Protocol of the Session on February 21, 2013

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, wir wollen etwas ändern. 8 Milliarden Euro bedeuten ungefähr 150.000 neue Lehrerstellen, 400.000 Krippenplätze oder 160.000 neue Steuerfahnder, die wir einstellen könnten.

(Widerspruch bei der SPD)

Wenn wir am Länderfinanzausgleich etwas verändern würden, könnten wir jeden Änderungsantrag der Opposition zum Haushalt locker erfüllen. Stimmen Sie also mit für Ihre eigenen Anträge!

(Beifall bei der CSU - Volkmar Halbleib (SPD): Und was kostet uns die Landesbank?)

Ärgerlich ist aber nicht nur die Summe. Die Summe ist nur das eine, was uns ärgert. Das eigentlich Unfaire ist das System. Nach diesem System − die Kolleginnen und Kollegen haben es angesprochen − wird eigentlich der bestraft, der fleißig ist. Stellen Sie sich Folgendes vor: In der Bundesliga bekommt normalerweise der, der Tore schießt, Punkte und Prämien. Nach dem System des Länderfinanzausgleichs würde der, der Tore schießt, Punkte abgezogen bekommen, und der, der nichts tut, würde in der Tabelle nach vorne rutschen. Das kann doch nicht sein.

(Beifall bei der CSU - Philipp Graf von und zu Lerchenfeld (CSU): Das wäre gut für Nürnberg! Georg Winter (CSU): Und für Augsburg!)

Wenn man alle Finanzströme zusammennimmt, steht Bayern mit seiner Finanzertragskraft auf Platz 2, Berlin auf Platz 10 oder Platz 11. Durch die ganzen Ausgleichssysteme, insbesondere durch den Länderfinanzausgleich, rückt Berlin automatisch auf Platz 1, Bayern dagegen nach hinten. Ein solches System ist unfair gegenüber Bayern, und deswegen wollen wir es ändern.

(Beifall bei der CSU)

Den Vergleich mit dem kommunalen Finanzausgleich, Herr Hallitzky, empfinde ich nicht nur als schräg, sondern an einigen Stellen auch als einen Angriff auf bayerische Kommunen. Die Aussage, der Landkreis Wunsiedel würde sich genauso verhalten wie Berlin, weisen wir zurück. Wir haben in Regionen, in denen im Gegensatz zu Berlin fleißig gearbeitet wird, Strukturprobleme.

(Beifall bei der CSU)

Berlin bekommt am meisten und tut am wenigsten dafür. Auf den Satz "Wir sind arm, aber sexy" kann ich nur sagen: Wir sind vielleicht nicht arm und sexy, aber wir sind fleißig und auch ganz ordentlich gewachsen. Wir in Bayern brauchen uns keine Ratschläge aus Berlin geben zu lassen, wie wir unser Land zu führen haben.

(Beifall bei der CSU)

Lange geredet, auf taube Ohren gestoßen, gebeten, vernünftig geredet und kein Ergebnis erzielt. Meine Damen und Herren, deswegen ist der Weg, den wir jetzt gehen müssen, relativ eindeutig. Wir müssen den Weg der Klage gehen, um einige Dinge zu klären. Wir müssen die Rolle der Bundeshauptstadt Berlin klären; Herr von und zu Lerchenfeld hat das bereits angesprochen. Außerdem müssen wir klären, ob die Einwohnerregelung überhaupt sinnvoll ist. Es ist nicht sinnvoll, wenn einzelne Stadtstaaten tatsächlich besser bewertet werden. Was ist der Unterschied zwischen einem Bremer und einem Berliner gegenüber einem Münchner oder Nürnberger? Diese Regelung ist unfair und muss geändert werden.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ich gebe Herrn Halbleib recht. Das stimmt tatsächlich. Herr Halbleib hat völlig recht. Mit einer Aussage hat er dem Landtag tatsächlich die Augen geöffnet. Er hat nämlich gesagt, dass das Ausgabeverhalten nicht gerechtfertigt sei und nicht gewürdigt werde. Herr Halbleib, genau das ist ärgerlich. Wir wirtschaften ordentlich. Wir strengen uns an. Durch den Fleiß der bayerischen Bürger nehmen wir etwas ein. Gleichzeitig gehen wir verantwortungsvoll mit dem Geld um. Meine Damen und Herren, die anderen machen das aber nicht. Das muss gewürdigt werden − und zwar rasch.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Die Eigenverantwortung muss gestärkt, Haushaltsund Finanzfragen müssen einbezogen und Deckelungsgrenzen aufgestellt werden. Irgendwann müssen wir eine wirksame Deckelungsgrenze für das maximale Austauschvolumen einführen. Es kann nicht sein,

