Protocol of the Session on November 6, 2012

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt haben wir noch eine Zwischenbemerkung vom Kollegen Dr. Fahn.

Nur eine kurze Frage: Sie haben gesagt, 40 Stellen seien im Haushalt. Das reicht aber nicht aus. Sind Sie der Meinung, dass man ungefähr 100 Stellen benötigt, um den Demografiefaktor ausreichend ausstatten zu können?

Um die nicht selbstständigen Schulen auszustatten, brauchen wir keine 100 Stellen. Ich meine aber, dass wir die Zahl der Stellen von 40 sehr schnell erhöhen müssen. Wir haben im Haushalt 50 weitere Stellen gefordert. Wir müssen diese Zahl in den nächsten Jahren erhöhen. Die Schulen im ländlichen Raum bekommen jetzt zu wenig Stunden zugewiesen. Um ihnen mehr zuzuweisen, müssten die Stunden von den großen Schulen weggenommen werden. Der Kuchen reicht aber nicht aus. Wir können sehr schnell eine Lösung für die paar nicht selbstständigen Schulen finden. Insgesamt müssen wir aber in Zukunft in den Demografiefaktor wesentlich mehr Mittel investieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als nächste Rednerin darf ich Frau Kollegin Will ans Mikrofon bitten.

Herr Präsident, hohes Präsidium, Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Antrag der FREIEN WÄHLER wird die Staatsregierung aufgefordert, die in ihrem Bestand gefährdeten Grundschulen zu

erhalten. Keine Frage, da sind wir der gleichen Meinung. Das ist überhaupt kein Thema. Aber

(Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER): Aber!)

wir haben schon die ersten Weichen gestellt und unsere Grundschulen für die Zukunft, für die demografische Entwicklung gewappnet. Wir sind uns natürlich dessen bewusst, dass ein gutes und breit gefächertes Schulangebot ein Schlüsselfaktor für die Attraktivität der Kommunen und für die Lebensqualität vor Ort ist. Wir haben dafür zusätzliche Ressourcen eingestellt. Diese Mittel müssen wir investieren - das tun wir auch -, damit in den ländlichen Räumen trotz sinkender Schülerzahlen und trotz der Konzentration auf die urbanen Zentren ein bestmögliches Bildungsangebot zur Verfügung steht.

(Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER): Das reicht aber nicht aus!)

Wir haben zusätzliches Geld investiert - das, was Sie immer fordern, ist nicht zum Nulltarif zu haben -, um die Grundschulen mit nur 26 Schülern überhaupt erhalten zu können. Diese Kleinstschulen mit zwei Klassen mit jeweils 13 Schülern sind pädagogisch gerade noch vertretbar. 13 Schüler in jahrgangskombinierten Klassen sind die Grenze. Das wissen Sie auch.

Deshalb sagen wir zum Erhalt gefährdeter Grundschulen Ja, aber nicht um jeden Preis. Sie und wir sprechen davon, dass die beste Bildung wohnortnah zu sichern ist. Sie wollen mit dem Antrag das System sichern. Wir sind der Meinung, dass nicht das System, sondern die Schülerinnen und Schüler im Mittelpunkt stehen. Deshalb empfehle ich Ihnen auch noch einmal, genau hinzuschauen und nicht immer das Beispiel Unterfranken zu bringen.

(Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER): Wir sind nun aber einmal aus Unterfranken!)

Ich bitte Sie, wirklich hinzuschauen, wie es sich im Einzelfall verhält. Ich bitte Sie, hinzuschauen, ob es sich bei einer mehrhäusigen Grundschule um eine Schule handelt, die in einem Dorf eine Außenklasse betreibt, die mittelfristig die erforderlichen Schülerzahlen nicht mehr zusammenbringt und deshalb geschlossen werden muss.

(Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER): In Hausen hat das aber funktioniert! Es geht nicht um mittelfristige, sondern um kurzfristige Sicherung!)

