Protocol of the Session on June 23, 2009

Dass die innere Sicherheit von Kernkraftwerken ständig auf dem neuesten Stand gehalten wird und dabei natürlich auch die Mängel entdeckt werden, was bei Isar 1 zu dem Begriff "Schrottreaktor" geführt hat, dürfen Sie dabei auch nicht verhehlen. Deswegen hat Isar 1 keinen so guten Ruf wie die anderen AKWs, übrigens auch in der Szene.

Da stelle ich mir schon die Frage, ob Sie mit Ihrer Aussage richtig liegen, der robuste Grundschutz sei ausreichend - unter Einbeziehung der Überlegung, dass die neuen Großflugzeuge von Erding maximal zwei bis drei Minuten brauchen bis zum AKW Isar 1, wenn sie vollgetankt sind. Über die Beladung brauchen wir da nicht reden. Das ist die zentrale Frage, die uns schon damals im Umweltausschuss bewegt hat.

Das Zweite ist: Es ist schon spannend zu wissen, dass Bayern eine eigene Reaktorkommission ins Leben gerufen hat. Wie stehen Sie denn heute zu dieser Reaktorkommission? Es war immer die Frage: Ist die überhaupt notwendig? Es gibt doch Bundeskommissionen. Wird diese Reaktorkommission in Bayern nicht möglicherweise zu Dingen gebraucht, die in der Bundesrepublik anders gesehen werden?

Das Dritte ist für mich noch einmal die Frage, und ich bitte Sie, sie korrekt zu beantworten: Gibt es neue Studien, die dem Umweltausschuss nicht bekannt sind? Wenn ja, wären Sie bereit, sie in einer geheimen Sitzung dem Ausschuss vorzustellen? Ich glaube, wir haben ein Recht darauf, wenn es sie geben sollte, dass zumindest die Mitglieder des Ausschusses dies erfahren und dass ihnen das mehr oder weniger zur Diskussion bereitgestellt wird.

Ich glaube, dass es angesichts der Debatte über die weitere Nutzung der Kernenergie durchaus notwendig ist, verstärkt darauf hinzuweisen, dass diese Welt nicht so heil ist, wie Sie, Herr Minister, sie immer darstellen. Nun, ich verstehe es. Wenn ich für die Verlängerung der Laufzeit bin, muss ich natürlich sagen, dass alles in bester Ordnung ist. Aber bei Isar 1 ist bezüglich eines Flugzeugabsturzes eben nicht alles in bester Ordnung, Herr Minister Söder. Das sollten wir uns gegenseitig zugestehen; dann wären wir möglicherweise einen Schritt weiter und könnten daraus Beschlüsse ableiten, die im Interesse unseres Landes sind.

(Beifall bei der SPD)

Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. Lieber Herr Kollege Wörner, Sie waren in der damaligen Sitzung dabei.

Auch wenn diese vertraulich war, will ich jetzt Antworten auf Ihre Fragen geben.

Keiner hat gesagt, die Welt sei heil und es gäbe keine Probleme. Natürlich sind Pläne über Terroranschläge in jeder Beziehung eine Herausforderung, und wir haben eine hoch sicherheitsrelevante Situation. Genau deshalb haben sich bereits lange vor meiner Zeit als Minister alle zuständigen Gremien, Persönlichkeiten und Institutionen genau mit dieser Frage beschäftigt und sie lange erörtert. Und deshalb war es auch wichtig, dass die GRS diese Studie erstellt hat.

Wir haben uns damals ganz bewusst mit dieser Studie beschäftigt, auch schon aus politischen Gründen, weil der Bundesumweltminister diese Studie selbst in Auftrag gegeben hatte. Sie wissen, dass es zwischen der Grundeinschätzung der Kernenergie von Trittin und der mehrheitlichen Auffassung der Bayerischen Staatsregierung große Differenzen in der Beurteilung der Kernenergie und der Sicherheitsrelevanz gibt. Deshalb war es auch wichtig, dieses Gutachten zur Grundlage zu nehmen. Nach diesem Gutachten ist es so, dass die bayerischen Kernkraftwerke - auch Isar 1 - für diese Herausforderungen gut gerüstet sind.

Nach dieser Studie ist übrigens nicht bekannt geworden, dass es eine neuere Studie gegeben hätte, in der etwas Ähnliches untersucht worden ist. Ich bin jederzeit bereit, in einem ähnlichen Verfahren bezüglich der Vertraulichkeitsprüfung, die wir damals durchgeführt haben, jedem anzubieten, die Unterlagen einzusehen bzw. in einer Sitzung erneut zu behandeln. Dagegen spricht überhaupt nichts. Das ist jederzeit möglich. Es ist sogar sehr dienlich, wenn wir uns darüber austauschen. Übrigens hat auch damals diese Vertraulichkeit weitgehend funktioniert, wie ich nachlesen durfte.

