Protocol of the Session on September 25, 2012

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur ein Hinweis auf das, was Frau Kollegin Bulfon gerade gesagt hat: Das Problem, weswegen wir ein Gesetz gemacht haben, ist, dass bereits eine Regelung des Ministeriums vorliegt. Diese liegt zwar weder mir noch der SPD oder den GRÜNEN vor, aber der "Süddeutschen Zeitung". Darin ist diese Regel einer Staffelung von 100 Euro, 200 Euro und 300 Euro fortgeschrieben, und zwar mit einer grundsätzlichen Ausnahme. Die LMU hat schon erklärt, sie bleibe bei den 300 Euro. Deshalb wäre es schön, wenn der Staatsminister dazu Stellung nehmen würde - er muss es nicht jetzt tun -, ob er bei dieser Regelung bleiben möchte, wonach die LMU weiterhin eine Gebühr von 300 Euro verlangt, entsprechend dem, was die Rechtsregel vorsieht, die auch den Senioren schon mitgeteilt worden ist. Er sollte dazu Stellung nehmen, ob wir, wie es Herr Kollege Jörg schon angedeutet hat, zu einer gerechten Regelung kommen, und zwar entweder über ein Gesetz oder über andere Wege. Ich möchte mich an dieser Stelle für das Angebot einer offenen Diskussion bedanken. Wir nehmen das Angebot gerne an und ich habe auch mitgenommen, dass ein breiter Ansatz im Sinne der Senioren vorhanden ist, für diese zu kämpfen, um lebenslanges Lernen zu verwirklichen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Nachdem jetzt wirklich keine Wortmeldungen mehr vorliegen, schließe ich die Aussprache. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur als federführendem Ausschuss zuzuweisen. - Ich sehe keinen Widerspruch. Damit ist so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 3 auf:

Bestätigung eines neuen Mitglieds und eines neuen stellvertretenden Mitglieds des Landesgesundheitsrats

Der Staatsminister für Umwelt und Gesundheit hat mitgeteilt, dass das als Patientenfürsprecher dem Landesgesundheitsrat angehörende bisherige Mitglied, Herr Dietmar Peter, verstorben ist.

Als neues Mitglied wurde der bisherige Stellvertreter, Herr Werner Dresel, Patientenfürsprecher am IsarAmper-Klinikum München, und als neues stellvertretendes Mitglied Frau Britta Bungartz, Patientenfürsprecherin am Klinikum Nürnberg, benannt.

Herr Staatsminister Dr. Marcel Huber hat gebeten, die hierfür gesetzlich vorgesehene Bestätigung durch Beschluss des Landtags herbeizuführen. Eine Aussprache findet hierzu nicht statt. Wir kommen deshalb sofort zur Abstimmung. Ich gehe davon aus, dass über beide Vorschläge gemeinsam abgestimmt werden kann. - Ich sehe keinen Widerspruch. Dann lasse ich so abstimmen.

Wer den vorgenannten Vorschlägen seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP, der FREIEN WÄHLER, der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? - Sehe ich keine. Enthaltungen? - Auch keine. Den Vorschlägen ist damit zugestimmt worden.

Der Landtag bestätigt damit gemäß Artikel 2 Absatz 3 des Gesetzes über den Landesgesundheitsrat Herrn Werner Dresel als neues Mitglied und Frau Britta Bungartz als neues stellvertretendes Mitglied des Landesgesundheitsrats.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Abstimmung über Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. a. Anlage 1)

Ausgenommen von der Abstimmung ist die Listennummer 2, die einzeln beraten werden soll.

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen zu den übrigen Anträgen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(Siehe Anlage 1)

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens beziehungsweise dem jeweiligen Abstimmungs

verhalten seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Das dürften wiederum alle sein. Gibt es Gegenstimmen? Enthaltungen? - Nein. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Verfassungsstreitigkeit Schreiben des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 24. Juli 2012 (Vf. 57-IX-12) betreffend Vorlage des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 24. Juli 2012 Antrag auf Zulassung eines Volksbegehrens "Grundrecht auf Bildung ernst nehmen Studienbeiträge abschaffen!" PII/G-1310/12-8

