Protocol of the Session on May 12, 2009

Stimmen Sie mir darin zu, dass Sie bei Ihrer Entscheidung davon ausgehen, dass die Eltern die Verantwortung für ihre Kinder nicht übernehmen können? Stimmen Sie mir weiter darin zu, dass der folgerichtige nächste Schritt dann wäre, dass beispielsweise in Kraftfahrzeugen das Rauchen verboten wird, wenn Kinder mitgenommen werden? Auch diesbezügliche Ideen gab es schon. Vielleicht wäre der nächste Schritt, zu verbieten, dass zu Hause geraucht wird, wenn sich Kinder im gleichen Raum aufhalten wie die Eltern.

Vernünftig wäre es schon, wenn Eltern zu Hause nicht rauchen würden, wenn Kinder zugegen sind. Das muss ich allen Eltern mit auf den Weg geben.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und Abgeord- neten der CSU)

Ich würde den Eltern auch raten, dann im Auto nicht zu rauchen. Ich bin nicht von einem anderen Stern, sondern ich habe jahrelang geraucht und die Leute damit gequält.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN und der SPD)

Natürlich haben wir dem Gesundheitsschutz und dem Nichtraucherschutz, gerade bei den Kindern, Vorrang eingeräumt. Das halte ich für wichtig. Da muss man an die Vernunft appellieren, weil niemand zu Hause kontrolliert.

Jetzt steht schon explizit im Gesetz, dass in den Vereinsheimen nicht geraucht wird. Ich weiß nicht, ob Sie Kinder haben, die nach einem Fußballspiel in Vereinsheimen einkehren und dort dann feiern oder trauern. Es war gang und gäbe, dass in den Vereinsheimen gequalmt wurde, was das Zeug hält, ungeachtet dessen, dass Kinder daneben saßen. Ich bin froh, dass das nicht mehr so ist. Ich bin wirklich froh, dass das anders geregelt wurde.

Warum ist denn das Gesundheitsschutzgesetz unterminiert worden? - Nachdem die Staatsregierung und die CSU-Fraktion den ersten Gegenwind verspürt haben, kam es zu einer Entwicklung, die ich damals so beschrieben habe - auch wenn man den Italienern damit Unrecht tut -: preußisches Gesetz und italienischer Vollzug. Sie haben ein Gesetz gemacht, bei dem Sie wirklich die Hosenträger geschnürt haben. Als es zum Gegenwind gekommen ist, haben Sie sauber den Schwanz eingezwickt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Als nächste Wortmeldung liegt mir vor: Frau Kathrin Sonnenholzner für die SPD. Ihnen stehen noch 51 Sekunden zur Verfügung. Bitte schön.

Herr Kollege Fischer, das war wirklich kein Ruhmesblatt in der parlamentarischen Debatte, was Sie hier abgeliefert haben.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

- Bitte nicht klatschen, ich habe nicht genug Zeit. Ich sage zum wiederholten Male - vielleicht geht das irgendwann in Ihre Köpfe hinein -: Die Freiwilligkeit bezieht sich nicht auf die Beschäftigten, die auf ihren Job existenziell angewiesen sind. Ich habe Ihnen vorhin schon gesagt, welches zusätzliche Risiko die Beschäftigten tragen.

Ihr Beispiel mit der Badehose ist wirklich unsäglich. Ein wirklich gutes Beispiel, wie bescheuert Ihre Argumentation ist - entschuldigen Sie, die Rüge nehme ich in

Kauf -, sind Tempo-30-Zonen. Ich würde auch lieber mit Tempo 50 durch eine bestimmte Straße in Fürstenfeldbruck fahren, auch die Mehrheit der Bevölkerung dort würde das gern tun. Das wollen aber die Kinder nicht, die dort in den Kindergarten und in die Schule gehen. Der Staat hat eine Fürsorgepflicht, die er wahrnehmen muss. Außerdem haben wir eine Vorbildfunktion, Sie, ich, wir alle. Mit dem, was Sie hier tun, reden Sie das Rauchen in der Bevölkerung schön. Sie negieren die Gefahren.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Sie reden die Gefahren schön und nehmen billigend in Kauf, dass Eltern auch zu Hause rauchen, wo wir keine Einflussmöglichkeit haben. Das ist das eigentlich Bodenlose an Ihrer Argumentation.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Bis auf die Redezeiten der FDP sind alle verbraucht. Als vermutlich letztem Redner in der Debatte erteile ich Staatsminister Söder das Wort.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN: Oh, oh!)

