- Nein, es wird nicht zermalmt. Das Problem ist: Die schwarzen Räder befinden sich am Rand; bei ihnen kann man sich noch vorstellen, dass es einen Antrieb gibt; beim gelben Rad ist kein Antrieb.
Das gelbe Rädchen befindet sich zwischen zwei schwarzen Rädchen der CSU, wird vielleicht zermalmt, hat keinen eigenen Antrieb, nichts. Außerdem sieht man einen Studenten ganz in Schwarz, der einen gelben Hut aufhat. Das suggeriert ja: Das Gehirn ist schwarz, und darauf sitzt nur ein gelbes Hütchen. Das kann es doch nicht sein. Sie können doch nicht nur das Hütchen sein!
(Heiterkeit und Beifall bei den FREIEN WÄH- LERN und der SPD - Julika Sandt (FDP): Ihre Phantasie ist schwarz!)
Ich bitte also um ein Konzept. Was im neuen LEP zur kulturellen Infrastruktur steht, ist sehr dünn. Eigentlich ist es nur ein einziger Satz. Und wenn ein Konzept erarbeitet wird, dann bitte gemeinsam mit den Künstlern und bitte nicht von der Politik allein. Das gilt für uns alle und nicht nur für die Verwaltung. Bitte mit den Künstlern sprechen!
Die fünfte Forderung ist uns als FREIEN WÄHLERN besonders wichtig. Bayern ist ein Flächenstaat. Das heißt, Kunst muss selbstverständlich in Stadt und Land stattfinden. Insoweit gibt es so viele Möglichkeiten und auch viele tolle Beispiele gerade auch vom Land. Aus den Zahlen, die das Ministerium liefert, ergibt sich, wenn ich es richtig sehe, dass es 27.000 Künstlerinnen und Künstler in Bayern gibt, davon 17.000 in Oberbayern und 817 in Niederbayern. Allein in unserer Fraktion sind mindestens drei Künstler aus Niederbayern Mitglied. Ein Landstrich wie Niederbayern ist doch reich an Künstlern. Das können doch nicht nur 817 sein. Für andere Regionen gilt Ähnliches. Selbstverständlich ziehen die Städte viele Künstler an. Aber wir müssen auch die regionale Vielfalt stärken, regionale Kulturförderprogramme auflegen. Die Politik muss auf die einzelnen Regionen zugeschnitten sein. Wir müssen Bayern als Ganzes sehen.
Bei der sechsten und letzten Forderung, die auch ganz wichtig ist, geht es um Tradition und Moderne. In einem Land wie Bayern, das so reich mit Kulturgütern aus den letzten Jahrhunderten gesegnet ist, besteht die Gefahr, dass man eher diese fördert. Man möchte die Hochkultur erhalten und fördern. Dabei gerät manchmal vielleicht die Moderne aus dem Blick. Herr Staatsminister, Sie werden mir jetzt entgegenhalten, dass wir in den Museen viel gemacht haben und dass Sie selbst - das weiß ich - an moderner Kunst sehr interessiert sind. Meine Bitte lautet aber noch einmal: Förderung der Avantgarde, Förderung auch derer, die als Künstler vielleicht in einer Nische leben, nicht nur auf die Hochkultur schauen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in Artikel 3 unserer Verfassung steht: Bayern ist ein Kulturstaat. Ich will das nicht bezweifeln. Bayern ist selbstverständlich ein Kulturstaat. Nur, die Definition, was das bedeutet, die Konzepte, die das ausmachen, sind durchaus ausbaufähig. Deshalb noch einmal mein Appell zum Schluss: Lassen Sie uns gemeinsam darüber nachdenken, wie die Kultur in Bayern gefördert werden kann, was die Grundsätze sind, was die zugrunde liegenden Ideen sind, welche Instrumente man einsetzen kann. Dafür ist die Interpellation ein erster Ansatz, bewusst auf die Zahlen gerichtet. Aber mit Zahlen lässt sich kein ganzes Bild erfassen. Diese Interpellation sollte zum Anlass genommen werden, noch einmal grundsätzlich über kulturelle Ideen, Konzepte und Instrumente nachzudenken. Das sollten wir gemeinsam tun. In Artikel 3 unserer Verfassung steht, dass Bayern ein Kulturstaat ist. Das sollte es bleiben, und dafür sollten wir auch gemeinsam Ideen entwickeln.
