Protocol of the Session on November 6, 2012

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das wäre der Weg, um vom Soja wegzukommen! Den Weg haben Sie aber verbaut!)

- Nein, den Weg haben wir nicht verbaut. Wir werden aber auch damit nicht die 800.000 Tonnen pflanzliches Eiweiß bekommen, die wir brauchen. Wir bauen ja an, und es wird auch immer mehr. Was Sie zu der Besteuerung sagen, dazu kann ich nichts sagen, denn das möchte ich mir erst einmal genauer ansehen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das sagen Ihnen die Bauern, die pleite gegangen sind!)

- Wie viele sind pleite gegangen? Das möchte ich mir erst einmal ansehen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Nicht wenige!)

Das kann ich hier am Redepult nicht sagen. Hier geht es jetzt erst einmal um den Beitritt zum Netzwerk. Das hat doch mit der Besteuerung von Biodiesel gar nichts zu tun.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Hubert Aiwan- ger (FREIE WÄHLER): Doch, sehr viel!)

Bevor ich in der Debatte fortfahre, darf ich das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Antrag der Abgeordneten Franz Schindler, Horst Arnold, Florian Ritter und anderer (SPD) auf Drucksache 16/12680 "Rehabilitierung der nach 1945 in beiden deutschen Staaten wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen Verurteilten" bekannt geben. Mit Ja haben 48 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 102 Abgeordnete. Es gab keine Stimmenthaltungen. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 2)

Wir fahren nun mit dem Kollegen der FREIEN WÄHLER, Herrn Dr. Leopold Herz, fort. Bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst zur Faktenlage: Heute geht es nicht um die rote oder die weiße Gentechnik, sondern ist geht um die grüne Gentechnik. Dieses Thema hatten wir hier im Haus schön öfter. Wir werden es aber noch oft bekommen.

Zunächst zur Vorgeschichte. Es wurde schon kurz erwähnt, 2003 haben zehn europäische Regionen das Netzwerk gentechnikfreier Regionen gegründet. 2005 kam dann die Charta von Florenz dazu. Darin wurde näher definiert, was wir eigentlich wollen, eine Art Zielvorgabe. 2009 wurde die Regierung aus CSU und FDP das erste Mal gebeten, diesem Netzwerk beizutreten. Ich glaube, es ist nicht zuviel verlangt, jetzt, nach über drei Jahren, darüber zu entscheiden. Gera

de habe ich wieder ein Nein gehört, das dritte Mal Nein. So kann man argumentieren, man kann aber auch sagen: Wenn wir ein Zeichen setzen wollen, dann müssen wir dieser Initiative beitreten.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Wenn nämlich 80 % der bayerischen Bevölkerung und mehr sagen, wir wollen und brauchen diese Gentechnik nicht, dann sollten wir diese Willensäußerung nicht nur in Sonntagsreden ernst nehmen, sondern wir sollten auch vor Ort zeigen, dass es uns wirklich ernst damit ist. Ich bin mir sicher, Staatsminister Brunner wird anschließend auf die Eiweißinitiative hinweisen, die von uns FREIEN WÄHLERN maßgeblich mitgestaltet und initiiert worden ist. Das ist ein wichtiger Punkt. Dahin müssen wir kommen. Es ist schade, dass der früher dafür zuständige Minister Söder jetzt nicht da ist. Es ist noch nicht lange her, inzwischen sind es etwa zehn Monate, da wurden in Bayern die gentechnikfreien Gemeinden und Städte ausgezeichnet.

Ich vergesse nie, dass in Augsburg 70 Gemeinden aus Schwaben - Herr Pachner, Sie waren auch dabei - als gentechnikfrei ausgezeichnet worden sind. Minister Söder verstieg sich zu der Ansicht, mit einer seltenen Einmütigkeit seien alle fünf Fraktionen im Bayerischen Landtag für den gentechnikfreien Anbau. Meine Damen und Herren, wir erleben es immer wieder. Ich wiederhole es: Bei der FDP wissen wir, woran wir sind. Die FDP ist nicht für diesen Schritt. Liebe Kollegen von der CSU, wir müssen uns entscheiden. Draußen dürfen wir nicht erzählen: Wir sind zwar dafür, aber andererseits wissen wir nicht so recht. Wir brauchen eine klare Linie.

