Protocol of the Session on October 17, 2012

vertrag wurden für den Bereich der Justiz 400 Stellen festgelegt. Nun werden den bereits geschaffenen 234 Stellen 226 neue hinzugefügt. Jeder, der rechnen kann, merkt, dass das, gemessen am Koalitionsvertrag, ein Plus ist.

Wir schaffen zusätzliche Stellen für die Sicherungsverwahrung. Zusätzlich sind die Stellen zu nennen, die für die Sicherheit in Gerichtsgebäuden geschaffen wurden.

Wir wollen, dass Gerichte für alle Verfahrensbeteiligten, vom Zeugen über den Antragsteller bis zu jedem Bediensteten in der Verwaltung, Richter, Staatsanwälte oder Rechtspfleger, ein sicheres Umfeld sind, in dem man keine Angst zu haben braucht.

Wir sind uns zwar bewusst, dass es die absolute Sicherheit nie geben wird. Aber mit den jetzigen Maßnahmen können wir zumindest davon ausgehen, dass wir das, was wir zur Sicherheit beitragen können, beitragen werden.

Im nächsten Doppelhaushalt werden wir 166 Stellen für den Bereich Richter und Staatsanwälte schaffen. Wir tun dies, um die Situation, die uns bezüglich der Verfahren in Bayern wesentlich von den anderen Bundesländern unterscheidet, weiter zu verbessern. Wir wollen den Justizvollzug weiter stärken, indem wir 60 neue Stellen schaffen. Im betriebsmedizinischen Arbeitsbereich kommen weitere Stellen hinzu.

Dann gibt es den Ernennungsstau bei Gerichtsvollziehern und den Beförderungsstau bei Rechtspflegern, dem durch gezielte Stellenhebungen entgegengetreten wird.

Die Wiederbesetzungssperre wurde auf drei Monate verkürzt. Darüber hinaus wollen wir die Leistungsbezüge wieder einführen. Wir nehmen die engagierten Mitarbeiter in der Justiz ernst und versuchen, deren Arbeitsbelastung gerecht zu verteilen.

Die Bewährungshilfe ist für uns nicht weniger wichtig als alle anderen Bereiche. Wir wollen, dass dafür im nächsten Doppelhaushalt 38 neue Planstellen gestellt werden. Auch durch weitere Stellenhebungen soll die Belastungssituation verbessert werden. Nur gemeinsam mit einer starken Bewährungshilfe und einem funktionierenden Übergangsmanagement für Strafgefangene wird aus unserer Sicht ein wichtiger Beitrag dazu geleistet, die Sicherheit des einzelnen Bürgers zu gewährleisten. Je weniger Straffällige sich für den Weg der Straftat entscheiden und je mehr Menschen auf dem rechtmäßigen Weg bleiben, umso sicherer ist das Leben für den einzelnen Bürger.

Ich sage auch klar, und ich freue mich, dass die Ministerin das angesprochen hat: Für uns ist von besonderer Bedeutung, dass sich jeder und wirklich jeder, der hier in Bayern lebt, darauf verlassen kann, dass ihm ein unabhängiges rechtsstaatliches Verfahren zur Verfügung steht. Das bedeutet: Für uns gibt es keinen Raum für eine Paralleljustiz. Für uns gibt es keinen Raum für Friedensrichter, welchen Hintergrunds auch immer. Wir wollen, dass die Gleichheit vor dem Gesetz für jeden Einzelnen gilt. Das bedeutet, für uns wird es keinen islamischen Friedensrichter geben. Es wird nichts geben, was einem unabhängigen rechtsstaatlichen Verfahren, das von der Verfassung garantiert wird, in irgendeiner Weise zuwiderläuft. Das heißt natürlich auch, dass die Aufklärung und die Information über die Inhalte unseres Systems wohl noch intensiviert werden müssen. Inzwischen gibt es viele Projekte für die Verbraucheraufklärung. Wir sollten darüber nachdenken, Projekte, die über das Rechtssystem aufklären, weiter voranzubringen und versuchen, ausländische Vereine als Partner zu gewinnen.

