in der DDR wurde dabei hervorgehoben. Ich sage noch einmal: In Sachen politische Bildung kann man nicht zu viel tun. Wir haben bei der politischen Bildung einen permanenten Auftrag. Die CSU und die FDP werden diesen Auftrag, solange sie Verantwortung tragen, exakt und gewissenhaft erfüllen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte geben Sie künftig dem Präsidium ein deutliches Zeichen, wenn Sie mit Ihrer Frage noch nicht zu Ende gekommen sein sollten. Jetzt hat sich noch einmal Frau Kollegin Pranghofer zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin, liebe Kollegen und Kolleginnen! Herr Kollege Freller, Sie haben gerade mit dem moralischen Zeigefinger gedroht. Ich möchte noch einmal betonen, dass ich diesen Antrag als Quatsch bezeichnet habe, weil die Forderungen im Kultusministerium und in den Schulen bereits umgesetzt sind. Die Schulen haben bereits die Möglichkeit, Zeitzeugen einzuladen. Das hat nichts mit den geschichtlichen Hintergründen in der DDR zu tun. Das hat auch nichts damit zu tun, dass wir diese Zeit in den Schulen aufarbeiten müssen. Meine Aussage bezog sich nur auf den vorliegenden Antrag. Alle Redner haben gesagt, dass dieser Antrag so, wie er formuliert ist, nicht ins Parlament eingebracht werden kann. Wenn Sie andere Absichten haben, müssen Sie den Antrag anders formulieren.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! In diesem Lande sind schon öfter Dinge geschehen, bei denen wir uns alle einig sind, dass sie nie wieder geschehen dürfen. Um zu erreichen, dass dieses "Nie wieder" fest verankert wird, ist es wichtig, gemeinsam für das Erinnern zu arbeiten. Wir müssen vor allem an der Erinnerung derjenigen arbeiten, die diese Geschehnisse selbst nicht erlebt haben. Das ist unser Auftrag und unser gemeinsames Bestreben. Die Schulen in Bayern wollen dabei ihren Part übernehmen. Frau Kollegin Sandt, ich bin der Überzeugung, dass Zeitzeugen so eindrucksvoll wie kein anderes Medium sind, kein Buch und kein Film. Aus diesem Grunde unterstützen wir die Bestrebung, Zeitzeugen an die Schulen zu bringen. Das Kultusministerium ist gerade dabei, eine Liste mit Namen von Zeitzeugen zu erstellen.
Wir erstellen gerade eine Liste von Personen, die als Zeitzeugen für Schulen zur Verfügung stehen. In diese Liste fügen wir auch Personen ein, die als Zeitzeugen einen anderen Hintergrund haben, nämlich Personen, die sich kurz nach der Wende bereit erklärt haben, beim Aufbau eines demokratischen Staatswesens in der früheren DDR Hilfe zu leisten. Diese Leute können eindrucksvolle Erlebnisse schildern. Wir fühlen uns bei der Erarbeitung dieser Liste durch Ihren Antrag bestätigt.
Irgendwann wird es dabei auch um Geld gehen. Wir sind Ihnen dankbar, dass Sie uns hier unterstützen.
Ich darf an dieser Stelle anmerken, dass wir die Schulen angeschrieben und aufgefordert haben, dieses Thema in den Jahren 2009 und 2010 an den staatspolitisch relevanten Gedenktagen dieses Thema aufzugreifen. Insbesondere den 9. November haben wir als Projekttag empfohlen, an dem Diskussionen und Lesungen durchgeführt, aber auch Zeitzeugen zur Illustration der Aussagen eingeladen werden können. Die Landeszentrale für politische Bildungsarbeit bietet auf der Grundlage von Kooperationsvereinbarungen und Kooperationsveranstaltungen eine Ausweitung des einschlägigen Angebots an. Auch damit kann an den Schulen Ihr Anliegen vorangebracht werden.
