Protocol of the Session on April 1, 2009

Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin, ich komme zum Ende. Auch wenn der Einzelplan 10 des Staatshaushalts stark durch gesetzlich fixierte Leistungen gebunden ist, sind die vielfältigen freiwilligen sozi

alpolitischen Leistungen auch mit den entsprechenden Initiativen von CSU und FDP weiterentwickelt und gestaltet worden, sodass wir die Zukunft mit Kraft angehen können.

Wir müssen uns aber auch immer wieder der Aufgabe stellen, Maßnahmen und Konzepte auf ihre Wirksamkeit hin zu hinterfragen, zu überprüfen und weiterzuentwickeln. Lassen Sie mich abschließend sagen: Dies muss gemeinsam mit den Verbänden des Sozialen Bayerns erfolgen. Nur mit einer Dialogkultur können wir diese Konzepte umsetzen.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Christa Steiger (SPD): Warum haben Sie dann unserem Antrag nicht zugestimmt?)

Herr Kollege Prof. Dr. Bauer hat sich zu einer Zwischenintervention gemeldet.

Geschätzter Herr Kollege Unterländer, wir sind uns völlig einig, dass Prophylaxe und Vorbeugung wichtig sind. Können Sie mir dann erklären, warum Sie den Beginn dieser Prophylaxe, nämlich unsere Forderung auf Einstellung von 20 Millionen Euro für die frühkindliche Förderung, abgelehnt haben?

Joachim Unterländer (CSU) :

Herr Kollege Prof. Dr. Bauer, wir haben für den Ausbau der frühkindlichen Betreuungseinrichtungen ausreichende Mittel zur Verfügung. Wir können aber den Bedarf nicht feststellen. Das müssen die Kommunen tun. Frau Staatsministerin Haderthauer wird das nachher noch näher erläutern. Bei den Einrichtungen der frühkindlichen Förderung gibt es keine Unterfinanzierung oder Finanzierungsdefizite. Deshalb brauchen wir dafür auch keine zusätzlichen 20 Millionen Euro. Bei den Maßnahmen der Frühförderung sind die Kostenträger die Krankenkassen und die Bezirke. Auf diese werden wir von politischer Seite einwirken.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Für die Staatsregierung hat jetzt Frau Staatsministerin Haderthauer ums Wort gebeten.

Frau Präsidentin, Kollegen und Kolleginnen! Die Politik spricht derzeit über staatliche milliardenschwere Rettungsschirme und Konjunkturprogramme für die Wirtschaft, um der Krise zu begegnen. Eines muss dabei klar sein. Die Akzeptanz dieser Stützmaßnahmen steht und fällt mit der sozialen Qualität, die unsere Gesellschaft gleichzeitig hat.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Mit dem Sozialhaushalt können wir deutlich machen, dass uns diese Balance nicht nur wichtig ist, sondern dass sie Legitimationsgrundlage für alle politischen Maßnahmen - auch in der Finanz- und Wirtschaftspolitik - ist. Welchen Stellenwert hat das Soziale gerade in Krisenzeiten? - Hierzu gehört die Überlegung, dass zur richtigen Balance die Einsicht gehört, dass eine Wirtschaftskrise naturgemäß zur Verknappung unserer Ressourcen führt. Aus diesen Ressourcen bezahlen wir auch den Sozialhaushalt und die sozialen Standards. Die Wirtschaft und das Soziale bedingen sich also gegenseitig. Nur eine gute Wirtschaftslage erlaubt höhere staatliche Ausgaben. Eine schwierige Einnahme-Situation verlangt, dass wir verantwortungsvoll überlegen, wie wir die Mittel, die uns der Steuerzahler in diesen Zeiten zur Verfügung stellen kann, zielgenau einsetzen können.