Lassen Sie mich noch einmal auf den Verbraucherschutz zu sprechen kommen. Es zeigt sich, wie wichtig es war, die Querschnittsaufgabe beim Justizministerium anzusiedeln. Die Button-Lösung wäre ohne die Initiative und den Einsatz Bayerns in dieser Form nicht auf den Weg gebracht worden. Wir wollten mehr. Wir wollten beispielsweise einen einheitlichen Button. Die Evaluation wird zeigen, ob der bayerische Weg nicht noch besser gewesen wäre. Uns ist wichtig, dass diejenigen, die aus unlauterem Geschäftsverhalten Vorteile ziehen, wesentlich gestört werden. Dazu gehört der verstärkte Einsatz gegen Telefonwerbung. Wir wollen nach wie vor eine sogenannte Bestätigungslösung. Verträge, die via Telefon geschlossen werden, sollen nur dann wirksam sein, wenn sie danach in schriftlicher Form beispielsweise via Internet bestätigt werden. Die Ministerin hat dafür gekämpft. Der Bundesrat hat voll und ganz zugestimmt. Der Bundestag befindet sich leider immer noch in der Diskussionsphase, was ich sehr bedauere. Das wäre ein weiterer wichtiger Schritt - in diesem Fall gebe ich Herrn Kollegen Schindler recht - nicht nur für Bayern, sondern für unsere ganze Republik. Die Initiative kam aus Bayern. Das ist auch nicht schlecht.

Ich verstehe nicht, warum man meint, Güteverfahren geringschätzig behandeln zu müssen. Jeder Jurist weiß, dass Vergleiche dem Rechtsfrieden mehr dienen als ein Urteil. Der Vergleich soll nicht erst im gerichtlichen Verfahren mit all den Folgen wie Gerichtskosten etc. auf den Weg gebracht werden, sondern eine Stufe früher im Rahmen eines Schlichtungsverfahrens, eines Güteverfahrens erfolgen. Aus unserer Sicht ist es nichts Schlechtes, nichts Verwerfliches und nichts Minderwertiges, sondern ein positiver Aus

druck für Rechtssicherheit, wenn die Güteverhandlung gelingt. Außerdem bietet sie den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, eine schnelle und vor allem kostengünstige Entscheidung auf den Weg zu bringen. Das halten wir für den richtigen Weg. Es hat sich gezeigt, dass durch Schlichtung und Ähnliches der Rechtsfrieden in Bayern nicht vermindert wird, sondern auf jeden Fall gleichgeblieben ist oder erheblich erhöht werden konnte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind der festen Überzeugung, dass wir mit der Justiz und dem Verbraucherschutz in Bayern gut dastehen. Selbstverständlich wissen wir, dass es nichts gibt, was man nicht noch besser machen kann. Deshalb wollen wir im Rahmen des nächsten Doppelhaushalts weitere Stellen schaffen. Selbstverständlich wollen wir auch Mittel für den Bau einsetzen. Dort gibt es einiges zu optimieren. Rundherum muss ich sagen: Wir sind der festen Überzeugung, dass die bayerische Justiz gut dasteht. Herzlichen Dank an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus diesem Bereich! Ohne Sie wäre Bayern nicht so stark, sondern wesentlich ärmer.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Für die FREIEN WÄHLER darf ich nun das Wort an Herrn Kollegen Streibl weiterreichen. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Zuerst möchte ich an dieser Stelle denjenigen meinen Respekt und meine Hochachtung aussprechen, die unsere bayerische Rechtspflege so erfolgreich tragen: Allen Richtern, Staatsanwälten, Rechtsanwälten, Rechtspflegern, Justizwachtmeistern, Justizvollzugsbediensteten, Bewährungshelfern, Gerichtsvollziehern und Servicekräften. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön - Vergelts Gott und der Staat hoffentlich auch.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Sie sind diejenigen, die durch ihren unermüdlichen Einsatz dazu beitragen, dass der Justizstandort Bayern weltweit anerkannt, respektiert und bewundert wird. Sie sind die Träger des integren Rufes unserer Justiz. Ihnen allen ein herzliches Dankeschön.

