Protocol of the Session on July 17, 2012

Vor diesem Hintergrund sollte man sich gut überlegen, ob man die grundgesetzliche Schuldenbremse, die ja auch für die Länder bindend ist, auf Landesebene noch einmal wiederholt.

Ich kürze das Zitat ab:

Was ist damit gewonnen und warum riskiert man, dass Bundesverfassungsgericht und Landesverfassungsgerichte zu unterschiedlichen Beurteilungen in dieser Sache kommen?

Eine Verankerung in der Bayerischen Verfassung ist also nicht nur überflüssig, sondern es sprechen auch gewichtige inhaltliche Gründe dagegen. Anders ausgedrückt: Das Grundgesetz gilt auch in Bayern, auch wenn es manche nicht wahrhaben wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Alexander König (CSU): Blödsinn!)

Ich habe sowohl im Ausschuss als auch hier im Plenum betont: Es braucht klare Regeln für den Umgang mit der Schuldenbremse, die im Grundgesetz verankert ist. Nur so können die im Grundgesetz genannten Ausnahmen von der Schuldenbremse sinnvoll angewandt werden. Bayern hat dazu bisher noch nichts gemacht. So viel zur Lokomotive FDP.

Sehr geehrter Herr Kollege Klein, ich habe lebhaft versucht, Sie mir bildlich als Lokomotive vorzustellen. In Ihrer Pressemitteilung von gestern hieß es, die GRÜNEN sprängen viel zu spät auf einen bereits mit Vollgas fahrenden Zug auf, dessen Lokomotive schon lange die FDP ist. Fakt ist: Sie reden, wir haben gehandelt und einen Gesetzentwurf vorgelegt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vor allem sieht man, wie wenig etwas vorangeht, wenn die FDP Vollgas gibt. Andere Bundesländer haben ihre Gesetzgebung in Sachen Schuldenbremse längst abgeschlossen. In Bayern fährt die FDP Vollgas, aber es gibt noch nicht einmal einen Gesetzentwurf. Übrigens haben moderne Züge keine Lok mehr, sondern einen auf alle Wagen verteilten Antrieb.

(Karsten Klein (FDP): Dann fahren Sie aber nur selten mit dem Zug!)

Was beinhaltet unser Gesetzentwurf? - Mit unserem Gesetzentwurf schreiben wir die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse in der Bayerischen Haushaltsordnung fest. Danach ist der Staatshaushalt ab dem Jahr 2020 grundsätzlich ohne Neuverschuldung

auszugleichen. Ausnahmen kann es, wie im Grundgesetz festgeschrieben, zum Ausgleich konjunktureller Schwankungen und in außergewöhnlichen Notsituationen geben. Genaueres regeln wir in Artikel 3 des Ausführungsgesetzes zu Artikel 18 der Bayerischen Haushaltsordnung. Dort können Sie es nachlesen.

Was sind die Ziele des Gesetzentwurfs? - Erstens wollen wir einen dauerhaften Anstieg der Schulden des Freistaats Bayern vermeiden. Die Schuldenbremse sieht vor, dass neue Schulden konjunkturgerecht getilgt werden müssen. Das gilt auch für Schulden, die aufgrund einer Notlage gemacht wurden. Das beste Beispiel hierfür sind die Schulden, die für die Rettung der BayernLB im Jahre 2008 aufgenommen wurden. Hätte die Schuldenbremse schon im Jahr 2008 gegolten, dann könnte sich die Staatsregierung nicht mehr um einen Tilgungsplan für die Schulden herumdrücken, wie sie das noch immer tut.

(Alexander König (CSU): Dann wären Landesbank und Sparkassen pleite gegangen!)

Zweitens: Wir wollen Schlupflöcher schließen. Die bisherige Regelung im Grundgesetz, dass die Neuverschuldung nicht höher sein darf als die Summe der Investitionen, ist im Grunde nicht eingehalten worden. Das heißt, die Ausnahme - Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts - wurde deutlich überstrapaziert. Bestes Beispiel, oft zitiert, ist die Zuführung zum Pensionsfonds. Da sticht das neuere Haushaltsgesetz das alte. Es hat nicht gestimmt, dass eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts vorgelegen hat. Die Behauptung wurde aber als Begründung benutzt, um den Pensionsfonds nicht mehr zu bedienen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Deshalb wäre eine Regelung in der Verfassung nicht schlecht!)

