Protocol of the Session on July 18, 2013

Letzter Punkt. Man merkt in der Steuerpolitik gesellschaftspolitische Unterschiede am deutlichsten beim Thema Ehegattensplitting. Wir werden beim Thema Ehegattensplitting in unserer Argumentation auch durch das Bundesverfassungsgericht gestützt. Betrachten Sie einmal, wer von den Steuermindereinnahmen beim Ehegattensplitting profitiert: 90 % der Mindereinnahmen, die beim Ehegattensplitting anfallen, kommen Familien mit Kindern zugute. Das Ehegattensplitting ist also ein Faktor der Familienförderung. Meine Damen und Herren, Ehegattensplitting heißt auch, dass wir eine Erwerbsgemeinschaft haben, dass in einer Ehe ein Ehegatte wirtschaftlich an Einkünften und Belastungen des anderen Ehegatten gleichmäßig teilhat. Deshalb wollen wir am Ehegattensplitting festhalten. Wir wollen es um eine Erhöhung des Kindergrundfreibetrags ergänzen – das ist angesagt und ist auch angemessen –, aber wir wollen am Ehegattensplitting festhalten.

Ich will Ihnen Ausführungen zum Thema Minijobs ersparen. Mit Ihrem Modell bestrafen Sie die Studenten, Rentner und Geringverdiener.

Zum Schluss sage ich Ihnen nur, meine Damen und Herren, einen Grundsatz, in dem man alles zusammenfassen kann: Für uns und diese Staatsregierung zählt die Mitte der Gesellschaft, bei Ihnen zahlt die Mitte, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Einen kleinen Moment, Herr Staatssekretär. Herr Aiwanger hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön.

Herr Kollege Pschierer, Sie haben in

diffamierender Weise gesagt, die FREIEN WÄHLER wären bereit, alles zu unterschreiben, nur um -

(Staatssekretär Franz Josef Pschierer: Ich habe gesagt: Sie haben gesagt!)

- Okay. Also: Ich wäre bereit, alles zu unterschreiben, nur um in eine Regierung zu kommen. Jetzt frage ich Sie: Stimmen Sie zu, wenn ich sage, dass die CSU bei der Wehrpflicht, bei der Atomenergie, bei der Donau-Staustufe, bei den Studiengebühren ihre Meinung fundamental geändert hat? Das ist Frage eins. Stimmen Sie dem zu, dass Sie Ihre Meinung geändert haben? Ja oder Nein?

Zweite Frage. Sie werfen uns vor, wir würden hier Anträge zur Bundespolitik stellen, und fragen, ob ich denn nicht wüsste, dass Steuerpolitik Bundespolitik sei. Meine Frage: Warum stellen dann Sie Anträge zur Bundespolitik?

Weil wir eine CSU-Landesgruppe haben, Herr Kollege, die unsere Interessen in Berlin ganz aktiv und engagiert vertritt.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Eine Unverschämtheit gegenüber dem Kollegen!)

Ein weiterer Punkt. Herr Kollege Aiwanger, beim Donau-Ausbau, der Kernenergie und der Wehrpflicht hatten wir in meiner Partei in all den Jahren durchaus auch kritische Diskussionen; es gab nie ein geschlossenes Meinungsbild. Das will ich gar nicht verhehlen.

(Widerspruch bei der SPD und den GRÜNEN)

Schon vor Herrn Guttenberg gab es die Auffassung, dass das Thema Wehrpflicht vielleicht nicht mehr ganz aktuell ist und dass das Thema Berufsarmee vielleicht etwas konsequenter diskutiert werden muss, wenn eine Armee immer mehr an Auslandseinsätzen teilnimmt.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt.

Bevor die zwei namentlichen Abstimmungen stattfinden, lasse ich vorweg über den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/18198 – das ist der Antrag der SPD-Fraktion – in einfacher Form abstimmen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD und BÜND

NIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen, bitte. – CSU, FDP und FREIE WÄHLER. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur ersten namentlichen Abstimmung, nämlich über den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/17929. Das ist der Antrag der Fraktionen der FDP und der CSU. Die Urnen stehen bereit. Ich eröffne die Abstimmung. Fünf Minuten stehen hierfür zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 11.57 bis 12.02 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir kommen zum Ende. Ich bitte darum, die Stimmkarten draußen auszuzählen. Wir fahren fort in der Reihenfolge der Dringlichkeitsanträge.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Nein, es folgt eine zweite namentliche Abstimmung!)

Sorry. Das war eine Übersprungshandlung. Jetzt folgt die namentliche Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag auf der Drucksache 16/18197; das ist der Dringlichkeitsantrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER. Ich bitte Sie, Ihre Stimmkarten in die Urnen an den bekannten Orten einzuwerfen. Die Auszählung wird nachher außerhalb des Raums erfolgen. Wenn damit Einverständnis besteht, stehen für diese namentliche Abstimmung drei Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 12.03 bis 12.06 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, werfen Sie noch schnell Ihre Kärtchen ein. Die drei Minuten sind um. Das Ergebnis wird außerhalb des Saals ermittelt. Wir können jetzt in der Reihenfolge der Dringlichkeitsanträge fortfahren; denn die Steuerdebatte ist erledigt.