Nach den zum Teil wirklich ergreifenden Beiträgen mit Brezeln, Badehose und Selbstbekenntnissen, wen Sie wann gequält haben, sollten wir vielleicht eine Debatte darüber führen, was Theorie und was Praxis ist.

In der Theorie kann so mancher Gesetzestext hervorragend funktionieren. In der Theorie sind Formulierungen wie "so weit sie öffentlich zugänglich sind" gut gemeint gewesen. In der Praxis hat sich aber in den letzten Wochen und Monaten Folgendes etabliert: Erstens. Der Nichtraucherschutz, den wir wirklich als hohes Gut betrachten, hat sich in der Realität nicht durchführen lassen, weil sich tausend Schlupflöcher ergeben haben, die im Vollzug nicht zu schließen waren. Der Nichtraucherschutz ist bei der jetzigen Gesetzeslage gar nicht mehr vollziehbar gewesen.

(Kathrin Sonnenholzner (SPD): Das liegt an Ihrem Gesetz!)

Der Entwurf der GRÜNEN ist schon ein Fortschritt in deren Evolution; denn es gab schon einmal einen Entwurf von euch, mit dem ihr verbieten wolltet, dass draußen geraucht wird, also auch in Biergärten. Offensichtlich habt ihr das Ohr jetzt näher am Volk und die Akzeptanz weiterentwickelt. Demnächst wäre einmal die interessante Frage zu klären, warum sich die Position der GRÜNEN in dieser Frage verändert hat.

Fakt ist: Es wäre völlig lebensfremd, wenn wir in den Bierzelten - auch das war ein Grund, um diese Gesetzesberatung erneut aufzugreifen -, eine Überprüfung mit Hilfe der Polizeigewalt machen würden. Ich will jetzt nicht so weit gehen, Herr Fischer, mich Ihres Badehosenvergleichs zu bedienen. Herr Kollege Imhof, man stelle sich einmal vor, wie man mit Polizeigewalt den einen Raucher aus dem Bierzelt holen würde! Das entspräche nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und wäre nicht lebensnah in einer Bürgergesellschaft.

Deswegen hat die Mehrheit des Hauses einen Entwurf gestaltet und eingebracht, der dem Nichtraucherschutz höchste Priorität einräumt und der in der Realität auch vollzogen werden kann. Jeder kann nicht nur in öffentlichen Gebäuden ungestört rauchfrei sein Essen genießen. Der Gesetzentwurf hält alle Auflagen des Jugendschutzes ein. Wer meint, dass er rauchen muss, kann es in einem Nebenraum, der abgetrennt ist, machen. Das ist überhaupt kein Problem. Wir haben für Einraumgaststätten aufgrund der Vorgaben des Verfassungsgerichts auch eine klare Regelung. Jeder kann selbst entscheiden, ob er in eine solche Gaststätte geht oder nicht. Was ist daran falsch? Jeder kann es für sich entscheiden. Deswegen schaffen wir eine vernünftige Balance und verbinden die Akzeptanz durch die Gesellschaft mit dem hohen Ziel des Nichtraucherschutzes.

Zum Schluss möchte ich eine kleine Motivforschung betreiben. Warum legen die GRÜNEN jetzt einen solchen Entwurf vor, bei dem das Argument von Christa Stewens natürlich richtig ist? Der Passus "soweit sie öffentlich zugänglich sind" bleibt nur bei Kultur- und Freizeiteinrichtungen stehen. Sie erlauben also das Rauchen im Theater und in der Spielhalle. In der Gaststätte verbieten Sie es. Das ist inkonsequent, Frau Schopper. Warum treten Sie so engagiert auf? Seien wir doch ganz ehrlich: Sie haben die Sorge, dass Ihnen eine andere Partei, die nicht hier im Parlament sitzt, den Rang ablaufen könnte. Sie haben Sorge, dass eine kleine Partei außerhalb des Hauses ein Volksbegehren macht. Aus Angst davor, dass Sie die Meinungsführerschaft verlieren könnten, ziehen Sie plötzlich einen unvorbereiteten Text aus der Tasche. Das ist unehrlich. Wir sollten sauber miteinander diskutieren. Deswegen sagen wir Ihnen ganz deutlich, dass Sie mit Ihrem Gesetzentwurf die Situation nur verschlechtern würden. Sie würden damit eine Zweiklassen-Raucherclub-Gesellschaft schaffen. Ihr Gesetzentwurf würde noch zu mehr Verwirrung führen. Deswegen ist ein ausgewogener Kompromiss, der den Nichtraucherschutz an erste Stelle setzt, der aber auch bei der Gesellschaft auf Akzeptanz stoßen wird, vernünftiger.