Wir von den Oppositionsparteien sind uns einig. Wenn dieser gentechnikfreie Anbau gefordert werden soll - mehr wird nicht verlangt -, sollte es kein Problem sein, dieser Initiative beizutreten. Es geht um ein wenig Psychologie. Wir wissen alle, wie wichtig es ist, zu zeigen, dass wir diesen Weg konsequent weitergehen. Immer wieder ist zu hören, dass Arbeitsplätze abwandern und Techniken verloren gehen würden. Selbstverständlich, das ist die andere Seite. Wir sollten jedoch die Wünsche der Verbraucher ernst nehmen. Wir sollten die Regionen unterstützen. Wir FREIE WÄHLER sagen Ja zum Beitritt zum Europäischen Netzwerk gentechnikfreier Regionen.

Bitte bleiben Sie noch. Es gibt eine Zwischenbemerkung von Herrn Kollegen Steiner auf der rechten Seite.

Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, dass die rot-grüne Bundesregierung 2004 unter Land

wirtschaftsministerin Künast das erste Mal überhaupt gentechnisch veränderten Mais, nämlich 30 Tonnen MON 810, für den freien Verkehr freigegeben hat?

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das könnt Ihr jetzt ändern!)

Für die Psychologie, die Sie genannt haben, ist es schlecht, wenn GRÜNE und SPD jetzt die großen Ankläger und die großen Antragsteller sind.

(Beifall bei der CSU)

Zur Erwiderung bitte.

Lieber Herr Kollege Steiner, vielen Dank für den Beitrag, der vielleicht vieles aufklärt. Ich habe nie bestritten, dass wir uns momentan noch nicht in der gewünschten Situation befinden - leider. Darum müssen wir diese Initiativen mit der Opposition zusammen immer wieder anstoßen, damit wir in Bayern eine möglichst gentechnikfreie Anbauweise der Eiweißfuttermittel erlangen. Noch sind wir nicht so weit. Die damalige Freigabe von gentechnisch verändertem Mais zeigt, dass auch damals Nachholbedarf bestanden hat. Das widerspricht jedoch nicht der Idee, dieser Initiative für Gentechnikfreiheit beizutreten.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ich sage noch einmal: Wir hätten heute in diesem hohen Hause die Chance, ein Zeichen zu setzen. Ja, wir wollen es, und das über Bayern hinaus. Wenn wir das nicht tun, ist das fatal für die zukünftige Entwicklung.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Die nächste Rednerin ist Kollegin Anne Franke von den GRÜNEN.

Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, meine Damen und Herren! Beim Thema Gentechnik - das haben wir eben wieder gehört legen Sie, die Regierungskoalition und die Staatsregierung, genauso wie bei den Studiengebühren, beim Donauausbau und bei Griechenland ein absolut widersprüchliches Verhalten an den Tag. Sie reden mit gespaltener Zunge - hier anders als dort.

(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH- LERN)

Für den Machterhalt scheint Ihnen jedes Mittel recht. Sie wissen, dass 80 % der Bevölkerung die AgroGentechnik ablehnen. In diesem Sinne - das hat Herr Dr. Herz eben erwähnt - hat Minister Söder im

Mai 2011 eine Auszeichnung für gentechnikfreie Kommunen installiert. Ich zitiere aus der Presse aus dem Jahr 2011:

Söder sieht die heutige Auszeichnung als einen wichtigen Schritt für ein Bayern ohne Gentechnikpflanzen. Die Kommunen bekommen eine Urkunde sowie ein Emaille-Schild, mit dem die gentechnikfreie Bewegung verstärkt wahrgenommen werden soll.

Ganz deutlich: Ihnen geht es um die Wahrnehmung draußen. Draußen soll vermittelt werden, Sie seien gegen Gentechnik. Im Landtag sieht das Ganze schon wieder anders aus. Im Landtag verweigern Sie die Zustimmung zu unseren Anträgen, mit denen wir Gentechnikfreiheit fordern, insbesondere die Gentechnikfreiheit auf dem Acker.

Im März 2011 haben wir GRÜNE bereits einen Dringlichkeitsantrag eingebracht, mit dem wir wie die SPD gefordert haben, dass Bayern dem Europäischen Netzwerk gentechnikfreier Regionen beitritt. Der Antrag wurde natürlich abgelehnt. Er wurde ebenfalls in den Ausschüssen abgelehnt und wird heute wahrscheinlich erneut abgelehnt.