Zuerst ein Wort an Sie, Herr Ministerpräsident Seehofer. Bei der Eröffnung des Zentralen Landwirtschaftsfestes und bei anderen Gelegenheiten haben Sie in Ihren Reden immer wiederholt, dass man sich in Bayern nicht nur wie im Paradies fühle, sondern dass man auch im Paradies sei. So leid es mir tut, Herr Ministerpräsident, ich muss Sie enttäuschen. Wir sind in Bayern leider nicht im Paradies, auch wenn es sehr

schön ist. Zukünftig sollten Sie bei solchen Äußerungen etwas vorsichtiger sein; denn Ihnen könnte unterstellt werden, Sie hätten den Bezug zu Bayern und zur Realität verloren. Bayern lässt sich leider nicht aus dem Jenseits regieren - vielleicht auch Gott sei Dank.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wenn Bayern das Paradies wäre, bräuchten wir die heutige Regierungserklärung nicht. Meiner Meinung nach gibt es im Jenseits keinen Bedarf für Verbraucherschutz oder Justiz. - Das hoffe ich zumindest. Es ist ein Thema des Diesseits, des Heute und des Jetzt.

Frau Staatsministerin Dr. Merk, es ist längst überfällig, dass Sie nach all den Jahren nun endlich eine Regierungserklärung abgeben.

(Zuruf des Ministerpräsidenten Horst Seehofer)

- Gott sei Dank ist das nicht in Ihrer Gewalt.

Frau Ministerin, Sie haben sich mit dem Motto "Starke Justiz, starke Verbraucher, starkes Bayern" ein schönes Thema ausgesucht. Hinter dieses Thema würde ich mehrere Fragezeichen setzen.

Meine Damen und Herren, das klassische Axiom "Ius est ad alios" bedeutet "das Recht ist das Beziehungsverhältnis zu den anderen". Es steht für die Ordnung der interpersonalen gesellschaftlichen Beziehungen. Das heißt, das Recht und damit auch die Justiz haben eine gemeinschaftsordnende Funktion. Das Recht ist letztlich die Bauordnung und das tragende Gerüst unserer Gesellschaft. Insofern kommt dem Recht im Zuge der Weiterentwicklung der Gesellschaft eine bedeutende Rolle zu. Das Recht hat somit auch immer jung und lebensfrisch zu sein. Unsere bayerische Justiz muss den Rechtsfrieden herstellen und die Gesellschaft ordnen. Dazu gehört auch, dass der Rechtsuchende in einer angemessenen Zeit durch unabhängige und ungebundene Richter zu seinem Recht kommt.

Frau Ministerin, zum Teil stimme ich mit Ihnen überein. Die bayerische Justiz hat einen guten Ruf, weil diejenigen, die für die dritte staatliche Gewalt arbeiten, hochqualifiziert und hervorragend sind. Leider haben wir jedoch keine starke Justiz, weil wir keine starke Justizausstattung haben. Die Personaldecke wird kleingehalten. Es gibt immer noch, auch nach dem nächsten Doppelhaushalt, zu wenige Richter und Staatsanwälte. Es gibt zu wenige Justizangestellte, Justizwachtmeister und Rechtspfleger. Obwohl Sie im aktuellen Doppelhaushalt nachbessern wollen, reicht es nicht. Deshalb werden wir als die Landtagsfraktion der FREIEN WÄHLER weiter Änderungsanträge ein

bringen. Letztlich geht es nicht nur um Zahlen, sondern um die konkrete Anwendung des Rechts und die Menschen.