Mit dem Entwurf dieses Sozialhaushalts zeigen wir, dass wir die Prioritäten richtig setzen; denn trotz strenger Haushaltsdisziplin setzen wir an den richtigen Stellen Schwerpunkte. Ich möchte mich vorab herzlich für die konstruktiven Beratungen im Haushaltsausschuss bedanken. Mein Dank geht an die Abgeordneten des Bayerischen Landtags, vor allem aber an den Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, Herrn Kollegen Georg Winter, an den zuständigen Berichterstatter, Herrn Kollegen Heinrich Rudrof, an den stellvertretenden Vorsitzenden des sozialpolitischen Ausschusses, Herrn Kollegen Joachim Unterländer, und an die Vorsitzende des sozialpolitischen Ausschusses, Frau Kollegin Brigitte Meyer von der FDP, die heute nicht hier sein kann.

Ich möchte auch meinem Staatssekretär ein herzliches Dankeschön aussprechen; denn politische Überlegungen wie die Aufstellung eines Haushalts treffen wir gemeinsam und entscheiden im Team. Lieber Markus Sackmann, vielen Dank für Deine Unterstützung und dass Du Dich so eingebracht hast.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Im Haushaltsausschuss und allenthalben werden immer wieder Vergleiche gezogen zwischen dem so genannten Sparhaushalt, dem Nachtragshaushalt 2004, der uns allen Schmerzen bereitet hat, und dem jetzigen Haushalt. Ich möchte für das Sozialministerium deutlich machen, dass wir im Vergleich zum Nachtragshaushalt 2004 in diesem Haushalt 500 Millionen Euro mehr zur Verfügung haben.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Jetzt höre ich die Abgeordneten von der Opposition sagen: Die kann leicht reden; da sind ja so viele Bun

desmittel drin. Ich habe mir deshalb die Bundesmittel herausrechnen lassen. Ohne die Bundesmittel sind es immerhin noch 200 Millionen Euro mehr. Wir haben aber keineswegs weniger Mittel für das Soziale zur Verfügung, was immer wieder versucht wird, den Leuten einzureden.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Besonders erfreulich sind die hohen Steigerungen bei den freiwilligen Leistungen. Ich möchte noch etwas zu diesem Nachtragshaushalt sagen: Inzwischen haben wir zeitgerecht neue Prioritäten gesetzt. Wenn Sie Einzelpositionen mit dem Nachtragshaushalt 2004 vergleichen, werden Sie zugegebenermaßen einige Bereiche finden, für die wir im Jahre 2004 mehr Geld zur Verfügung gestellt haben. Sie werden aber im Doppelhaushalt 2009/2010 neue Haushaltstitel finden, die es damals noch nicht gegeben hat. Auf diese neuen Prioritäten werde ich eingehen.

Aus meiner Sicht sind besonders die hohen Steigerungen bei den freiwilligen Leistungen zu erwähnen. Im Jahr 2009 wird der Betrag dafür gegenüber dem Jahr 2008 um 28 % steigen. Das ist eine zweistellige Steigerung in einem Jahr. Im Jahre 2010 werden dafür gegenüber dem Jahr 2009 noch einmal 5 % zusätzlich zur Verfügung gestellt. Ich kann nicht in jedem Jahr eine Steigerung um 28 % erreichen.

Von den neuen Prioritäten möchte ich das Mittagessen an Ganztagsschulen und an Grundschulen mit Mittagsbetreuung, die koordinierenden Kinderschutzstellen und die Ausweitung des Landeserziehungsgeldes erwähnen. Ein eindeutiger Schwerpunkt des Sozialhaushalts sind die Familien. Knapp 40 % der Mittel werden dafür ausgegeben. Wer mein Haus kennt und weiß, dass dort viele große Mittelblöcke von vornherein festgelegt sind, kann ermessen, dass es sich hierbei um eine enorme Schwerpunktsetzung handelt. 40 % des Haushalts werden für Kinder und Familien zur Verfügung gestellt.