Ich eröffne die Aussprache. Die Redezeit hierzu beträgt fünf Minuten pro Fraktion. Erster Redner ist Herr Kollege Professor Dr. Piazolo. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir hatten das Thema heute schon kurzfristig im Verfassungsausschuss und werden es morgen vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof verhandeln. Angesichts der fortgeschrittenen Stunde werden wir es heute sicherlich etwas kürzer diskutieren. Die Tatsachen sind den meisten bekannt. Wir, die FREIEN WÄHLER, und ich als Beauftragter haben ein Volksbegehren zur Abschaffung der Studienbeiträge eingereicht. Insgesamt haben wir 29.000 Unterschriften gesammelt. Das bayerische Innenministerium hat die formale Voraussetzung mit 27.048 Unterschriften als erfüllt angesehen, hat aber ausgeführt, dass das Volksbegehren nicht zulässig sei, weil es gegen Artikel 73 der Bayerischen Verfassung verstoßen würde. Dort ist festgehalten, dass es kein Volksbegehren über den Staatshaushalt geben kann.

Es wird Sie nicht überraschen, dass die FREIEN WÄHLER und ich anderer Auffassung sind. Ich werde das nun kurz begründen. Artikel 73 der Bayerischen Verfassung ist eine Ausnahmevorschrift. Grundsätzlich ist in Artikel 72 festgelegt, dass Volksbegehren sinnvoll sind, dass wir Volksbegehren haben wollen. In Bayern ist die Gesetzgebung auf zwei Schultern gelegt, auf das Parlament und das bayerische Volk. Artikel 73 sollte deshalb eng ausgelegt werden.

Unser Volksbegehren richtet sich nicht direkt gegen das Haushaltsgesetz. Es liegt auch kein indirekter Verstoß vor, denn in Artikel 73 heißt es ausdrücklich, dass über den Staatshaushalt kein Volksbegehren stattfindet. Hier geht es aber um den Körperschaftshaushalt, nämlich um die Körperschaftshaushalte der Hochschulen. Dort wird das Geld im sogenannten Körperschaftshaushalt vereinnahmt. Insofern ist kein

Verstoß gegen Artikel 73 zu verzeichnen. Darüber hinaus kann man sich den Schutzzweck der Vorschrift vor Augen führen. Das ist zum einen die Budgethoheit des Parlaments. Das ist ein sehr wichtiges Recht, denn dieses Recht haben sich die Parlamente über Jahrhunderte erkämpft. In diesem Fall ist der Schutzzweck meines Erachtens aber nicht verletzt, weil sich das Parlament selbst dieses Rechts begeben hat, als es gesagt hat: Wir möchten die Studienbeiträge den Hochschulen direkt zukommen lassen. Die Hochschulen können zum großen Teil auch selbst über die Verwendung und über die Höhe entscheiden. Sie können mit mehr als zwei Dritteln auch die Gelder kürzen. Insofern ist der Schutzzweck nach unserer Auffassung hier nicht verletzt.

Ein zweiter Gedanke ist, dass man Volksbegehren nicht gegen den Staatshaushalt zulassen möchte, weil die Gefahr besteht, dass das Volk gegen die Erhebung von Steuern stimmt. Das aber ist die Einnahmequelle des Staatshaushaltes. Hier geht es jedoch nicht um Steuern, sondern um Beiträge, und zwar um Studienbeiträge.

In die weiteren Einzelheiten der rechtlichen Überlegungen will ich hier gar nicht einsteigen. Das werden wir beim nächsten Tagesordnungspunkt noch einmal vertiefen. Hier will ich nur sagen, dass uns das Thema Studienbeiträge unabhängig von den rechtlichen Überlegungen besonders am Herzen liegt. Wir verfolgen es seit vielen Jahren, weil wir Studienbeiträge für ungerecht und für unsozial halten. Das insbesondere unter dem Aspekt, dass Bayern als eines der reichsten Bundesländer jetzt das vorletzte Land ist, das noch Studienbeiträge erhebt. Wir haben deshalb alles unternommen, um diese Studienbeiträge abzuschaffen. Wir werden das weiter tun, selbst wenn es, was ich nicht hoffe, nicht zu einem Volksbegehren kommen sollte. Wir werden die Studienbeiträge zu einem der Wahlkampfthemen machen. Sie von der Regierung wird dieses Thema bis zum Wahltag nicht verlassen. Danach wird es keine Studienbeiträge mehr geben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Nächster Redner: Herr Professor Dr. Bausback. Bitte schön.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Das vorgelegte Volksbegehren hat einen einzigen Regelungsgehalt. Dieser Regelungsgehalt zielt auf die Abschaffung der Einnahmen aus Studienbeiträgen ab. Damit ist ganz klar, und zwar in doppelter Weise, ein haushaltsbezogenes Volksbegehren gegeben und damit ein Verstoß gegen