Wann und wie kann die Schuldenbremse nur funktionieren? - Fundamental für ihr Funktionieren ist erstens eine Aufgabenkritik des Staates. Was ist die Aufgabe des Staates, und was soll dauerhaft finanziert werden? - Zweitens kommt nach dieser Aufgabenkritik eine darauf aufbauende bedarfsgerechte Personalplanung und kein Geschacher, wie wir das bei der Aufstellung des Haushaltes gerade wieder erlebt haben, als es um die Personalstellen ging. Drittens ist für ausreichende Einnahmen zu sorgen. Das ist aber genau das Gegenteil von dem, was Schwarz-Gelb hier und besonders in Berlin getan hat. Berlin ist hauptsächlich für die Einnahmenseite zuständig, also für die Steuergesetzgebung. Hier tut Schwarz-Gelb aber genau das Gegenteil. Viertens wird eine Reform des Länderfinanzausgleichs mit einem Konzept benötigt, nicht die allwöchentlich in den Raum gestellte

Drohung, so wie das jetzt der Fall ist, mit einer Klage nach dem Motto: Wöchentlich grüßt das Murmeltier.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich sage es noch einmal klar und deutlich zum Schluss: Unser Ausführungsgesetz zeigt, dass wir wieder einmal wie schon beim Länderfinanzausgleich die einzige Fraktion sind, die ein Konzept vorgelegt hat: Wir handeln, statt zu reden.

(Volkmar Halbleib (SPD): Bloß welches? - Zuruf des Abgeordneten Karsten Klein (FDP))

- Haben Sie sich unser Gesetz schon einmal angesehen, Herr Kollege Klein?

(Karsten Klein (FDP): Vorgelegt wurde nichts!)

- Offenbar nicht. Eine Verankerung in der Bayerischen Verfassung ist überflüssig. Unser Gesetz, das Ausführungsgesetz, ist kein Blankoscheck fürs Schuldenmachen. Es enthält vielmehr den Zwang zum Zurückzahlen von gemachten Schulden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächster Redner in der Debatte ist Alexander König für die CSUFraktion. Bitte schön.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Gesetzentwurf zeigt die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN wieder einmal in vielerlei Hinsicht ihr wahres Gesicht.

(Lachen der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE))

- Frau Bause, es wird ganz deutlich, dass es wieder einmal nicht um die Sache geht. Den GRÜNEN geht es vielmehr um den schnellen schaustellerischen politischen Erfolg.

(Beifall bei der CSU)

Warum ist das so? - Nachdem wir uns mit unserem Koalitionspartner unterhalten haben, wie und welche Rechtsqualität die im Grundgesetz enthaltene Schuldenbremse hat und ob sie in Bayern in der Verfassung verankert werden soll, hat unser Fraktionsvorsitzender Georg Schmid vor zwei Wochen alle Fraktionen des bayerischen Parlaments von unseren Vorstellungen informiert, und zwar über mehrere nach unserer Auffassung mögliche Verfassungsänderungen - unter anderem auch darüber, dass wir es uns gut vorstellen könnten - vorausgesetzt, es gäbe dafür eine Mehrheit, denn wir brauchen dafür eine Zweidrittelmehrheit und dann die Zustimmung des Volkes -,

die Schuldenbremse des Grundgesetzes in einer verschärften Form in Artikel 82 der Bayerischen Verfassung einzufügen. Dieser Vorschlag wurde von uns den anderen Fraktionen vorgetragen. Wie damit umgegangen wurde, ist ganz typisch. Frau Kollegin Bause, was machen die GRÜNEN? - Wir hätten erwartet, dass wir eine Antwort bekommen, was Sie sich dazu vorstellen könnten. Die GRÜNEN hätten antworten können, so wie wir das auch von den anderen Fraktion noch erwarten, ob sie dafür sind, und wenn nicht, warum nicht. Doch das war nicht der Fall. Vielmehr strebt man den schnellen, schaustellerischen, politischen Erfolg an, indem man rasch einen Gesetzentwurf strickt, da man absehen kann, dass dieser, wie alle anderen Gesetzentwürfe der GRÜNEN auch, die bislang in diesem Haus eingebracht wurden, keine Mehrheit finden wird.

(Prof. Dr. Georg Barfuß (FDP): Genau!)

