Abstimmung über Verfassungsstreitigkeiten und Anträge, die gem. § 59 Abs. 7 GeschO nicht einzeln beraten werden (s. a. Anlage 7)
Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.
Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. des jeweiligen Abstimmungsverhaltens seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit schließen sich die Fraktionen ihren jeweiligen Voten entsprechend der aufgelegten Liste an. Der Landtag übernimmt diese Voten.
Verfassungsstreitigkeit Schreiben des Bundesverfassungsgerichts - Erster Senat - vom 08.12.2008 (1BvR 2544/08) betreffend Verfassungsbeschwerde gegen a) Art. 6a, 6b, 6d, 6e, 6f, 6g des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes (BayVSG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. April 1997 (BayGVBl S. 70, BayRS 12-1-I) , zuletzt geändert durch § 1 des Gesetzes vom 8. Juli 2008 (BayGVBl S. 357), b) Art. 34, 34a, 34c, 34d, 34e des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei (Polizeiaufgabengesetz - PAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. September 1990 (BayGVBl S. 397, BayRS 2012-1-1- I), zuletzt geändert durch Art. 27 Abs. 1 des Gesetzes vom 22. Juli 2008 (BayGVBl S. 421) PII/ G-1320/08-9
Hierzu eröffne ich nun die Aussprache. Die Redezeit beträgt pro Fraktion 5 Minuten. Erster Redner ist Herr Kollege Arnold für die SPD-Fraktion.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es handelt sich hier um eine Verfassungsstreitigkeit gegen die sogenannte Online-Durch
Es ist klar, dass hier in fünf Minuten nicht über verfassungsrechtliche Grundsätze gestritten werden kann. Auf der einen Seite wäre das zu kompliziert, auf der anderen Seite weiß ich, dass gewisse Kreise in diesem Haus gar nicht mehr zugänglich sind für das, was wir beim Versammlungsgesetz neuerdings haben erleben müssen.
Ich skizziere kurz, worum es uns geht. Es geht um den Eingriff in das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und der Integrität. Es handelt sich um eine Situation, in der den Behörden ein Einblick in wesentliche Teile der Lebensgestaltung, vielleicht sogar die Erstellung eines Persönlichkeitsbildes ermöglicht wird, indem der PC oder etwas anderes entsprechend ausgespäht wird.
In dem Gesetz, das der Landtag im August letzten Jahres beschlossen hat, wurden allerdings die Planvorgaben des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 17. Februar 2008 aus unserer Sicht nicht umgesetzt. Es liegt Ungleichbehandlung in Bezug auf den Zugriff von Daten vor. Es kommt zu Erhebungen bereits gespeicherter Daten. Beim Zugriff gibt es keinen Richtervorbehalt. Entgegen den Maßgaben der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist es zu einer anderen Entscheidung gekommen.
Bisher überhaupt noch nicht geregelt sind die Veränderung und Löschung von Daten durch die Behörden. Da haben wir eine ganz neue Situation. Wir sind der Ansicht, dass sie nicht angemessen ist. Man erkennt keine Spur davon, dass die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtsurteils umgesetzt worden wären.
Uns sind auch die Eingriffsschwellen zu unpräzise und nicht genügend. Einmal wird von "konkreter Gefahr" gesprochen, das andere Mal von "Verhütung von Straftaten". Da sind nach unserer Auffassung Dinge in unzulässiger Weise miteinander vermengt.
Bezüglich des Verfassungsschutzgesetzes weise ich darauf hin, dass gemäß seinem § 1 der Verfassungsschutz keine polizeilichen Aufgaben hat. Das heißt, es gibt keine Befugnis, kausalverlaufunterbrechende, gefahrbeseitigende Maßnahmen zu ergreifen. Von daher kann es sich hier auch nicht um eine Situation der Gefahrenabwehr handeln. Die Dokumentationspflicht, die im Urteil des Bundesverfassungsgerichts gefordert wird, ist im Gesetzestext in keiner Weise ausgedrückt.
Worauf es uns aber sehr wohl ankommt - da weiß ich schon, dass wir auf einen gewissen Widerstand stoßen
werden -, sind die sogenannten Begleitmaßnahmen. Diese bedeuten, dass man zwecks Anbringung von Trojanern eine Wohnung betreten und auch durchsuchen darf. Das geht uns viel zu weit. Das ist, was das Bundeskriminalamt betrifft, im Bundesrecht auch nicht geregelt. Aus unserer Sicht ist so etwas verfassungswidrig, insbesondere deswegen, weil extra für den Lauschangriff die Betretungsregelungen des Artikels 13 Absatz 5 des Grundgesetzes geändert worden sind. Wenn überhaupt jemand eine Wohnung durchsuchen darf, dann muss Artikel 13 Absatz 2 des Grundgesetzes genügen.
