Protocol of the Session on November 29, 2012

Lieber Herr Dr. Runge, eigentlich wollte ich an Sie adressieren, hatte aber Herrn Kollegen Dr. Magerl genannt. Ich würde Sie als detailverliebten Detailakrobaten bezeichnen. Aber Sie haben auch hier im Gegensatz zu uns, wie Sie bereits in der vorangegangenen Debatte gezeigt haben, diesen berühmten Tunnelblick. Sie schauen nicht über den Tellerrand hinaus. Sie müssen sehen, dass Millionen Gäste nach München kommen bzw. dort umsteigen. Aber diese Gäste steigen dort nicht nur um, sondern wir machen mit ihnen Geschäfte. Dadurch wird vor allem der Mittelstand gefördert. Sie haben Bayern als Engram im Kopf, um Marketing für Bayern zu betreiben, das früher von den Fluglinien her überhaupt nicht auf der Weltkarte war. Das ist der Fortschritt unseres Ministers. Dafür kämpfen wir. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Es gibt zwei Zwischenbemerkungen, eine von Herrn Pointner, bitte.

Herr Kollege Dr. Bertermann, Sie haben die Leute in der Oberpfalz und in Oberfranken angesprochen, die vom Flughafen profitieren. Wenn die Startbahn gebaut würde und die Prognosen stimmten, würden in dieser Gegend soundso viele Arbeitsplätze geschaffen. Wo glauben Sie, kommen die Leute her? Sie kommen möglichst aus der Oberpfalz oder aus Oberfranken. Wo werden diese Leute dann wohnen? Diese Leute bleiben doch nicht in der Oberpfalz oder in Oberfranken wohnhaft, von wo aus sie jeden Tag einfach drei Stunden fahren müssen. Diese Maßnahme würde dazu führen, diese Region noch mehr zu entvölkern. Das ist klar. Zum anderen würde diese dritte Startbahn nur wegen des Umsteigeverkehrs gebaut. Herr Kollege Dr. Runge hat es schon gesagt.

(Zuruf: Nein!)

- Natürlich. Wenn Sie die Prognosen ansehen, stellen Sie fest: Mit der dritten Startbahn sind es 30 Millionen Menschen, die originär hierherkommen und umsteigen. Ohne dritte Startbahn ist es genauso. Das ist nur der Umsteigeverkehr.

Bitte, Herr Dr. Bertermann.

Herr Pointner, ich habe mich zu Erding und Freising, aber auch zum Umweltschutz bereits geäußert. Das nehmen wir ernst. Wir müssen auf der anderen Seite aber auch bedenken, welche Wirtschaftskraft und Bedeutung die Millionen Menschen haben, die nach Bayern kommen. Welche Möglichkeiten eröffnet man für den Weltmarkt in einer globalisierten Welt, wenn wir nicht genügend Direktverbindungen haben, um umsteigen zu können? Da kann Bayern langfristig abgehängt werden. Das wollen wir nicht.

Herr Strobl, bitte.

Herr Dr. Bertermann, Sie haben die Oberpfalz angesprochen. Ich kann Ihnen eines sagen: Die Oberpfälzer Bevölkerung wäre schon froh, wenn sie zum Flughafen käme, ohne umsteigen zu müssen. Vielleicht können Sie sich zunächst einmal dafür einsetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD - Zuruf)

Ich bin kein Haushaltspolitiker, kann Ihnen aber sagen: Soweit ich weiß, haben wir die Mittel für die Verkehrsplanung und den Straßenbau erhöht, sodass auch diese Region angebunden wird.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt hat Herr Staatssekretär Pschierer das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir haben diese Debatte schon mehrfach geführt und können sie noch unzählige Male führen. Die Position der Staatsregierung und der Koalitionsfraktionen zu diesem Punkt ist klar und unverrückbar. Wir halten an dieser dritten Startbahn fest und werden die Planungen vorantreiben. Wir halten diese dritte Startbahn nach wie vor für eine unverzichtbare strategische Zukunftsinvestition für den gesamten Freistaat Bayern, nicht nur für die Metropolregion München.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, es ist völlig schwachsinnig, nach acht Jahren Planungs- und Prüfzeit diese Planungen jetzt auf null zu stellen. Wir vergeben jede Chance auf eine Realisierung dieses Projektes. Berlin ist sicherlich kein sehr positives Beispiel für die Verwirklichung von Großprojekten. Wir konnten im Freistaat Bayern unsere Projekte immer zeitgerecht verwirklichen. Aber es sind gigantische Zeiträume. Deshalb macht es keinen Sinn, jetzt diese Planungen einzustellen. Wir werden diesen Planungsprozess weiterführen, weil in diesem Haus jeder weiß: Das Schaffen von Baurecht ist eine zentrale Voraussetzung für jede Investition.

