Protocol of the Session on February 12, 2009

(Beifall bei der CSU und des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP))

Gibt es jetzt noch eine Wortmeldung, liebe Kolleginnen und Kollegen? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich jetzt endgültig die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt. Ich rufe zuerst auf, weil das eine einfache Abstimmung ist, den Dringlichkeitsantrag der Freien Wähler, Drucksache 16/533. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Fraktion Freie Wähler, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? - CSU-Fraktion und FDP. Enthaltungen? - SPD-Fraktion. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Jetzt rufe ich die drei Dringlichkeitsanträge, über die namentlich Abgestimmt werden soll, hintereinander auf: als ersten den Dringlichkeitsantrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 16/520.

Das Prozedere der namentlichen Abstimmung ist Ihnen mittlerweile bekannt. Vier Minuten stehen zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 17.16 bis 17.20 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Zeit ist abgelaufen. Diese Abstimmung ist damit erledigt. Ich bitte, für den nächsten Dringlichkeitsantrag die Urnen aufzustellen.

Wir stimmen jetzt namentlich über den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/534 ab. Das ist der Antrag der SPD-Fraktion. Die Zeit läuft: drei Minuten.

(Namentliche Abstimmung von 17.20 bis 17.23 Uhr)

Liebe Kollegen und Kolleginnen, die Zeit ist abgelaufen. Damit ist diese Abstimmung auch abgeschlossen. Wir stimmen über den letzten Dringlichkeitsantrag zu diesem Thema namentlich ab. Das ist der Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/541, ein interfraktioneller

Antrag der CSU- und der FDP-Fraktion. Nachdem jetzt jeder da ist: zwei Minuten. Wer jetzt nicht da ist, den bestraft das Leben.

(Namentliche Abstimmung von 17.23 bis 17.25 Uhr)

Liebe Kollegen und Kolleginnen, die Zeit ist jetzt abgelaufen. Damit ist dieser Abstimmungsvorgang ebenfalls beendet.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Liebe Kollegen und Kolleginnen, wir wollen weitermachen, bitte.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich bitte alle Kollegen und Kolleginnen, entweder Platz zu nehmen oder die Gespräche draußen zu führen und die Telefongespräche, Herr Kollege Bernhard, auch draußen zu führen.

(Unruhe)

Liebe Kollegen und Kolleginnen, ich weiß, das ist immer so aufregend mit den Dringlichkeitsanträgen. Aber bitte nehmen Sie Platz. Wir fahren nämlich in der Tagesordnung fort. Ich bitte auch die FDP-Kollegen, das Gespräch einzustellen, bitte. Ich bitte auch Herrn Kollegen Weidenbusch.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Weidenbusch weist mich zu Recht auf eine rot-grüne Zusammenballung hin.

Kollegen und Kolleginnen, wir fahren in der Tagesordnung fort.

Ich rufe den letzten Dringlichkeitsantrag des Tages auf:

Dringlichkeitsantrag der Abg. Thomas Hacker, Dr. Franz Xaver Kirschner, Karsten Klein und Fraktion (FDP) Anpassung der so genannten Zinsschranke und Mantelkaufregelung (Drs. 16/521)

Ich eröffne die Aussprache. Als erster hat der Herr Kollege Dr. Kirschner das Wort. - Augenblick, Herr Dr. Kirschner.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte. Herr Dr. Kirschner hat das Wort, bitte.

Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen

und Kollegen! Mich wundert, dass bei einem so trockenen Thema, das jetzt kommt, so viele da bleiben. Vielen Dank, das könnte in meiner Steuerrechtsvorlesung auch so sein.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

"Zinsschranke und Mantelkauf", was heißt das eigentlich, rübergebracht, sodass es jeder versteht? Denn selbst wenn man selber Steuerberater ist, muss man es fünf Mal durchlesen, damit man diesen Blödsinn kapiert.

