Protocol of the Session on July 18, 2012

Deshalb haben wir GRÜNEN - aus den Geber- und den Nehmerländern gemeinsam - unsere Pflicht als Politiker erfüllt und ein Konzept vorgelegt.

(Karsten Klein (FDP): Wie sieht es denn jetzt aus? Das steht nicht viel drin! Nichts zu finden!)

- Mensch, Kerl, lies es doch einfach mal durch! Das findest du bei uns auf der Homepage.

Sie aber, die Klageweiber der Nation, verweigern seit Jahrzehnten jede konstruktive Aktivität. Das ist ein gravierendes Politikversagen Ihrer Staatsregierung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen auf der rechten Seite, lassen Sie mich auch ein paar Sätze über bundesdeutsche Solidarität verlieren, weil sie im Moment überall in die Tonne getreten wird. Solidarität - ein schönes Wort, das in keiner Ihrer Reden fehlt, aber bei Ihnen leider längst zu einer leeren Hülse verkommen ist. Solidarität ist eine der Grundfesten unserer Gesellschaft. Deswegen schreibt uns auch das Grundgesetz der Bundesrepublik - wir sind kein Staatenbund, sondern eine Bundesrepublik! - die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse als elementare Grundlage unseres föderalen Systems vor. Konkretisiert wird das in Artikel 107, in dem es heißt, "dass die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen ausgeglichen wird". Wie wollen Sie denn mit Ihrer Einstellung diesen Verfassungsauftrag ernsthaft erfüllen, wenn Sie wissen, dass zum Beispiel ein Land wie Sachsen eine Steuerkraft hat, die nur bei rund 40 % des Bundesdurchschnitts liegt? Ja, da geht es um zweistellige Milliardenbeträge, die im Wesentlichen über den Bund-Länder-Ausgleich bewegt werden. Es ist doch völlig utopisch anzunehmen, das sei ein Problem, das man mit relativ kleinen Summen schon irgendwie lösen könne. Nein, das ist ein riesiges materielles Problem dieser Gesellschaft. Sie aber stellen sich hin und sagen: Nein!

Übrigens ist Ihr Agieren auch wirtschaftspolitisch langfristig desaströs für Bayern. Die bayerische Wirtschaft ist noch viel stärker mit der übrigen deutschen Wirtschaft verflochten als mit der europäischen Wirtschaft. Es liegt im eigenen Interesse Deutschlands, dafür zu sorgen - auch mit unserem Geld -, dass die europäische Wirtschaft nicht zusammenkracht. Genauso liegt es im Interesse Bayerns, dafür zu sorgen, dass der Verfassungsauftrag der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse auch in der Wirklichkeit gelebt wird. Denn diese Solidarität und die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse bilden die Grundlage für unsere Prosperität in Bayern.

Übrigens hat Bayern selbst Solidarität erfahren, insbesondere in den Jahren des Wiederaufbaus. Das wissen Sie doch selbst. So naiv sind Sie doch nicht, dass Sie annehmen würden, es sei die Bayerische Staatsregierung gewesen, die für unser nachhaltiges Wirtschaftswachstum gesorgt habe. Es war die glückliche Fügung von zwei Faktoren. Der erste Faktor: Wir hat

ten genau in der Phase des Wirtschaftswunders einen Neugründungsboom in Bayern, finanziert auch mit Mitteln der damals starken Bundesländer. Damals redeten wir über eine gigantische neue Industrialisierung in Deutschland. Zweiter Faktor: Länder wie NRW oder Baden-Württemberg - NRW mit seiner alten Schwerindustrie - haben uns über 40 Jahre hinweg die finanziellen Mittel gegeben, dass wir diesen Boom ausnutzen und in dieser Zeit neue, junge Industrien aufbauen konnten. Seitdem haben wir moderne Industrien, während die kohlebasierte Schwerindustrie entsprechend ihrem Lebenszyklus den Bach runterging. Daher ist völlig klar, dass Solidarität jetzt in die umgekehrte Richtung geübt wird und wir dort den Umbau hin zu neuen Industrien mitfinanzieren. Das ist logisch und ergibt sich aus der Solidarität, die Bayern selbst erfahren hat.