Artikel 73 der Bayerischen Verfassung, der das Budgetrecht unseres Parlamentes schützt.

Zum einen greift der Gesetzentwurf des Volksbegehrens in erheblicher Weise durch die Abschaffung der Studienbeiträge in die Gesamtstruktur des Haushalts ein, zu der auch der Stellenplan gehört. Langfristig geht es um circa 2.000 Stellen, Beschäftigungsverhältnisse, davon 750 Planstellen im Haushalt. Bei diesen 750 Planstellen geht es um 15 Beamtenstellen. Von den Mitteln, die im Staatshaushalt auftauchen, stammen circa 4,4 % aus Studiengebühren. All das zeigt, dass es sich um eine in die Budgethoheit eingreifende Maßnahme handelt.

Die Abschaffung der Studienbeiträge ist im Übrigen eine grundsätzliche, strukturelle, langfristige Regelung der Haushaltsgesetzgebung. Das zeigen auch die Auswirkungen der Abschaffung der Studienbeiträge in anderen Ländern. So stellt die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen trotz der Verschuldungssituation griechischen Ausmaßes infolge der Abschaffung der Studienbeiträge

(Beifall des Abgeordneten Karsten Klein (FDP))

im Haushalt jeweils 249 Millionen Euro als Kompensation ein. Diese 249 Millionen Euro reichen bei Weitem nicht. Sie können auch gar nicht reichen, weil man die Berechnung der Kompensation nämlich auf das Jahr 2009 bezieht. Dabei haben Sie heute in Nordrhein-Westfalen 86.000 Studierende mehr. Die Kompensationsmittel werden auch nicht so verteilt wie früher die Studienbeiträge, sodass Universitäten und Fachhochschulen, die Studienbeiträge erhoben haben, erheblich weniger Mittel zur Verfügung haben. So läuft etwa bei der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen bei 3.500 zusätzlichen Studierenden gegenüber 2009 ein Fehlbetrag von 4,5 Millionen Euro auf. Bei der Universität Bonn, die 3.000 Studenten mehr hat, fehlen 2,6 Millionen Euro. Bei der Universität Köln fehlen 3,4 Millionen Euro bei 3.600 Studenten mehr.

Die Abschaffung von Studiengebühren wirkt sich in Nordrhein-Westfalen auch so aus, dass Beschäftigungsverhältnisse, die zu Studienbeitragszeiten noch über ein Jahr bis zu drei Jahren abgeschlossen wurden, entweder gar nicht mehr existieren oder nur noch als prekäre Verhältnisse von sechs bis zwölf Monaten abgeschlossen werden. Ich sage das nicht, weil das Beispiel für Bayern sein soll, sondern das zeigt, dass bei der Abschaffung von Studienbeiträgen vom Haushaltsgesetzgeber erhebliche Fragen zu beantworten sind, die die Haushaltsstrukturen betreffen: zum einen die Frage, wie man kompensiert und die Kompensation verteilt. Stellt das Kompensationsmittel auf einen

Verteilungsparameter ab oder koppelt man es an die frühere Verteilung der Studienbeiträge?

Dies alles zeigt, dass es eine Entscheidung ist, die in die grundsätzliche Etathoheit des Parlaments fällt, auch wenn die Beiträge nicht als Steuer, sondern als Abgaben ausgestaltet waren.