- Man kann es so sehen. Es ist ein Nachteil, wenn die Schüler künftig ein paar Kilometer mehr Schulweg haben. Es ist aber auch im Sinne der Eltern, wenn

das Kind über den Basisunterricht hinaus zusätzliche Angebote in Bereichen wie Ganztagsbetreuung, Sport, Kultur oder Freizeit bekommt, wie wir es immer wollen. Solche Angebote sind in einer Kleinstschule gar nicht mehr möglich. Es ist doch auch im Sinne der Eltern, wenn das Kind für diese zusätzlichen Angebote nicht mehr pendeln muss.

(Günther Felbinger (FREIE WÄHLER): Sie wissen aber auch, dass der Haushalt dafür auf Kante genäht ist!)

Kinder müssen dann pendeln, wenn wir da dieses und dort jenes Angebot und dort ein Ganztagsangebot haben.

Wir sind der Meinung, dass von den 2.560 Grundschulen so viele wie möglich erhalten werden sollen. Bei den Kleinstschulen - das ist vorhin schon angesprochen worden - haben wir den Demografiefaktor zur Sicherung des Unterrichtsangebots eingeführt, um die Lehrkräfte an den Grundschulen trotz kleiner werdender Klassen behalten zu können.

Weitere Möglichkeiten, die von Kollegin SchreyerStäblein schon benannt worden sind, sind die Kooperationsmodelle. Durch die gemeinsame Leitung von benachbarten Grundschulen können diese unter Umständen sogar noch besser geführt und organisiert werden, als wenn jede Kleinstschule bürokratisch mit extra Rektor und extra Verwaltungsangestellten aufgebläht wird. Genauso hat es die Änderung des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes den Gemeinden bzw. Schulverbünden ermöglicht, als gemeinsamer Schulaufwandsträger einen Zweckverband zu bilden. Das ist wirklich sinnvoll. Auch mit dieser Kooperationsform würden der Verwaltungsaufwand reduziert und das Abstimmungsverfahren erleichtert.

(Thomas Gehring (GRÜNE): Wir reden von Grundschulen und nicht von Mittelschulen!)

- Das gilt auch für die Grundschulen.

Eine weitere pädagogisch und ökonomisch sinnvolle Maßnahme wäre ein rollierendes System bei der Bildung von Eingangsklassen als Alternative zu jahrgangskombinierten Klassen. Darüber müsste man nachdenken. Aufgrund der Absprache benachbarter Schulen werden die Kinder im jährlichen Wechsel an der einen oder der anderen Schule eingeschult, sodass alle bis zum Ende der Grundschulzeit an einer Schule verbleiben können. Das ist das rollierende System.

Das Fazit: Wir tun alles, um die Grundschulen dort zu erhalten, wo durch sinnvolle Möglichkeiten wie zum Beispiel Kooperationen ein qualitativ guter Unterricht

mit einem ausreichenden Schulangebot möglich ist, wo also der Bildungsauftrag für die Kleinsten erfüllt werden kann. Dafür werden wir alles tun. Dafür werden wir auch zusätzliche Mittel einstellen.

Frau Kollegin, denken Sie bitte an die Zeit!

Ich empfehle Ihnen aber, einen Blick in den Aktionsplan "Aufbruch Bayern - demografischer Wandel" der Staatsregierung zu werfen. Dort finden Sie viele sinnvolle Maßnahmen gebündelt, die uns weiterbringen. Heute lehnen wir diesen Antrag aus den genannten Gründen ab. Schauen Sie aber einmal in diesen Aktionsplan rein.

(Beifall bei der FDP - Harald Güller (SPD): Morgen seid ihr nicht mehr im Landtag! - Dietrich Freiherr von Gumppenberg (FDP): Was sagst du da Böses?)

Frau Kollegin Will, zum Ausgleich dürfen Sie noch auf die Zwischenbemerkung von Herrn Dr. Fahn antworten.

Sie sagen, Sie tun alles. Ich sage, Sie tun nicht alles, sonst hätten wir im letzten Jahr - ich bringe es wieder - die Probleme in den Gemeinden Hausen, Greußenheim und Obernburg-Eisenbach nicht gehabt. Denn Sie haben eben nicht alles getan.

