Protocol of the Session on February 21, 2013

(Beifall bei den GRÜNEN)

da ja auch niemand von Ihnen auf die Idee käme, den bayerischen kommunalen Finanzausgleich über eine andere Ebene als über die Zentrale in München laufen zu lassen.

Das heutige System des Länderfinanzausgleichs ist aus einem zweiten Grund bescheuert. Die Länder tragen nämlich die Kosten für die Steuerverwaltung, also für die Beschaffung der Einnahmen, der Großteil der zusätzlich erzielten Einnahmen fließt aber in das Ausgleichssystem. Das gilt sowohl für Geber- als auch für Nehmerländer. Ich betone das noch einmal, weil immer so getan wird, als gelte das für Bayern nicht. Ein Nehmerland erhält weniger Ausgleich, wenn es Zusatzeinnahmen hat, ein Geberland zahlt noch mehr ein. Geber- wie Nehmerländer müssen also − auch das ist eine Anforderung an die Reform − mehr von dem behalten können, was sie durch zusätzliche Anstrengungen ihrer Finanzverwaltung einnehmen.

Unstrittig ist also: Handlungsbedarf zur Reform des Länderfinanzausgleichs besteht. Darin sind wir uns ja einig. Dieser Handlungsbedarf besteht auch unabhängig davon − dies nur als Randbemerkung -, dass Bayern von der Forschungsförderung im Ländervergleich überdurchschnittlich profitiert und dass NRW als enges, sonnen- und windarmes Bundesland alleine durch die EEG-Umlage Verluste in Milliardenhöhe trägt, während Bayern diesbezüglich Profiteur ist. Ich will nur daran erinnern, dass der Länderfinanzausgleich lediglich einen Teil der gesamten Finanzverschiebungen zwischen den Ländern abbildet und Bayern bei anderen Dingen durchaus massiv profitiert. − Das nur als Versuch einer Aufklärung, bevor Sie sich wieder Ihrem Wehklagen und Ihrer Klage zuwenden − womit wir wieder beim Thema sind.

Zu fragen ist: Ist denn eine Klage sinnvoll, um die Änderungen zu erreichen, die wir durchführen müssen? Die gnadenlos populistische Antwort hat eben der Fraktionsvorsitzende der CSU gegeben. Sie lautet: Ja. Bayerisches Geld für bayerische Kinder, bayerische Bildung, mehr München, weniger "arm aber sexy" à la Wowereit; mia san mia; wir sind solidarisch, aber nicht blöd. − Das sind alles Slogans, die sich super für einen Wahlkampf eignen.

(Georg Schmid (CSU): Das ist aber leider die Wahrheit!)

- Das ist Ihre unsinnige Selbsteinschätzung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Weil Wahlkampf Ihre alleinige Triebfeder ist, Herr Kollege Schmid, habe ich auch wenig Hoffnung, dass Ihre Kolleginnen und Kollegen auf der Rechten, deren großer Vorsitzender bereits in einem großen verbalen Fehlgriff die nächste Landtagswahl zur "Mutter aller Schlachten" ausgerufen hat, sachlichen Argumenten zugänglich sind. Aber vielleicht ist es jemand anderer.

(Zurufe von der CSU)

Ich will es trotzdem mit sachlichen Argumenten gegen die Klage versuchen.

Erstens. Die Klage ist schädlich, weil sie Verhandlungen nicht befördert, sondern verhindert, weil alle wie das Kaninchen vor der Schlange darauf warten werden, was das Verfassungsgericht entscheidet.

Zweitens. Die Klage ist sinnlos, weil das Verfassungsgericht die Aufgabe zur Verhandlung an die Politik zurückgeben wird. Es wird Ihnen keine Arbeit abnehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Drittens. Die Klage ist unredlich, weil die Staatsregierung gar keine vernünftige Konzeption hat und in den letzten Jahren auch hinsichtlich der Frage, was sie denn ändern sollte und wie der Finanzausgleich künftig aussehen könnte, keine hatte. Die Botschaft "Ich will weniger zahlen!" ist ja wohl keine ernsthafte Konstruktion.

Viertens ist die Klage riskant, weil die Gefahr besteht, dass die Kommunen stärker als bisher einbezogen werden. Das würde Bayern in einem hohen dreistelligen Millionenbetrag schaden. Dafür spricht übrigens nach den bisherigen Verlautbarungen des Bundesverfassungsgerichts einiges.