Vielen Dank, Herr Professor Piazolo. Herr Kollege Dr. Bertermann möchte eine Zwischenbemerkung machen.
(Vom Redner nicht auto- risiert) Lieber Herr Professor, ich werde nicht weiter zu dem Wahlplakat Stellung nehmen, nur insofern, als ich bemerke, dass es Ihnen aufgefallen ist. Das spricht ja schon für das Plakat selber.
Mir geht es aber darum, dass Sie nach Ihren sehr erhellenden und mich beeindruckenden Ausführungen über die Kunst vielleicht auch zu Ihrem Satz Stellung nehmen, dass die jungen Leute lieber nicht in zweifelhafte Fernsehsendungen gehen, sondern lieber in Museen gehen sollten. Nennen Sie doch einmal ein paar zweifelhafte Fernsehsendungen, in die die Jugendlichen gehen.
Mein Ansatz war doch nur, dass man es nicht dem Fernsehen und Talentshows überlassen sollte, Künstler zu fördern. Ich habe ja gar nichts dagegen. Es ist eigentlich ganz gut, wenn dort die Möglichkeit besteht, sich und seine Talente vor Publikum zu zeigen.
- Ja, auch um bekannt zu werden. Aber - Herr Kollege Thalhammer ist ja näher an dem Geschehen - schauen Sie sich einmal die Verträge an, die da geschlossen werden. Darunter sind zum Teil auch viele Knebelverträge. Es ist nicht nur gut.
- Nein. Der Staat soll nicht eingreifen und Fernsehsendungen verhindern. Überhaupt nicht. Insofern wäre ich völlig missverstanden worden. Vielmehr geht es darum, daneben zu fördern, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie man vielleicht auch finanzielle Unterstützung erhält, aufzuzeigen, wo man gefördert wird, was man studieren kann, was die späteren Berufspläne sein könnten. Insoweit gibt es so viele Möglichkeiten. Deshalb plädiere ich auch für eine stärkere Einzelberatung, sodass ein Siebzehn- oder Achtzehnjähriger
weiß, wohin er gehen kann, und dass man ihm aufzeigt, welches seine Möglichkeiten sind. Die Studierendenberatung soll ausgeweitet werden, damit eben nicht nur die Privaten oder das Fernsehen dafür zuständig sind. Ich verurteile das überhaupt nicht, aber die zweite Säule wäre mir mindestens genauso wichtig, eigentlich wichtiger.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Künstler ist ein Beruf, aber meistens mehr als das. Es ist eine Berufung. Die Entscheidung, mit Kunst seinen Lebensunterhalt zu verdienen, ist eine freie Entscheidung, aber erst mal eine Entscheidung.
Die Interpellation zur Lage der Künstlerinnen und Künstler in Bayern gibt einen sehr umfassenden Überblick über die Gesamtsituation im Freistaat. Ich bin sehr dankbar, dass das Ministerium die Antwort so gründlich und umfangreich gegeben hat. Das zeigt, dass hier mit Kunst und Kultur sehr sorgsam umgegangen wird und dieses Thema dem Minister und seinem Haus am Herzen liegt. Ich kann mich bei den engagierten und kompetenten Mitarbeitern hierfür nur bedanken.
Herr Dr. Dürr, werfen Sie bitte nicht dem Haus Desinteresse vor. Desinteresse werfe ich den GRÜNEN vor, die nämlich dort, wo die Statistiken an ihr Ende kommen, weil die Situation der Künstler sehr komplex ist, versuchen, alles über einen Kamm zu scheren, und eine einfache Einordnung der Künstler fordern. Die künstlerischen Berufe sind zu heterogen und differenziert - sie sprechen selber von Patchwork-Existenzen -, um hier einfach nur zu sagen, Künstler würden gezwungen, anderen Jobs nachzugehen. Da machen Sie es sich zu einfach. Sicherlich gibt es Künstler, die es für sich so sehen. Aber ich kenne viele Künstler, die es als eine Chance und Bereicherung begreifen, beruflich breit aufgestellt zu sein und über andere Tätigkeiten Kundenkreise und neue Käufer zu erschließen. Das kann durchaus eine Berufsstrategie sein. Auch wenn es nicht in die enge ideologische Welt der GRÜNEN passt: Es handelt sich nicht nur um die sozialen Bereiche, in denen Künstler auch aktiv und kreativ sein können, zum Beispiel, indem sie mit älteren Menschen arbeiten, ihnen vorlesen, Menschen beraten, unterrichten etc. Auch in der Wirtschaft sind Künstler tätig; denn es ist eine große Bereicherung, wenn dort kreative Menschen mitarbeiten.