Zur Frage betreffend die Kommission Folgendes: Wir werden im Herbst so oder so eine endgültige Grundsatzentscheidung darüber treffen müssen, was in Deutschland passiert. Die Frage, ob eine solche Kommission dann noch sinnvoll ist, ist im Herbst zu beantworten. Ich glaube, die entscheidenden Fragen werden nicht durch Kommissionen im Herbst entschieden, sondern durch die politischen Mehrheiten.

Man muss sich dann übrigens auch auf die Ergebnisse einstellen. Entweder gibt es eine Verlängerung der Laufzeiten, Herr Wörner, oder Bayern muss sich schleunigst überlegen, wie es in den nächsten Jahren ausreichend Strom bekommt. Eines ist jetzt schon klar. Es wird relativ schwierig werden, in Bayern auszusteigen und im gleichen Zeitraum zu verhindern, über Energieversorgungsunternehmen im Osten Strom zu beziehen. Es ist aus meiner Sicht die unmoralischste Haltung, sich aus sicherer deutscher Kraftwerkstech

nologie zu verabschieden, um am Ende Strom aus unsicheren Kraftwerken aus dem Osten zu beziehen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Staatsminister. Herr Wörner, Sie haben noch 26 Sekunden.

Herr Minister, die Moral in dieser Frage will ich jetzt nicht bewerten. Damit kämen wir beide in den Wald. Aber eines möchte ich doch feststellen, wobei ich auf der Moralebene bleiben möchte. Wenn es zutrifft, was die Medien schreiben, weisen Sie die Anwürfe, die zu diesem Thema unterschwellig gekommen sind, mit der Begründung zurück, das sei eine Altlast aus der Vergangenheit. Verantwortlich ist aber immer der Minister, der das Amt innehat und sonst niemand. Das wollte ich Ihnen nur gesagt haben. Ich füge ausdrücklich hinzu: Wenn es zutrifft!

Herr Staatsminister, bitte schön.

Herr Wörner, ich habe schon darauf hingewiesen, dass es diese eine Studie der ILK gab. In ihr haben 13 Experten drei Kraftwerke untersucht, allerdings war darunter nicht Isar 1. Es wurde in dieser Studie angeregt, andere zu überprüfen. Das ist dann auch erfolgt.

Der Bayerische Landtag hat in Ihrer Anwesenheit und mit Ihren vermutlich fruchtbaren Beiträgen - das kann ich nicht beurteilen - damals die GRS-Studie ausführlich diskutiert. Daraufhin hat es seinerzeit keine neue Studie gegeben.

Aufgrund dieser Studie und dieser ganzen Herausforderungen haben sich übrigens die jeweiligen Länder auch entsprechend verhalten. Sie haben Pläne aufgestellt und Sicherheitsanweisungen etabliert. Man hat Stück für Stück all das gemacht, was sich aufgrund dieser Studie empfohlen hat; denn die Sicherheit ist absolut. Darüber kann es gar keine Diskussion geben. Meine Damen und Herren, es geht hier nicht um Ideologie; die wäre falsch am Platze, wenn Sicherheitsfragen an vorderster Front zu erörtern sind.

Danke schön, Herr Staatsminister. Als nächster Fragesteller hat das Wort Herr Kollege Fahn.

Herr Ministerpräsident, Herr Präsident, Herr Minister Söder! Um das Thema Sicherheit von Atomkraftwerken gibt es zurzeit eine große Diskussion. Selbst Innenminister Schäuble hat am 16.06.2009 eingeräumt, dass Atomkraftwerke grundsätzlich Angriffsziele von Terroristen werden

könnten. Gerade weil die Bayerische Staatsregierung nun auf Atomenergie und auf die Verlängerung der Restlaufzeiten setzt, ist sie natürlich auch verpflichtet, die Bevölkerung über die möglichen Gefahren aufzuklären. Es darf hier keine Geheimpolitik betrieben werden.

Ich verstehe auf der einen Seite natürlich, wenn Sie sagen, manche Dinge seien schutzbedürftig. Das ist richtig. Auf der anderen Seite steht aber im Augenblick unheimlich vieles in der Presse. In jeder Zeitung bis hin zur Bayerischen Staatszeitung wird aus dem Gutachten zitiert. Das kann man lesen und man kann es nicht wegdiskutieren, sondern man muss sich damit auseinandersetzen. Die Fragen ergeben sich aus den Berichten, die in den Zeitungen zu lesen sind.

