Protocol of the Session on November 29, 2012

(Lachen der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE))

Im Moment geht es um die Finanzierung. Noch ist überhaupt nichts gebaut. Da ist nichts real existent. Da ist genauso wenig real existent, wie an real existentem Sozialismus im Moment in der ehemaligen DDR besteht.

Als Nächstes will ich mich zu Ihrer Aussage äußern, dass dieser Stammstreckentunnel dazu führen werde, dass in Bayern Norden, Süden, Osten und Westen miteinander verbunden sind. Hier geht es um öffentlichen Personennahverkehr. Wir sind nicht im Saarland, wir sind in Bayern, Bayern ist groß! Es handelt sich doch nicht um Nahverkehr, wenn Norden und Süden in Bayern miteinander verbunden werden.

(Heiterkeit und Beifall bei den FREIEN WÄH- LERN und den GRÜNEN - Zurufe von der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der zweiten Hälfte des Beitrags von Herrn Rotter kann ich eins zu eins zustimmen, nur dem Satz, er kann unserem Antrag nicht zustimmen, kann ich nicht zustimmen, aber dem Rest schon. Selbstverständlich müssen wir für Nordbayern und für Ostbayern viele andere Projekte verwirklichen. Das ist ganz wichtig, und da reicht das wirklich nicht aus, was jetzt mit der Stammstrecke vielleicht gewonnen worden ist.

(Zuruf des Abgeordneten Dietrich Freiherr von Gumppenberg (FDP))

- Ja, Zweifel bestehen, denn wieder einmal steht angeblich die Finanzierung. Ich habe den Satz "Die Finanzierung steht" in den letzen vier Jahren schon drei- oder viermal gehört, Herr Minister. Im Moment scheinen Sie deutlich weitergekommen zu sein.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Ich sage "scheinen", weil ich es wirklich erst einmal schriftlich sehen möchte. Ich möchte erst einmal juristisch geklärt sehen, ob rechtlich das Flughafendarlehen dafür verwendet werden darf.

(Ministerpräsident Horst Seehofer: Das ist ge- klärt!)

- Gut, Herr Ministerpräsident, auch wenn Sie sagen, es ist geklärt, möchte ich es trotzdem schriftlich sehen.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der FREIEN WÄHLER und den GRÜNEN)

Auch hinsichtlich der Bundesmittel werden Sie sagen, es ist geklärt, weil Ihr Parteikollege Ramsauer gesagt hat, es ist so.

(Ministerpräsident Horst Seehofer: Schäuble!)

- Auch wenn es Schäuble gesagt hat, möchte ich sehr gerne erst einmal den Beschluss des Haushaltsausschusses des Bundestags sehen. Danach reden wir weiter.

(Beifall der Abgeordneten Anne Franke (GRÜ- NE))

Einig sind wir uns über die tatsächliche Situation. Einigkeit besteht darüber, dass der Bedarf für eine Verbesserung des S-Bahn-Systems in München gegeben ist, und zwar schon längst. Wir merken im Herbst, sobald der Wind ein kleines Blättchen auf die Schienen weht, dass das S-Bahn-System nicht mehr richtig oder nur unzulänglich funktioniert. Das heißt, jetzt sind Maßnahmen erforderlich. Herr Rotter hat ganz zu Recht gesagt, dass die S-Bahn-Außenäste gestärkt werden müssen. Das ist selbstverständlich. Das fordern wir schon seit Langem. Hinzu kommt, dass wir in den nächsten Jahren in München und in der Umgebung einen Zuzug zu verzeichnen haben. Jeder Bürgermeister in der Umgebung von München fordert schon seit Langem: Verbesserungen müssen her. Insofern sind wir uns über den Handlungsbedarf und über die tatsächliche Situation weitgehend einig.

Nur bezüglich der Handlungsoptionen bestehen Meinungsunterschiede. Hierzu moniere ich immer noch: Warum konzentrieren Sie sich denn nur auf den zweiten Stammstreckentunnel? In der Politik ist es wahnsinnig gefährlich, wenn Sie nur eine einzige Option und keinen Plan B haben.

(Alexander König (CSU): Das stimmt!)

Denn wenn die Finanzierung nicht gelingt oder wenn Ihnen in irgendeinem dieser vier Planfeststellungsbe

reiche das Baurecht nicht gewährt wird − Sie haben doch noch gar kein Baurecht! - oder wenn die Kosten enorm steigen, dann haben Sie nur diesen einen Plan. Deshalb haben wir schon immer gesagt: Sie brauchen einen Plan B, prüfen Sie die Option Südring; denn dann haben Sie zumindest eine Rückfalloption.

