Protocol of the Session on July 1, 2009

Dringlichkeitsantrag der Abg. Margarete Bause, Sepp Daxenberger, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Mediengebühr pro Haushalt statt Rundfunkgebühr pro Gerät (Drs. 16/1701)

und

Dringlichkeitsantrag der Abg. Franz Maget, Markus Rinderspacher, Inge Aures u. a. und Fraktion (SPD) Rundfunkgebührenentlastung für das Hotel- und Gaststättengewerbe (Drs. 16/1704)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Der erste Redner ist Herr Kollege Dr. Kirschner.

Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte gleich hierbleiben können. Vielleicht bekomme ich einen Überstundenzuschlag.

(Eike Hallitzky (GRÜNE): Den haben die Arbeitgeber abgeschafft!)

Wir haben diesen Dringlichkeitsantrag eingebracht, weil es speziell in Niederbayern, im Bäderdreieck und im Bayerischen Wald mit dem Tourismus nicht mehr so gut aussieht. Die Besucherzahlen sind rückläufig. Man spricht von einem Minus von 15 bis 20 %. In den letzten zehn Jahren waren insgesamt Einbrüche von 30 bis 40 % zu verzeichnen, insbesondere bei kleinen Häusern. Die Hoteliers und die Inhaber von Pensionen mussten

demgegenüber enorme Belastungen durch die Rundfunkgebühren tragen.

Ein Hotel mit 150 Zimmern müsste pro Jahr 24.000 Euro für Rundfunkgebühren bezahlen. Ich bezahle meine Rundfunkgebühr für meine Wohnung. Wenn ich in ein Hotel fahre, muss der Hotelier für mich noch einmal Rundfunkgebühren bezahlen. Meines Erachtens ist dies nicht sachgerecht.

(Beifall bei der FDP)

Darüber hinaus ist damit eine komplette Wettbewerbsverzerrung verbunden. In Österreich liegt die Rundfunkgebühr für dieses Hotel bei 241 Euro und in der Schweiz bei 850 Euro. In Italien fallen für ein Hotel mit 150 Zimmern 1000 Euro Rundfunkgebühr an. Bayern steht im Wettbewerb mit diesen Tourismusregionen. Deshalb ist unser Antrag gerechtfertigt.

Ich bedanke mich dafür, dass die SPD und das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Anträge nachgezogen haben. Wir stimmen dem Antrag der SPD zu.

(Christa Naaß (SPD): Wir wollen aber etwas anderes! Ihr Antrag geht eigentlich in eine andere Richtung!)

- Wir wollen das Gleiche wie Sie. Wir können Ihrem Antrag zustimmen. Dem Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN können wir jedoch aus einem Grund nicht zustimmen. Sie schreiben, dass die Mediengebühr pro Haushalt so ausgestaltet werden sollte, dass Haushalte eine einheitliche Gebühr zahlten. Das ist soweit in Ordnung. Sie schreiben weiter: Die Möglichkeit einer Befreiung von der Mediengebühr sollte erhalten bleiben. Unternehmen sollten entsprechend ihrer Größe und weiteren Branchenbesonderheiten belastet werden. Hier beziehen Sie die Größe auf die Mitarbeiterzahl. Damit beziehen Sie sich auf Personen und nicht mehr auf den Unternehmenshaushalt. Deshalb können wir diesem Antrag nicht zustimmen.

Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Gote für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Ich bin verwundert darüber, wie diese Debatte heute vom Zaun gebrochen wurde und wie und von wem sie jetzt geführt wird. Wir reden hier nicht über Tourismusförderung, sondern über Medienpolitik. Ich würde Sie bitten, dieses wichtige Thema entsprechend zu behandeln. Mir kommt es so vor, als hätten Sie kürzlich einen parlamentarischen Abend mit dem Hotel- und Gaststättenverband durchgeführt. Das ist offenbar Ihre Intention: Sie wollen vor der Wahl noch schnell ein paar Lobbygruppen bedienen.

(Tobias Thalhammer (FDP): Frau Kollegin Gote, Sie meinen den SPD-Antrag!)

