Protocol of the Session on July 18, 2012

Wir wollen nicht unbedingt eine Reduzierung für die Nehmerländer, aber wir gehen davon aus, dass wir auf jeden Fall eine Deckelung für Bayern brauchen, damit wir nicht mit ständig steigenden Ausgaben rechnen müssen. Die notwendigen grundlegenden Veränderungen am System des Länderfinanzausgleichs können sicherlich durch Verhandlungen erreicht werden, die dann ab dem Jahr 2020 greifen werden. Bis zur Sommerpause 2012 sollte ein verbindlicher Fahrplan zu einer kurzfristigen Änderung, beispielsweise durch eine Erhöhung des Bundesanteils, vorgelegt werden.

Aber wieder einmal ist vonseiten der Nehmerländer nichts geschehen außer dem Versuch, das Problem auf die lange Bank zu schieben, zu verzögern und zu vertagen.

(Beifall bei der CSU)

Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es endlich an der Zeit, Klarheit zu schaffen und die ständigen Verzögerungen zu beenden.

Liebe Freunde von der Opposition, was ist denn so falsch daran, wenn Bayern Klage erhebt? Warum wehren Sie sich dagegen, wenn die Bayerische Staatsregierung auf diese Art und Weise die Interessen Bayerns vertritt? Das ist doch die ureigenste Aufgabe der Bayerischen Staatsregierung. Soweit ich mich erinnere, musste jeder Minister und der Ministerpräsident zuvörderst einen Eid auf die Bayerische Verfassung ablegen und ist damit verpflichtet, Schaden von Bayern abzuwenden.

Meine lieben Freunde von der Opposition, geben Sie es zu: Es ist doch ein eindeutiger Schaden, wenn Bayern Jahr für Jahr mehr Geld in den Länderfinanzausgleich einzahlen muss, als es in den Jahren von 1950 bis 1991 jemals daraus erhalten hat.

(Beifall bei der CSU - Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Es ist doch Bayern wirklich nicht zuzumuten, dass wir ständig zusätzliche Ausgaben haben, die schon im nächsten Doppelhaushalt über acht Milliarden Euro betragen werden.

(Beifall bei der CSU)

Warum darf man denn darüber nicht nachdenken, wie man dieses Ausgleichssystem verändern könnte?

(Hans Joachim Werner (SPD): Das müssen Sie Stoiber fragen, der hat das nämlich ausgehandelt!)

- Ihre dummen Sprüche können Sie sich sparen! Es herrscht doch aufseiten der Geberländer Einigkeit darüber, dass man etwas unternehmen muss. Herr Kretschmann muss derzeit noch darauf Rücksicht nehmen, dass er in der Koalition von seiner SPD-Abteilung gehindert wird, sich der Klage anzuschließen. Aber bis zum Winter will er auch das machen. Er will sich unserer Klage anschließen, genauso wie Hessen.

Wir haben bereits vor Jahren als CSU-Parlamentarier im Haushaltsausschuss gefordert, dass das gesamte System des Länderfinanzausgleichs auf den Prüfstand kommen muss. Wir haben gemeinsam mit Kollegen aus anderen Landesparlamenten eine Arbeitsgruppe gebildet, um Vorschläge für eine vernünftige Reform des Länderfinanzausgleichs zu erarbeiten.

Auch die GRÜNEN haben mittlerweile Konzepte erarbeitet.

Dass die SPD in diesem Bereich nichts tut, verwundert einen nicht. Es ist ja symptomatisch für die SPD: Sie schläft auch auf anderen Gebieten ziemlich gut.

(Beifall bei der CSU - Zuruf von der SPD: Na, na!)

Dabei ist es hochinteressant, liebe Freunde, dass der nordrhein-westfälische Finanzstaatssekretär Rüdiger Messal von der SPD zwar die Klage Bayerns auf jeden Fall korrigieren will, aber gleichzeitig fordert, den Umsatzsteuervorabausgleich infrage zu stellen, weil Nordrhein-Westfalen in den letzten Jahren zwei Milliarden Euro abgeben musste. Bravo, Herr Messal! Das nenne ich vernünftig. Wenn schon eine Neuordnung, dann nur eine, von der auch Nordrhein-Westfalen profitiert.

Vergessen hat Herr Messal dabei wahrscheinlich, dass Bayern zusätzlich zu den 3,7 Milliarden Euro, die wir im engeren Sinn beim Finanzausgleich mittragen, noch 1,7 Milliarden Euro Umsatzsteuervorabausgleich zahlt: 5,4 Milliarden Euro im Jahr 2011. Liebe Freunde, das ist eindeutig zu viel!