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Christa Stewens, Reserl Sem, Renate Dodell u. a. und Fraktion (CSU), Renate Will, Karsten Klein, Dr. Andreas Fischer u. a. und Fraktion (FDP) Schülerforschungseinrichtungen und -labore (Drs. 16/17930)

Die Aussprache wird mit dem ersten Redner, Herrn Dr. Goppel, eröffnet.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Als ich im Jahr 1982

Präsident des Bayerischen Musikrates geworden bin, habe ich entdeckt, dass wir bei jungen Leuten ungewöhnlich viel Nachholbedarf haben bezüglich der Motivation, neue Talente und Fähigkeiten und deren Ausprägung zu entdecken haben. Ich habe entdeckt, dass wir uns in diesem Bereich anstrengen müssen, wenn wir nicht alle jungen Menschen an das Internet verlieren wollen, und damit an die Geistlosigkeit des Bildes und des Flachbildschirms. Wir müssen dafür sorgen, dass andere Fähigkeiten in einem Menschen geweckt werden. Dies hatte zur Folge, dass die verschiedenen in der Musik tätigen Kollegen, von Peter Winter bis zum Herrn Staatssekretär im Finanzministerium, junge Leute für Musikkapellen geworben haben. Inzwischen sind über 50 % der Mitglieder unserer Kapellen unter 30. Dort leiten ganz viele junge Leute ihre musikalische Entwicklung und Zukunft ein. Sie haben damit eine ganz andere Fähigkeitsschiene.

Warum erzähle ich diesen sachfremden "Käse", wenn wir über Schülerlabore reden? Ich erzähle das bewusst, weil ich bei der Werbeaktion erkannt habe, dass wir junge Leute motivieren müssen, etwas zu tun, für das sie zunächst bei sich kein Talent vermuteten. In einer Gesellschaft wie der unseren ist es nicht an der Tagesordnung, dass junge Leute ihre Fähigkeiten für das Technische entdecken, weil sie vom ersten Tag an perfekte technische Geräte in der Hand haben werden. Es ist dringend notwendig, sie zu ihren Talenten zu führen.

Ich halte das, was in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen bereits in die Tat umgesetzt wird, für gut. Bei uns gibt es dazu nur ein Modell, nämlich in Berchtesgaden bei Herrn Kollegen Richter. Dabei geht es darum, wie die Universität in Gruppen, möglichst schon im Unterricht der 3., 4., 5. und 6. Jahrgangsstufe, Modellversuche und Laborversuche einrichten kann, die solche Begegnungen garantieren. Wir wollen Laborschulen und Labormöglichkeiten.

In Berchtesgaden geschieht dies bereits. Wir wollen das jedoch landesweit und schneller ermöglichen. Wir wollen, dass im Laufe des Sommers Bilanz gezogen wird, damit wir im Herbst ein Konzept für den systematischen Aufbau vorliegen haben. Der Ganztagesunterricht sollte dazu genutzt werden, dass die Schüler nachmittags im Labor arbeiten können. Wir müssen die Möglichkeiten ausweiten, um am Ende mehr Schülerinnen und Schüler im jugendlichen Alter für technische Berufe zu gewinnen. Dort fehlt es hinten und vorne.

Wir müssen beim Einwerben immer aufpassen, dass wir einen Bewerber bekommen, der sich für Technik interessiert. Unsere jungen Leute dort hinzubringen, ist Ziel und Zweck unseres Dringlichkeitsantrags. Die

ser Antrag ist deswegen noch ein Dringlichkeitsantrag geworden, damit die Sommerzeit von der Verwaltung genutzt werden kann. Wenn Sie oder ich in der nächsten Legislaturperiode wieder hier sein dürfen, werden wir wissen, wo wir anzusetzen haben, um unserer Jugend bessere Berufsaussichten zu verschaffen. Die im Labor gesammelten Erfahrungen führen sicher von Fall zu Fall dazu, dass die Jugendlichen andere Berufe wählen. Das wird Wirtschaft und Industrie veranlassen, einschlägige Arbeitsplätze auch im Handwerk in größerem Umfang als bisher bei uns halten können. Ich bitte Sie alle um Zustimmung.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Für die FDP hat Frau Will das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem Dringlichkeitsantrag wollen wir die Notwendigkeit und die Bedeutung von Schülerlaboren und Schülerforschungszentren mit dem Schwerpunkt in den MINT-Fächern in Bayern thematisieren. Von Herrn Dr. Goppel wurde bereits angesprochen, dass Schülerlabore in Bayern keine neue Erfindung sind. Solche sogenannten außerschulischen Lernorte sind an bayerischen Universitäten und Instituten wie dem Max-Planck-Institut oder an Museen angesiedelt. Ein Paradebeispiel, das bereits erwähnt wurde, ist das Zentrum in Berchtesgaden. Mit der Gründung des Schülerforschungszentrums im Berchtesgadener Land wurden im Dezember 2011 erstmals im Freistaat Bayern Schulen mit dem Forschungsauftrag einer Universität verbunden.

