Protocol of the Session on June 12, 2013

Wir haben im vergangenen Jahr losgelöst von dieser Katastrophe und den jetzigen Debatten die Fragen diskutiert, wie die Verfahren in Großprojekten richtig angelegt werden müssen, um überhaupt die Chance einer zügigen Realisierung zu wahren. Wir waren uns im theoretischen Teil sehr einig darin, dass man das Projekt den Beteiligten und Betroffenen sehr frühzeitig, umfassend und transparent präsentieren und ehrlich anbieten muss, auch Änderungsvorschläge einbringen zu können. Wenn man diese Vorschläge erst ganz am Ende machen kann, wo es nur noch um Detailplanungen und 1:1000-Planungen geht, dann ist die Chance, noch Veränderungen einzubringen, natürlich gering. Die Menschen wissen das. Deswegen ist eine zentrale Erkenntnis dieser Debatte gewesen, die Menschen frühzeitig einzubinden und mit ihnen zu diskutieren, um die Chance auf eine Einigung zu erhöhen.

Nur unter dieser Voraussetzung sehen wir die Chance, zügig zu einem Ergebnis zu kommen. Je mehr Widerstand man am Beginn des Verfahrens produziert, desto schwerer wird es, den von allen gewollten verbesserten Hochwasserschutz an der Donau und auch sonst in Bayern zu realisieren. Ich bin mir sicher, dass Sie mit einem vernünftigen Konzept in der richtigen Abfolge die Zustimmung der betroffenen Regionen und Beteiligten erreichen werden, auch vor dem Hintergrund der Erfahrungen und Schäden, die wir in den letzten Tagen erleben mussten. Meine Damen und Herren von der Staatsregierung, liefern Sie endlich diskussionsfähige Konzepte zum Hochwasserschutz! Sonst werden Sie große Schwierigkeiten bekommen.

Lieber Kollege Magerl, vor diesem Hintergrund und mit diesen Erläuterungen hätte sich auch die GRÜNEN-Fraktion dazu durchringen können, wenn sie den Antrag so verstanden hätte, wie wir ihn verstanden haben,

(Heiterkeit bei den GRÜNEN - Dietrich Freiherr von Gumppenberg (FDP): Wenn wir ihn alle so verstanden hätten!)

dass wir nur die richtige Abfolge der Verfahrensschritte anmahnen, um Akzeptanz in der Bevölkerung zu erreichen. So, wie es die Staatsregierung angelegt hat, war es offenkundig falsch. Wir fordern eine Korrektur.

(Christine Stahl (GRÜNE): Großes Verständnis von unserer Seite!)

- Danke sehr.

Zu den einzelnen Anträgen: Bei unserem Dringlichkeitsantrag ist die wesentliche Forderung, zügig ein umfassendes Hochwasserschutzkonzept zu erarbei

ten. Im Übrigen wollen wir uns umfassend berichten lassen, welche Erfahrungen die Staatsregierung und die Behörden vor Ort in dieser Katastrophe gemacht haben. Das Management war – das habe ich heute schon einmal gesagt – sehr professionell. Herr Minister Huber, ich teile Ihre Einschätzung dessen, was Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geleistet haben, uneingeschränkt. Auch ich habe davor große Hochachtung.

Bei solch großen Herausforderungen gibt es immer eine Vielzahl von Erfahrungen, wie man Dinge noch besser machen kann. Auch das Parlament muss sich diese zu eigen machen, um einen eigenen Beitrag für Verbesserungsmaßnahmen im Katastrophenmanagement zu leisten. Daneben wollen wir natürlich auch eine Reihe von Informationen über die Erfahrungen mit diesem Hochwasserereignis und zu der Frage, welche Maßnahmen angedacht sind, um solche Katastrophen nach Möglichkeit künftig zu vermeiden. Dem Antrag der CSU und der FDP, dem wir zustimmen werden, sind dazu nicht sehr viele Details zu entnehmen.

(Dietrich Freiherr von Gumppenberg (FDP): Zum Glück!)

Er ist – ich weiß nicht, ob zum Glück – so pauschal gestellt, dass etwas anderes als eine Zustimmung aus unserer Sicht nicht in Frage kommt. Welche Informationen der Staatsregierung wir im Einzelnen zu erwarten haben, haben Sie darin leider nicht präzisiert. Sie können aber unserem Dringlichkeitsantrag zustimmen. Dann wird klarer, welche Informationen wir von der Staatsregierung erwarten.

Dem Dringlichkeitsantrag der SPD werden wir ebenfalls zustimmen.

Zum Antrag der GRÜNEN haben wir – da verkehren sich die Bewertungen – ebenso Fragen. Sie zählen viele richtige und notwendige Maßnahmen auf, aber doch sehr pauschal, alles auf einmal.

