Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Nach der momentanen Rechtslage, wie sie gerade unzutreffend geschildert worden ist, muss man ein rechtliches Bedürfnis nachweisen, um Vorgänge, die die eigene Person betreffen, offengelegt zu bekommen. Ziel des Informationsfreiheitsgesetzes ist es nicht, personenbezogene Daten von Mitbürgern auszuspähen, sondern Ziel ist es, dass Verwaltungsvorgänge offengelegt werden. Der Informationsanspruch richtet sich in erster Linie gegen die Behörde und nicht gegen meine Mitbürger. Das sind die grundlegenden Aussagen. Dass die Mehrheit hier im Haus sich hartnäckig gegen ein Informationsfreiheitsgesetz wehrt, ja dieses fürchtet wie der Teufel das Weihwasser, ist zutiefst erschütternd und erschreckend.
Meine Damen und Herren, was ist denn ein Informationsfreiheitsgesetz? Es ist ein Gesetz, das dem Bürger in seinem Geltungsbereich den grundsätzlich freien Zugang zu den bei öffentlichen Verwaltungen existierenden Informationen gewährt. Es regelt diesen Zugang und sagt, wann, wo und wie ich welche Informationen unter welchen Voraussetzungen erhalten kann. Ein solches Gesetz gibt es auf Bundesebene und in den Ländern Schleswig-Holstein, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, NordrheinWestfalen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Solche Gesetze gibt es aber auch in den USA, in Kanada, Skandinavien, Frankreich, Spanien, Portugal, in den Niederlanden, in Griechenland, Italien, Belgien, Irland, Österreich, Polen, Ungarn, Russland und auch in der Tschechoslowakei. Nur Sie in Bayern wollen so ein Gesetz nicht.
- Da fragt man sich schon, warum. Mir scheint es so, dass die Mehrheit hier im Haus - da spielt auch die FDP mit - immer als parlamentarischer Vortänzer für neue Gesetze auftritt. Diesmal aber erscheint mir das nicht so. Sie wollen weiter einer provinziellen, fast muffigen Heimlichtuerei frönen, die ins letzte Jahrtausend gehört. Das verstehe, wer will.
Dabei soll die Informationsfreiheit lediglich einen modernen, offenen, lichten, klaren und transparenten Staat ermöglichen. Die Bürger sollen wissen, wie die
öffentlichen Verwaltungen arbeiten, wie dort die Entscheidungen zustande kommen und welche Absichten und Intensionen hinter den Entscheidungen stehen. Hierdurch kann der Bürger besser begreifen, warum eine bestimmte Entscheidung getroffen worden ist. Er ist nicht mehr im Dunkeln. Er kann besser in politische Prozesse einbezogen werden, und er kann natürlich auch Verwaltungen besser kontrollieren. Meine Damen und Herren, das ist ganz einfach mit einem Wort gesagt: Das ist Demokratie. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen.
Demokratie kann nur mit Information und Zugang zu Informationen funktionieren. Der Anspruch auf Information richtet sich nach dem Gesetzeszweck grundsätzlich gegen sämtliche Stellen der Exekutive. Dieses Gesetz erlaubt es nicht, dass private Daten, Geschäftsgeheimnisse oder sogar Staatsgeheimnisse verraten werden. Das Gesetz verfolgt lediglich den Zweck, dass gerade auf kommunaler Ebene Vorgänge offener und transparenter werden. Schützenswerte Informationen können nicht über das Informationsfreiheitsgesetz erlangt werden.
Sehr geehrte Damen und Herren, es wird immer versucht, den Eindruck zu erwecken, dass es zwischen Informationsfreiheit und Datenschutz einen Dissens gibt. Diesen Dissens gibt es nicht.
Schauen Sie zum Beispiel auf die Homepage des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz in Schleswig-Holstein. Dort erhalten Sie breite Informationen zur Informationsfreiheit. Dort werden Antragstellern sogar Tipps gegeben, wie sie Anträge bei Behörden stellen können. In Schleswig-Holstein ist man schon einen Schritt weiter als bei uns. Dort hat man richtigerweise erkannt, dass Informationsfreiheit auch ein Teil Datenschutz ist. Ein sinnvoller Datenschutz kann aber nur betrieben werden, wenn der Zugang zu den Daten frei ist. Die Informationen müssen nicht immer geschützt werden. Sicherlich gibt es schützenswerte Informationen, die auch geschützt sind. Der Großteil der Informationen muss jedoch zugänglich sein. Diese Informationen müssen den Bürgern in transparenter Weise offengelegt werden, damit sie wissen, woran sie sind.