Durch die hohe Arbeitsbelastung in der Justiz und den dadurch immer stärker werdenden Druck - vorher war von 140 % die Rede - kann es leicht zu Unaufmerksamkeiten und Arbeitsüberlastung kommen. Gerade im Amtsgericht Augsburg hat es gravierende Vorfälle gegeben, die Gott sei Dank auch auf unser Betreiben hin abgestellt worden sind. Man kann nach meiner Meinung einen Richter nicht danach beurteilen, wie schnell er Verfahren behandelt und wie viele er abschließt. Die Qualität zeigt sich an der Qualität des Urteils, das heißt daran, ob es den Rechtsfrieden und die Rechtssicherheit herstellt. Die Qualität und die Leistung der Justiz können nicht nur durch Umsetzung ökonomischer Regeln verbessert werden. Sie können lediglich durch mehr hoch qualifiziertes Personal gesteigert werden.

Auch bei der Zivilgerichtsbarkeit muss einiges getan werden. Vor allem die Zivilgerichtsbarkeit erfüllt geradezu eine Aufgabe für die Gesellschaft. Daher ist es wichtig, Verfahren zeitnah und schnell abzuschließen. Es kann nicht sein, dass zum Beispiel ein kleiner Handwerksbetrieb bei einem Schuldspruch eine Forderung erst über Jahre titulieren muss, um sie dann umständlich zu vollstrecken. Dies kann an die Existenz von Betrieben gehen. Je besser die Justiz in der Zivilgerichtsbarkeit aufgestellt ist, desto mehr trägt sie zum Rechtsfrieden in der Gesellschaft bei, desto mehr trägt sie zur Stärkung des Rechtsstandortes und damit zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes und Lebensraums Bayern bei.

In Bezug auf die Sicherheit in den Justizgebäuden ist nunmehr der richtige Weg eingeschlagen. Hier wurden in den letzten Monaten beachtliche Verbesserungen erreicht. Ich bedauere aber, dass es erst des tragischen Vorfalls in Dachau bedurfte, um die Zeichen der Zeit zu erkennen. Die gesamten technischen und personellen Verbesserungen hätte man schon nach den tödlichen Vorfällen am Landgericht Landshut im April 2009 ergreifen können und müssen. Ich verhehle auch nicht, dass der Einsatz privater Sicherheitskräfte keine dauerhafte Lösung sein kann. Es kann nicht sein, dass wir auf lange Sicht auf private Sicherheitskräfte setzen. Diese Arbeit müssen letztlich unsere hervorragend ausgebildeten Justizwachtmeister wahrnehmen. Ich bin auch der Ansicht, dass personelle und technische Aufrüstung allein nicht reichen, um die Sicherheit in der Justiz zu gewährleisten. Es ist zwar sinnvoll, dass Sicherheitsschleusen errichtet werden und mehr Personal zur Gewährleistung der Sicherheit eingesetzt wird. Wir müssen aber auch die Ursachen von Gewalt bekämpfen und wir müssen die Gründe

und die Wurzeln der gesteigerten Aggression in unserer Gesellschaft erforschen, um gesellschaftspolitisch entgegensteuern zu können. Die Aggression derer, die Recht suchen, steigert sich in dem Maße, wie sie sich von der Justiz unverstanden fühlen, womit ich wiederum beim Personalmangel in der Justiz bin.

Die Landtagsfraktion der FREIEN WÄHLER hat zum Thema Justiz und Sicherheit mehrere Initiativen eingebracht. Wir haben unter anderem vorgeschlagen, dass in der Juristenausbildung bereits Rechtsreferendare im Rahmen der Anwaltstation im Umgang mit auffälligen und aggressiven Mandanten geschult werden und dass ihnen aufgezeigt wird, welche rechtlichen Möglichkeiten sie zum Schutz aller Beteiligten vor einer anstehenden Gerichtsverhandlung ergreifen können. Leider wurde dieser Antrag abgelehnt, obwohl er ein weiterer Beitrag zur Sicherheit in der Justiz gewesen wäre und er innerhalb der Anwaltschaft große Zustimmung gefunden hatte.