Ich weiß, warum im Moment nichts getan wird. Es besteht nämlich die Gefahr, dass Sie in Ihrer KostenNutzen-Rechnung dann, wenn etwas getan wird, unter 1,0 fallen. Dann sagt man lieber: Wir tun im Moment nichts, damit wir nicht darunter fallen. Das kann keine verantwortungsvolle Politik sein.

Unser Antrag ist bewusst weit gefasst, damit Sie zustimmen können. Offensichtlich geht er nicht weit genug.

(Zuruf des Abgeordneten Eberhard Rotter (CSU))

Wenn er weit gefasst ist, sagen Sie, er könnte konkreter sein. Wenn er konkreter ist, dann sagen Sie, Sie können nicht zustimmen. So ist es in dieser konkreten Sache.

(Zuruf des Abgeordneten Thomas Hacker (FDP))

- So kompliziert ist Politik. Wir fordern, jetzt zu handeln und nicht erst zu warten, bis nach Ihrer Aussage der Tunnel vielleicht im Jahr 2020 oder im Jahr 2022 kommt. Der Bedarf besteht jetzt. Unser Antrag enthält Lösungsvorschläge. Mir ist eine schnelle, effiziente Lösung wichtiger, als einer Fata Morgana zu folgen, für die man jetzt vielleicht das Geld zusammenbekommen hat.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege Piazolo. Die nächste Wortmeldung kommt vom Kollegen Bernhard Roos für die SPD. Bitte sehr.

Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SBahn München hat vor Kurzem ihr 40-jähriges Bestehen zelebriert. Das war ein Freudentag, an dem man auf große Erfolge und Entwicklungen zurückblicken konnte. Ich darf hinzufügen, dass der Ausbauzustand und die Ausbaugeschwindigkeit im S-Bahn-System, das vom Freistaat verantwortet wird, weitaus geringer sind als das Tempo, das bei der U-Bahn München an den Tag gelegt wurde. Wir begrüßen, dass die Finanzierung steht. Ob sie teilweise steht oder ganz und ob sie belastbar ist, das lasse ich dahingestellt. Ich gehe davon aus, dass diese Einigung hält.

Es freut mich, wenn ich einem Kollegen eine Freude machen kann, lieber Dietrich Freiherr von Gumppenberg. Dem Lob an Staatsminister Zeil - über ihn wird Lob nicht scheffelweise ausgeschüttet - schließe ich mich gerne an. Da war er hartnäckig und hat einmal einen Punkt gemacht.

(Beifall bei der FDP - Tobias Thalhammer (FDP): Wieder!)

Nur nicht zu viel Triumphgeheul; denn schon ist es mit dem Lob auch wieder vorbei. Auch andere, die beteiligt sind, kann man noch stärker herausstellen.

Zum Flughafen München: Da wird in Zweifel gezogen, dass die Einbringung des Flughafendarlehens schon gewährleistet ist. Wir hatten gestern einen parlamentarischen Abend mit den Vertretern des Flughafens und der Lufthansa. Sie bereiten sich logischerweise darauf vor, diese 492 Millionen Euro auf dem freien Kapitalmarkt zu besorgen, wenn die Anteilseigner als Darlehensgeber insoweit ausfallen. Das ist also gewährleistet.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, 113 Millionen Euro kommen von der Landeshauptstadt München. Ich danke Kollegen Rotter herzlich dafür, dass er bemerkt und honoriert hat, dass die Landeshauptstadt München zuschießt. Das ist nach meiner Kenntnis der größte Zuschussbetrag einer Kommune für ein öffentliches Infrastrukturprojekt in der Bundesrepublik Deutschland seit ihrem Bestehen 1949. Das ist ein Wort.

(Annette Karl (SPD): Christian Ude!)

- Danke. Das wäre schon noch gekommen. Auf das Stichwort hätte ich jetzt verzichten können.

(Heiterkeit)

Christian Ude war von Anfang an ein massiver Befürworter, ohne Wackeln, ohne Alternativen. Egal, wer bisher gesprochen hat, ob Redner von der CSU, der FDP oder den FREIEN WÄHLERN, jeder hatte Zweifel oder die Alternative, den "Plan B Südring", wie es Kollege Piazolo genannt hat. Die Chimäre "Südring" verhindert die Konzentration. Lieber Kollege Piazolo, man muss sich auf die Planungen und die Finanzierung der zweiten Stammstrecke fokussieren - das ist nun einmal das größte Vorhaben -, um es zu realisieren.