Wir haben auch Probleme mit der Gestaltung des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung. Wir haben die Sorge, dass das, was beabsichtigt ist, technisch nicht machbar ist. Da wäre es notwendig, immer wieder einen Richter einzuschalten, der sich die Bänder anhört. Er soll dann bei Hunderten oder Tausenden von E-Mails entscheiden, ob der private Bereich berührt ist oder nicht. Dafür müssten sicher ein paar neue Stellen geschaffen werden, wenn man so etwas umsetzen will.
Ich will hier nicht weiterreden. Sie wissen selber Bescheid. In Ihrem Koalitionsvertrag steht unter Nummer 8 auf Seite 61, dass hier dringender Überholungsbedarf besteht. Aber der Kollege Heike war im Rechtsund Verfassungsausschuss der Meinung, dass die Überholung im Prinzip im März geschehen sollte. Der März ist aber schon nahezu herum, ohne dass irgendetwas überholt wäre.
Daher ist es notwendig, dass wir jetzt auf die Überholspur gehen und das Gesetz verfassungsrechtlich überprüfen lassen. Das heißt aber auch für Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Regierung, dass Sie einen relativ verfassungswidrigen Zustand aufgrund Ihrer eigenen Erkenntnisse und Ihrer vertraglichen Regelungen dulden. Sie fördern diese Entwicklung. Damit leisten Sie quasi Beihilfe zum Verfassungsbruch. Das ist nicht hinnehmbar.
In dem Zusammenhang muss ich sagen: Es muss gehandelt werden. Sie haben sich so entschieden, dass der Landtag dieser Verfassungsbeschwerde nicht beitritt. Wir wollen aber, dass er beitritt, und zwar genau aufgrund der Erfahrungen mit dem Versammlungsgesetz. Wir wollen, dass die Regierung dazu eine entsprechende Erklärung abgibt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren Kollegen! Verehrter Kollege Arnold, das war jetzt zum Schluss schon ein bisschen starker
Tobak. Wir sollten nicht so miteinander umgehen, dass wir von einem Verfassungsbruch und von Beihilfe reden. Wir sind beide Juristen und müssen wissen: Das ist unseres Hauses nicht würdig.
- Herr Kollege Beyer, Sie sind auf dem besten Wege, zum Zwischenrufer vom Dienst zu werden. Aber besser wird es dadurch nicht.
Was uns jetzt vorliegt, ist eine Mitteilung des Bundesverfassungsgerichts. Dort ist festgestellt worden, dass bestimmte Dinge, Kollege Arnold, zu überprüfen sind. Sie sind vom Verfassungsgericht so nicht gewünscht. Wir haben niemals einen Hehl daraus gemacht, zu sagen: Wir werden, wenn das Gericht entschieden hat, selbstverständlich entsprechend vorgehen. Die Eilentscheidung war notwendig, sie war wichtig und sie liegt vor.
Ich habe im Ausschuss nicht "März", sondern "Frühjahr" gesagt. Dabei sollten wir auch bleiben. Aber es spielt keine Rolle. Wir werden den Entwurf in den nächsten Wochen vorlegen. Das ist kein Geheimnis. Deshalb ist die gesamte jetzige Diskussion sehr fragwürdig. Vor wenigen Wochen haben wir dasselbe schon einmal diskutiert. Ich weiß nicht, warum das wie eine Tibetanische Gebetsmühle wiederholt werden muss. Es ändert sich daran nichts. Ich kann Ihnen versichern, wenn ich "Frühjahr" gesagt habe, bleibt es auch bei Frühjahr. Ich gehe davon aus - da bin ich nicht der Einzige -, dass wir in diesem Frühjahr den neuen Gesetzentwurf einbringen werden.
Es gibt einen Koalitionsvertrag, in dem das geklärt ist. Wir sind mitten in den Besprechungen. Wir alle werden genügend Zeit haben, hierzu die notwendigen Diskussionen zu führen und die notwendigen Abwägungen vorzunehmen. Die Teile, die wir verändern müssen, werden auch kommen, und die Eilentscheidung ist für uns sicherlich sehr hilfreich.
Aufgrund dieser Situation haben wir im Ausschuss mehrheitlich festgelegt, dass wir uns an diesem Verfahren nicht beteiligen und keine Stellungnahme abgeben, weil wir das als überholt ansehen. Wir werden sehr schnell den richtigen und neuen Entwurf haben. Dann müssen die Antragsteller überdenken, die es teilweise schon signalisiert haben, dass sie dies akzeptieren und ob diese verfassungsgerichtliche Fortsetzung des Streites überhaupt noch notwendig ist. Meines Erachtens wird sie sich selbst überholen.
In diesem Sinne sind wir der Meinung, wie wir es bereits im Ausschuss besprochen haben, dass im Verfahren
Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die Fraktion der Freien Wähler gebe ich nun das Wort an Bernhard Pohl.