dass diese in Sankt Nimmerlein hineinwächst. Das ist ebenfalls aus Gründen der Selbstachtung nicht richtig. Übrigens wird das in vielen anderen Bundesländern auch anders gesehen. Der sächsische Ministerpräsident hat gerade zu Herrn Wowereit gesagt, dass das System reformiert werden müsse; denn − Zitat an Berlin -: Irgendwann muss jeder bei Mama ausziehen. Das wollen wir auch. An dieser Stelle muss eine Änderung erreicht werden.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Zuruf des Ab- geordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Die Klage wird von drei veritablen Professoren geschrieben. Sie wird nicht von der Landtagsfraktion oder einzelnen Politikern verfasst. Sie wird von arrivierten und angesehenen Professoren verfasst, die die Kompetenz besitzen, juristische Argumente sauber aufzuarbeiten. Ich bin fest davon überzeugt, dass diese Klage die Chance eröffnet, zu zeigen, dass wir etwas verändern wollen. Sie bietet dem Bayerischen Landtag jedoch auch die Chance, am Ende zu zeigen, wie es mit der eigenen Einschätzung steht.

Ich finde es schlimm. Das sage ich ganz offen. Baden-Württemberg verzeichnet einen Zuwachs von einer Milliarde Euro und kämpft mit Haushaltsproblemen. Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg hat gesagt, das System sei bescheuert. Beim ersten Ansatz, etwas verändern zu können, sagt er jedoch: Ich traue mich nicht. Die SPD in Baden-Württemberg hat sogar gesagt, dass Wowereit wichtiger sei als das eigene Land. Ich sage Ihnen: Erst kommt das Land, dann die Partei. Das fordern wir auch im Bayerischen Landtag ein.

(Anhaltender Beifall bei der CSU und der FDP)

Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Erste Lesungen zu einem Gesetzentwurf und einem Staatsvertrag, die ohne Aussprache an die jeweils federführenden Ausschüsse überwiesen werden sollen

In der Tagesordnung sind die zur Überweisung anstehenden Beratungsgegenstände mit den als federführend angesehenen Ausschüssen aufgeführt. Gibt es hinsichtlich der Zuweisungsvorschläge noch Änderungswünsche? − Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Beschlussfassung über die Zuweisungen. Wer mit der Überweisung an die zur Federführung vorgeschlagenen Ausschüsse einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen?

Stimmenthaltungen? − Dann ist das einstimmig so beschlossen. Der Gesetzentwurf und der Staatsvertrag werden damit diesen Ausschüssen zur Federführung zugewiesen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Abstimmung über Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. a. Anlage 1)

Ausgenommen von der Abstimmung ist die Listennummer 14, die einzeln beraten werden soll. Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(Siehe Anlage 1)

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe? - Stimmenthaltungen? − Das ist einstimmig so beschlossen. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Nun rufe ich die Nummer 14 der Anlage zur Tagesordnung auf, die einzeln beraten werden soll:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Volkmar Halbleib, Inge Aures u. a. und Fraktion (SPD) Maßnahmenpaket gegen Steuerhinterziehung, Steuerbetrug und Schwarzgeld (Drs. 16/14733)

Ich eröffne die Aussprache. Der erste Redner ist Herr Kollege Volkmar Halbleib von der SPD. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir stellen heute diesen Antrag mit einer Änderung aufgrund des abgeschlossenen Bundesratsverfahrens zur Abstimmung. Wir werden den letzten Spiegelstrich streichen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben heute einen weiteren Punkt, der an den vorherigen Punkt anknüpft, zu beraten. Was mit dem Auftritt des Finanzministers zum Schluss beschrieben worden ist, ist nichts anderes als das eigene Versagen. Dabei bleibt es aber nicht. Herr Finanzminister, mit der Rechnung zur Landesbank und den damit zusammenhängenden Zinsausgaben, mit denen viel im Freistaat Bayern gemacht werden könnte, könnte man eine eigene Rede garnieren.

Mit der Unterbesetzung in der bayerischen Steuerverwaltung übernimmt die CSU eine milliardenschwere Verantwortung. Der Freistaat Bayern ist das dramatische Schlusslicht im Hinblick auf die Personalausstattung zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung. Das ist der Bereich Betriebsprüfung und Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung. Deswegen haben wir diesen Antrag gestellt. Wir müssen endlich weiterkommen. Wir müssen die Altlasten der CSU, die viele Fehlentscheidungen getroffen hat, beiseiteräumen. Ich habe mich über die Ablehnung der Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss sehr gewundert. Die Maßnahmen, die im Antrag aufgeführt sind, sind notwendig, um Steuergerechtigkeit herzustellen und Mehreinnahmen für den Freistaat Bayern einzuholen.