Frau Ministerin, für mich ist Prävention letztlich wichtiger als Repression. So viel zu dem von Ihnen gefeierten bayerischen Erfolg auf Bundesebene zur Verschärfung des Jugendstrafrechtes.

In bayerischen Justizvollzugsanstalten hat die tatsächliche Belegung in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Gerade bei der Jugendkriminalität, aber auch im allgemeinen Strafvollzug sind intensive Präventionsarbeit und ein starkes Übergangsmanagement unentbehrlich, um weitere Straftaten zu verhindern. Das System des Strafvollzugs muss kontinuierlich auf seine Tauglichkeit hin überprüft und angepasst werden. Deswegen haben wir in verschiedenen Initiativen die Einführung von Modellprojekten gefordert, wie zum Beispiel den Vollzug der Jugendstrafe in freier Form oder zur Erprobung des Hausarrestes unter elektronischer Aufsicht. Wir sind der Ansicht, dass diese Projekte einen wertvollen Beitrag dazu hätten leisten können, unseren Vollzug zu reformieren. Sie waren leider anderer Meinung. Es geht nicht nur um das Recht, sondern um Gerechtigkeit. Gerade hier sind es die unabhängigen Richter, die diesen Anspruch zu erfüllen haben. Allerdings kann ein noch so unabhängiger Strafrichter nur die Verfahren behandeln, die von der Staatsanwaltschaft zu Anklage gebracht werden.

Damit kommen wir zu einem weiteren wichtigen Thema, nämlich der Weisungsgebundenheit der Staatsanwaltschaft. Die Landesjustizminister können über das externe Weisungsrecht generelle Weisungen zu bestimmten Fallgruppen, aber auch zu speziellen Einzelfällen erteilen. Damit kann ein Justizminister als Mitglied der Exekutive Einfluss auf jeden bei der Staatsanwaltschaft anhängigen Fall nehmen. Bitte

verstehen Sie mich nicht falsch. Ich übe keinerlei Kritik an unseren Staatsanwälten, deren hoch qualifizierte Arbeit ich schätze. Allerdings erweckt allein die Existenz des externen Weisungsrechts der Justizministerin in der Öffentlichkeit den bösen Schein politischer Beeinflussung. Gerade wenn eine Partei auf die Gesellschaft über 50 Jahre lang prägend wirkt, könnten sich Systematiken eines vorauseilenden Gehorsams einschleichen.

(Harald Güller (SPD): Das war beim Fall Schreiber so!)

Wir sind der Ansicht, dass dieser Generalverdacht nur durch die Abschaffung des externen Weisungsrechts zu Einzelfällen ausgeräumt werden kann. Nachdem unser Antrag hierzu leider keine Mehrheit fand, haben wir uns dafür eingesetzt, dass diese Weisungen an Staatsanwälte künftig wenigstens transparent ausgestaltet werden. Doch auch eine derartige Dokumentationspflicht nach österreichischem Vorbild fand in diesem Haus keine Mehrheit. Leider haben Sie diese Chance nicht ergriffen und somit bleibt weiterhin die Forderung bestehen, die Gottfried Zarnow 1930 in seinem Buch "Gefesselte Justiz" aufgestellt hat, dass die Justiz von Beeinflussung durch politische Prozesse und Regierungsparteien entfesselt werden muss. Daher unser Appell an Sie, Frau Justizministerin: Entfesseln Sie doch endlich die Justiz.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Nach unserer Vorstellung könnte man die Justiz am besten entfesseln, wenn man sie in die absolute Unabhängigkeit entließe, in ein präsidiales System mit eigenem Budgetrecht. Hierzu gibt es ein durchaus interessantes Modell des Bayerischen Richtervereins. In einer wahren Gewaltenteilung sollte die Justiz als dritte Säule eigenständig und unabhängig von Legislative und Exekutive stehen. Hiervon sind wir in Bayern noch weit entfernt. Ich verweise nur auf die Tatsache, dass die höchsten Spitzenpositionen in der Justiz immer noch ohne Ausschreibung vergeben werden.