Herr Kollege Heike, Sie haben sehr richtig darauf hingewiesen, dass man in diesem Haus gewisse Schärfen herausnehmen und nicht gleich von der Verfassungswidrigkeit sprechen sollte. Aber hier ist der Hinweis auf die Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz weitaus eher angebracht als bei dem Dringlichkeitsantrag über die verschuldungsunabhängige Haftung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schön, dass Änderungen am Polizeiaufgabengesetz von der Koalition vorgenommen werden sollen. Dann tun Sie es aber auch endlich! Warum beschäftigen wir das Bundesverfassungsgericht, wenn wir durch eine schnelle und verfassungskonforme Änderung des PAG diesen Rechtsstreit sehr schnell beenden könnten? Sie wären am Zug, einen Gesetzesvorschlag vorzulegen. Wir könnten uns dann die heutige Debatte sparen.
Wir meinen schon, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir dem Verfahren beitreten sollten und eine Stellungnahme in diesem Verfahren abzugeben haben. Ich denke, dass wir in dieser Stellungnahme klarmachen müssen, dass bei der jetzigen Regelung die Eingriffsschwelle zu niedrig angesetzt ist. Natürlich verkennen wir nicht die Notwendigkeit, effektiven Strafverfolgung und effektive Prävention zu betreiben. Das PAG verfolgt ja präventive Ziele.
Aber, meine Damen und Herren, wir dürfen die Eingriffsschwelle nicht auf den Gefahrenverdacht herunterbrechen, sondern es muss eine konkrete Gefahr für ein Rechtsgut vorliegen, die es rechtfertigt, einen derart schwerwiegenden Eingriff in Grundrechte, in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und in die Unverletzlichkeit der Wohnung vorzunehmen.
Deshalb, meine Damen und Herren, ist eine Stellungnahme angezeigt. Deswegen muss der Bayerische Landtag darauf hinweisen, dass die Eingriffsschwelle zu niedrig ist. Sie von der Koalition haben jetzt noch Zeit, sich eine weitere Blamage vor dem Verfassungsgericht zu ersparen, indem das Verfassungsgericht erneut ein Gesetz der Bayerischen Staatsregierung für verfassungswidrig erklärt. Ich würde mich freuen, wenn wir uns diese Blamage ersparen. Sie sind am Zug!
Vielen Dank, Herr Kollege. - Als Nächste spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abgeordnete Susanna Tausendfreund.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Heike, es ist manchmal notwendig, dass man Wahrheiten gebetsmühlenartig vorträgt, damit sich etwas bewegt.
Diese Art und Weise, zu dieser Verfassungsklage keine Stellungnahme abzugeben, ist ein Armutszeugnis für die Koalitionsfraktionen und eine Missachtung des Bundesverfassungsgerichts. Wenn der Landtag zu einer Stellungnahme aufgefordert wird, dann haben wir auch Stellung zu nehmen und können nicht einfach sagen: Es geht zwar um unser Gesetz, aber damit wollen wir eigentlich nichts zu tun haben. Die FDP sagt: Es lohnt sich eigentlich gar nicht mehr, denn wir haben schon eine Regelung in der Pipeline. Aber es liegt immer noch kein Entwurf vor.
Dieses Verhalten, hierzu keine Stellungnahme abzugeben, ist das typische Schema zur Rettung des Koalitionsfriedens, weil sonst die FDP gegen ihre eigene Überzeugung hätte stimmen müssen, und die CSU hätte mit Sicherheit keine Stellungnahme abgegeben, in der sie ausführt, sie halte die Online-Durchsuchung für verfassungswidrig. Diesbezüglich hätte die FDP mitstimmen müssen.
Dieses Verhalten hat einen ordentlichen FeigenblattCharakter, weil das Innenministerium im Namen der Staatsregierung eine Stellungnahme abgeben wird. Sie können sich sicherlich vorstellen, wie diese ausfällt, nämlich in der Form, dass das Innenministerium im Namen der Koalitionsregierung ausführt: Natürlich ist dieses Gesetz nicht verfassungswidrig. Das Doppelspiel ist ziemlich unglaubwürdig.
Die Klage selbst ist ein sehr eindrucksvoller Beleg, in welchem Ausmaß die bayerische Regelung zur OnlineDurchsuchung verfassungsrechtliche Grundsätze missachtet. Es sind sowohl durch die Polizei als auch durch die Maßnahmen des Verfassungsschutzes zwangsläufig immer Dritte beteiligt. Die bayerische Regelung zur Online-Durchsuchung verstößt gegen das neu geschaffene Recht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme. Mit der heimlichen Wohnungsbetretung und der Computerausforschung ist zwangsläufig immer der Kernbereich privater Lebensgestaltung und die Unverletzlichkeit der Wohnung betroffen. Die Eingriffsschwelle ist sehr niedrig. Außerdem