Ich glaube, liebe Kolleginnen von der CSU und der FDP, Sie sind gut beraten, sich den Antrag noch einmal anzuschauen. Diesen kann man in den einzelnen Punkten unterstützen − insbesondere bei Streichung des letzten Spiegelstriches.

Ich möchte an dieser Stelle deutlich sagen, was nicht geht. Anstelle einer substanziellen Beseitigung der Missstände werden Showeffekte zur Täuschung der Öffentlichkeit eingesetzt. Das geht nicht. Das weisen wir zurück. Was der Finanzminister heute vor einer Woche in einer Pressekonferenz geäußert hat, war nichts anderes, als bestehenden Einheiten zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung einen neuen Namen zu geben und eine neue Dienstmütze zu verpassen. Die vorhandene Einsatzgruppe ist nur umbenannt worden. Statt die Missstände offen anzugehen, die nachweislich bestehen, werden ein neuer Name und eine neue Dienstmütze vorgestellt. Schlimmer geht es nimmer. Herr Finanzminister, ich kann Ihnen das nicht ersparen: Blöder kann es auch der Söder.

(Widerspruch bei und Zurufe von der CSU - Bei- fall bei der SPD - Karl Freller (CSU): Billiger Halbleib!)

So ist es leider.

(Unruhe)

Wie soll man das anders nennen, wenn statt substanzieller Bekämpfung von Steuerhinterziehung in einer Pressekonferenz Mützchen und Dienstkleidung vorgestellt werden? Bestehende Einheiten werden einfach umetikettiert. Das kann man nur als Showpolitik bezeichnen, die für die Aufgabe, die der bayerische Finanzminister hat, völlig unangemessen ist. Auf diese Weise erfüllt der Finanzminister seine Aufgabe nicht. Deshalb muss man auf diesen Missstand mit drastischen Worten hinweisen. So viel muss schon möglich sein.

(Beifall bei der SPD)

Auch die angekündigte Personalverstärkung ist nach meiner Einschätzung noch nicht sicher. Wir wissen noch nicht, was dieser Showeffekt bezwecken soll. Wir wissen aber − deswegen unser Antrag −, dass bisher im Bereich der Steuerverwaltung massive Defizite bestehen. Auch die neuen Planstellen nutzen wenig. Die Unterbesetzung in der Steuerverwaltung beträgt nach wie vor 2.000 Stellen. Durch die Rückführung von der 42- auf die 40-Stunden-Woche verschlechtert sich die Personalbesetzung in der Finanzverwaltung nach wie vor. Die Betriebsprüfung ist massiv unterausgestattet. Nach wie vor bestehen massive Probleme bei der Betrugsbekämpfung. Das sagt auch der Oberste Rechnungshof in seinen Feststellungen Anfang des Jahres 2013.

Wenn man schon von einem FBI im Bereich Steuerfahndung und Steuerermittlung spricht, muss man auch etwas dazu sagen, wie man die Zusammenarbeit mit dem Bund und mit anderen Ländern verbessern will. Dazu ist hier keine Aussage gekommen. Im Übrigen bekennen wir uns auch in diesem Antrag klar dazu und fordern noch einmal dazu auf, Steuerhinterziehung auch durch den Ankauf von Steuer-CDs zu verfolgen. Bayern hat von der Geradlinigkeit anderer Bundesländer, namentlich Nordrhein-Westfalen, massiv profitiert. 550 Millionen Euro, mehr als eine halbe Milliarde, sind zusätzlich an Staatseinnahmen entstanden. Wir müssen auch alles tun − dazu brauchen wir ein klares Bekenntnis -, um Steueroasen auszutrocknen und Steuerhinterziehung überall zu bekämpfen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Bayern braucht endlich mehr Substanz und weniger Inszenierung in Fragen der Steuergerechtigkeit und der Bekämpfung von Steuerhinterziehung. Die letzte Aktion des Finanzministers war eindeutig: viel Show und wenig Substanz.

(Beifall bei der SPD − Zuruf von der CSU: Tosen- der Beifall!)

Danke schön, Herr Kollege. Nur eine Bemerkung: Auch wenn es sich reimt, sollte man sich in diesem Hause solche Kalauer ersparen.