Was Sie hier vorschlagen, ist unausgegoren und im Grunde ein Armutszeugnis. Wir sind doch bereits viel weiter als dieser Antrag. Herr Kollege Sinner, Sie müssten eigentlich ob dieser spärlichen Worte in diesem gemeinsamen Koalitionsantrag erschüttert sein. Wir reden doch seit mehr als drei bis vier Jahren gemeinsam darüber, dass das GEZ-System und die Rundfunkgebühren reformiert werden müssten. Jetzt kommt ein solcher Antrag, als müsste die Welt neu erfunden werden. Ich halte das für unglaublich.

Wir GRÜNEN haben uns bereits im Jahr 2006 zu dieser Gebührenfrage klar, eindeutig und bis ins Detail hinein positioniert. Wir wollen eine Mediengebühr pro Haushalt. Wir wollen die Unternehmen in einer pauschalisierten Form mit einer Gebühr belegen. Das bedeutet nicht, dass die Unternehmen pro Mitarbeiter bezahlen sollen. Klar ist aber, dass ein großes Unternehmen mehr als ein kleines zahlen kann. Unternehmen oder Institutionen, zum Beispiel Hochschul-Bildungseinrichtungen oder ein Unternehmen mit vielen Computern, müssen anders als ein kleiner Selbstständiger oder ein kleines mittelständisches Unternehmen behandelt werden. Dafür wollen wir Gebührenklassen einführen. Natürlich können wir die Hotels und die Tourismusbetriebe ebenfalls berücksichtigen. In unserem Antrag wurde dafür das Wort "Branchenbesonderheiten" verwendet.

Unser Konzept ist sehr klar und gerecht. Herr Kollege Dr. Kirschner, ich hätte erwartet, dass Sie unseren Antrag ablehnen würden, weil wir an der KEF und an der GEZ festhalten wollen. Uns ist nämlich außerdem wichtig, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk staatsfern bleibt. Wir wollen keinen Einzug der Gebühren durch das Finanzamt. Wir wollen die GEZ nicht abschaffen, aber reformieren. Alles Weitere dazu können Sie in unserem Antrag lesen.

Ich möchte jetzt kurz auf Ihre Anträge und auf den Sachstand eingehen. Sie fordern hier etwas, was im Grunde schon längst auf den Weg gebracht worden ist. Der Hochschulausschuss überweist seit Jahren Petitionen zu den Rundfunkgebühren der Staatsregierung als Material, da es bereits seit mehreren Jahren eine Arbeitsgruppe der Rundfunk-Kommission der Länder gibt, die sich mit der Reform der Rundfunk-Gebühr befasst. Diese hätte schon im letzten Sommer die Ergebnisse ihrer zweiten Beratungsrunde vorlegen müssen. Leider ist das bisher nicht passiert. Inzwischen sind noch zwei Modelle im Rennen. Das erste Modell geht sehr stark in Richtung Mediengebühr, das andere kenne ich leider nicht. Vielleicht kann Herr Kollege Sinner dazu mehr sagen. Wir befinden uns in Zeitverzug.

Wir alle haben aber längst erklärt, in welche Richtung es gehen muss.

Wir werden Ihrem Antrag zustimmen, obwohl er sehr dürftig ist, da er unserer Forderung nicht widerspricht. Dem SPD-Antrag können wir jedoch wirklich nicht zustimmen. Herr Kollege Rinderspacher, ich bin gespannt, wie Sie diesen Antrag erklären werden. Dieser Antrag springt medienpolitisch wirklich zu kurz. Geht es Ihnen nur um die Förderung der Hotels oder des Gaststättengewerbes, oder geht es Ihnen um Medienpolitik? Ich hätte mir von Ihnen mehr erwartet. Ich hätte einen umfassenderen Vorschlag und eine Bewertung erwartet. Ihrem Antrag werden wir nicht zustimmen. Den FDP-Antrag werden wir jedoch unterstützen. Wir unterstützen auch weiterhin die Staatsregierung in ihrem Bemühen, eine Mediengebühr zu etablieren und einen der nächsten Rundfunkänderungsstaatsverträge entsprechend auszuhandeln.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin Gote, bleiben Sie bitte noch einen Moment stehen. Wir haben eine Zwischenbemerkung von Herrn Kollegen Thalhammer.