Die Schaffung von Angeboten für die frühkindliche Bildung und Erziehung ist für mich die große Herausforderung der nächsten Jahre. Deswegen werden die Haushaltsansätze dafür von 617 Millionen Euro im Jahr 2008 auf 676 Millionen Euro im Jahr 2009 und auf 719 Millionen Euro im Jahr 2010 gesteigert. Ich möchte dazu anmerken: Wir haben vor drei Jahren mit der Schaffung des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes einen richtigen Schritt getan und die Verantwortung für die Bedarfsfeststellung auf die Kommunen heruntergezoomt. Entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip sollen die Kommunen vor Ort ihren Bedarf feststellen; denn Kinderbetreuung fällt in die kommunale Zuständigkeit. Das wird in der öffentlichen Diskus

sion oft vergessen. Kein Bundesland beteiligt sich so stark an den Kosten der Kinderbetreuung und entlastet die Kommunen in einem so großen Umfang wie Bayern.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Christa Steiger (SPD): Das stimmt doch nicht!)

Deshalb möchte ich von dieser Stelle aus an unsere Bürgermeister appellieren: Der Ausbau der Kinderbetreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren wird der Standortfaktor der Zukunft sein. Wir erleben es: Der Appetit kommt beim Essen. Ich spreche oft mit Bürgermeistern, die mir sagen, dass sie diese Angebote nicht oder nicht in diesem Umfang bräuchten. Dabei spielt die Parteizugehörigkeit dieser Bürgermeister keine Rolle.

Aber immer dann, wenn sie Plätze für Kinder unter drei Jahren schaffen, merken sie, diese Plätze sind schneller besetzt, als man jemals gedacht hat. Deswegen fördern wir nicht nur jeden Träger und jede Kommune, sondern wir setzen auf die Bedarfsfeststellung vor Ort, weil sie der beste Dynamo ist. Wir setzen auch auf Betriebskindergärten, weil wir feststellen, dass sich die Schwangerschaftsquote in den Belegschaften mancher Betriebe fast verdoppelt hat in dem Moment, wo es eine Kinderkrippe gab.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte kurz auf ein paar gängige Vorurteile eingehen, die auch hier wieder geäußert worden sind. Die Qualität der bayerischen Kinderbetreuungseinrichtungen kann sich nicht nur sehen lassen, sie kann auch bezeugt werden. Denn in ganz Deutschland werden unsere Qualitätskonzepte abgeschrieben. Der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan wird von anderen Bundesländern kopiert. Mit unserer Förderung, die erstmals nicht die Träger, nicht die Erzieher, sondern das Kind in den Mittelpunkt gestellt hat, haben wir ebenfalls bundesweit Maßstäbe gesetzt.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben dennoch das ständige Bestreben, besser zu werden. Deswegen werde ich in wenigen Wochen mit einer Qualitätsoffensive in das Kabinett gehen, die die Ansätze, die uns bundesweit nach vorn gebracht haben, noch besser vernetzt und weiterentwickelt.

Frau Ackermann, Krippenplätze mögen teilweise noch knapp sein, und zwar dort, wo Bürgermeister ihrer Verantwortung für die Bedarfsfeststellung und die Bedarfsbefriedigung noch nicht nachgekommen sind, aber unerschwinglich sind sie nicht. Sie sind in Bayern nicht teurer als anderswo im Bundesgebiet. Deswegen ist es mir wichtig, festzustellen, dass ein kostenfreies Kindergartenjahr grundsätzlich sicher nichts Verkehrtes ist. Wir sollten aber auch überlegen, wie wir es in der derzeitigen Situation, in der wir den Ausbau schultern wol

len, jungen Eltern erklären sollen, dass zwar einige einen kostenfreien Kindergartenplatz erhalten, sie selbst aber leider für ihr Kind keinen Platz bekommen. Ich halte die richtige Reihenfolge für wichtig. Es steht im Übrigen auch so im Koalitionsvertrag. Lesen hilft manchmal ungemein beim Erkenntnisgewinn.

(Beifall bei der CSU)

Frau Staatsministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Ackermann?

Nein, ich habe noch so viel zu sagen.

Im Koalitionsvertrag steht der Satz, dass wir mittelfristig das kostenlose Kindergartenjahr anstreben. Das Wort "mittelfristig" ist kein Fremdwort; das brauche ich Ihnen nicht zu übersetzen.

