Protocol of the Session on March 4, 2009

Drittens. Wir brauchen weitere Investitionen, und deswegen ist es notwendig, dass die Deregulierung fortgesetzt wird, und es dürfen auch keine neuen Regulierungen kommen. Deshalb war es richtig, dass auch durch den Widerstand der Staatsregierung dieses Umweltgesetzbuch gescheitert ist. Wir sind für Umweltschutz, aber Umweltschutz, der in der jetzigen Situation Unsicherheit bringt und Investitionen hinauszögert bzw. in Frage stellt, schadet dem Arbeitsmarkt.

Viertens möchte ich herausstellen: Wir brauchen natürlich im Bereich der Arbeitsmarktinstrumente die Mobilisierung aller Möglichkeiten. Erfreulicherweise hat der Bund die Möglichkeiten für Kurzarbeit verbessert, nicht nur zeitlich gestreckt, sondern auch die Entlastung der Unternehmen damit verbunden. Wir wollen dies auch für die Weiterbildung nutzen und erwarten heute, dass die Staatsregierung auch dazu ihre Perspektiven für die Zukunft darstellt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wissen, dass wir nicht jeden Arbeitsplatz und jedes Unternehmen retten können. Auch in Zeiten der Hochkonjunktur gibt es 30.000 Insolvenzen. Aber es müssen die Arbeitsplätze, die zukunftsträchtig sind, und die Unternehmen, die nach der Krise eine Zukunft haben, auch in der jetzigen Situation der sozialen Marktwirtschaft auf einen handelnden Staat bauen können. Das ist unsere Philosophie.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU und des Abge- ordneten Tobias Thalhammer (FDP))

Vielen Dank, Herr Huber. Als nächste Wortmeldung liegt mir die von Herrn Dr. Kirschner vor.

Sehr geehrte Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Abgeordneter hat man eigentlich den Auftrag, den Menschen Mut zu machen. Wenn man aber täglich mit diesen Dingen auch im Geschäft konfrontiert wird, was momentan in der Wirtschaft abgeht, dann treibt einen die Sorge um.

Zur konjunkturellen Lage in Bayern ist zu sagen: Wir hatten 2008 ein Wirtschaftswachstum von 1,6 % erreicht, im Bund von 1,3 %. Das ist Vergangenheit. Die wirtschaftliche Lage hat sich in den letzten Monaten eingetrübt und ist schlechter geworden. Die Auftragseingänge in der Produktion und die Umsätze im verarbeitenden Gewerbe sind zuletzt immer stärker zurückgegangen. Sie liegen inzwischen weit unter dem Vorjahresniveau. Insgesamt stimmt bedenklich, dass noch keine Bodenbildung erkennbar ist.

Die Exporte sind 2008 massiv eingebrochen, und das schreibt sich 2009 fort, im November 2008 im Verhältnis zum November 2007 um sage und schreibe 13,5 % und im Dezember um 12,2 %. Die Ausfuhren in die wichtigsten Partnerländer USA, Großbritannien und Spanien sind bereits seit letzten Herbst rückläufig. Die Krise greift mehr und mehr auch auf andere Wirtschaftsbereiche über, zum Beispiel auf Logistikunternehmen, auf Geschäftsreisen und Ähnliches. Das hat Folgen auf die Arbeitsmarktentwicklung in Bayern und die Arbeitsplätze in den Regionen. Der Arbeismarkt zeigt ein zweigeteiltes Bild: Die Arbeitslosenquote lag im letzten Jahr mit 4,2 % auf dem niedrigsten Stand. Die Beschäftigung erreichte im Herbst mit 4,6 Millionen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen ein neues Arbeitszeithoch. Mit dem Jahreswechsel wurde jedoch der Zenit überschritten, und im Januar hatten wir in Bayern eine Arbeitslosenquote von 5,1 %, das ist eine Verschlechterung um 0,9 %. Gleichzeitig ist die Kurzarbeit explodiert.

Die Perspektiven für das Jahr 2009, vielleicht bis in das Jahr 2010 hinein: Die Konjunkturprognosen haben sich in den vergangenen Monaten zusehend verschlechtert. Der Internationale Währungsfonds geht erstmals in der Nachkriegszeit von einem Nullwachstum aus, und die verschiedenen Konjunkturprognosen in Deutschland ergehen von zwei bis vier, teilweise bis fünf Prozent Wirtschaftswachstumseinbruch aus.

Es gibt auch eine Reihe stabilisierender Faktoren, insbesondere die günstigen Einkäufe im Öl- und Rohstoffbereich. Hier hat sich der Preis wesentlich zurückentwickelt. Die Staaten stemmen sich mit Milliardenpaketen zur Stützung des Konjunktur- und Finanzsystems gegen die Krise.

Mit sehr großer Sorge müssen wir die Geldmengenentwicklung beachten. Man muss wohl davon ausgehen: Wenn die Konjunkturprogramme alle greifen, auch in Deutschland, könnten wir das Risiko einer massiven Inflation erleben. Dem muss gegengesteuert werden.