Ich möchte an dieser Stelle noch einen sächlichen Zeitzeugen erwähnen, nämlich das Deutsch-Deutsche Museum in Mödlareuth. Wir sind dabei, dieses Museum auszubauen. Im Jahr 2010 ist eine quantitative und qualitative Ausweitung geplant. Im Jahr 2011 soll sogar ein Neubau in Abstimmung mit dem Zweckverband errichtet werden. Ich verstehe diesen Antrag als Aussage, dass wir bei solchen Aktivitäten Ihren Rückhalt haben. Wenn wir an dieser Stelle tätig werden, kann es gut sein, dass wir Ihren Rückhalt beim Finanzhaushalt brauchen.
Summa summarum: Ich verstehe diesen Antrag als Ermutigung, als Auftrag, aber auch als Bestätigung und Unterstützung unseres Bestrebens, historisches Bewusstsein bei jungen Menschen zu pflegen und weiterzuführen. Wir haben ein gemeinsames Ziel: Nie wieder eine Diktatur auf deutschem Boden! - Hierzu könnte all das einen wesentlichen Beitrag leisten.
Dem Präsidium liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich sehe auch keine weiteren Wortmeldungen. Wir können also zur Abstimmung kommen, nachdem die Aussprache hiermit geschlossen ist. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/2229 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind der Fraktionen der CSU, der FDP, der Freien Wähler und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Ich bitte, Gegenstimmen anzuzeigen. - Das ist die SPD-Fraktion. Enthaltungen? - Ich sehe keine Enthaltungen. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Georg Schmid, Karl Freller, Joachim Unterländer u. a. und Fraktion (CSU),
Thomas Hacker, Dr. Otto Bertermann, Brigitte Meyer und Fraktion (FDP) Ärztliche Versorgung in Pflegeeinrichtungen (Drs. 16/2230)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die medizinische Versorgung in den Pflegeheimen ist eine zentrale Frage im Hinblick auf die Qualität in der Pflege. Wir erleben immer wieder, dass durch eine unzureichende Versorgung der pflegebedürftigen Menschen Krankenhausaufenthalte erforderlich sind. Ich könnte Ihnen hier eine ganze Liste von Beispielen vorlegen. Wir erleben immer wieder, unabhängig von der Frage einer optimalen Notfallversorgung, dass nicht rechtzeitig eingegriffen wird, beispielsweise bei einer plötzlichen Erkrankung oder bei medizinischer Begleitung. Die Lösung dieses Dilemmas ist ein entscheidender Punkt bei der Beantwortung der Frage, wie wir in Zukunft gute Pflege definieren werden. Wir haben deshalb, gemeinsam mit diesem Haus, im Bayerischen Pflege- und Wohnqualitätsgesetz in Artikel 3 die Frage der medizinischen Versorgung ausdrücklich definiert.
Meine Damen und Herren, wir wissen, alle an dieser Versorgung Beteiligten, auch die Träger, haben dafür Sorge zu tragen, dass die ärztliche Versorgung der Bewohner in stationären Einrichtungen gesichert ist, und dass diese Versorgung derjenigen in sonstigen ambulanten Einrichtungen entsprechen muss. Die ärztliche Versorgung ist angesichts der in der Regel vorliegenden Multimorbidität einschließlich der möglichen vielfältigen psychischen Erkrankungen umfassend zu verstehen. Die Sicherstellung dieser Versorgung bedeutet auch eine breite fachärztliche Betreuung. Wichtiges Element in diesem Zusammenhang sind festangestellte Ärzte, wie wir das beispielsweise bei der Einrichtung der Arbeiterwohlfahrt in der Münchner Gravelottestraße haben.
Das Konzept ist gemeinsam mit der AOK entwickelt worden. Wir erleben mit den Pflegenetzen und mit den Praxisverbünden Ähnliches.