Warum ist es uns so wichtig, dem Netzwerk beizutreten? Wir meinen, mit dem Beitritt zum Europäischen Netzwerk gentechnikfreier Regionen hätte Bayern endlich eine starke Stimme in Brüssel. Das wollen Sie jedoch offenbar ausdrücklich nicht. In Brüssel, dort, wo es keiner sieht und hört, enthält sich Deutschland der Stimme in den Ausschusssitzungen, wenn es um die Zulassung von Gentechniklebensmitteln, Gentechnikfuttermitteln sowie neuer GVO-Pflanzen geht.

Erlauben Sie eine Zwischenfrage?

- Das machen wir am Schluss.

So ist es gerade wieder bei der Zulassung des GVOMais MIR 162 passiert. Jetzt stehen 35 GVO-Zulassungen in Brüssel an. Sie sind sozusagen in der Pipeline. Dort, in Brüssel, können Sie zeigen, dass Sie gegen Agro-Gentechnik sind. Äußern Sie sich dort mit Ministerin Aigner klar gegen Gentechnik. Treten Sie dem Europäischen Netzwerk gentechnikfreier Regionen bei, damit wir zusammen mit den gleichgesinnten Regionen endlich eine starke Stimme in Brüssel bekommen.

Über 50 gentechnikfreie Regionen gibt es inzwischen in Europa. In Deutschland sind es die Bundesländer Thüringen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und seit Kurzem Baden-Württemberg. Daneben exis

tieren - das haben wir gehört - eine ganze Reihe kleinerer gentechnikfreier Regionen: 210 in Deutschland und 58 in Bayern. Rund 19.000 Landwirte bestellen in Bayern eine Fläche von ungefähr 550.000 Hektar GVO-frei. Für die Gründung von Bündnissen für eine gentechnikfreie Region schließen sich in vielen Regionen Bayerns bereits verschiedene Verbände, Firmen, Personen, Vereine sowie Verbraucher, Direktvermarkter Umweltschützer, Hersteller und Händler von Lebensmitteln auf eigene Initiative zusammen. Aber Sie lehnen den Antrag natürlich wieder ab.

Im Moment gibt es hochaktuell einen erneuten Angriff auf die Gentechnikfreiheit. Die EU-Kommission will das Honig-Urteil der Europa-Richter aushebeln. Die EU-Kommission möchte nun in der neuen HonigRichtlinie festschreiben, dass Pollen keine Zutat, sondern ein natürlicher Bestandteil des Honigs sind. Meine Damen und Herren, das ist ein neuer Trick, um Gentechnik im Honig nicht ausweisen zu müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es darf und kann nicht sein, dass Verbraucher und Imker Gentechnik im Honig dulden müssen. Vorletzte Woche haben wir einen Antrag eingereicht, mit dem wir die Staatsregierung aufgefordert haben, sich auf allen Ebenen aktiv dafür einzusetzen, dass die EUHonig-Richtlinie unangetastet bleibt, um eine Verunreinigung des Honigs mit gentechnisch veränderten Pollen zu verhindern.

Angesichts der immer wiederkehrenden Eingriffe in die Gentechnikfreiheit muss Bayern, wenn Sie es halbwegs ernst meinen, dem Europäischen Netzwerk gentechnikfreier Regionen beitreten, um in Brüssel eine starke Stimme gegen die großen Gentechniklobbyisten zu haben und um Imker und Verbraucherinnen und Verbraucher vor unerwünschter Gentechnik in den Lebensmitteln und auf dem Acker zu schützen.

Herr Pachner, obwohl wir 700.000 Tonnen Futtermittel importieren, können wir durchaus dem Netzwerk beitreten. Das ist kein Widerspruch, wenn wir die Gentechnikfreiheit langfristig erreichen wollen. Das würden wir damit zeigen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Pachner hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet, zu der ich ihm jetzt das Wort erteile.

Herr Präsident, Frau Kollegin Franke! Ich wollte nur eine Frage stellen. Ist Ihnen der Sprachgebrauch bekannt? Sie haben von den Urkunden und den Emaille-Schildern gesprochen, die der Umweltminister an die Gemeinden verteilt hat.

Kennen Sie eigentlich den korrekten Sprachgebrauch der Begriffe "gentechnikanbaufrei" und "gentechnikfrei"? Wenn Sie diesen Sprachgebrauch kennen, werden Sie feststellen, dass es scheinheilig wäre, wenn wir jetzt dem Netzwerk beitreten würden; denn wir sind nicht gentechnikfrei, weil von den 800.000 Tonnen Sojaschrot, die wir verfüttern, immer noch 700.000 Tonnen gentechnisch verändert sind.