Mit Ihrer Klage, mit Ihrer Aktuellen Stunde und mit Ihrem Bekenntnisantrag, über den wir uns leider gleich auch noch unterhalten müssen, zeigen Sie nur eines: Ihnen geht es nicht um eine ernsthafte Neuregelung eines wichtigen Problems unseres Föderalstaats. Ihnen geht es allein um die Lufthoheit an den Stammtischen. Dafür sind Sie bereit, ein ziemlich mieses Spiel zu spielen, das der Rolle Bayerns als wesentlicher Teilstaat der Bundesrepublik Deutschland weder angemessen ist noch Bayern dauerhaft nutzen wird. − Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN − Wider- spruch bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege. Als Nächster hat Herr Kollege

Philipp Graf von und zu Lerchenfeld von der CSU das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, herzlichen Dank, dass Sie mir erlauben, auf die interessanten Ausführungen meiner Vorredner zurückzukommen.

Ich beginne mit den FREIEN WÄHLERN. Ich finde es sehr interessant, dass Sie uns doch in vielen Bereichen immer wieder zustimmen und auch jetzt die Klage unterstützen wollen, aber dann immer behaupten, Sie wollten eine Koalition mit der Opposition eingehen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Sie wollen es doch! Stoiber hat gesagt, er will mit den GRÜNEN, und Herr Seehofer auch!)

Ich kann nur sagen: Vielen Dank, dass Sie uns immer wieder unterstützen. Es tut uns gut, wenn wir selbst von Ihnen Unterstützung bekommen.

(Beifall bei der CSU)

Lieber Kollege Hallitzky, eines ist ganz sicher: Die Klage ist nicht unsinnig, sie ist nicht gegen das Grundgesetz, sondern sie ist dringend notwendig. Seit Jahren verhindern SPD- und grün-regierte Länder vernünftige Verhandlungen zum Finanzausgleich. Das, was Sie hier behaupten, ist wirklich absurd. Es ist wirklich Unsinn.

(Beifall bei der CSU - Volkmar Halbleib (SPD): Und was sagt die Kollegin Lieberknecht?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, nach zwei Jahren rot-grüner Regierung ist Hamburg aus dem Kreis der Geberländer ausgeschieden. Man sieht, wo die wirklichen Schuldenmacher der Nation sitzen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Absurdes Theater!)

Man sieht, dass Baden-Württemberg wahrscheinlich auch bald ausscheiden wird, denn leider Gottes wird dieses Land grün-rot regiert. Hessen hatte bereits im Dezember einen massiven Einbruch bei der Körperschaftsteuer zu verzeichnen. Liebe Freunde, soll denn Bayern in Zukunft ganz allein den Länderfinanzausgleich tragen? Soll denn Bayern ganz allein für den Unsinn, den Berlin macht, zahlen? Das kann doch nicht wahr sein. Meine lieben Freunde, wir sind reich, wir sind solidarisch, aber wir sind nicht blöd.

(Volkmar Halbleib (SPD): Ab ins Bierzelt!)

Sie, Herr Kollege Halbleib, sind anscheinend ahnungslos, aber zumindest nicht gutwillig.

(Zuruf von der SPD: Sie sind ahnungslos! - Bern- hard Roos (SPD): Geiz ist geil!)

Wir stehen auf dem Boden des Grundgesetzes und wissen, dass nach Artikel 107 selbstverständlich der Ausgleich der Steuerkraft zwischen den Ländern gegeben sein muss. Ihre Kollegen verweigern aber eine vernünftige Regelung des Länderfinanzausgleichs. Der Anstieg der Steuerkraft wird dramatisch bestraft. Es gibt keine Anreize dafür, selbst mehr Einnahmen zu generieren. Im Gegensatz, sie werden dafür bestraft. Mein Kollege Mike Mohring aus Thüringen, der finanzpolitische Sprecher der dortigen CDU-Landtagsfraktion, hat errechnet, dass Thüringen zwei Milliarden an Steuern einnehmen würde, wenn es bei der Steuerkraft denselben Deckungsgrad wie Bayern hätte, aber dann über den Länderfinanzausgleich 1,8 Milliarden Euro verlieren würde. Ist denn das ein sinnvolles System? Ich kann Herrn Kretschmann nur zustimmen, der gesagt hat, das System ist bescheuert. Ich wundere mich nur, warum er uns dann nicht bei der Klage unterstützt.