Eine kurze Anmerkung an die Vorredner der Opposition. Herr Kollege Pointner, ich darf bei Ihnen beginnen. Zu keiner Zeit hat die FMG oder die Staatsregierung behauptet, dass für die Realisierung der dritten Startbahn die Darlehen des Freistaats Bayern, der Bundesrepublik Deutschland oder der Landeshauptstadt erforderlich sind. Die FMG hat ganz klar erklärt, dass die Realisierung aus dem Cashflow bezahlt wird. Dazu gibt es ein belastbares Gutachten von Rothschild. Ich darf das deshalb klar zurückweisen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Martin Runge (GRÜNE))

Herr Kollege Dr. Runge, eine zweite Anmerkung: Ich stimme Ihnen insofern zu, als wir uns alle große Sorgen um das Weltklima machen müssen. Aber das Weltklima werden wir nicht im Erdinger Moos retten.

(Alexander König (CSU): Das stimmt!)

Das Weltklima retten wir in China und in den Schwellenländern Brasilien und Indien, was die CO2-Emission angeht, jedoch nicht im Erdinger Moos.

Herr Kollege Dr. Magerl, eine dritte Anmerkung: Das Passagieraufkommen am Flughafen München ist in den letzten Jahren immer gestiegen.

(Unruhe − Glocke der Präsidentin)

Dagegen sind in diesem Jahr die Flugbewegungen leicht rückläufig. Aber wer sich die Bewegungen anschaut, stellt fest, dass heute auch mit größeren Einheiten geflogen wird. Wenn beispielsweise ein A 380 am Flughafen München steht, mit dem 550 Passagiere und mehr befördert werden können, steigt das Passagieraufkommen an, obwohl die Verkehrsbewegungen nicht unbedingt zunehmen.

Herr Kollege Pointner, in einem Punkt, nämlich in Bezug auf die Drehkreuzfunktion, gebe ich Ihnen

recht. Schauen Sie sich am Flughafen München einmal an, welche Destinationen in Asien, etwa China, angeflogen werden und wie sich die Passagiere zusammensetzen. Ich widerspreche Ihnen nicht: Ein Großteil der Passagiere kommt nur deshalb nach München, weil wir eine Drehkreuzfunktion haben.

(Alexander König (CSU): Natürlich!)

Doch die Gefahr ist, dass wir die Drehkreuzfunktion verlieren. Das kann ich nicht hier oben beschließen, sondern da bin ich von der Lufthansa abhängig. Wollen wir das infrage stellen und es riskieren, eine Drehkreuzfunktion zu verlieren? Deshalb wird es für den Erhalt der Drehkreuzfunktion erforderlich sein, an der Planung für die dritte Startbahn festzuhalten. Das werden wir auch tun.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Auch wir respektieren den Bürgerentscheid, aber dieser steht für genau 23 %. 77 % der Anteilseigner − zu 51 % der Freistaat, zu 26 % die Bundesrepublik Deutschland − sagen Ja. Bei allem Respekt vor der Landeshauptstadt München bitte ich zu bedenken: München ist unsere Landeshauptstadt, aber nicht der Mittelpunkt der Welt. Bei dieser Frage geht es um ganz Bayern.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Aus diesem Blickwinkel sieht es auch die Bayerische Staatsregierung.

Letzter Punkt: Wir respektieren den Bürgerwillen. Wir wollen in Bezug auf den Lärmschutz, die Verkehrserschließung und vieles andere nicht nur reden, sondern handeln und Geld in die Hand nehmen. Ich weiß, dass das draußen für die Bürger nicht einfach ist. Aber der Unterschied zwischen dieser Seite und Ihnen ist folgender: Wir wägen ab, entscheiden und handeln, und zwar in diesem Fall auch gegen den Widerstand der Bevölkerung. Das ist Mut, und das ist richtig. Was Sie machen, ist populistisch. Das lehnen wir ab. Deshalb lehnen wir auch diesen Antrag ab.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Zuruf des Ab- geordneten Prof. Dr. Michael Piazolo (FREIE WÄHLER))

Herr Staatssekretär, bleiben Sie bitte am Redepult, denn es gibt eine Zwischenbemerkung von Herrn Pointner. Herr Pointner, bitte.