Auch die Mitwirkungs- und Beteiligungsgremien der Richterschaft bei Personalentscheidungen müssen aus unserer Sicht gestärkt werden. Ich sage nur, Frau Ministerin: Starke Justiz - weit gefehlt.

Frau Ministerin, zu einer starken Justiz gehört auch Bürgernähe. Insofern kann ich nicht nachvollziehen, dass Sie immer noch an dem Vorhaben festhalten, alle Zweigstellengerichte aufzulösen. Einrichtungen der Rechtspflege müssen den Bürgerinnen und Bürgern flächendeckend und wohnortnah zur Verfügung stehen. Es ist fraglich, ob die Voraussetzungen für eine Zusammenlegung aktuell überhaupt noch gegeben sind. Diese ungewisse Situation ist sowohl für

das Personal der Justizbehörden als auch für die betroffenen Kommunen äußerst belastend. Wenigstens haben Sie von der CSU- und FDP-Fraktion sich unseren Forderungen angeschlossen, dass öffentlichrechtliche Fachgerichtsbarkeiten in Bayern keinesfalls zusammengelegt werden dürfen. Umso unverständlicher war dafür Ihr Vorschlag, die bestehenden 29 Insolvenzgerichte auf acht Gerichte zu reduzieren. Zum Glück haben Sie dann diese unsägliche Forderung sehr schnell aufgegeben und der Antrag ist im Ausschuss sang- und klanglos untergegangen.

Innerhalb ihres Ressorts erkennt man sehr schnell, welche Lieblingsthemen die Ministerin hat und wofür sie sich einsetzt. Bei anderen Themen vermisse ich diesen Einsatz. Ich frage mich, warum Sie zum Beispiel in Bezug auf die NSU-Affäre oder zu den Staatstrojanern schweigen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Gerade vor dem Hintergrund des Berichts des Landesbeauftragen für den Datenschutz wäre es interessant zu wissen, ob Sie die bestehende Rechtslage für ausreichend halten oder wie die Staatsanwaltschaft als Herrin des Verfahrens in diesen Fällen weiter vorgeht. Frau Ministerin, weshalb schicken Sie hier immer den Staatsminister des Innern vor? Haben Sie hierzu keine eigene Meinung? Was würden Sie dazu sagen? Sonst müsste ich sagen: "Schwache Justiz, schwache Ministerin".

Meine Damen und Herren, eine weitere große Aufgabe und Herausforderung wird künftig auch die Stärkung des Rechts- und Justizstandorts Bayern sein. Das Ergebnis einer Evaluation der bayerischen Justiz hat zwar ergeben, dass Bürger und Rechtsanwälte allgemein mit der bayerischen Justiz zufrieden sind. In den Einzelaspekten fiel die Zufriedenheit allerdings eher gering aus.

Schnelle Justiz? Anders als Sie, Frau Ministerin, sehen Bürger und Unternehmen bei der Schnelligkeit und der Verfahrensdauer einen erheblichen Verbesserungsbedarf. Bei der Anwaltschaft sind Serviceorientierung und Kundenfreundlichkeit der Aspekt, bei dem die geringste Zufriedenheit besteht. Welche Initiativen und Maßnahmen ergreifen Sie, um den Rechts- und Justizstandort Bayern attraktiver zu gestalten, um vor allem die Verfahrensdauer zu verkürzen und die Serviceorientierung und Kundenfreundlichkeit bei der bayerischen Justiz zu verbessern, den Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs voranzutreiben und den Standort Bayern nach außen sichtbar zu machen und zu fördern? Eine schnelle, effektive, gerechte Justiz macht Bayern attraktiv. Eine verlässliche Justiz ist nicht nur ein enormer Standortvorteil für

Unternehmen. Die Menschen leben gerne in einem sicheren Land. Sie reisen gerne nach Bayern, auch wenn es wie gesagt nicht das Paradies ist.