Protocol of the Session on June 18, 2009

Ich gehe davon aus, dass Herr Kollege Huber als aufmerksamer Leser aller bayerischen Zeitungen diese Quellen selbstverständlich kennt. Es würde uns vor allen Dingen im ländlichen Raum jetzt nicht weiterbringen, wenn wir alte Zeitungsartikel austauschen, sondern wir sollten heute gemeinsam neue und weiterreichende Schlagzeilen produzieren, wodurch der ländliche Raum das Gefühl bekommt, seine Interessen sind in diesem Hause gut aufgehoben.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Huber, 9 Sekunden.

Herr Kollege, teilen Sie meine Einschätzung, dass es erfreulich ist, dass die GRÜNEN einmal zu einer Technologie Ja sagen? In der Regel lehnen sie jeden technischen Fortschritt ab.

(Widerspruch bei den GRÜNEN - Ulrike Gote (GRÜNE): Geh’ heim!)

Herr Staatsminister, wollen Sie darauf antworten? - Bitte.

Herr Kollege, ich freue mich über jeden in diesem Hause

(Lachen bei den GRÜNEN)

- das gilt übrigens auch für andere Technologien, beispielsweise für die Gentechnologie -, der zu einem innovativen Weg zurückfindet, der Ausdruck dafür ist, dass wir alle für den Forschungsstandort Bayern kämpfen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Damit ist die Ministerbefragung beendet. Ich bedanke mich herzlich bei Ihnen.

(Beifall bei der FDP)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, Ihre Plätze einzunehmen. Wir fahren in der Tagesordnung fort.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Regierungserklärung der Staatsministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen zum Thema:

"Raum für Familien - Chancen für Kinder"

Frau Staatsministerin, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! "Kinder haben Anspruch auf Entwicklung zu selbstbestimmungsfähigen und verantwortungsfähigen Persönlichkeiten." Mit diesem Satz ordnet die Bayerische Verfassung Kindern in Artikel 125 einen elementaren Anspruch zu, der sich an uns alle richtet.

Es gilt heute wie früher: Familie ist der Ort für Zukunft und Lebenschancen von Kindern.

Außerfamiliäre Einrichtungen und Angebote für Kinder und Jugendliche leisten hervorragende, leisten wichtige, leisten unverzichtbare Arbeit, aber wir alle spüren, wie oft und wie schnell der Staat nicht nur finanziell an seine Grenzen gerät, wenn er Versäumnisse oder Fehlleistungen von Eltern reparieren will. Die Grundlage für einen gelungenen Start ins Leben sind Liebe, Geborgenheit und Bindungsfähigkeit, etwas, das sich nur sehr schwer, wenn überhaupt, anderweitig nachholen oder reparieren lässt.

Nichts und niemand kann die Familie, die eigene Mutter oder den eigenen Vater ersetzen. Elternverantwortung und Elternleistung, die drei für alle Kinder unerlässlichen "Z" - Zuwendung, Zeit und Zärtlichkeit - sind persönlich gemeint, persönlich geschuldet, nicht ersetzbar, nicht austauschbar. Was Familie kann, kann nur Familie.

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der FDP)

Wir alle wissen: Familie ist nicht allein Privatsache. Was Familien leisten oder nicht leisten - oder des Öfteren nicht zu leisten imstande sind -, wirkt sich unmittelbar auf das Gemeinwesen aus. Die Kosten der Jugendhilfe, der Bedarf gezielter Unterstützung von Schülerinnen und Schülern durch Jugendsozialarbeit, Jugendliche ohne Schulabschluss und Kinder mit körperlichen oder sprachlichen Defiziten führen uns das immer wieder deutlich vor Augen.