Herr Präsident, Frau Kollegin Gote! Sie haben Herrn Kollegen Dr. Kirschner verdächtigt, kürzlich an einem parlamentarischen Abend mit dem Hotel- und Gaststättengewerbe teilgenommen zu haben. Mir ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Überschrift des SPD-Antrags lautet: "Rundfunkgebührenentlastung für das Hotel- und Gaststättengewerbe". Im Antragstext des FDP-Antrags kommen die Worte "Hotels" und "Gaststätten" nicht vor.

Sehr geehrter Herr Kollege, ich finde es sehr interessant, dass Sie es offensichtlich anrüchig finden, wenn jemand an einem parlamentarischen Abend teilnimmt. Ich tue das nicht; ich habe mich nur darüber gewundert. Sie sind Antragsteller und Initiator der heutigen Debatte. Daraus muss ich natürlich schließen, dass Ihnen das Thema am Herzen liegt. Aus Ihrer Begründung geht eindeutig hervor, dass Ihr Antrag heute nichts mit Medienpolitik zu tun hatte, aber sehr viel mit Lobbypolitik für eine Gruppe, die Ihnen vielleicht besonders am Herzen liegt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Gote. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Rinderspacher für die Fraktion der SPD. Bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! "Stets findet Überraschung statt, da wo man’s nicht erwartet hat.", so sagt Wilhelm

Busch. Wir waren in der Tat etwas überrascht über den Antrag der Regierungskoalition, der ein bisschen Tourismuspolitik, Wirtschaftspolitik und Standortpolitik ins Spiel bringt und dies mit einer ganz entscheidenden Grundsatzfrage der Medienpolitik verknüpft. Daher entsteht eine Diskussion, wie wir sie hier erlebt haben. Der eine Redner spricht über Hotels, und die andere Rednerin spricht über Rundfunkgebühren in Deutschland. Das ist schwierig.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Über was sprechen Sie?)

Herr Dr. Kirschner, es ist mittlerweile fast auf den Tag genau ein Jahr her, dass die SPD im Landtag einen Antrag eingebracht hat mit der Überschrift: Rundfunkgebührenentlastung für das Hotel- und Gaststättengewerbe. Im Antrag der Koalition wird fast wortgleich ausgeführt, dass der Hotelier in Deutschland rund 23.000 Euro Rundfunkgebühren für rund 150 Zimmer bezahlen muss, während sein Kollege in Österreich hierfür nur 241 Euro aufzubringen hat. Der Landtag hat am 10.06.2008 den Antrag der SPD mit Zustimmung der CSU - noch einmal Dank dafür - bei Enthaltung der GRÜNEN beschlossen. Das ist zwölfeinhalb Monate her.

Nun frage ich Sie: Was hat denn die Bayerische Staatsregierung in den vergangenen zwölfeinhalb Monaten gemacht, um dem bayerischen Hotelgewerbe zu helfen? Wer war denn da auf der Ministerbank initiativ? Wer hat an welcher Stelle dafür geworben, dass diese Regelung geändert wird? Das ist nun einmal die eine Frage, die wir heute hier behandeln.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich komme nun zur anderen Frage, zur Medienpolitik. Ich bin sowohl erstaunt über den einen als auch über den anderen Antrag; denn da fordern Sie, meine Damen und Herren, als Landtagsabgeordnete die Staatsregierung auf, sich ausgerechnet in der medienpolitischen Frage auf der Bundesebene - man höre und staune - für eine Neuordnung der Rundfunkgebühren einzusetzen. Man traut seinen Augen fast nicht, wenn man lesen muss, dass sich nun ausgerechnet eines der sieben Verfassungsorgane auf Bundesebene mit einer hoheitlichen Aufgabe des Freistaates Bayern befassen soll. An wen soll sich Minister Schneider denn wenden, an die Bundeskanzlerin oder an das Bundesverfassungsgericht, meine Damen und Herren? Es ist doch schon etwas seltsam, meine Damen und Herren, dass ausgerechnet im Medienland Bayern, das mit großer Berechtigung auf seine reichhaltige Rundfunk- und Medienlandschaft stolz ist, die so vielfältig in keinem anderen Bundesland zu finden ist, Landespolitiker dieses Hauses auf die Idee kommen, die Bundesebene anzurufen.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage: Rundfunk muss Ländersache bleiben. Die Rundfunkordnung in Deutschland ist eine kulturelle Errungenschaft der Länder. Dafür haben wir auch immer gemeinsam gekämpft. Das ist gut so und muss auch so bleiben. Deshalb kann ich Sie nur dringend davor warnen, Organe der Bundesebene mit Ihren Anträgen behelligen zu wollen.