Sie haben gesagt, dass Sie den Antrag heute ablehnen. Deshalb will ich zum Zweiten wissen, ob Sie einen Zeithorizont nennen können, bis wann Sie diesem Antrag zuzustimmen gedenken.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Zum Dritten will ich wissen: Was verstehen Sie eigentlich unter einer Kleinstschule, von der Sie immer reden? Können Sie das kurz definieren?

Die Kleinstschule ist eine Schule mit 26 Schülern. Das sind Klassen, die man mit Mühe und Not zustande bringt. Es gibt auch die Möglichkeit von Kombiklassen, die pädagogisch wertvoll sind, wenn sie dort gemacht werden, wo es dazu eine sinnvolle Möglichkeit gibt. 26 Schüler sind für mich eine Kleinstschule.

Ich empfehle aber auch Kooperationen und Schulverbünde dort, wo es dafür eine Möglichkeit gibt. Herr Gehring, ich spreche natürlich auch von Grundschulen, weil es dort auch Zweckverbünde gibt, sodass zum Beispiel mit einem Rektor an drei Schulen Unter

richt gehalten werden kann. Wenn die Schülerzahlen noch weiter zurückgehen, wird, wie ich gerade gesagt habe, das rollierende System möglich gemacht. Die Kommunen haben die Möglichkeit, sich zusammenzutun und ihre Schulstruktur in Verbünden zu organisieren. Da wollen wir nicht eingreifen.

Mir liegen Zahlen darüber vor - ich könnte sie noch bringen -, wie die Zahlen bis 2015 zurückgehen. In den Regionen ist das unterschiedlich. Im Allgäu kann beispielsweise eine Zwergerlschule nicht einen Verbund mit einer anderen Schule bilden, weil ein Berg dazwischen liegt. Da muss man ganz andere Maßnahmen ergreifen als dort, wo man nur einige Kilometer fahren muss, um eine Ganztagsklasse an einer Grundschule besuchen zu können.

(Unruhe)

So weit sind wir aber noch nicht.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Deshalb werden wir den Antrag jetzt ablehnen.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Danke schön. Herr Staatssekretär Sibler wird uns jetzt die Sicht der Staatsregierung darlegen. Bitte schön.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zunächst einmal festhalten: Wir sehen einen Demografiezuschlag vor und unterstützen damit ganz offensiv gerade die von der demografischen Entwicklung betroffenen Räume. Lieber Herr Felbinger, andere Bundesländer haben so etwas nicht, im Gegenteil: Andere Bundesländer haben ganz andere Strategien, kümmern sich nicht um diesen Aspekt und lösen Standorte massiv auf.

(Unruhe)

- Hören Sie doch bitte einmal zu und legen Sie sich mit Ihrer Meinung nicht einfach fest! Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei uns gibt es einen Demografiezuschlag, der auf Schulamtsebene zugeteilt wird. In Unterfranken haben die Landkreise MainSpessart und Rhön-Grabfeld den Zuschlag bekommen, der Bereich Miltenberg nicht, weil er die objektiven Kriterien der Struktur und der Vorgaben der Richtlinien nicht erfüllt hat. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Schulrecht ist nun einmal auf rechtlich selbstständige Schulen ausgerichtet, und dazu gibt es keine Alternativen. Die Mitglieder der Staatsregierung haben den Eid geschworen, rechtli

che Vorgaben einzuhalten; da sind uns zunächst einmal die Hände gebunden.

Die Zahl der Häuser ist zunächst einmal nicht relevant. Herr Felbinger, das ist eigentlich eine Bevorzugung der anderen Strukturen und keine Privilegierung der einhäusigen Schulstrukturen; umgekehrt wird ein Schuh daraus. Herr Güll hat schon darauf hingewiesen, dass das rechtlich durchaus in Ordnung ist; das möchte ich hervorheben.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER))