Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Cool down! Wir sind doch auf einem gemeinsamen Weg, die Energiewende voranzubringen. Diese Wende erfordert einen großen Aufwand. Sie bedeutet eine große Anstrengung, weil das Ganze nur funktioniert, wenn die Bevölkerung insgesamt mitmacht. Und genau das ist das Problem. Die abstrakte Zustimmung zur Windkraft bzw. zur allgemeinen Herangehensweise, dieses Land auf regenerative Energien umzustellen, ist groß. Wenn es aber ums Detail geht, ums Konkrete, um den eigenen Vorgarten, dann wird es schwierig. Aus diesem Grund ist es notwendig, eine Balance zu finden zwischen den Ansprüchen der Natur – ich spreche konkret vom Vogelschutz, von den Fischen oder dem Landschaftsbild, von der noch in großen Teilen unberührten Landschaft, einem der Vorzüge Bayerns – und dem Schutzbedürfnis des Menschen. Das wird in der Debatte möglicherweise immer ein bisschen in den Hintergrund gerückt.
Die Bewertung der Frage, welche regenerativen Energieformen wir nun angreifen wollen, ist für mich manchmal nicht nachzuvollziehen.
Ich nenne als Beispiel nur einen frei fließenden Fluss, wo man an einer Stelle ein Querbauwerk aus hydrologischen Gründen braucht, weil sich der Fluss eintieft. Da sollte man vielleicht darüber nachdenken, wie man fischverträglich Energie gewinnen kann und eine Verbesserung der Morphologie erreicht, indem man die Durchgängigkeit herstellt. Wenn ein solches Herangehen als indiskutabel abgetan wird, kann ich das nicht verstehen. Wasser pfui!
Dagegen Wind! Wenn es darum geht, darauf zu achten, dass die Windanlage keine landschaftszerstörerischen Wirkungen ausübt und den Vögeln nicht schadet und sich Menschen - ein ganz wichtiges
Argument! – dadurch nicht beeinträchtigt fühlen, dann sagt man: Lasst euch keinen Floh ins Ohr setzen, das müssen wir durchziehen.
Da frage ich mich schon, wo die richtige Schwerpunktsetzung zu finden ist. Wir sollten den Weg zur Wende gemeinsam gehen. Wir haben erkannt: Onshore-Anlagen sind etwas, was Bayern hilft. Wir haben uns dazu auf den Weg gemacht; ich selbst habe den Windenergieerlass vorangebracht. Wir sind deutlich vorangekommen. Im Jahre 2009 hatten wir 384 Windkrafträder, im Jahre 2012 waren es bereits 567. Bei dieser Entwicklung sagen manche Menschen in Bayern bereits: Nun reicht es aber. Diese Ausbaudimension hat für manche Menschen ein Maß erreicht, dass sie sich dagegen wenden.
Die Hilferufe dieser Menschen zu ignorieren und zu sagen, alle Bedenken müssen zurückstehen gegenüber unserem großen Ziel der Energiewende, entspricht nicht einer Regierungskoalition wie der unseren. Aus diesem Grund haben wir uns gesagt: Schauen wir uns an, was die Leute stört. Die Leute stört die Umzingelungswirkung. Ja, Sie haben recht: Man kann das Problem durchaus lösen. Aber ich muss immerhin die noch etwas unsicheren Regionalplaner unterstützen und sagen: Leute, es gibt durchaus einen Weg, der inzwischen auch gerichtlich abgesichert ist. Wir kümmern uns darum, eine Situation, bei der sich die Menschen umzingelt fühlen, künftig sicher auszuschließen.
Und noch etwas, was sich mit der Zeit ergeben hat. Vor Jahren war ein 60 Meter hohes oder ein 80 Meter hohes Windrad Stand der Technik. Da man die Leute von den daraus entstehenden Lärmwirkungen schützen musste, sind wir anhand der TA Lärm auf den Abstand von 800 Metern gekommen. Da, haben wir gesagt, hört man nichts mehr, da ist man auf der sicheren Seite. Doch wenn diese 800 Meter nicht vorgeschrieben sind, meinen wir, dass man sich die ganze Sache erleichtern kann, indem man diesen Abstand einhält.
Und noch etwas. Das Bundesimmissionsschutzgesetz bezieht sich ausschließlich auf die Beeinträchtigung durch Lärm. Wenn ich jetzt eine andere Beeinträchtigung heranziehen würde, würde sich etwas ändern. Ein 80 Meter hohes Windrad mit einem Abstand von 800 Meter mag tolerabel sein. Aber wenn da plötzlich ein Windrad steht, das 200 Meter hoch ist oder später vielleicht auch 240 Meter hoch, dann ist die Bedrängungswirkung, die von einem solchen Windrad ausgeht, weitaus gravierender.
oder Spinner zu bezeichnen, ist oberstes Gebot. Denn es sind Leute, die sagen: Ich akzeptiere 80 Meter hohe Windräder, aber die Wirkung von 200-MeterAnlagen beeinträchtigt uns in unserer persönlichen Wahrnehmung deutlich bis hin zu psychosomatischen Störungen. Wir können nicht einfach daran vorbeischauen und sagen: Das stört uns jetzt bei der Umsetzung der Energiewende. Das machen wir nicht.