So ist zum Beispiel in der "Bayerischen Staatszeitung" zu lesen, dass nur drei deutsche AKWs gegen Terrorangriffe gesichert seien. Welche sind das? Man fragt sich, warum keine bayerischen dabei sind. Oder man liest, dass bei Terrorangriffen mit einer katastrophalen Freisetzung von radioaktivem Material zu rechnen sei. Da stellt sich natürlich die Frage, ob es in dieser Studie auch Aussagen zu Personenschäden gibt und wie es um die Sachschäden steht.

Ferner ist in der "Bayerischen Staatszeitung" zu lesen, dass die atomaren Zwischenlager teilweise nur mit einfachem Hallenbetonboden ähnlich einer Autogarage gesichert seien. Da frage ich mich schon, ob das stimmt.

Und dann noch eine Frage zu Isar 1. Isar 1 gehört zu den ältesten und unsichersten Kernkraftwerken in Deutschland. Was beispielsweise sagt das Gutachten über Isar 1?

Danke schön. Herr Staatsminister, bitte.

Herr Präsident, sehr geehrter Herr Kollege Fahn! Sie haben in der Tat recht, dass es ein Spannungsfeld gibt. Das gilt übrigens für alle Fragen der Sicherheit. In meinem Ressort ist die Atomkraft in der Tat der größte sicherheitsrelevante Bereich. Aber es gibt daneben auch häufig andere Sicherheitsfragen. Ich nenne nur die Frage der inneren Sicherheit, aber auch die häufigen Fragen zur äußeren Sicherheit. Auch hier gibt es einerseits Spannungsfelder zwischen der Transparenz und der größtmöglichen Unterrichtung durch die Medien. Auf der anderen Seite sind aber auch der Schutz der Bevölkerung und damit die Vertraulichkeit zu beachten. Diese beiden Seiten gilt es abzuwägen. Das haben die damals zuständigen Gremien von Bund und Ländern getan, und sie haben entschieden, dass diese Studien vertraulich transparent sein sollten, was heißt,

sie konnten innerhalb der Gremien mit den Repräsentanten der öffentlichen Gewalt, also in diesem Fall den Abgeordneten, diskutiert, bewertet und hinterfragt werden. Darüber hinaus aber hat man darauf geachtet, die Sicherheitsvorkehrungen nicht dadurch zu gefährden, dass man sie generell öffentlich macht. Diese Entscheidung wurde von allen relevanten politischen Kräften und Verantwortlichen getroffen.

Und jetzt noch ein Wort zur Frage, ob Isar 1 anfällig ist oder nicht. Isar 1 wird nach dem geltenden Standard genauso wie jedes andere Atomkraftwerk geprüft, muss sogar geprüft werden. Stellen Sie sich vor, es gäbe Prüfmaßstäbe erster und zweiter Klasse. Das wäre fatal und in der Tat nicht zu vermitteln. Es wäre im Übrigen auch ein Gesetzesverstoß.

Ich habe es vorhin schon gesagt und möchte es als ein Stück weit Bestätigung wiederholen: Wenn die Behörde, die politisch gesehen der Kernkraft deutlich weniger aufgeschlossen gegenüber steht als Bayern, nämlich das Bundesumweltministerium, in der vergangenen Zeit unter Herr Trittin und jetzt unter Gabriel, schriftlich bestätigt, dass es keinen Anlass gibt, ein deutsches Kernkraftwerk vom Netz zu nehmen, dann ist das für uns und auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die Prüfungen täglich vornehmen - das ist übrigens auch keine leichte Aufgabe -, eine Bestätigung, dass dies der richtige Weg ist. Deswegen bleiben wir dabei: Wir glauben, dass im konkreten Fall von Isar 1, auch wenn das Werk einer der ältesten Reaktoren ist, die gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsstandards eingehalten werden. Diese werden übrigens nicht nach dem Ermessen des Bayerischen Landtags bestimmt, sondern es sind deutsche und zum Teil internationale Standards, die konsensual verabschiedet wurden. An diese Standards halten wir uns, und wie gesagt, nach diesen Maßstäben sind die bayerischen Kernkraftwerke sicher.

Vielen Dank, Herr Minister. Nächster Fragesteller ist Kollege Thalhammer.

Herr Präsident, Herr Staatsminister! Das Sicherheitsempfinden ist bei manchen hier im Saale stärker ausgeprägt als bei anderen. Ich glaube, für eine sachliche Bewertung wäre es dienlich, den Sicherheitsgrad in Relation zu anderen AKWs zu setzen. Das würde mir bei der Einstufung sehr helfen.