Wir streben weiter an, den Anstellungsschlüssel, den wir gerade auf 11,5 reduziert haben, noch weiter zu reduzieren. Außerdem wollen wir eine Verbesserung der Ausbildung der Erzieherinnen und vor allem bessere Rahmenbedingungen für die Erzieherinnen. Wir brauchen eine größere Wertschätzung dieses Berufs. Seit ich im Amt bin, appelliere ich an die Tarifvertragsparteien - das tue ich auch von hier aus noch einmal gern -, dass sie bessere Gehälter aushandeln.

(Zuruf der Abgeordneten Christa Steiger (SPD))

- Frau Steiger, Sie wissen doch selbst, dass ich die Erzieherinnen nicht einstelle. Auf diesem Niveau brauchen wir nicht zu reden. Ich stelle die Erzieherinnen nicht ein, aber ich fördere sie. Ich sage auch, dass ich selbstverständlich den Basiswert anpassen werde, wenn die Gehälter höher werden. Das ist klar, und das ist korrekt. Damit vollziehe ich die Erhöhung nach und gebe auch den Anreiz, höhere Gehälter zu zahlen.

(Beifall bei der CSU)

Ich möchte darauf hinweisen, dass nicht nur der Anstellungsschlüssel die Qualität bestimmt, sondern auch das, was in den Kindergärten passiert. Unser Bildungsund Erziehungsplan, den wir weiterentwickeln, ist bereits erwähnt worden. Daneben muss aber die Fortbildung viel stärker auf den Schwerpunkt der Kinder unter drei Jahren ausgerichtet werden. Das sind neue Herausforderungen; denn ein Kind unter drei Jahren hat andere Bedürfnisse als das klassische Kindergartenkind. Hier hat mein Haus sich bereits entsprechend ausgerichtet und Finanzierungen vorgenommen.

Die Förderung der Sprachkompetenz ist die Herausforderung der Zukunft. Leider geht es dabei nicht mehr nur

um Kinder mit Migrationshintergrund, leider sind auch viele Kinder ohne Migrationshintergrund betroffen. Deswegen nehmen wir für drei Jahre 44 Millionen Euro in die Hand, um in einer In-house-Fortbildung die Fachkräfte aller Kinderbetreuungseinrichtungen so zu schulen, dass die Vermittlung von Sprachkompetenz möglich ist.

Ich komme nun zu einem Kernstück unseres Etats, das gesellschaftspolitisch besonders wichtig ist. Es handelt sich um das Landeserziehungsgeld, über das wir uns hier seit Jahren immer wieder streiten. Ich denke, die Zeiten müssen vorbei sein, in denen Politik einseitig Leitbilder für Familien vorgibt. Das heißt, wir brauchen auf der einen Seite Kinderbetreuung für Kinder unter drei Jahren. Ich glaube - ich habe die Beträge vorgelesen -, da nehmen wir genügend Geld in die Hand, und zwar so viel Geld, dass es momentan nicht einmal ganz abgerufen werden kann. Wenn es also klemmt, dann liegt das nicht am Geld, sondern daran, dass die Bedarfsfeststellung eine Zeit lang dauert. Auf der anderen Seite nehmen wir aber auch Geld in die Hand für diejenigen, die das Heil ihres Kindes nicht darin sehen, es mit einem Jahr in eine Kinderbetreuungseinrichtung zu schicken.

(Beifall bei der CSU)

Das muss doch auch erlaubt sein. Die Balance in der Familienpolitik ist uns wichtig. Wir müssen uns auch an die Familien wenden, die ihrer Elternverantwortung in der Weise nachkommen wollen, dass sie ihre Kinder selbst betreuen, und zwar komplett selbst betreuen.

(Beifall bei der CSU)

Es ist doch sowieso die sinnvollste Zeit im Leben, die man mit seinen eigenen Kindern verbringt. Wenn man sich das heute leistet, dann müssen wir doch Bravo rufen und so etwas nicht bestrafen.

(Georg Schmid (CSU): Bravo!)