(Kathrin Sonnenholzner (SPD): Glauben Sie selber, was Sie da sagen?)

Herr Aiwanger, ich hoffe nicht, dass der Gesetzentwurf nur ein Zwischenschritt ist und wir im nächsten Jahr wieder ein neues Gesetz erlassen müssen. Ich hoffe, dass wir am Ende Frieden in den Gaststätten und Frieden in der Gesellschaft bei gleichzeitiger Erhaltung des Nichtraucherschutzes erreichen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Umwelt und Gesundheit als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? - Das ist der Fall. Dann ist es so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Abstimmung über Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 GeschO nicht einzeln beraten werden (s. a. Anlage)

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(siehe Anlage)

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung die Tagesordnungspunkte 5 bis 8 auf:

Antrag der Abg. Margarete Bause, Sepp Daxenberger, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Nationalpark Steigerwald - Baustein für Bayerische Biodiversitätsstrategie Machbarkeitsstudie vorlegen (Drs. 16/207)

und

Antrag der Abg. Susann Biedefeld, Dr. Christoph Rabenstein, Inge Aures u. a. (SPD) Nationalpark Steigerwald - Erstellung einer Machbarkeitsstudie (Drs. 16/570)

und

Antrag der Abg. Hubert Aiwanger, Tanja Schweiger, Prof. (Univ Lima) Dr. Peter Bauer u. a. und Fraktion (FW)

Schutz und Aufwertung des Steigerwalds (Drs. 16/587)

und

Antrag der Abg. Dr. Otto Hünnerkopf, Gerhard Eck u. a. (CSU), Tobias Thalhammer, Dr. Otto Bertermann, Thomas Dechant (FDP) Naturpark Steigerwald Die biologische Vielfalt sichern und weiterentwickeln! Den Tourismus stärken! (Drs. 16/591)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache und weise darauf hin, dass wir die Beratung vor 19.30 Uhr abschließen müssen, wenn wir über die Anträge noch abstimmen wollen. Sonst müssten wir die Abstimmung vertagen. Als erstem Redner erteile ich Herrn Dr. Magerl für das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Mit unserem Antrag wollen wir erreichen, dass für ein Gebiet im Steigerwald - nicht für den ganzen Steigerwald - eine Machbarkeitsstudie darüber durchgeführt werden soll, ob dort ein Nationalpark realisiert werden kann oder nicht. Mit dieser Machbarkeitsstudie wollen wir nicht nur die naturschutzfachliche Wertigkeit dieses Gebiets untersuchen. Das ist zweifellos ein Gesichtspunkt. Dazu gibt es auch bereits Untersuchungen des Bundesumweltministeriums, die den Steigerwald als Rotbuchennationalpark in Deutschland für sehr gut geeignet halten. Wir wollen, dass in dieser Machbarkeitsstudie unter Einbeziehung der örtlichen Bevölkerung - das haben wir ausdrücklich in unseren Antrag hineingeschrieben - neben der naturschutzfachlichen Eignung vor allem die Vor- und Nachteile für die regionale Wirtschaft und für den Tourismus bewertet werden. Uns geht es nicht nur um die naturschutzfachliche Bewertung. Wir wollen die Studie zusammen mit der Bevölkerung vor Ort durchführen, denn es wird immer wieder behauptet, mit diesen Anträgen oder Forderungen sollte der Bevölkerung irgendetwas übergestülpt werden.

(Gerhard Eck (CSU): Über den Kopf der Bevölkerung hinweg!)

- Das ist falsch, Herr Kollege Eck. Lesen Sie den Antrag. Dort steht ausdrücklich: "… unter Einbeziehung der örtlichen Bevölkerung …" Daher können Sie nicht behaupten, dass über die Köpfe der Bevölkerung hinweg etwas entschieden werden soll. Sie haben diesen Antrag einfach nicht zur Kenntnis genommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zur Historie dieses Antrags: Der Vorschlag, den Steigerwald als Nationalpark auszuweisen, stammt von zwei Landräten, nämlich von Landrat Denzler und von Landrat Handwerker.