Ein paar Fragen will ich hier aufwerfen, die wir nicht klar beantworten konnten. Als Beispiel würde uns bei Nummer 2 im ersten Spiegelstrich "- die Funktion der Auen als natürliche Überschwemmungsgebiete wiederherzustellen", interessieren welche Auen in welchem Umfang gemeint sind.

Oder bei Nummer 5: "- im Bayerischen Wassergesetz ein Verbot von Heizölheizungen…" sind zwar die Bedeutung und das Schadenspotenzial richtig dargestellt und eingeräumt. Soll das Verbot aber auch für bestehende Anlagen gelten? Und wie soll das in Bezug auf Zeit- und Entschädigungsfragen geklärt werden? Auch das ist eine offene Frage.

Was ist bei Nummer 8 mit "ausreichend" gemeint? Das ist eine sehr offene Formulierung.

(Zuruf der Abgeordneten Christine Stahl (GRÜNE))

Wir können deshalb dem Dringlichkeitsantrag nicht zustimmen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen herzlichen Dank, Herr Kollege. Nächster Redner in der Debatte ist Dietrich Freiherr von Gumppenberg für die FDP-Fraktion. – Bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute reichlich über Hochwasser und Maßnahmen geredet. Wir haben viel Zeit darauf verwendet, dieses Thema zu diskutieren. Ich glaube, wir sind es den betroffenen Menschen schuldig, dass wir es nicht zu einem Wahlkampfthema machen.

(Christine Stahl (GRÜNE): Doch!)

Das ist kein Wahlkampfthema. Das ist ein Naturereignis, das eingetreten ist. Wir können das Wetter noch nicht bestimmen. Wir können bestenfalls Veränderungen für die Menschen schaffen, die betroffen sind. Wir sind nicht der liebe Gott, und wir besitzen nicht die Fähigkeit, über das Wetter zu bestimmen.

(Zuruf der Abgeordneten Simone Tolle (GRÜNE))

- Ich freue mich immer, wenn Sie schreien.

(Unruhe)

Wir sind es den Menschen schuldig, dieses Thema nicht zu einen Wahlkampfthema zu machen. Mit meinem Zwischenruf zum Redebeitrag von Herrn Kollegen Muthmann wollte ich zum Ausdruck bringen, dass wir mit unserem Antrag nichts präzisiert haben. Das hat einen guten Grund. Die Tätigkeit, der ich nachgehe, bringt es mit sich, dass man zuallererst die Erfahrungen derer einholen muss – darin stimme ich mit Ihnen überein –, die betroffen sind. Die Situation muss man vernünftig analysieren, und zwar mithilfe von Fachleuten. Das, was Sie mit Ihrem Antrag verlangen, gleicht dem Handeln eines Arztes, der ohne die Durchführung entsprechender Untersuchungen und ohne Röntgenbilder eine Therapie vorschlägt. Er hat die Rezeptur bereits im Koffer, ohne den Patienten ernsthaft begutachtet zu haben. Es gibt eine Vielzahl von konkreten, denkbaren Maßnahmen. Lieber Dr. Christian Magerl, in der Frage, was wir tun müssen, gibt es viele Gemeinsamkeiten. Ich verwahre

mich jedoch dagegen, fertige Konzepte zu liefern und zu sagen: Das ist der einzig richtige Weg. De facto müssen wir vernünftig analysieren und definieren.

(Lachen bei den GRÜNEN)

- Sie können darüber lachen, aber -

(Christine Stahl (GRÜNE): Ich lache nicht, das sind Schmerzensschreie! - Heiterkeit bei den GRÜNEN)

- Dagegen sollten Sie Aspirin einnehmen.

Unter Umständen verstehen Sie möglicherweise wirklich mehr als ich bei diesem Thema. Das kann sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie sollten sich jedoch einmal die Länder anschauen, in denen Sie zuständig sind. Wenn Sie ehrliche Analysen machen, werden Sie feststellen, dass die Situation dort nicht minder dramatisch ist als bei uns. Also kann nur die Frage gestellt werden: Haben Sie politisch immer richtig gehandelt? Sie sind genauso betroffen, wie alle anderen. Ich glaube, die einzig richtige Konzeption gibt es gar nicht.

(Beifall bei der FDP)

Es gibt nur eine Analyse, auf deren Basis wir handeln müssen. Es kann nicht sein, dass jemand den Anspruch auf die perfekte Lösung erhebt. Derjenige sollte Kopfweh haben. Da kann ich nur widersprechen, weil es die perfekte Lösung nicht gibt.