Im Übrigen ist die Abschaffung eines solchen Beitrags eine klar haushaltsbezogene Maßnahme. Herr Kollege Piazolo, der Freistaat Bayern stellt natürlich - und das macht er in exzellenter Art und Weise - die Grundfinanzierung der Hochschulen sicher. Laut Artikel 138 der Bayerischen Verfassung hat der Freistaat die Gewährleistungsverantwortung nicht nur für eine Grundfinanzierung, sondern für die Exzellenz der Hochschulen und für ihre Wettbewerbsfähigkeit in einem internationalen, europäischen und auch nationalen Umfeld. Dazu kann er sich natürlich - und das ergibt sich aus der Bayerischen Verfassung - der Zulassung von Drittmitteln und Beiträgen bedienen. Das macht der Freistaat aus gutem Grund: Die bayerischen Hochschulen sind an der Spitze, auch was die Lehre angeht. Die Lehre wird durch die Möglichkeit, Studienbeiträge zu erheben, maßgeblich unterstützt. Wenn wir diese Studienbeiträge abschaffen, dann muss der Haushaltsgesetzgeber tätig werden und sich überlegen, was er mit den Stellen macht. Deshalb ist es eine klar haushaltsbezogene Regelung. Diese Entscheidung steht dem Parlament zu und nicht der Volksgesetzgebung. Deshalb ist dieser Entwurf eines Volksbegehrens unzulässig, und deshalb, meinen wir, ist die Vorlage des Bayerischen Staatsministeriums des Innern an den Bayerischen Verfassungsgerichtshof, die morgen verhandelt wird, vollauf berechtigt.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Danke schön. Bevor ich Herrn Kollegen Schindler das Wort erteile, darf ich bekannt geben, dass die CSU-Fraktion namentliche Abstimmung zu diesem Tagesordnungspunkt beantragt hat. - Herr Kollege Schindler, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht in dieser Abstimmung heute Abend nicht um die Frage, ob man für oder gegen Studienbeiträge ist, sondern es geht ausschließlich um die Frage, ob man ein Volksbegehren zur Abschaffung von Studienbeiträgen als zulässig erachtet oder nicht. Nur darum geht es. Deswegen mache ich auch nur die folgenden, wenigen Anmerkungen:

Erstens, meine sehr verehrten Damen und Herren. Die SPD hat schon im Jahr 2006, als die Studienge

bühren eingeführt wurden, leidenschaftlich dagegen gestimmt und seit dieser Zeit eine Unzahl von Initiativen mit dem Ziel eingeleitet, die Studienbeiträge wieder abzuschaffen.

Zweitens. Die SPD war schon immer und ist bis heute für direkte Demokratie und für die Ausweitung der Möglichkeiten von Volksbegehren und Volksentscheiden und wird es auch immer sein.

Drittens, meine Damen und Herren. Wenn das Volk abstimmen könnte und dürfte über die Frage, ob Studienbeiträge erhoben werden sollen oder nicht, bin ich mir ganz sicher, wie es abstimmen würde. Es würde sich nämlich dagegen aussprechen.

(Beifall bei der SPD)

Weil das so ist, meine Damen und Herren, wird eine der ersten Maßnahmen einer SPD-geführten Staatsregierung sein, wenn es im nächsten Jahr zu einem Regierungswechsel kommt,

(Beifall bei der SPD)

die Erhebung von Studienbeiträgen endlich abzuschaffen, weil Studienbeiträge unsozial sind, sozial selektiv wirken und junge Menschen vom Studium abhalten.

Viertens, meine Damen und Herren. Dennoch haben wir die Initiative der FREIEN WÄHLER, ein Volksbegehren zur Abschaffung von Studienbeiträgen einzuleiten, nicht unterstützt, weil wir geahnt haben, dass ein Volksbegehren an Artikel 73 der Bayerischen Verfassung - genauer gesagt an der weiten Auslegung des Artikels 73 durch den Bayerischen Verfassungsgerichtshof - scheitern könnte. So scheint es möglicherweise auch zu kommen.

Artikel 73, wonach über den Staatshaushalt kein Volksentscheid stattfindet, dient dem Schutz des parlamentarischen Budgetrechts und ist nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, was ich persönlich bedauere, weit auszulegen. Das betrifft auch solche Vorhaben, die auf den Gesamtbestand des Staatshaushalts in nicht unwesentlichem Maße Einfluss nehmen und demnach das Gleichgewicht des Haushalts stören könnten.