(Beifall bei den GRÜNEN - Georg Schmid (CSU): Reden Sie für Bayern? Für wen reden Sie?)

Kollege Schmid: Wenn ich mir das Milliardenversagen bei der Maxhütte anschaue, dem einzigen schwerindustriellen Standort, den Sie je in Bayern hatten, dann würde ich an Ihrer Stelle ganz ruhig sein und nicht ein kritisches Wort über NRW verlieren, ein Land, das diese Problematik in hundertfacher Dimension zu bewältigen hatte.

(Zuruf von der CSU)

- Jetzt seien Sie mal ruhig. Melden Sie sich nachher zu Wort.

Noch einmal: Unser Wohlstand in Bayern beruht auf bundesdeutscher Solidarität. CSU und FDP schaden mit ihrer unsolidarischen Politik, die leider imagebildend in ganz Deutschland ist - jeder versucht, sich auf seine Insel zurückzuziehen -, der wirtschaftlichen Prosperität und den langfristigen Interessen nicht nur Deutschlands insgesamt, sondern auch Bayerns.

(Zuruf von der CSU: Das glauben Sie doch selbst nicht!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen auf der rechten Seite des Hauses, gegenüber Europa spielen Sie Ihre falsche Neidkarte, und das mit einer ebenso end- wie folgenlosen Kaskade roter Linien - ein Stück, das das Publikum mittlerweile zu Recht anödet. Innerhalb Deutschlands legen Sie keine Konzepte zur Reform des Länderfinanzausgleichs vor - was Sie müssten -, weil Ihnen das die feine Möglichkeit nehmen würde, mit einer laut betrommelten Klage vor dem Bundesverfassungsgericht kurz vor der Wahl die Neidkarte zu spielen.

(Thomas Hacker (FDP): Was sagen denn die GRÜNEN in Baden-Württemberg zu Ihrem Vorschlag?)

Doch diese Klage ist nicht nur typische Mia-san-miaSymbolpolitik zu Wahlzeiten, sondern schadet auch bayerischen Interessen. Ich habe einige Elemente genannt. Denn die Klage ist -

(Zuruf des Abgeordneten Georg Schmid (CSU), dabei den Telefonhörer in der Hand haltend)

- Sie können nicht gleichzeitig telefonieren, mir reinreden und sich hier aufmandeln. Halten Sie bitte Ihren Mund!

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD - Georg Schmid (CSU): Ihre schlechteste Rede seit Langem! - Weiterer Zuruf von der CSU: Ist eigentlich der Präsident auch da?)

Mit dieser Klage feiert nicht nur die typische Mia-sanmia-Politik zu Wahlkampfzeiten fröhliche Urständ, sondern Sie schaden, wie gesagt, auch bayerischen Interessen.

(Georg Schmid (CSU): Man weiß ja gar nicht, welche Interessen Sie vertreten!)

Erstens. Ihre Klage ist schädlich, weil alle Beteiligten, Geber- wie Nehmerländer, bis zur Entscheidung durch das Verfassungsgericht wie ein Kaninchen vor der Schlange stehen und nichts tun werden - das zeigt die Erfahrung mit all diesen Klagen -, obwohl Verhandlungen besser heute als morgen beginnen sollten. Sie verhindern genau das jedoch mit Ihrer Klage.

(Georg Schmid (CSU): Sie sind gegen bayerische Interessen!)

Herr Kollege Hallitzky, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, dann bekomme ich Ärger wegen der Redezeit. Machen Sie bitte eine Zwischenbemerkung.

Danach bitte. Weiter geht’s.

Söder hat gesagt, das größte Risiko sei es, dass alles so bleibe, wie es ist. Mit Ihrer Klage tragen Sie genau dazu bei, dass dieses größte Risiko eintritt: In den nächsten drei Jahren wird alles so bleiben, wie es ist - Punkt.