Wir sind die Einzigen, die länderübergreifend ein wirklich gutes und vernünftiges Finanzkonzept entwickelt haben,

(Volkmar Halbleib (SPD): Ab 2019!)

ein Konzept, das wir länderübergreifend zwischen Geber- und Nehmerländern und dem Bund erstellt haben, das den Länderfinanzausgleich gerechter machen und mit vernünftigen Anreizen versehen soll. Was hat die Einwohnerveredelung für einen Sinn? Warum ist der Einwohner in Berlin, in Hamburg und in Bremen mehr wert als der Einwohner in München, in Düsseldorf oder in Frankfurt? Das ist doch totaler Unsinn.

(Volkmar Halbleib (SPD): Wie im kommunalen Finanzausgleich!)

Ohne die Einwohnerveredelung würde Berlin schon längst nicht mehr so viel bekommen, es würde vielleicht gar nichts mehr bekommen, aber es würde schlicht und ergreifend vernünftig behandelt werden. Wir haben eine Komponente gefordert, mit der die Hauptstadtfunktion Berlins unterstützt und berücksichtigt wird. Auf diese Art und Weise würden alle Länder entlastet, und Berlin würde trotzdem nicht schlechter dastehen als heute. Wir haben gefordert, dass der progressive Tarifverlauf im Länderfinanzausgleich geglättet wird. Wir wollen einen linearen Verlauf. Wir haben gefordert, dass mehr Anreize geschaffen werden. Gleichzeitig haben wir gefordert, dass die Einhaltung der Schuldenbremse im Finanzausgleich berücksichtigt werden muss, damit es uns nicht so geht wie Nordrhein-Westfalen, das dieses Jahr bei einem Ge

samtschuldenstand von 180 Milliarden 4,7 Milliarden neue Schulden machen muss. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.

Ich frage Sie jetzt ganz einfach, Kollege Halbleib: Sind Sie eigentlich dafür, dass Bayern fast 10 % seines Haushaltsvolumens in den Länderfinanzausgleich zahlt, oder sind Sie dagegen?

(Beifall bei der CSU - Alexander König (CSU): Sehr gute Frage!)

Stehen Sie auf der Seite des bayerischen Steuerzahlers, oder unterstützen Sie die Schuldenmacher in den anderen Bundesländern?

(Beifall bei der CSU und der FDP - Alexander König (CSU): Das ist die Kernfrage!)

Danke schön, Herr Kollege. Als Letzter hat nun Herr Staatsminister Dr. Markus Söder das Wort. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am heutigen Tag wird es zwar nicht in der Aktuellen Stunde − die ist gewissermaßen der Warm-up -, aber bei der Entscheidung über die Dringlichkeitsanträge nicht um die Frage gehen, welchen Weg wir gehen sollen, sondern um die Frage, ob der Bayerische Landtag als Interessenvertreter der bayerischen Bevölkerung in seiner Mehrheit will, dass vom Geld der bayerischen Steuerzahler, das hart erarbeitet wird, mehr in Bayern bleibt oder mehr nach Berlin geht. Diese Entscheidung gilt es heute zu treffen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Meine Damen und Herren, immer wieder wird der Eindruck erweckt, wir Bayern wären nicht solidarisch und würden uns unfair verhalten. Was bedeutet Fairness? Fairness bedeutet, dass man von dem etwas zurückgibt, was man bekommen hat. Ja, wir Bayern haben etwas bekommen und haben uns sehr dafür bedankt. Wir haben in fast 40 Jahren 3,5 Milliarden Euro bekommen. Danke dafür! Wir haben mittlerweile über 42 Milliarden Euro zurückgegeben. 3,5 Milliarden haben wir bekommen, 42 haben wir bezahlt. Ich halte das schon für solidarisch und fair. Mittlerweile zahlen wir jedes Jahr − die neuesten Zahlen sind erschreckend − fast 4 Milliarden. 3,9 Milliarden waren es nach der letzten Abrechnung, das war wiederum ein Plus von 6,6 %. Wir zahlen jedes Jahr mehr als das, was wir in 40 Jahren bekommen haben. Damit ist die Grenze von Solidarität und Gutmütigkeit erreicht. Jetzt muss etwas geändert werden.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Nur nebenbei zu dem Argument, dass wir den Länderfinanzausgleich schon einmal geändert haben: Zum Glück haben wir ihn geändert. Herr Pointner − er ist gerade nicht hier − und Herr Halbleib sagten, wir hätten schon einmal einen Beschluss über eine Änderung gefasst. Das stimmt. Hätten wir den Finanzausgleich damals nicht geändert, hätten wir in der Zwischenzeit fast zwei Milliarden zusätzlich bezahlt. Danke, Edmund Stoiber, für die Änderung, sonst wäre noch mehr Geld Bayerns flöten gegangen.

(Beifall bei der CSU)