Zu allen Zeiten war Familie in einen gesellschaftlichen Rahmen eingebettet, der ihr Raum und Unterstützung gegeben hat. Im Laufe der Zeit aber haben sich die Erwartungen an das, was Familie leisten soll oder kann, und vor allem an das, was der Staat zu leisten hat, gewandelt. Das ist ein gesellschaftlicher Prozess, der ständigen Entwicklungen unterliegt, der atmet. Genauso, wie man nicht alles, was im Argen liegt, den Eltern anlasten kann, sollte man ihnen nicht jede Aufgabe, bei der sie vielleicht Hilfe brauchen, einfach komplett aus der Hand nehmen und dem Staat überantworten.

(Beifall bei der CSU)

Genauso wie der Staat nicht der bessere Unternehmer ist, ist er auch nicht der bessere Vater. Davon auszugehen, dass professionelle Kräfte alles besser machen als Eltern, ist genauso falsch wie eine überkommene Idealisierung von Elternschaft.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Genau!)

Kinder stehen heute weitaus mehr als früher im Mittelpunkt der Familie. Sie erfahren mehr Förderung, sie werden stärker als eigenständige Persönlichkeiten respektiert und haben mehr Freiräume als die Generation ihrer Eltern und Großeltern. Das sagt uns ganz aktuell das Generationenbarometer von Allensbach. Deswegen ist es mir wichtig, an dieser Stelle deutlich zu machen: Der ganz überwiegende Teil der Eltern zeigt ein hohes Verantwortungsbewusstsein und das Bemühen, das Beste für die eigenen Kinder zu erreichen. Ein ganz besonderes Augenmerk möchte ich auf die Leistung von Alleinerziehenden richten, die sich übrigens häufig genug Elternschaft ganz anders und unter anderen Bedingungen, nicht unbedingt als Alleinerziehende, vorgestellt haben und die dennoch ihre Familienverantwortung unter oft schwierigen Bedingungen bewundernswert wahrnehmen. Alleinerziehende Mütter und Väter haben in besonderem Maße einen Anspruch auf unsere Unterstützung.

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der FDP und der SPD)

Ich möchte deshalb ihre spezielle Situation zukünftig noch stärker in den Blick nehmen.

Die Verantwortungsbereiche von Eltern und Staat müssen im Interesse der Kinder optimal ineinandergreifen. Daher brauchen wir beides: Raum für Familien, damit Eltern gestärkt und in ihrer Erziehungsverantwortung unterstützt werden, und den Staat, der in Einrichtungen und Angeboten Kinder und Jugendliche anspricht, abholt, begleitet und fördert.

Lebenschancen - das sind heute vor allem soziale Schlüsselkompetenzen und eine gute Persönlichkeitsentwicklung. Sie bilden die Grundvoraussetzung dafür, dass später Bildung überhaupt gelingen kann. Bildung wiederum ermöglicht eine erfolgreiche Ausbildung, materielle Selbstständigkeit, beruflichen Erfolg, Anerkennung und damit sozialen Status.

Diese Lebenschancen zu schaffen, ist eine Aufgabe der Eltern und gleichzeitig der gesamten Gesellschaft auf allen Ebenen. Um ihren Aufgaben nachkommen zu können, brauchen Familien zeitlichen und finanziellen Raum, aber auch passende Rahmenbedingungen. Dabei muss sich der Rahmen dem Bild anpassen und

nicht das Bild dem Rahmen! Das heißt, die Rahmenbedingungen müssen sich den Lebensentwürfen unserer Familien und nicht die Lebensentwürfe von Familien den Rahmenbedingungen anpassen.