Viele Künstler und Kreative stehen einer solchen Entwicklung positiv gegenüber. Die Ausbildungen sind
sehr verschieden. Es gibt Autodidakten, Künstler mit einer sehr professionellen Ausbildung, hauptberufliche Künstler und Künstler, die ihrer Aufgabe als Nebentätigkeit nachgehen, also in Angestelltenverhältnissen, und sehr viele freie und selbstständige Künstler.
Die Aufgabe der Kulturpolitik muss es aber nicht sein, diese Heterogenität und Diversität abschließend zu definieren, festzulegen und in ein Raster zu packen. Aufgabe einer verantwortungsvollen Kulturpolitik ist es vielmehr, Garant einer verfassungsrechtlich verankerten Kunstfreiheit zu sein und für die richtigen Rahmenbedingungen zu sorgen. Das wird in Bayern in vorbildlicher Weise getan. Bayern ist ein Kulturstaat. Die Staatsregierung wird dem also gerecht.
Künstler bereichern Bayern. Ihre Werke schärfen die Wahrnehmung. Sie geben kreative Impulse und regen zum Diskurs an, der oftmals viel geistreicher ist als die eben gehörte Äußerung eines Kollegen über ein Wahlplakat. Die Tätigkeit der Künstler, also Kunst und Kultur tragen maßgeblich zur Standortqualität in Bayern bei. Künstler brauchen ein anregendes, kreatives Umfeld und den Austausch untereinander, aber auch den Austausch mit einem aufgeschlossenen Publikum. Natürlich gehört die kulturelle Bildung dazu. Es geht auch darum, das Publikum von morgen für die Kunst und Kultur zu begeistern und zu interessieren. Auf diesem Gebiet wird bereits sehr viel getan.
Vor allem die ausgebauten Ganztagsschulen bieten dafür hervorragende Chancen. Dazu gibt es viele Beispiele: Künstler gehen in Schulen. An den Schulen gibt es Orchester. Alan Brooks, den ich gesehen habe, war an einer Schule für Gehörlose und hat dort mit Gehörlosen getanzt. Darüber gibt es einen Film. Es ist wirklich toll, an die Schulen zu gehen und zu sehen, welch unterschiedliche Dinge dort passieren. Natürlich müssen wir neben dem institutionalisierten Kunst- und Musikunterricht gerade den Schulen, in denen es um Kreativität geht, Freiräume lassen; denn wir können nicht alles institutionalisieren und der Schule einen Künstler, den sie vielleicht gar nicht haben will, aufs Auge drücken. Wir müssen die Weichen stellen und die Vernetzung dafür schaffen, damit die Künstler in die Schulen kommen und die Schulen sehr gute Bedingungen haben, um mit den Künstlern zu arbeiten. Aber das sollten die Schulen bitte schön in Eigenverantwortung tun - nicht durch irgendwelche Vorschriften.
Natürlich ist und bleibt es nicht einfach, mit Kunst Geld zu verdienen. Das nehmen wir ernst. Deswegen müssen wir in der Ausbildung und gegebenenfalls berufsbegleitend entsprechende Beratungen anbieten. Aber auch ein Staat mit Affinität zu Kunst und Kultur
kann keine völlige Absicherung des Künstlertums gewährleisten. Ich bin froh, dass das jetzt überall angeklungen ist. Das würde dem Anspruch einer freien und vom Staat unabhängigen Kunst zuwiderlaufen; denn welcher Künstler möchte sich vom Staat abhängig machen?
Übrigens ist darüber hinaus ein BWL- oder Jurastudium in der heutigen Zeit auch kein Garant mehr für eine reibungslose Karriere.
Mit diesem Wissen muss man seine Laufbahn beginnen. Hier muss eine verantwortungsvolle Betreuung und Beratung ansetzen.
Herr Piazolo, auch in der Ausbildung werden die Studierenden auf eine nicht einfache Berufsbiografie vorbereitet. Die Betreuung der Studierenden ist sehr stark individualisiert, zum Beispiel durch Einzelunterricht an den Hochschulen für Musik.