Sehr verehrte Damen und Herren, bei dieser Frage geht es lediglich darum, dass Bayern nicht den Anschluss an eine moderne bürgerschaftliche, demokratische und rechtsstaatliche Gesellschaft verliert. Die Politik darf den Bürgern nicht länger Herrschaftswissen vorenthalten, sondern muss die Bürger ernst nehmen und ihnen reinen Wein einschenken. Die Bürger müssen wissen, warum und wieso welche Entscheidungen gefallen
sind. Die Entscheidungsgrundlagen müssen offengelegt werden. Wenn ein Bürger nicht weiß, warum ein Gemeinderat oder eine Behörde eine bestimmte Entscheidung getroffen haben, führt dies zu Politikverdrossenheit. Wenn alle Entscheidungen im Nebulösen oder Dunkeln bleiben, verlieren die Bürger das Vertauen in die Exekutive. Hier müssen wir ansetzen und den Leuten sagen: Ihr könnt auf unseren Staat und auf unsere Exekutive vertrauen. Deshalb muss der Staat sagen, warum er in einer bestimmten Weise handelt.
So gegensätzlich die Zielsetzungen von Informationsfreiheit und Datenschutz auf den ersten Blick erscheinen mögen, so eng sind sie in Wirklichkeit miteinander verknüpft; denn Informationsfreiheit und Datenschutz entspringen beide dem gleichen Recht, nämlich dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dahinter steht der Gedanke, dass derjenige, dem die Entscheidungsfreiheit darüber obliegt, ob und wem er seine persönlichen Daten offenbart, zugleich hinreichend informiert sein muss, um seine Rechte in ausreichendem Maße wahrnehmen zu können.
In unserer zunehmend zur Informationsgesellschaft werdenden Gesellschaft kann nur derjenige sinnvoll von seinen Rechten Gebrauch machen und an der politischen Gestaltung mitwirken, der informiert ist. Informationsfreiheit und Datenschutz sind somit wesentliche Elemente einer freiheitlichen Demokratie. Diese können wir nur erreichen, wenn es zwischen Staat und Bürgern eine faire Informationsverteilung gibt. Wir müssen es ermöglichen, dass der Bürger über alle relevanten Vorgänge ausreichend informiert wird. Darauf hat nicht nur die Bevölkerung der anderen Länder, in denen solche Gesetze existieren, einen Anspruch, sondern auch das bayerische Volk. Die Bürger müssen sich über Dinge, die sie angehen, informieren können.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass unser Programm so viel Zuspruch findet. Herr Kollege Arnold, Sie haben sich dieses Programm sehr genau zu Gemüte geführt. Ich kann das verstehen; denn es ist lesenswerter als Ihr Programm.
Ich bin auch erfreut, wenn Sie dieses Programm täglich zitieren. Vielleicht verstehen Sie dann irgendwann auch, was drinsteht.
(Horst Arnold (SPD): Und bei diesem Wunsch bleibt es! - Jörg Rohde (FDP): Gut Ding will Weile haben!)
Wer wie wir den mündigen und frei verantwortlichen Bürger will, muss ihm auch die Möglichkeit an die Hand geben, sich die nötigen Informationen zu verschaffen. Wir wollen Information, Kontrolle der Verwaltung und Transparenz. Ich sage aber auch: Das Informationsfreiheitsgesetz ist nur ein Punkt auf unserem Wunschzettel, der - wie Sie sich vorstellen können - lang ist. Wir haben in der Koalition viel erreichen können. Ich nenne nur das Stichwort Versammlungsrecht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, vielleicht ist es schon zu lange her, dass Sie an einer Koalition beteiligt waren.
Ich sage Ihnen: Eine Koalition ist kein Wunschkonzert. Nicht jede Woche ist Weihnachten. Ich sage ganz deutlich: Wir Liberalen sind durchaus nicht abgeneigt, uns weiter mit dem Thema Informationsfreiheitsgesetz zu beschäftigen.
Bei Ihren Gesetzentwürfen fällt es uns jedoch leicht, sie abzulehnen. Herr Kollege Arnold, Sie haben gesagt, Datenschutz und Informationsfreiheit passten zusammen. Hier gebe es keinen Widerspruch. Vielleicht gebe es sogar Synergieeffekte. Ich habe den Eindruck, dass Sie hier etwas verwechseln. Ich befürchte, dass Sie entweder nicht wissen, was Informationsfreiheit bedeutet, oder - das wäre noch schlimmer - Sie wissen nicht, was Datenschutz bedeutet.
(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das ist eine Frechheit! - Christa Naaß (SPD): Einen Stil haben Sie drauf!)
Beim Datenschutz entsprechen die beiden eingebrachten Gesetzentwürfe nicht unseren Vorstellungen. Es kann doch nicht sein, dass jeder Bürger, der eine Bauakte einsehen möchte, problemlos diesen Einblick bekommt.