Gleichwohl ist in diesem Jahr insgesamt mit einer sehr schwachen wirtschaftlichen Entwicklung zu rechnen, von der die bayerische Wirtschaft nicht ausgenommen sein wird. Seit 1993 wird die bayerische Wirtschaft erstmals wieder schrumpfen, davon muss man ausgehen.

Über kurz oder lang wird die Krise auf den Arbeitsmarkt stärker durchschlagen, wenn keine Erholung eintritt. Spätestens im Herbst könnte die Kurzarbeit in der bisherigen Intensität zu Ende gehen und in Arbeitslosigkeit münden.

Wir in Bayern können kein Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern auslösen. Bayern ist abhängig vom Export. Allein der direkte Export in Niederbayern betrug

im letzten Jahr mehr als 50 %. Wenn man den indirekten Export, das heißt die Zulieferer für die Autoindustrie oder die Exportindustrie, mitrechnet, liegen wir wahrscheinlich bei 60 %, die dem Export zuzuschreiben sind. Und wenn man allenthalben hört, dass Ungarn vor der Staatspleite steht, dass China einbricht, dass Indien einbricht, dass auf der ganzen Welt die Wirtschaft einbricht, dann sind wir in Bayern davon als Exportland ganz besonders betroffen. Das ist das Fazit.

Die Konjunkturpakete und die Bürgschaften von Bund und Land, die angesprochen wurden, sind grundsätzlich in Ordnung, belasten aber die zukünftigen Generationen in einem Maße, das für mich beängstigend ist.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der Freien Wähler)

Die jetzige Bundesregierung hat es versäumt - diese Kritik muss einfach stehen -, wenigstens einen Teil der 150 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen auf Reserve zu legen. Damit fallen die Konjunkturprogramme I und II komplett in den Haushalt, das heißt, wir verschulden uns in einer noch nie dagewesenen Art und Weise.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Wie in Bayern!)

Meines Erachtens ist die beste und kostenlose Konjunkturspritze, die wir geben können, die Entlastung der Betriebe. Das wurde hin und her diskutiert. Die Steuerentlastung des Bürgers, des Mittelstandes und insbesondere das Zurückdrehen der Bürokratie belasten unsere Unternehmen, das kostet Arbeitsplätze und das kostet Geld, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Ich darf noch kurz auf das Thema "Schirm" eingehen. Herr Huber hat vorhin Kritik angebracht. Ich glaube, die Kritik ist berechtigt, allerdings nicht in Bayern, sondern das ist ein Bundesthema. Wir müssen wissen, dass dieser "Schirm" in der Technik an ein Berechnungsverfahren von PriceWaterhouse, das von der EU kommt, im Bund gekoppelt ist. Die Folge ist, dass insbesondere die mittelständischen etwas größeren Betriebe, die Zulieferer für die Autoindustrie sind, derzeit im Rating diametral einbrechen; das heißt sie haben ein katastrophales Rating. Die Folge ist, dass dieses Rating auf das PriceWaterhouse-Modell die Auswirkung hat, dass die Betriebe im Subventionswert nach oben kommen und damit kaum eine Stütze bekommen. Hier muss dringend angegriffen werden. Ich bitte, das so schnell wie möglich zu tun, weil es keinen Sinn macht, wenn wir mit den Betrieben uns an die Regierung wenden und die LfA nach dem Durchrechnen sagt: Tut uns leid, wir wollten gerne, wir können aber nicht, weil das Modell PriceWaterhouse dazu führt, dass der Betrieb kein Geld bekommt.

Nochmals zusammengefasst: Die beste Konjunkturspritze ist die Steuervereinfachung, die Steuerentlastung des mittleren Einkommens - das sind die Einkommen, die den Verbrauch organisieren -, weniger Bürokratie und Belastung für die Unternehmen und damit mehr Arbeitsplätze in Bayern.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. Als nächster Redner wurde uns für die SPD Herr Kollege Halbleib gemeldet.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben zu einem sehr wichtigen Thema einen etwas eigenartigen Dringlichkeitsantrag. Eigenartig deshalb, weil es ein bisschen verwunderlich ist - das kann natürlich das Misstrauen gegenüber der eigenen Staatsregierung sein, das Sie veranlasst

(Georg Schmid (CSU): Niemals!)

dass die die Staatsregierung tragenden Parlamentsfraktionen die Staatsregierung über einen Dringlichkeitsantrag auffordern,

(Georg Schmid (CSU): Schadet nie!)

uns über die wirtschaftliche Lage und ihre wirtschaftspolitischen Vorstellungen zu berichten.

(Georg Schmid (CSU): Das ist üblich! Das lernen Sie auch noch!)

Ich habe bei manchen zwischen den Zeilen von Herrn Huber vorgetragenen Positionen durchaus herausgehört, dass nicht alles im Einverständnis gesehen wird, was von der Staatsregierung in dieser kritischen Situation gemacht wird.