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Selbstverständlich war Bayern bis zum Jahr 1991 ein Nehmerland, aber seitdem haben wir 38 Milliarden Euro in das System eingezahlt. Die derzeitige Form des Länderfinanzausgleichs ist leistungsfeindlich und ungerecht. Sie hat erhebliche Defizite und erfüllt ihre Funktion als Hilfe zur Stärkung der Eigenständigkeit überhaupt nicht. Der Länderfinanzausgleich muss geändert werden. Darüber sind wir uns im Klaren, und das sogar weitgehend über die politischen Grenzen hinaus.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, sicherlich kennen Sie den russischen Wissenschaftler Pawlow. Herr Pawlow hat festgestellt, dass man Tiere konditionieren kann. Wenn man den Tieren beibringt, dass im Anschluss an ein bestimmtes Geräusch das Fressen kommt, beginnt bei ihnen in freudiger Erwartung auf das Essen schon der Speichelfluss - allein beim Ertönen dieses entsprechenden Geräusches.

Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, kommen mir manchmal ein bisschen so vor wie die Pawlowschen Versuchshunde.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Zurufe von den GRÜNEN und der SPD)

Jedes Mal, wenn wir als CSU eine gute Idee zur Förderung der bayerischen Interessen entwickeln, schreien Sie automatisch: Wahlkampfgetöse!

(Zuruf von der SPD: Purer Populismus!)

Das war so beim ausgeglichenen Haushalt, das ist so bei der Schuldentilgung, und das ist jetzt wieder der Fall bei der sehr vernünftigen Interessenvertretung Bayerns beim Länderfinanzausgleich.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Zuruf des Ab- geordneten Hans Joachim Werner (SPD))

Liebe Freunde, ich kann Ihnen nur raten: Hören Sie endlich auf, konditioniert in den Pawlowschen Reflex zu verfallen und uns jedes Mal Wahlkampfrhetorik vorzuwerfen, wenn wir als CSU die Interessen Bayerns vertreten.

(Zuruf von der SPD)

Unterstützen Sie uns vielmehr dabei, diese Interessen gegenüber anderen Ländern zu vertreten, und versuchen Sie einmal, ein bisschen Gehirnschmalz zu investieren, um eigene Ideen zu entwickeln, wie man Bayern vorwärtsbringen kann.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Helga Schmitt-Bussinger (SPD): Das ist unerhört! Das ist eine Frechheit! - Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank für die "hohe" Aufmerksamkeit.

Danke, Herr Kollege. - Im Nachgang darf ich noch bekannt geben, dass die Fraktion der CSU zu diesem Antrag namentliche Abstimmung beantragt hat.

(Georg Schmid (CSU): Sehr gut!)

Es geht weiter in der Aussprache. Der nächste Redner ist Kollege Hallitzky, ihm folgt Herr Kollege Halbleib. Herr Kollege Hallitzky, Sie haben das Wort.

Wau, wau!

(Heiterkeit bei den GRÜNEN und der SPD)

Sehr geehrter Herr Lerchenfeld, ich bin zwar ein Hund, aber ich kann auch Deutsch.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Winfried Kretschmann hat einmal gesagt: Der derzeitige Länderfinanzausgleich ist bescheuert! - Ihr Antrag und

Ihre Klage sind es auch, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Deshalb überrascht es nicht, dass Horst hier allein zu Haus ist und

(Ministerpräsident Horst Seehofer: Ich bin hier!)

weder Hessen noch Baden-Württemberg, obwohl sie Geberländer sind und den Länderfinanzausgleich ändern wollen, wollen sich der Klage anschließen. Sie haben mit Recht darauf hingewiesen, dass die GRÜNEN ein Konzept haben, doch auch wir wollen uns dieser Klage nicht anschließen. Es ist auch klar, warum sie und wir das nicht wollen: weil Sie, die CSU und die FDP, hier ein erbärmliches Theaterstück inszenieren,

(Beifall bei den GRÜNEN)

eine verschärfte Neiddebatte pünktlich vor den Wahlen.

Ich muss Ihnen zugestehen: Das, was Sie können, das können Sie gut. Sie haben die Inszenierung dieser Neiddebatte - man braucht sich nur die Medienberichterstattung anzusehen - großartig hinbekommen. Inhaltlich aber löst Ihre Klage kein einziges Problem. Im Gegenteil, sie schafft neue Probleme.

Die Probleme des Länderfinanzausgleichs müssen aber gelöst werden. Er ist dringend reformbedürftig, weil er völlig falsche Anreize für Geber- und für Nehmerländer setzt. Die Folge ist, dass bundesweit dem Fiskus jährlich ein zweistelliger Milliardenbetrag fehlt, also weit mehr, als der horizontale Länderfinanzausgleich von seinem Gesamtvolumen her ausmacht.

Deshalb und weil die aktuellen Regelungen Ende des Jahrs 2019 auslaufen, haben alle Bundesländer Geber- wie Nehmerländer - elementares Interesse an einer Neukonstruktion des Länderfinanzausgleichs. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, Verhandlungen, ohne eine eigene konzeptionelle Grundlage zu haben, sind von vornherein zum Scheitern verurteilt. Auf dem Geldsack sitzen und sagen: "Wir geben nichts!", ist keine Konzeption. Wer nicht weiß, wohin er will - worüber will der verhandeln?

Deshalb haben wir GRÜNEN - aus den Geber- und den Nehmerländern gemeinsam - unsere Pflicht als Politiker erfüllt und ein Konzept vorgelegt.