Sehr verehrte Damen und Herren von den GRÜNEN und von der SPD, Sie können doch so etwas nicht wollen. Genau das würde jedoch mit diesen Gesetzent
Wir müssen sorgsam vorgehen und dürfen nicht in einer Hauruck-Aktion ein Gesetz schaffen, an dem wir in den nächsten Jahren wieder rumdoktern müssten. Hier handelt es sich um ein wichtiges Thema. Ich sage aber auch: Die Informationsfreiheit ist nicht das einzige Thema. Deshalb bitte ich in dieser Debatte um etwas mehr Unaufgeregtheit. In Bayern kein Informationsfreiheitsgesetz zu haben ist vielleicht das kleinere Übel als ein schlechtes Informationsfreiheitsgesetz zu haben, mit dem der Datenschutz nicht hinreichend berücksichtigt würde.
Es ist schön, dass Sie den Bund erwähnen. Kolleginnen und Kollegen von der SPD, im Bund regieren Sie. Ich nenne nur den Arbeitnehmerdatenschutz. Seit Jahren wird darüber geredet. Der Lidl-Skandal ist schon fast zwei Jahre her. Was haben Sie bislang bewegt? Gar nichts, null Komma nichts, um bei Ihren Worten zu bleiben. Kolleginnen und Kollegen, da werden Sie still, aber Sie müssen sich das anhören. Ich habe heute schon gesagt: Beim Airbus-Skandal mit einem MassenScreening haben Sie nichts getan.
Wir Liberalen sind der Auffassung, dass eine Neubewertung des Verhältnisses zwischen dem Datenschutz auf der einen Seite und dem Kernbereich des Informationsfreiheitsgesetzes auf der anderen Seite stattfinden muss. Da hilft es auch wenig, wenn in einer langen Litanei alle Länder aufgezählt werden, wie das Herr Kollege Streibl getan hat. Übrigens. Die Tschechoslowakei gibt es mittlerweile nicht mehr. Sie sollten sich einmal auf den aktuellen Stand bringen.
Wir brauchen eine sachliche Auseinandersetzung mit diesem Gesetz. Ich habe mehrfach im Ausschuss gesagt, dass dieses Gesetz das Informationsinteresse des Antragstellers auf eine Stufe stellt und regelt, dass es darauf ankommt, ob das Informationsinteresse oder das schutzwürdige Interesse eines Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt. Das muss kein rechtlich geschütztes Interesse sein. Das bedeutet: Der Datenschutz ist nicht hinreichend berücksichtigt.
Frau Kollegin Guttenberger hat dankenswerterweise bereits angesprochen, dass der Schutz des geistigen Eigentums bei Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen stärker als der von privaten Rechten ausgeprägt ist.
Hier sehen wir ein Missverhältnis. Deshalb wird die FDP-Fraktion beide Gesetzentwürfe ablehnen. Wir werden am Thema Informationsfreiheit dranbleiben.
Wir werden einen Gesetzentwurf vorlegen, in dem die Interessen des Datenschutzes ausreichend berücksichtigt sind. In Ihren Gesetzentwürfen ist dies leider nicht der Fall.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es gibt Tage, an denen ich mich wie im falschen Film fühle. Gerade haben wir noch über den Datenschutz gesprochen. Jetzt sprechen wir über einen Gesetzentwurf der GRÜNEN zum Thema Informationsfreiheit. Die Transparenz in der öffentlichen Verwaltung gehört zu einer freien Gesellschaft. Lieber Herr Kollege Arnold, es geht aber nicht darum, dass die Leute wissen wollten, was über sie in den Akten steht, wie Sie das einleitend gesagt haben. Das ist nicht das Problem. Herr Kollege Streibl hat vorhin ein bisschen verwinkelt zu erklären versucht, dass die Informationsfreiheit benötigt würde, um Daten zu schützen. Ich halte das für etwas weit hergeholt.
Es geht zunächst darum - Kollege Dr. Fischer hat es auf den Punkt gebracht -, dass man die Daten der Menschen, die sie den Verwaltungen anvertraut haben oder im Verwaltungsverfahren anvertrauen mussten, ordentlich schützt. Kollegin Guttenberger hat sehr ausführlich geschildert und dargelegt - Kollege Schindler hat dabei ganz vielsagend den Kopf geschüttelt -, dass Informationsauskunftsansprüche auch nach rechtlicher Abwägung bestehen. Nebenbei bemerkt - ich will die Beispiele im Umweltinformationsgesetz, Verbraucherinformationsgesetz und die bereichsspezifischen Ausnahmen nicht wiederholen -, man braucht aber kein rechtliches, sondern ein berechtigtes Interesse für Auskunft, wobei das ein wirtschaftliches oder auch ein ideelles sein kann.