Die SPD in Bayern, meine Damen und Herren, steht einer Neuordnung der Rundfunkgebühren sehr offen gegenüber. Im Prinzip laufen wir da in die richtige Richtung, auch in die gleiche Richtung. Frau Kollegin Gote hat bereits ausgeführt, dass schon eine Vielzahl von Gesprächen in diesem Bereich stattgefunden hat. Die derzeitige Rundfunkgebühr ist überaus bürokratisch. Die Rundfunkgebührenpflicht an das Bereithalten eines Empfangsgerätes, also auch an internetfähige Computer und Mobiltelefone mit Zugang zu koppeln, ist mit hohen Verwaltungskosten verbunden. Das System des Gebühreninkasso erscheint in vielfältiger Hinsicht als nicht gerecht. Wir sagen jedoch: Die Neuregelung muss mindestens das Gebührenaufkommen des Status quo gewährleisten, um den Fortbestand des öffentlichrechtlichen Rundfunks nicht zu gefährden. Dieses Bekenntnis vermisse ich in dem Antrag von CSU und FDP. Sie lassen diese Frage ganz bewusst offen, und es steht zu befürchten, dass Sie klammheimlich durch die Hintertüre dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine finanzielle Beschneidung verordnen wollen.

(Harald Güller (SPD): So ist es!)

Dafür stehen wir Sozialdemokraten nicht zur Verfügung. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat einen verfassungsrechtlichen Grundversorgungsauftrag und muss diesem auch zukünftig nachkommen können.

(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen machen Sie von FDP und CSU in Ihrem Antrag im Gegensatz zu den Kollegen von den GRÜNEN auch keinerlei Vorschlag, wie Sie sich denn die zukünftige Finanzierung vorstellen. Wenn Sie ein gesamtes Gebührenmodell infrage stellen, dann wäre doch zu erwarten gewesen, dass Sie auch gleich eine Alternative präsentieren. Treten Sie denn nun für eine allgemeine Medienabgabe ein, die von allen erwachsenen Bürgerinnen und Bürgern mit eigenem steuerpflichtigen Einkommen gezahlt wird - das wäre das Modell der FDP -, oder treten Sie für eine Haushaltsund Betriebsstättenabgabe ein, die gegenwärtig diskutiert wird und die auch hier heute wieder präsentiert wurde? Das wäre doch einmal eine Information für uns. So aber entsteht der Verdacht, dass sich FDP und CSU noch nicht auf eine Lösung verständigt haben. Stattdessen hauen Sie einfach einen Antrag hinaus, der

völlig haltlos und ohne Substanz ist, in der Hoffnung, das klingt ganz gut und die Hoteliers in Bayern werden damit schon zufrieden sein.

(Beifall bei der SPD)

So kann es nicht funktionieren, meine Damen und Herren.

Wir werden den Antrag der GRÜNEN und den Antrag der CSU und FDP ablehnen, weil wir die Rundfunkhoheit der Länder in keiner Weise infrage stellen wollen. Umso mehr bitten wir das Hohe Haus, unseren Antrag, der nicht medienpolitisch, sondern standort-, tourismus- und wirtschaftspolitisch ist, zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Rinderspacher, bleiben Sie noch einen kleinen Moment am Pult. Es gibt noch eine Zwischenbemerkung von Kollegin Gote. Bitte.

Herr Kollege Rinderspacher, da haben Sie aber doch lange nach einer tiefgründigen Begründung gesucht.

(Harald Güller (SPD): Und gefunden!)