In der Praxis zeigt sich, dass die Festanstellung der Ärzte in jeder Richtung ein Erfolgsmodell ist, ohne dass dabei der Stellenwert des niedergelassenen Arztes im Geringsten eingeschränkt würde. Betrachtet man das Berliner Beispiel, stellt man fest: Bei rund 40 von 230 Pflegeeinrichtungen, die einen Arzt als festen Vertragspartner vereinbart haben, ist die Qualität der hausärztlichen Versorgung erheblich gestiegen. 92 % der Bewohner zeigten sich mit der Regelung zufrieden, während es in anderen Heimen nur 53 % waren. In diesen Einrichtungen sind zum Teil 30 oder sogar mehr Hausärzte tätig. Während die Pflegekassen in einem typischen Berliner Heim im Jahr 2005 im Schnitt 78 Kliniküberweisungen pro 100 Bewohner registrierten, lag die Quote bei Einrichtungen mit Ärzten im Pflegeheim im Durchschnitt bei 35 %. In München konnten durch den Arzt im Pflegeheim nach Angaben des Trägers und der Kassen 200.000 Euro pro Jahr für Krankentransporte und Klinikaufenthalte eingespart werden. Auch der Medikamentenverbrauch der Heimbewohner ist nachweislich gesunken.
Die zweite Alternative, die ich in diesem Zusammenhang ansprechen möchte, sind die Pflegeverbünde. Die Pflegenetze oder Pflegerverbünde basieren auf den integrierten Versorgungsverträgen, die die Zusammenarbeit zwischen Kranken- und Pflegekassen sowie Ärzten, Krankenhäusern und Pflegheimen regeln. Die teilnehmenden Vertragsärzte stellen die medizinischen Leistungen sowie die differenzierten Versorgungsangebote über alle Versorgungsebenen hinweg in enger Zusammenarbeit mit den beteiligten Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern sicher. Das geschieht wahlweise, denn man kann und darf ein System nicht vorschreiben. In acht Pflegenetzen wurde dieses System im Freistaat Bayern bereits realisiert, und zwar beispielsweise in Würzburg, Bamberg, Bayreuth, Nürnberg, Passau, Augsburg und Bad Aibling.
Es muss unser Anliegen sein, zu überlegen, wie diese erfolgreichen Modelle zur Verbesserung der Qualität der Pflege nachhaltig ausgebaut und weiterentwickelt werden können. Die rechtlichen Voraussetzungen hierfür sind gegeben. Mit dem Pflegeweiterentwicklungsgesetz wurde der § 119 b in das SGB V eingefügt. Diese Vorschrift ermöglicht, dass die stationäre Pflegeeinrichtung für den Fall, dass keine Kooperationsverträge zwischen der Einrichtung und den Vertragsärzten geschlossen werden konnten, ermächtigt werden kann, zur Versorgung der Heimpatienten Verträge mit angestellten Ärzten abzuschließen.
Vor einiger Zeit haben wir in diesem Zusammenhang schon eine Initiative gestartet und im Dialog mit den Ärzten, aber auch mit den Kostenträgern, mit den Trägern der Heime und den Angehörigen versucht, das Anliegen einer optimalen medizinischen Versorgung
voranzubringen. Diese Wege werden als sinnvoll erachtet. Heute ist ein Signal zur Verbesserung notwendig, damit auch die Kassen ein klares Zeichen zum weiteren Ausbau bekommen. Im Zusammenhang mit den pflegerischen Rahmenbedingungen soll es für die Betroffenen unter dem Strich etwas bringen. Wir wollen eine breite Aufbereitung in den beiden dafür zuständigen Landtagsausschüssen durch die Bayerische Staatsregierung. Wir Politiker im Bayerischen Landtag, aber auch die Politik insgesamt, sind es den betroffenen Generationen schuldig, alles zu tun, damit im Pflegefall eine bestmögliche Versorgung unter Wahrung der Menschenwürde gewährleistet ist. Dies kann ein Weg sein, der, wenn er konsequent beschritten wird, dazu beiträgt. Unser Dringlichkeitsantrag ist dafür ein erster Schritt.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die ärztliche Versorgung in Pflegeeinrichtungen ist in der Tat ein wichtiges Thema. Herr Kollege Unterländer, Sie haben fast schon den ergebnisoffenen Bericht der Staatsregierung vorweggenommen, was mich einigermaßen erstaunt. Vielleicht tun Sie das so dezidiert wegen der Unterzeichner vonseiten der CSU. Vielleicht sagen Sie es deshalb so klar. Sie haben das Pflege- und Wohnqualitätsgesetz erwähnt. Da wären aber in der Tat von den Mehrheitsfraktionen und von der Staatsregierung vordringlichere Dinge zu tun, nämlich zum Beispiel endlich die entsprechende Verordnung auf den Weg zu bringen, auf die die Einrichtungsträger schon seit geraumer Zeit dringend warten.