(Zuruf von der SPD)

- Ich erzähle es Ihnen jetzt gleich. Ich hoffe, Sie geben mir hinterher recht, wenn Sie es dann auch verstehen. Man muss ein bisschen auf die letzte Steuerreform zurückgreifen. Dort hat sich aufgrund der Absenkung der Steuersätze die Bundesregierung - bestehend CDU/ CSU und SPD - gegen Finanzierungsmaßnahmen organisiert. Damals waren unter anderem die Themen "Zinsschranke" und "Mantelkauf" zwei wesentliche Kriterien. Die Folge ist, dass durch diese Maßnahme der Zinsschranke und des Mantelkaufes Arbeitsplätze gefährdet werden, und zwar in massivem Umfang. Ich habe das heute schon einmal angesprochen. Die Zinsschranke bedeutet: Ein Unternehmen kann Zinsen in Höhe von maximal 30% des EBITDA absetzen, das heißt 30 % des Gewinns vor Zinsen und Abschreibungen. Alles, was darüber hinausgeht, ist nicht absetzbar. Das führt dazu, dass in der jetzigen Zeit insbesondere die Autozulieferer massive Probleme bekommen. Dieses Gesetz gilt ab 01.01.2008.

Ich erläutere das kurz an einem Beispiel: Ein mittelständischer Betrieb macht einen Verlust in Höhe von 1,5 Millionen Euro in 2008. Dieser Betrieb hat einen Zinsaufwand von 4,5 Millionen Euro, weil er viel investiert hat, macht über 100 Millionen Euro Umsatz und hat ein EBITDA von 7 Millionen. Davon kann er 30 % des Zinsaufwandes absetzen. Das ergibt 2,1 Millionen, die restlichen 2,4 Millionen Zinsen kann er nicht absetzen. Die Folge ist, dass er bei einem Handelsbilanzverlust von 1,6 Millionen Euro eine Steuerlast von 405.000 Euro hat. Der Bundesfinanzminister sagt, das seien Einzelfälle. Allein in unserem Büro - ich kann es nachweisen - haben wir mittlerweile acht dieser Fälle mit einer Gesamtsteuerbelastung von fast 3 Millionen Euro vorliegen. Die Folge ist, dass wir in Bayern für diese Betriebe einen Schirm aufspannen, weil sie in Schwierigkeiten kommen und der Schirm teilweise dazu verwendet wird, Steuern nach Berlin zu schicken. Das kann es nicht sein.

Ich weiß, dass dieses Thema wahnsinnig komplex ist; es gibt dann auch Escape-Klauseln usw. Ich gehe auf

diese Problematik gar nicht ein, weil es zu komplex wird.

Die Wirkung draußen in der Praxis ist, dass die Unternehmer als Folge versuchen, den Betrieb zu verschlanken, um Erträge, einen sogenannten EBITDA zu erwirtschaften, damit die Zinsschranke nicht greift. Wo greift man als erstes hin, wenn man Fixkosten und Abschreibungen hat? Man geht an das Personal, und das kann es wohl nicht sein. Ich kann die Steuer nicht für Zwecke benutzen, die zur Folge haben, dass ich danach Personal abbauen muss. Das darf und kann nicht sein.

(Beifall bei der FDP)

Darüber hinaus haben wir das Problem, dass der Nachfolger eines scheidenden Unternehmers den vom Vater geerbeten Verlust nicht mehr geltend machen kann. Wir haben das Problem, auf Investorensuche gehen zu müssen, damit die Betriebe überleben. Die Investoren kommen, finanzieren sich in den Betrieb hinein, und die Verluste sind weg. Sie finden keinen Investor, wenn er diese Möglichkeit nicht nutzen kann. Daher bitte ich Sie, um Zustimmung zu unserem Antrag, damit die Zinsschranke in der bestehenden Form aufgehoben wird. Ursprünglich war sie dazu gedacht, dass die Steuern nicht ins Ausland verlagert werden, dass also Gewinne, die in Deutschland anfallen, nicht unter Umständen durch entsprechende Fremdkapitalisierung der deutschen Betriebe ins Ausland verlagert werden. Wir erreichen aber genau das Gegenteil. Das kann es nicht sein.