Das ist politische Schaustellerei und sonst nichts.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Unruhe bei den GRÜNEN)

Nun zu Ihrem Vorwurf -

(Zurufe von den GRÜNEN)

- Ich habe Ihnen zugehört, und ich empfehle Ihnen bei jeder Rede, auch erst einmal zuzuhören. Ich komme zu Ihrem Vorwurf, es würde sich um eine Symbolgesetzgebung handeln, wenn man die Schuldenbremse des Grundgesetzes in die Bayerische Verfassung in Artikel 82 hineinschreiben würde. Wir könnten uns das vorstellen. Nun muss ich Sie schon fragen: Was ist das anderes, wenn Sie genau dieselbe Schuldenbremse - so steht es in Ihrem Gesetzentwurf - in Artikel 18 der Bayerischen Haushaltsordnung schreiben wollen? Ist das dann keine Symbolgesetzgebung?

(Claudia Stamm (GRÜNE): Haben Sie sich schon einmal mit unserem Gesetzentwurf auseinandergesetzt? Das sollten Sie einmal tun!)

- Nein, Sie sollten sich damit einmal auseinandersetzen. Auch an diesem Beispiel wird wieder einmal deutlich, dass Sie hier völlig falsch liegen und auf dem falschen Dampfer sind.

Es wird auch wieder einmal deutlich, Frau Kollegin Stamm, dass die Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN im Allgemeinen und Sie im Besonderen ein völlig anders Staatsverständnis haben als wir. Sie haben ein völlig anderes Verständnis davon, was uns der Freistaat Bayern als Staat, als Freistaat wert ist, und wie wir damit umgehen. Aus unserer Sicht ist die Bayerische Verfassung kein Märchenbuch, das

überflüssig ist, so wie es mir in den Ohren klingt, wenn ich Sie hier reden höre. Die Bayerische Verfassung ist Ausdruck unserer bayerischen Staatlichkeit. Es gehört deshalb selbstverständlich dazu, dass Grundsätze wie beispielsweise der einer Schuldenbremse in diese Bayerische Verfassung Eingang finden sollten. Darum werben wir derzeit hier im Hause. Wir haben dafür nicht die qualifizierte Mehrheit. Bekanntlich braucht man dafür eine Zweidrittelmehrheit. Wir hätten uns wirklich sehr gewünscht, dass über diese Frage zunächst einmal eine vernünftige, sachorientierte Diskussion geführt wird und das Thema nicht von Anfang an von den GRÜNEN, von wem auch sonst, durch einen Gesetzentwurf torpediert wird, von dem man sehr wohl weiß, dass er keine Mehrheit finden wird. Gleichzeitig will man mit diesem Gesetzentwurf die anderen Fraktionen anstacheln. Das ist keineswegs ein Weg, den man beschreiten sollte.

Die Beratung in den Ausschüssen folgt wie immer. Wir haben jetzt und hier die Erste Lesung. Das Ergebnis dürfte aber schon feststehen. Was die Beratung vielleicht erbringen könnte, ist - das würde ich mir wünschen, und darum bitte ich Sie auch herzlich -, dass Sie noch einmal in sich gehen und überlegen, ob es nicht vielleicht doch sinnvoll sein könnte, entsprechend unserem Staatsverständnis, unserer Identität und unserem Verhältnis zum Freistaat Bayern Dinge, die wesentlich sind - wie die Schuldenbremse -, in die Bayerische Verfassung hineinzuschreiben. Anschließend könnten wir darüber diskutieren, ob es noch eines Ausführungsgesetzes dazu bedarf oder nicht.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Für die SPDFraktion hat jetzt Herr Kollege Volkmar Halbleib das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein gewisses emotionales Verständnis habe ich für den Gesetzentwurf der GRÜNEN durchaus. Herr Kollege König, es ist schon so: Eine Verfassungsänderung, die der Bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende erstmals beim Politischen Aschermittwoch in Passau verkündet, ist so eine Sache. Da müssen Sie sich in Fragen des Staats- und Verfassungsverständnisses schon einmal an die eigene Nase fassen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Sie hätten durchaus einräumen können, dass es keine gute Idee war, die Debatte dort beginnen zu lassen.

Der Verfassungstext, der von Ihnen vorgelegt wurde, lässt viele Fragen offen. Ich denke, das werden wir auch im Gespräch und der Antwort, die Sie avisiert haben, noch zum Ausdruck bringen.

Ich kann mir die politische Bemerkung nicht ersparen: Diejenigen, die für die größte Nettoneuverschuldung im Freistaat Bayern in den letzten Jahren verantwortlich sind, stellen sich hier als Gralshüter der Schuldenbremse hin. So geht das schon gleich gar nicht.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN - Alexan- der König (CSU): Das ist Unsinn! Wollten Sie die Sparkassen und die Landesbank pleite gehen lassen? Wollten Sie das?)