Zweitens. Glauben Sie mir: Das Verfassungsgericht wird Ihnen von der CSU nicht den Gefallen tun und

Ihnen die Arbeit abnehmen, obwohl Sie das gern hätten. Es bleibt auf jeden Fall Aufgabe der Politik, einer neuen Staatsregierung - hier sehen Sie sie -,

(Zeigt auf die GRÜNEN und die SPD - Lachen bei der CSU und der FDP)

über ein neues Ausgleichssystem zu verhandeln. Viel mehr als die Aufforderung an die Länder, zu verhandeln, ist bei den bisherigen Verfassungsgerichtsentscheidungen dazu auch nicht herausgekommen. Wir sollten uns die paar Jahre Stillstand wirklich ersparen.

Wer über die Neugestaltung des Finanzausgleichs verhandeln und tatsächlich weiterkommen will, der klagt nicht, sondern entwickelt ein Konzept, in dem er auch die Interessen der Nehmerländer berücksichtigt, damit Verhandlungen überhaupt stattfinden können. Dass Sie dies in all den langen Jahren verweigert haben, zeigt doch: Sie wollen gar keine Verhandlungen! Sie wollen nur einen Wahlkampfgag bringen das haben Sie getan -, auch wenn er noch so teuer ist. Ich habe auf die Schädlichkeit politischer Neiddebatten im Wahlkampf hingewiesen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der bayerische Finanzminister, den der Länderfinanzausgleich anscheinend nur dann etwas angeht, wenn er seine Position dazu vor den Medien vertritt, aber nicht dann, wenn wir im Landtag darüber debattieren,

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

hat kürzlich noch getönt: "Wir sind solidarisch, aber blöd sind wir nicht!" Dummerweise ist es mit dem materiellen Gehalt - nicht mit dem Showeffekt - Ihrer Politik genau umgekehrt. Sagen Sie es bitte Herrn Söder: Sie sind unsolidarisch, und blöd sind Sie auch noch.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD - Widerspruch von der CSU - Georg Schmid (CSU): Ihre schlechteste Rede!)

Einen Moment noch, Herr Kollege Hallitzky! Mit Ihrer Formulierung zur Blödheit sind Sie vielleicht etwas über das Ziel hinausgeschossen. Aber wir haben jetzt noch die Möglichkeit, das zu korrigieren, nämlich durch eine Zwischenbemerkung des Kollegen Graf von und zu Lerchenfeld. Bitte schön, Herr Kollege.

Ich gehe davon aus, dass Sie uns zumindest so viel Intelligenz zuweisen wie Ihrem Kollegen Herrn Kretschmann aus Baden-Württemberg, den Sie wohl nicht als blöd bezeichnen würden. Insofern könnten Sie sich dafür ruhig entschuldigen. Das ist das Erste.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Das Nächste: Sie sollten sich einmal darüber klar werden -

(Unruhe)

Entschuldigung, Herr Präsident, aber wenn er redet, während ich zuhöre, ist das ein bisschen unglücklich.

Bitte schön.

Können Sie bitte den zweiten Teil wiederholen?

Es ist immer besser, wenn wir nacheinander und nicht alle zusammen reden. Das ist ganz klar. - Lieber Kollege Hallitzky, Sie sollten sich doch im Klaren darüber sein, dass die hohe Wirtschaftskraft Bayerns zunächst einmal darauf beruht, dass wir fleißige Unternehmer, gescheite Arbeitnehmer und eine vernünftige Politik der CSU haben. Das hat uns vorwärts gebracht.

(Beifall bei der CSU)

Das hat uns in die Lage versetzt, in 20 Jahren 38 Milliarden zurückzuzahlen, obwohl wir zuvor - in immerhin 41 Jahren! - nur 3,4 Milliarden erhalten hatten. So schaut es in Wirklichkeit aus.

Auch das sollten Sie zur Kenntnis nehmen. Dass aber Verhandlungen ohne Ergebnis geführt wurden und dass von den Kollegen unseres Ministerpräsidenten nicht einmal ein Zeitplan bis zum Sommer vorgelegt wurde, wie es vereinbart war, hat dazu geführt, dass wir jetzt klagen. Ich halte das für richtig, damit wir den Druck erhöhen und endlich etwas vorwärts geht, nicht nur verzögert wird und nicht alles auf die lange Bank geschoben wird.

(Beifall bei der CSU)