Ich frage Sie, wie sicher denn unsere AKWs im Vergleich zu den AKWs in anderen Bundesländern in Deutschland sind. Wie ist es mit einem Vergleich zur Schweiz, zu Frankreich, zu Schweden? Wenn Sie wollen, können Sie gern auch Osteuropa dazunehmen.

Intensiver interessiert mich aber ein Vergleich der westlichen Länder mit Bayern.

Bitte schön, Herr Staatsminister.

Herr Kollege, ich sage vorweg: Es ist nicht unredlich und falsch, die Sicherheitsstandards so hoch wie möglich zu setzen. Das sage ich ganz bewusst. Es ist ein Anliegen - jeder hat darauf Anspruch -, sicher zu sein, dass alles getan wird, was menschenmöglich ist, um die Sicherheit zu gewährleisten. Darüber darf es überhaupt keine Diskussion geben. Diese Frage darf auch politisch nicht diskutiert werden. Vielmehr muss die Sicherheit im Rahmen der Verantwortung, die ein Staat mit öffentlicher Struktur und entsprechenden Institutionen für die Menschen hat, selbstverständlich sein.

Die Vergleichbarkeit obliegt nicht unserer Beurteilung. Ich könnte eine persönliche Einschätzung, aber keine rechtsverbindliche Vergleichsstudie abgeben; denn diese obliegt dem Bundesministerium für Umwelt. Dort könnten Vergleichsstudien gemacht werden.

Nach unserer Einschätzung haben die Bayern sehr moderne Kraftwerke. Wir haben auch einige ältere, die aber alle demselben Standard entsprechen. Dabei ist auch an andere Werke in Deutschland zu denken. Auch wenn eine derzeitige SPD-Ministerin wie Frau Trauernicht in Schleswig-Holstein die Kraftwerke genauso betreibt, dann ist das für uns ein Zeichen dafür, dass wir die Standards erfüllen.

Was Osteuropa betrifft, habe ich den Eindruck, dass die gesetzlichen Auflagen und der Vollzug nicht immer dem entsprechen, was bei uns gilt. Dies ist aber eine persönliche Einschätzung, die nicht amtlich belegt ist. Zuständig dafür ist das Bundesumweltministerium, welches entsprechende Anfragen beantworten kann.

Als Nächster ist Herr Kollege Dr. Hünnerkopf dran.

Herr Präsident, Herr Staatsminister, Herr Ministerpräsident, Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich meine Frage stelle, mache ich einige Anmerkungen. Heute vernehmen wir aus den Zeitungen, dass gestern Umweltaktivisten das Kraftwerk Untere Weser besetzt haben. Und heute kommt diese Ministerbefragung. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN sehr wohl konstatieren müssen, dass Kernkraft im Energiemix der kommenden Jahre einfach nicht fehlen darf und wir daher die Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke brauchen. Auch die Menschen sehen und verstehen es so. Und jetzt muss man

hier - Entschuldigung, dass ich das so sage - mit den Ängsten der Menschen spielen, um das Thema aufzugreifen; das muss ich in aller Deutlichkeit sagen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Durch die Ausführungen unseres Ministers hat sich herausgestellt, dass sich seit dieser Information des damaligen Ressortministers Dr. Schnappauf am 5. April 2004 wirklich keine neuen Erkenntnisse ergeben haben. Ich war damals dabei. Frau Ruth Paulig war dabei. Ich gehe davon aus: Auch der damalige Umweltminister Trittin hat diese Thematik als vertraulich bezeichnet und darum gebeten, sie so zu behandeln. Ich bin mir sicher: Die Kollegin Ruth Paulig hat damals ihre Fraktion angemessen informiert und wollte diese Information sicher nicht mit ins Grab nehmen; das kann ich mir nicht vorstellen.

Meine Überzeugung ist also, dass hier etwas inszeniert wird, weil, wie der Minister schon zu Recht festgestellt hat, in etwa hundert Tagen die Bundestagswahl ist.

Ich finde, es ist überflüssig, eine solche Anfrage zu stellen. Sie ist populistisch und, wie ich feststellen muss, ein Stück weit auch unverantwortlich, und zwar deswegen, weil diese Diskussion verstärkt dazu anregen wird, dass man solche Gedanken weiter aufgreift und hegt.

Abschließend habe ich an den Minister eine Frage. Er kann sie ausführlich oder auch kurz beantworten. In meinen Augen war es nicht nötig - und dabei auch etwas durchsichtig -, den Minister heute nochmals zu diesem Gutachten zu befragen, wo doch alle Informationen schon bekannt waren und auch für die Kollegen, die im Parlament neu sind, zumindest in der Fraktion erfahrbar, nachfragbar oder nachlesbar waren. Ich frage den Minister, ob er mir in dieser Auffassung zustimmt.