Zur CSU ist noch zu sagen: Wir haben vor Kurzem im Wirtschaftsausschuss den Antrag beraten, die oberirdische Verlängerung der U-Bahn von Laim nach Pasing zu prüfen. Wir waren dagegen. Wir sind der Meinung, dass auch das das große Ziel zweite

Stammstrecke verhindern kann. Mir erschließt sich nicht, wo man hier weitere Erkenntnisse gewinnen will.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den FREIEN WÄHLERN, im Dringlichkeitsantrag wird die zweite Stammstrecke nicht genannt. Das ist vielleicht eine Art Allergie, eine Furcht, dass man Ausschlag bekommt, wenn man das Projekt in den Mund nimmt. Für das Plädoyer für den Rest von Bayern steht die Zusicherung von Herrn Zeil. Ich nehme ihn beim Wort, dass andere Projekte in Bayern, die ebenfalls hohe Priorität haben, durch die Realisierung der zweiten Stammstrecke nicht gefährdet werden. Genauso nehmen wir den Herrn Ministerpräsidenten beim Wort. Dass die Bahn in der Pflicht ist, ist selbstredend.

Ich komme zum Schluss, liebe Kolleginnen und Kollegen. Trotz der eklatanten Schwächen des nachgezogenen Dringlichkeitsantrags der FREIEN WÄHLER, die sich zwar nur auf das S-Bahn-System beschränken, sicher aber auch andere bayerische Projekte im Hinterkopf haben, werden wir ihm zustimmen. Wir stimmen auch dem Dringlichkeitsantrag der FDP und der CSU betreffend "Zweite Stammstrecke München weiter zügig realisieren" zu. Beim Wort "weiter" sagen wir: Na ja. Aber das ist der Sprachgebrauch in der Koalition. Ich bitte auch hier um Zustimmung.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Roos, wir haben noch eine Zwischenbemerkung des Kollegen Dr. Bernhard.

Sie haben die U 5 angesprochen. Ist Ihnen bekannt, dass der Münchner Oberbürgermeister diese Strecke früher als Chefsache behandelt hat und den Bürgerinnen und Bürgern im Münchner Westen versprochen hat, dass die UBahn von Laim nach Pasing verlängert wird? Glauben Sie, dass die U-Bahn-Planung in München jemals davon ausgegangen ist, dass man eine U-Bahn in einer Kleingartenanlage enden lässt? Es war immer das Ziel, diese U-Bahn zu bauen, weil sie ein wichtiges Teilstück des gesamten ÖPNV-Netzes ist, im Übrigen auch für die Umsteigebeziehungen in Pasing. Das ist einer der frequentiertesten Bahnhöfe in Bayern. Deshalb ist diese Planung wichtig. Der Antrag war wichtig, dass die Gleise freigegeben werden, damit die U-Bahn oberirdisch nach Pasing geführt werden kann. Das haben wir gegen Ihre Stimmen und in Übereinstimmung mit der Meinung Ihrer örtlichen Parteifreunde durchgesetzt. Das war richtig.

(Beifall bei der CSU und des Abgeordneten Dr. Martin Runge (GRÜNE))

Kollege Bernhard, Sie verwechseln zwei Dinge. Eine U-Bahn ist in aller Regel, auch wenn sie teilweise oberirdisch verläuft, unterirdisch angelegt. Das sollte man, wenn man den Gedanken wagt -

(Erwin Huber (CSU): Darauf kommt es nicht an!)

- Darauf kommt es doch stark an. Wir sind der Auffassung, dass diese Idee Ihrer Fraktion dem Hauptziel, nämlich der Realisierung der zweiten Stammstrecke, zuwiderläuft. Ich ergänze: Dadurch, dass zwei Gleise am Bahnhof Pasing blockiert werden würden, wären die Planungen der Bahn, gefährdet, ein zusätzliches Gleis zwischen Freising und München zu bauen, was notwendig wäre, um die Regionalexpresse nicht immer wieder hinter der S-Bahn herzuckeln zu lassen. Die Planung wäre zumindest in Mitleidenschaft gezogen. Insofern waren wir gegen diese Planung und gegen diese Untersuchungen. Ich meine, das ist auch im Sinne von Christian Ude.

Vielen Dank, Kollege Roos. Jetzt meldet sich Kollege Dr. Runge zu Wort. Bitte schön.