Das Zentrum vereinigt ein Schülerlabor, das verschiedenste Kurse zu Astronomie, Robotik oder zum Klimaschutz anbietet, mit einem naturwissenschaftlichtechnologischen Forschungszentrum, das Schülern eigenes Forschen und die Diskussion mit Wissenschaftlern ermöglicht. Es hat das Ziel, Talente zu erkennen und zu fördern. An vielen Stationen können Schülerinnen und Schüler praxisnahe Experimente erproben. Sie werden über ein Schullabor früh an die Materien Naturwissenschaft und Technik herangeführt. Dies fördert die Entwicklung sozialer Kompetenzen sowie selbstständiges und eigenverantwortliches Lernen und Forschen, Eigenschaften, die wesentlich zu einer späteren Studier- und Berufsfähigkeit beitragen.

Vor dem Hintergrund des bestehenden Fachkräftebedarfs und des zunehmenden Fachkräftemangels ist uns eine Fokussierung auf die MINT-Fächer ein dringendes Anliegen. Wir müssen verstärkt auf eine qualitativ hochwertige und praxisorientierte Ausbildung unserer Kinder setzen und sie gezielt an die

Fachgebiete Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik heranführen.

Wir wollen ein Netzwerk von Schülerlaboren und Forschungszentren einrichten, deren Koordination das Wissenschafts- und das Kultusministerium gemeinsam im Verbund übernehmen sollen. Sinnvoll ist es, die neuen Institutionen vor Ort mit der örtlichen Schul-, Kultur- und Wissenschaftsstruktur zu vernetzen und regionale Spezialisierungen zuzulassen. So finden zum Beispiel in Berchtesgaden mit dem dortigen Nationaltag Experimentiertage statt. Den Rahmen der Fördernetze der Schulen sollen die Hochschulen bestimmen, die am ehesten überblicken, welche neuen Akzente in Wissenschaft, Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft gesetzt werden können. Wichtig ist uns dabei, dass die beteiligten Schulen und Hochschulen über die thematische Freiheit verfügen, über die Wahl der Projekte selbst entscheiden zu können, und dass sie selbst die Verantwortung dafür tragen.

Zu einer Gängelung durch die Politik darf es allerdings nicht kommen. So geschehen ist dies in Niedersachsen, wo Rot-Grün das erfolgreiche Projekt HannoverGEN, das 2011 im Rahmen der Initiative "Land der Ideen" ausgezeichnet wurde, aus vermeintlich ideologischen Gründen beendet hat.

Meine Damen und Herren, wie Herr Dr. Goppel schon gesagt hat, wollen wir über den Sommer dies herausfinden und dann im Herbst in medias res gehen. Ich bitte Sie um Zustimmung.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Danke, Frau Will. Für die SPD hat nun Herr Güll das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Man kann noch so viele Kopfstände machen, lieber Herr Dr. Goppel und liebe Frau Will, aber ich glaube, eine Dringlichkeit können Sie hier nicht vermitteln. Ganz andere Vorhaben müsste man dringlich anpacken. Ich nehme es gleich vorweg: Die SPD-Fraktion wird zustimmen. Wir haben gestern Abend gut zugehört, als Frau Stewens gefordert hat, wir sollten uns der Sache annehmen. Das ist klar. Ein Forschungslabor als Zubrot ist für die Schüler immer ganz interessant. Aber, liebe Frau Kollegin Will, eigentlich wäre es eine Aufgabe der Schulen, ihre Ausstattung so zu gestalten, dass sie Interesse weckt, und Vertiefungen anzubieten. Das kann nicht eine Aufgabe von solchen Modellprojekten sein. Trotzdem kann man ein solches Vorhaben gerne als Ergänzung durchführen. Berchtesgaden kenne ich, weil es meine Heimat ist. Sie planen eine gute Sache.

Allerdings gibt es in Bayern 420 Gymnasien, 330 Realschulen, 1.000 Hauptschulen und 2.260 Grundschulen. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass Sie in all diesen Einrichtungen Ihre Ziele erreichen? Sei’s drum.

Ich will die Gelegenheit nützen, zu betrachten, was in der bayerischen Schulpolitik wirklich dringlich gewesen wäre. Im Bayernplan lese ich, dass Sie Grundschulstandorte sichern wollen. Das ist eine gute Absicht. Das könnte wirklich eine dringliche Angelegenheit sein. Wenn man genauer hinsieht, erkennt man, dass Sie nur die rechtlich selbstständigen Grundschulen meinen; das sind nur 10 von 2.260. Also ist Ihr Vorhaben wohl doch nicht so hervorragend. Um die vielen kleinen Außenstellen von Grundschulen kümmern Sie sich nicht. Ich nenne das Beispiel Unterjoch. Wenn der Bildungsausschuss dort nicht massiv gegen Sie vorgegangen wäre, hätten Sie den Einwohnern von Unterjoch ihr Herzstück genommen. Darum muss man sich kümmern. Das zählt zu den wirklich dringlichen Angelegenheiten, die Sie auf Ihre Agenda schreiben müssten.

(Reserl Sem (CSU): Thema verfehlt!)