Aus diesem Grund gehen wir jetzt so an die Sache heran, dass wir sagen: Wir kümmern uns jetzt um die besondere Wirkung dieser besonders hohen Anlagen.
Wir haben uns jetzt vorgenommen, diese Dinge zu berücksichtigen, und bringen diese Dinge jetzt rechtlich auf den Weg.
Es handelt sich dabei um Bundesrecht, das werden wir hier nicht klären können. Bis dahin raten wir all denen, die vor Ort in der Entscheidung sind: Gehen Sie auf die Menschen zu.
Versuchen wir, einheitliche Lösungen zu finden! Diese Lösungen werden vor Ort mit Sicherheit ausreichend Raum geben, um unseren Plan zu verwirklichen, nämlich 1.000 oder 1.500 Windräder in diesem großen Land unterzubringen. Unsere Ziele sind damit nicht konterkariert. Ich wehre mich ganz einfach dagegen, wenn wir uns jetzt um die Sorgen und Nöte der Menschen kümmern, so zu tun, als würden wir die Windkraft in diesem Land gänzlich unmöglich machen. Das ist der falsche Schluss.
Lieber Marcel, wir können das so austragen. Aber eines wollen wir der Wahrheit halber doch sagen: Das Konzept der SPD war schon immer: mit den Menschen die Energiewende gestalten.
Da lassen wir uns jetzt nicht wegdrängen. Das lassen wir uns auch nicht wegnehmen. Da habt ihr noch lange gebraucht und wart Gegner auf Tod und Teufel, habt die Voltaik in den Boden gestampft und so weiter, das wollen wir jetzt nicht vertiefen.
Aber über eines sollten wir uns auch verständigen: Die neuen Anlagen – das habe ich vorhin schon einmal zu erläutern versucht – sind trotz größerer Höhe leiser geworden.
Damit ist die TA Lärm immer noch ein guter Schutz. Man kann gerne eine geschmäcklerische Debatte führen. Aber dann weise ich noch einmal auf den Klimaschutzfaktor hin. Irgendwann wird die Frage gestellt werden: Was hat mehr geschadet oder genutzt? Das Windrad, das uns vielleicht nicht gefällt, oder der Klimawandel mit immer länger werdenden Roten Listen? Das ist die Frage, die wir uns in der Konsequenz stellen müssen.
Da sage ich Ihnen: Schauen Sie sich doch einmal Ihren CSU-Bürgermeister in Wildpoldsried an: wunderschöne Voralpengegend, wunderschönes Land, wunderschöner Tourismusort, Touristen in Massen trotz der Windräder.
Auf einmal heißt es in der CSU: Um Gottes willen, die Windräder verschandeln das Land. Dann stellt sich der Herr Ministerpräsident an die Spitze und leiert etwas an, von dem ich geglaubt hatte, über diesen Punkt wären wir hinweg.
Natürlich müssen wir mit den Leuten reden. Das haben wir von Anfang an gesagt und sagen es nicht erst seit gestern, wo irgendeiner aufgewacht ist, weil man ihn in der Staatskanzlei besucht hat. Das haben wir gar nicht nötig. Wir reden vorher mit den Leuten. So einfach ist das.
Meine Bitte wäre, etwas sorgfältiger bei der Wortwahl zu sein. Wir reden inzwischen bei Windrädern, aber auch bei anderen Techniken nur noch über Probleme, aber nicht über die Zukunftsfähigkeit dieser Dinge.
Das war keine Frage, sondern eine Zwischenbemerkung. Da steht es dem Angesprochenen frei, ob er antworten will oder nicht.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen damit zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt. Zunächst lasse ich in einfacher Form abstimmen über den Antrag der Fraktion FREIE WÄHLER, Drucksache 16/17349. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der FREIEN WÄHLER und die Fraktion der SPD. Gegenstimmen? – CSU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Stimmenthaltungen? – Eine Stimmenthaltung. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Wir kommen zum nächsten Dringlichkeitsantrag, über den in einfacher Form abgestimmt wird. Das ist der Antrag der Fraktionen der CSU und der FDP, Drucksache 16/17350. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – CSU und FDP. Gegenstimmen bitte! – FREIE WÄHLER, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Enthaltungen? – Diesmal keine. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag angenommen.
Wir kommen jetzt zur namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, Drucksache 16/17329. Die Urnen sind bereit. Ich eröffne die Abstimmung. Fünf Minuten stehen zur Verfügung.
Meine Damen und Herren, die Abstimmungszeit ist abgelaufen. Ich schließe die Abstimmung und bitte, das Ergebnis draußen zu ermitteln.