Herr Staatssekretär, Populismus können Sie mir nicht unterstel

len; denn ich war von Anfang an grundsätzlich dagegen.

Herr Kollege Pointner, ich habe in diese Richtung gezeigt.

Okay. Zu Ihren Aussagen zum Drehkreuz: London Heathrow hat das gleiche System wie München mit zwei Bahnen. Es war immer schon das größte Drehkreuz in Europa. Es geht also. Natürlich kann man dort den Kleinverkehr nicht abwickeln. Aber wir hätten dafür zum Beispiel die Flughäfen Memmingen oder Nürnberg, die noch große Kapazitäten frei haben. An der Drehkreuzfunktion wird sich nichts ändern, wenn nur die beiden Bahnen bedient werden. Die Anzahl der Flugbewegungen lag schon einmal bei 430.000, zum Jahresende werden es etwa 400.000 sein. Auch das müssen wir sehen.

Was das Darlehen betrifft, habe ich nicht behauptet, die FMG oder die Staatsregierung hätte das gesagt. Ich habe vielmehr gesagt, im Ausschuss hätten die Kollegen von CSU und FDP gesagt, dass gehe nicht, das brauche man für den Bau der dritten Startbahn. Das war meine Aussage. Nehmen Sie das zur Kenntnis.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Herr Kollege Pointner, zur Drehkreuzfunktion: Ich saß bis vor Kurzem im Aufsichtsrat des Flughafens Nürnberg. Was Nürnberg angeht, haben wir nach wie vor die große Befürchtung, die Drehkreuzfunktion zu verlieren. Wenn die verloren geht, verlieren Sie Passagieraufkommen. Man kann aus dem originären Passagieraufkommen weder den Flughafen in Nürnberg noch den in München rentabel betreiben. Ich kann auch keiner Fluggesellschaft vorschreiben, welche Linie sie bedient. Ich bin Allgäuer, und selbstverständlich liegt der Allgäu Airport in meiner Region.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Wollen Sie den gefährden?)

Ich kann aber nicht zur Lufthansa sagen: Liebe Lufthansa, das mit München ist nichts, wenn ihr Kapazitäten braucht, hätten wir noch welche in Memmingen. Nein, das ist eine Entscheidung der Lufthansa.

Meine Damen und Herren, nach der Entscheidung der Münchner Bürger war der Vorstand der Lufthansa im Kabinett. Ich werde eine Aussage des Vorstands der Lufthansa nicht vergessen, der ausgeführt hat: Meine Damen und Herren Kabinettsmitglieder, in den 70erJahren war es nicht ausgemacht, dass dieser Flugha

fen im Erdinger Moos entsteht. − Damals hätte auch das Bundesland Nordrhein-Westfalen die Möglichkeit gehabt, mit diesem Flughafen die Region Köln-Bonn − damals war man von der Wiedervereinigung noch weit weg − als Wachstumsregion zu entwickeln. Die SPD-geführte Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hat das nicht vermocht. Eine CSU-geführte Staatsregierung hat das durchgesetzt. Ich lasse es mir nicht nehmen: Es gehört zur Erfolgsgeschichte des Freistaates Bayern, den Flughafen München II zu errichten.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Sagen Sie etwas zu Memmingen! Kein Wort zu Memmingen!)

Herr Kollege, das war jetzt auch nicht gefragt. − Danke schön, Herr Staatssekretär. Uns liegen hier oben keine weiteren Wortmeldungen mehr vor, weshalb wir die Aussprache schließen können. Ehe ich zur Abstimmung schreite, die in namentlicher Form erfolgen soll, bitte ich Sie inniglich, noch sitzen zu bleiben, weil über den nächsten Tagesordnungspunkt nur abgestimmt wird. Wir wollen hier oben nicht groß zählen oder einen Hammelsprung durchführen, sondern wir möchten das in einem Stück durchziehen. Dann gibt es nur noch zwei kleinere Meldungen, und Sie sind befreit.

Wir können nun zur namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag 16/13054 schreiten. Ich schlage vor, dafür drei Minuten vorzusehen, weil seit der Ankündigung doch wieder sehr viel Zeit vergangen ist. Die namentliche Abstimmung ist eröffnet, bitte schön.

(Namentliche Abstimmung von 18.13 bis 18.16 Uhr)