Ob uns der Antrag viel weiter bringt, wage ich infrage zu stellen. Das Problem ist, dass Ihr Antrag in keine Richtung irgendeine wirtschaftspolitische Handlungsorientierung gibt. Auch die beiden Beiträge, die den Antrag bisher begründet haben, sind mit keinem Wort darauf eingegangen, womit wir uns im Augenblick in der Politik sehr beschäftigen, nämlich mit der Frage, in welcher Form und in welchem Ausmaß wir staatliche Hilfen für die Rettung von großen und mittleren Unternehmen in die Hand nehmen. Dazu war nichts zu hören von Ihnen.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Es ist ein ernstes Thema. Deshalb lasse ich diesmal die Bemerkung weg, aber es kommt mir schon so ein bisschen als Schaufensterantrag vor und ohne inhaltliche

Positionierung, in welche Richtung der Freistaat Bayern in dieser Krise steuert.

(Beifall bei der SPD)

Denn die wirtschaftliche Lage in Bayern ist allen, die draußen als Abgeordnete in den Betrieben sind, die sich in den Arbeitsagenturen erkundigen, die mit Unternehmern sprechen, mit Gewerkschaften sprechen und mit Arbeitnehmervertretern sprechen, bekannt; ich kann das für Unterfranken sagen für FAG/Schaeffler in Schweinfurt, Sachs, viele große Automobilzulieferbereiche in Kitzingen, König & Bauer in Würzburg. Die Situation ist uns bekannt, die Dramatik ist entsprechend.

Die Frage ist, nach welchen Grundsätzen soll sich der Staat orientieren bei entsprechenden Fragestellungen. Leistet der Staat Hilfe für angeschlagene Unternehmen? Hier habe ich aus den beiden Wortbeiträgen keine Orientierung gehört. Ich beneide auch Herrn Staatsminister Zeil nicht, der mit Sicherheit eine robuste Persönlichkeit ist, so wie ich ihn einschätze, der aber im Augenblick schon eine Persönlichkeitsveränderung durchlaufen muss, weil er den Spagat machen muss zwischen Ordnungspolitik, die er wahrscheinlich vor allem in Grundsatzreden am liebsten betonen würde, nämlich neoliberale Grundsatzerklärungen ohne politische Verantwortung und staatlichem Handeln. Denn jetzt geht es natürlich um etwas anderes. Jetzt geht es darum, wie der Staat ganz konkret für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die Unternehmen im Freistaat Bayern handelt, um diese zu retten.

(Beifall bei der SPD)

Ein Journalist hat einmal vom Wirtschaftsminister als "Martin Marx" geschrieben. Der Vorname ist bekannt, der Nachname ist auch bekannt.

(Zuruf - Thomas Hacker (FDP): Ein Bischof!)

Da warten wir heute natürlich - da sind wir sehr gespannt auf Ihre Ausführungen -, wie der Spagat bei Ihnen persönlich ausschaut. Wir freuen uns, dass Sie von den neoliberalen Grundsatzerklärungen abweichen und konkret sagen, was der Staat in dieser Krisensituation für uns und für unser Land macht.

Ich darf den Dringlichkeitsantrag, damit wenigstens, was das Handeln der Staatsregierung anbetrifft, etwas Konkretes genannt wird, nutzen, um auf den Unterschied zwischen dem rhetorischen Anspruch und dem eigenen Handeln der Staatsregierung hinweisen. Wer solche Anträge stellt, der muss sich natürlich die Frage stellen lassen, ob er selbst seine Möglichkeiten, seinen Gestaltungsspielraum und seine Handlungsoptionen tatsächlich genutzt hat oder noch nutzt.

(Beifall bei der SPD)

Ich will fünf Punkte nennen, wo mir große Zweifel kommen, ob das der Fall ist. Ich spreche vom bayerischen Modernisierungsprogramm für den Wohnungsbau. Er liegt im Augenblick in der konjunkturell schwierigsten Zeit, die wir seit Jahrzehnten erleben, auf Eis. Es können viele öffentlich geförderte Wohnungen nicht errichtet werden, weil das entsprechende Programm - wir wissen, dass es auch europarechtliche Hintergründe gibt - auf Eis liegt. Es ist wirklich eine tragische Situation. Wir erwarten von der Staatsregierung, dass sie baldmöglichst sagt, wie sie diesen wichtigen investiven Bereich wieder flott kriegen will, damit wir Investitionen für den öffentlichen Wohnungsbau bekommen. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt: Auch die Bereitschaft, ein eigenes bayerisches Konjunkturprogramm aufzulegen,

(Beifall bei der SPD)

war bei Ihnen ganz eingeschränkt. Die SPD-Fraktion war die einzige, die noch im November, als klar war, worauf das hinausläuft, einen Antrag mit konkreten Vorschlägen gemacht hat, nämlich gezielte Konjunkturimpulse in die bayerische Wirtschaft zu geben durch Investitionen in die Infrastruktur.

Von den Regierungsfraktionen dieses Hauses und von der Staatsregierung war zu einem eigenen bayerischen Konjunkturimpuls wenig zu hören.