(Beifall bei der CSU, der FDP und Abgeordneten der Freien Wähler)

Familienzeit muss soziale und materielle Sicherheit schaffen, anstatt sie zu beeinträchtigen. Familienarbeit muss aufgewertet werden. Im Erwerbsleben brauchen wir endlich Bedingungen, die nicht allein die Vollzeitpräsenz belohnen. Arbeitgeber haben genauso ihren Beitrag zur Familienfreundlichkeit zu leisten wie die öffentliche Hand beim Ausbau der Kinderbetreuung und bei anderen unterstützenden Strukturen. Die Staatsregierung stellt ihren Teil an dieser Gesamtverantwortung in den Mittelpunkt ihrer Arbeit. Wir wollen Kindern in Bayern Chancen eröffnen, wie sie noch keine Generation vorher hatte. Lebenschancen von Anfang an - das soll das weiß-blaue Markenzeichen für Bayerns Kinderfreundlichkeit sein. Ich bitte bei diesem Ziel parteiübergreifend um Unterstützung des gesamten Hohen Hauses.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Johanna Wer- ner-Muggendorfer (SPD): Das machen wir schon lange!)

Wir haben im Freistaat diesen Weg bereits erfolgreich beschritten. Wie wir ihn fortsetzen, will ich Ihnen heute darstellen. "Raum für Familien", das heißt zunächst einmal, den Familien finanziellen Spielraum für ihren Lebensentwurf zu verschaffen. Kindergeld und Kinderfreibeträge entlasten Familien, Haushalte und Alleinerziehende und leisten einen wesentlichen Beitrag zur Armutsvermeidung. Sie sollen auch in Zukunft dynamisch fortgeschrieben werden. Ziel bleibt für uns aber ein einheitlicher Steuerfreibetrag für alle Haushaltsmitglieder in Höhe von 8.000 Euro.

Das Ehegattensplitting ist ein unverzichtbarer Beitrag zur persönlichen Lebensplanung von Eltern. Es ist die Gegenleistung der Gesellschaft für die Rechte und Pflichten, die Eheleute gegenseitig übernommen haben, für die verbindliche Verantwortung, die der Ehe innewohnt, ganz egal, ob da Kinder sind oder nicht.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Wenn Kinder da sind, dann ja!)

Das Ehegattensplitting gibt Familien Raum für partnerschaftliche Aufgabenteilungen nach den eigenen Vorstellungen.

(Beifall bei der CSU - Zuruf von den GRÜNEN: Ha, ha!)

Das Elterngeld ist ein Erfolgsmodell geworden. Es bietet gerade Alleinerziehenden eine wichtige Unterstützung. Außerdem hat es, und das hat mich nicht überrascht, Bayerns Väter in hohem Maß zu einem partnerschaftlichen Lebensentwurf ermutigt.

(Eva Gottstein (FW): Na ja!)

Wir stehen deshalb einer Ausweitung der Partnerkomponente aufgeschlossen gegenüber.

Das Betreuungsgeld wird kommen. Es stellt die notwendige Balance in der Familienpolitik her. Wenn wir mit hohen Summen an Steuergeldern Kinderbetreuung für die Kinder unter drei Jahren ausbauen, dann ist auch ein Signal an junge Eltern und Alleinerziehende notwendig, die ihr Kleinkind in diesem Alter selbst betreuen wollen.

(Beifall bei der CSU)

Was Länder wie Finnland und Schweden vorgemacht haben, nämlich eine bedarfsgerechte Versorgung mit Kindertageseinrichtungen auf der einen Seite und der gleichzeitigen finanziellen Anerkennung der häuslichen Kinderbetreuung auf der anderen Seite, das sollte auch bei uns Schritt für Schritt möglich werden. Ginge es nach den Vorstellungen von Teilen der Opposition in diesem Hause, dann gäbe es das bayerische Landeserziehungsgeld schon seit mindestens fünf Jahren nicht mehr.

(Unruhe bei der SPD)

Die Folge wäre, dass über 200.000 Familien und Alleinerziehende in Bayern im zweiten oder dritten Lebensjahr ihres Kindes auf bis zu 18 % ihres Familieneinkommens hätten verzichten müssen. Ich finde, das ist doch ein wichtiger Faktor, wenn man über das Armutsrisiko von Kindern und Alleinerziehenden diskutiert.

(Beifall bei der CSU)