Ich komme zum zweiten Punkt, dem Mantelkauf. Meine Kolleginnen von der FDP habe ich gefragt, ob sie wüssten, was das ist. Sie haben gesagt: Für den Mantelkauf gehen wir einmal im Herbst zum Einkaufen. - Das ist es leider nicht.

(Hubert Aiwanger (FW): Schade! - Zuruf von der FDP: Widerspruch! - Zuruf von der SPD: Was soll denn das?)

Mantelkauf bedeutet in der Praxis Folgendes: Früher stand in der "Süddeutschen Zeitung" und im "Handelsblatt": Kaufen Sie meinen GmbH-Mantel; Sie haben eine Million Euro Verlustvortrag; geben Sie mir 200.000 Euro. Sie haben damit eine Million Euro an Gewinnen verschwinden lassen können. Das wollen wir nicht. Ich sage ganz klar: Das wollen wir nicht. Ich hoffe, dass uns in Bayern mit diesem Thema nicht in Kürze etwas Größeres auf die Füße fällt. Mittlerweile führt das nämlich dazu, dass bei Abgabe von 25 % der Anteile 25 % des vorhandenen Verlustvortrages steuerlich nicht mehr anerkannt werden. Das verbleibt in der Firma, bis sie liquidiert wird. Die Folge ist, dass wir irgendwann Be

triebe liquidieren werden. Das kann es wohl auch nicht sein.

Ein weiteres Problem besteht, wenn 50 % der Anteile in einem Zeitraum von fünf Jahren abgegeben werden. Wenn ein notleidender Unternehmer jemanden braucht, der ihn finanziert und der 50 % der Anteile übernimmt, dann führt dies dazu, dass der Verlustvortrag, und sei er noch so hoch, weg ist. Das wiederum führt dazu, dass wir irgendwann gezwungen werden, diese Betriebe zu liquidieren. Das kann es nicht sein, weil dadurch Substanz verloren geht, weil dadurch Arbeitsplätze verloren gehen. Darum bitte ich insbesondere die Kollegen von der CSU und der SPD, auf den Bundesfinanzminister einzuwirken, diese Dinge entsprechend anzupassen, damit kein weiterer Schaden entsteht. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Georg Schmid (CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege von und zu Lerchenfeld. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, Hohes Haus! Gott sei Dank sind die Temperaturen so angenehm, dass ich mir über Mantelkäufe nicht wirklich Gedanken machen muss, solange es Stoffmäntel betrifft.

Herr Kollege Kirschner hat in eindrucksvollen Worten geschildert, was Mantelkauf und Zinsschranke für Unternehmen bedeuten. Wir haben durch die Unternehmensteuerreform 2008 steuerliche Sachverhalte so verändert, dass für Unternehmen tatsächlich gefährliche Situationen heraufbeschworen werden.

(Theresa Schopper (GRÜNE): Das kann es nicht sein!)

Das geschah damals in einer Zeit, in der wir von einer sehr robusten Konjunktur und durchaus auch von guten Geschäftserwartungen ausgehen konnten. Die jüngsten Entwicklungen aber, die deutlich in Richtung einer Rezession, wenn nicht sogar in Richtung einer Depression gehen, sollten im Unternehmensteuerrecht Dinge nach sich ziehen, mit denen auf diese Situation reagiert wird. Deswegen vielen herzlichen Dank an die FDP dafür, dass sie diesen Antrag eingebracht hat. Ich glaube, er ist gerade in der jetzigen Situation ganz besonders wichtig.

Die Zinsschranke wirkt sich entgegen den ursprünglichen Absichten des Gesetzes, wonach nur eine Vermeidung von Gewinnverlagerungen über die Grenzen hinaus ins Ausland verhindert werden sollte, für viele Unternehmen schädlich aus. Gerade auch für mittel