Wir haben dieses Thema auch im Landesgesundheitsrat als so wichtig erachtet, dass wir uns vorgenommen haben, es aufzuarbeiten. Jetzt können Sie sagen, dass dieses Haus den Vorschlägen des Landesgesundheitsrates beim Gesundheitsschutz nicht folgte. Bedauerlicherweise ist das so. Deswegen müssen wir das selber machen. Aber auch dort steht das Thema auf der Agenda ziemlich weit oben.
Sie wollen einen Bericht zur Ist-Situation. Ich möchte das noch ergänzen. Das, worauf Sie abheben, ist im Wesentlichen die hausärztliche Versorgung. Ich möchte einen Bericht über die hausärztliche, die fachärztliche und insbesondere auch die zahnärztliche Versorgung; denn auch da liegt das eine oder andere im
Als wir im Landesgesundheitsrat beschlossen haben, uns des Themas anzunehmen, hatte der Landrat von Landsberg am Lech dies für seinen Kreis bereits aufarbeiten lassen. Ich würde bitten, dass man sich das holen lässt und für alle Landkreise die entsprechende Datengrundlage in dieser Art und Weise bekommt. Da ist schon gute Vorarbeit geleistet worden.
Was mich in der Tat erstaunt hat, Herr Kollege, ist, dass Sie die Festanstellung, dieses Heimarztmodell der AWO und der AOK, so loben, denn nach meinem Kenntnisstand war gerade Ihre Fraktion diejenige, die das eben genau nicht gefördert hat, sondern die dagegen war. Aber vielleicht haben deswegen Ihre Gesundheitspolitiker den Antrag nicht unterschrieben und sind hier auch nicht als Rednerin oder Redner aufgetreten. Inzwischen sind sie zumindest physisch anwesend. Das war am Beginn der Debatte auch nicht so. Mich würde es freuen, wenn sich die Position der CSU da insgesamt geändert hätte.
Klar ist auch, dass Sie die Rolle der Pflegenetze thematisiert haben wollen. Auch dafür gibt es unsere Zustimmung. Sie, Herr Kollege Unterländer, haben gesagt, dass die rechtlichen Voraussetzungen mit § 119 b gegeben seien. Darüber scheint es mit Ihrem Koalitionspartner keinen Konsens zu geben, denn sonst müssten Sie in dem Antrag nicht hinterfragen, ob sie ausreichen. Aber nachdem Sie jetzt auch in Berlin die Gesundheitspolitik gestalten, können Sie das gern auch entsprechend weitergeben, wenn sich Handlungsbedarf ergibt.
Insgesamt nicht erkennen kann ich die Dringlichkeit dieses Antrags. Gerade im gesundheitspolitischen Bereich hätte es andere Themen gegeben, die im Moment im Vordergrund stehen. Ein solches Thema wäre beispielsweise, wie man die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung auf eine andere Grundlage stellt.
Denn was wir von Ihnen aus Berlin hören, ist, dass Sie die Versicherten einseitig zusätzlich belasten wollen, damit Sie höhere Ärztehonorare und andere Dinge bezahlen können, wenn Sie sie für richtig halten.
Verehrter Kollege von der FDP-Fraktion, auch das, was Ihr Antrag enthält, kostet Geld, auch wenn das Heimarztmodell der AOK 1,3 Millionen Euro gespart hat. Wenn wir das so umfänglich machen, wie wir uns das