- Es gibt natürlich auch Berufs- und Studienberatungen, wenn Sie das meinen. An den Hochschulen wird den Studierenden das Handwerkszeug an die Hand gegeben, um sie für die Lebensrealität nach der Hochschule zu rüsten, zum Beispiel im Bereich Musik durch Vorspielen, Auftrittstraining, Praktika in Orchestern und Auftritte auf dem freien Markt. Die Hochschule für Fernsehen und Film in München, die HFF, führt jährlich Screenings durch, bei denen Filme von Studenten vor Branchenvertretern gezeigt werden. Erfolgreiche Produzenten wie Roland Emmerich erteilen Unterricht. Filme der Studierenden werden von verschiedenen Sendern ausgewertet. Der Kontakt zur Fachwelt wird hergestellt. Die Universitäten sind natürlich in Eigenverantwortung tätig, machen hier aber sehr viel. Genauso ist es bei der Akademie der Bildenden Künste. Weitere Themen betreffen Fragen, zum Beispiel zur Versicherung, zum Transport und dazu, wie man Ausstellungen an Schulen macht. Auch der Umgang mit den Besuchern und der Presse wird thematisiert. Ferner gibt es verschiedene Jahresveranstaltungen und Präsentationen. Übrigens leistet auch die FDP mit ihren regelmäßigen Ausstellungen auf dem Fraktionsflur einen Beitrag. Im Moment hängen dort noch die Bilder der Klasse von Professor Ottmar Hörl aus Nürnberg. Ich empfehle allen, dort einmal vorbeizugehen. Was die GRÜNEN dazu machen, ist mir nicht bekannt.
Natürlich werden an unseren Hochschulen die Fähigkeiten der Selbstorganisation und Selbstvermarktung,
des Managements und der Karriereentwicklung gelehrt. Aber auch interdisziplinäre Arbeitsweisen werden gelehrt, zum Beispiel Musikvermittlung und Pädagogik an den Hochschulen für Musik. Auch ein interdisziplinärer Austausch zwischen Meisterklassen an der Akademie der Bildenden Künste und eine verpflichtende Technikausbildung an der HFF finden statt.
- Frau Zacharias, hier hat einer am Thema vorbei nur über die Schauspieler, die beim Bayerischen Rundfunk oder bei Produktionsfirmen beschäftigt sind, gesprochen. Das ist natürlich ein ernst zu nehmendes Thema, aber kein Thema, das den Herrn Minister betrifft, sondern in erster Linie die Rundfunkräte; denn es gilt der Grundsatz der Staatsferne des Rundfunks. Ich begrüße es sehr, dass das heute auch Ihre Fraktion aufs Tapet gebracht hat.
Nur: Ich finde es sehr interessant, wie Sie mit Ihrem Beitrag ihre eigene Fraktion konterkariert haben. Wir halten die Staatsferne des Rundfunks sehr hoch.
Ich komme zurück zum Thema, wie wir den Künstlern in der Ausbildung die Weichen dafür stellen, dass sie für den Markt gerüstet sind und auf eigenen Beinen stehen. Genau das ist das Thema, nämlich Weiterbildungsangebote zu machen, etwa durch das E-Learning-Programm an der Hochschule für Fernsehen und Film oder das Institut für Kulturmanagement an der Hochschule für Musik und Theater in München zum Thema Marketing, Vertrieb, Kulturfinanzierung, Musikmarkt, Rechtsgrundlagen, Fundraising und Sponsoring. Diese Möglichkeiten runden die Ausbildungshilfen ab. Genau das sind die Punkte, die die Künstler fit machen, um in Zukunft nicht in prekären Verhältnissen leben zu müssen. Schließlich gibt es noch ein sehr vielfältiges Angebot an Aufstiegsfortbildungen und Zusatzqualifikationen.
Dies gilt auch für Existenzgründungen. Dabei stehen jede Menge Förderprogramme zur Verfügung, zum Beispiel das Mittelstandskreditprogramm für Investivund Staatskredite der LfA, das bayerische Messebeteiligungsprogramm, Existenzgründercoaching, Innovationsgutscheine und die Film- und Fernsehförderung in Bayern. Es wird jede Menge getan, gerade für junge Existenzgründer.