(Beifall bei der FDP)

In meiner Tätigkeit als Kreisrat ist mir Folgendes aufgefallen, und das nehme ich sehr ernst: Die Wasserwirtschaftsämter werden nicht mit der entsprechenden Autorität und den Möglichkeiten ausgerüstet, um Entscheidungen hinsichtlich der Bebauungen zu treffen. Mir ist eine Vielzahl von Fällen bekannt, in denen Baugenehmigungen vom Landratsamt erteilt worden sind, obwohl sich die geplante Bebauung innerhalb eines Überflutungsgebietes oder eines Wasserschutzgebietes befunden hat. Dort müssen wir ebenfalls ansetzen. Das ist ein Teilaspekt.

Insgesamt sollten wir bei dieser Frage alle zusammenstehen und gemeinsam nach Lösungen suchen. Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen. Bedauerlicherweise muss ich Ihnen mitteilen, dass wir Ihren Anträgen leider nicht zustimmen können.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Der nächste Redner ist Dr. Otto Hünnerkopf für die CSU-Fraktion.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Das Hochwasser und die damit verbundenen Katastrophen der letzten Wochen waren so markant, dass sowohl die Koalition aus CSU und FDP als auch die Oppositionsparteien Anträge vorgelegt haben. Das verbindet uns. Meine Damen und Herren, ich denke, das ist ein gutes Signal. Uns verbindet, dass wir den Menschen helfen wollen. Wir tun das Möglichste, um Ihnen zu helfen. Wir wissen, was zu tun ist, um weiter erfolgreich gegen solche Katastrophen vorzugehen.

Es ist sinnvoll, dass der Antrag der CSU und der FDP von grundsätzlicher Natur ist. Die Koalitionsfraktionen wollten mit ihrem Antrag das Handeln der Staatsregierung, die viele Maßnahmen angekündigt hat und bereits tätig ist, unterstützen und bekräftigen. Das wissen alle. Das können alle feststellen. Insofern ist es uns nicht möglich – Herr Kollege von Gumppenberg hat das bereits angedeutet –, Ihren Anträgen, so wie sie vorliegen, zuzustimmen. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Viele Forderungen enthalten Maßnahmen, die bereits ergriffen worden sind. Sie sind bereits im Gange.

(Volkmar Halbleib (SPD): Man kann doch unterstützen!)

- Das ist okay. Lieber Herr Kollege Halbleib, das Problem ist, dass in diese Anträge Forderungen und Maßnahmen eingewoben sind, die wir an anderer Stelle, im Naturschutzgesetz und im Bayerischen Wassergesetz, schon wiederholt diskutiert haben. Daraus ist deutlich geworden, welche Haltung wir vertreten. Wenn das miteinander vermischt wird, ist es uns nicht möglich, diesen Anträgen zuzustimmen, weil dies auch auf die anderen Punkte zuträfe. In vielen Punkten sind wir d’accord, auf der anderen Seite werden Maßnahmen gefordert – darüber könnten wir noch lange diskutieren –, die von uns nicht so gewollt sind.

In einigen Ausführungen von Kollegen – ich darf die des Herrn Kollegen Muthmann hervorheben – wird das Thema Enteignung überstrapaziert. Das wurde so niemals gesagt. Die Enteignung war immer eine Ultima-Ratio-Maßnahme. Wir wollen die Probleme in freiwilliger Kooperation mit den Grundeigentümern lösen. Unsere Haltung haben wir explizit im Wasserschutzund im Naturschutzgesetz begründet. Nur weil einmal der Begriff gefallen ist, sollte das Mittel der Enteignung nicht immer wieder in den Mittelpunkt gestellt werden. Nein, Enteignung ist das allerletzte Mittel. Ich weiß, dass die Menschen, die die letzten Wochen in den Flutgebieten erlebt haben, in Zukunft offener für

Lösungen sind. Da bin ich mir ganz sicher. Wir müssen die Retentionsräume verbessern. Das ist aber nicht neu. Das wird dazu führen, dass wir in Zukunft über die Bewirtschaftungsmöglichkeiten der Polder reden müssen. Da bin ich mir absolut sicher. In Ihre Anträge fließen jedoch Dinge ein, denen wir nicht zustimmen können. Das will ich damit auch betonen.

An die Adresse der FREIEN WÄHLER: Da ist von Berichten zu verschiedenen Fragestellungen die Rede. Es gibt ebenfalls die Möglichkeit, eine Schriftliche Anfrage zu stellen. Sie lassen jedoch Dinge in Ihren Antrag einfließen, denen wir nicht zustimmen können. Sie fordern ein Hochwasserschutzkonzept. Seit dem Jahre 2001 gibt es das Hochwasserschutz-Aktionsprogramm 2020. Dort wird vieles abgearbeitet.