Protocol of the Session on May 23, 2012

Das sind alles grundsätzlich formelle Änderungen das wurde bereits gesagt -, die natürlich unsere Zustimmung finden. Für uns FREIE WÄHLER ist es wichtig, dass für die Kommunen keine zusätzlichen Kosten entstehen. Bayern muss lediglich bei der Erstellung einer Bundesstatistik mitarbeiten. Hier entstehen einige Vollzugskosten. Aber auch für Unternehmen und Arbeitgeber entstehen keine zusätzlichen Kosten.

Dennoch hat dieses Bundesgesetz einige Schwachpunkte, die wir in den Ausschüssen vielleicht nochmals diskutieren müssen. Zum einen geht es um den Rechtsanspruch auf Beratung; denn für Leute, die sich umschulen lassen müssen, ist Beratung notwendig, um einen Überblick zu geben, an welcher Stelle sie einsteigen oder wo sie sich noch zusätzlich qualifizieren müssen. Das muss noch geregelt werden. Auch die Finanzierung ist für die Betroffenen noch nicht befriedigend geregelt. Es fehlen zum Beispiel Hinweise, wer die Kosten für Prüfungen, für Arbeitsproben und Fachgespräche übernimmt, wenn keine Dokumente vorliegen. Deswegen brauchen wir diese Ausführungsbestimmungen.

Der heute vorliegende Gesetzentwurf ist relativ unproblematisch; denn Hauptsache ist das Bundesgesetz. Wir setzen dieses Gesetz nur landesrechtlich um. Dennoch brauchen wir die Diskussion in den Ausschüssen. Interessant ist der Gesetzentwurf auch deshalb, weil es sich um eine Änderung zweier fachlich voneinander völlig unabhängiger Gesetze handelt. Im Falle des Aufnahmegesetzes wird das Kostenerstattungsverfahren neu geregelt. Dazu möchte ich eigentlich gar nicht viel sagen, denn das ist bereits von der Frau Ministerin ausgeführt worden. Wir müssen diese Regelung ändern, weil Bayern nach der bisherigen Gesetzeslage benachteiligt wurde. Auswirkungen auf die Leistungsbezieher gibt es nicht. Das ist für uns wichtig. Laut Staatsregierung werden die Bezirke entlastet.

Fazit: Der heute vorliegende Gesetzentwurf zu zwei unterschiedlichen Bereichen bringt formelle Änderungen, die an sich unproblematisch sind. Die konkrete Umsetzung in den Bundesländern und damit auch in Bayern wird in den jeweiligen Ausschüssen noch zu Diskussionen führen. Ich habe vorhin zwei Beispiele genannt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Ackermann für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wie bereits ausgeführt wurde, ist am 01.04.2012 das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz - ein schöner Name - in Kraft getreten. Wir finden, dass es nicht gerade der große Wurf ist. Es ist zwar positiv, dass künftig alle Personen mit ausländischen Berufsabschlüssen unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft und ihrem Wohnsitz Zugang zu Anerkennungsverfahren erhalten werden. Aber das ist, gemessen an dem Ziel des Gesetzes, die Chancen von Menschen mit ausländischen Qualifikationen auf Integration in den deutschen Arbeitsmarkt zu verbessern, zu wenig; denn das war die vollmundige Ankündigung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Gesetzentwurf enthält keinen Anspruch auf Beratung und Begleitung der Betroffenen im Verfahren. Er fällt hier sogar hinter das Eckpunktepapier der Bundesregierung aus 2009 zurück, in dem die Idee von Erstanlaufstellen erwogen wurde. Die Frage, ob und wie vor Ort Beratungsangebote verstärkt werden, wird damit stark von der jeweiligen Kassenlage abhängen. Völlig offen bleibt, wer zukünftig Qualitätssicherung, Einheitlichkeit, Fairness der Anerkennungsverfahren und Bewertungskriterien beurteilen soll. Kurz: Dieser

Gesetzentwurf ist weit davon entfernt, eine Willkommenskultur zu signalisieren; denn er baut weitere Hindernisse für Zuwanderer und ausländische Fachkräfte auf. Er ist deutlich zu kurz gesprungen. Auch deshalb hat ihn die Bundestagsfraktion der GRÜNEN abgelehnt. Das ist der eine Teil dieses Gesetzes.

Der andere Teil des Gesetzes beschäftigt sich mit dem Aufnahmegesetz. Da ist der Staatsregierung vor nunmehr zehn Jahren ein verhängnisvoller Fehler unterlaufen. Sie hat das nämlich folgendermaßen geregelt - ich zitiere -: "Soweit unbegleitete minderjährige Personen im Sinne von Artikel 1 Anspruch auf Leistungen der Jugendhilfe nach dem Sozialgesetzbuch VIII haben, ist der Freistaat Bayern den Trägern der Jugendhilfe erstattungspflichtig." Sie haben dabei übersehen, dass es eine bundesweite Regelung über einen Kostenausgleich zwischen den Ländern gibt, den Sie natürlich bereits seit 2002 hätten in Anspruch nehmen können. Sie haben aber zehn Jahre lang geschlafen und es nicht gemerkt. Erst als ein Gericht auch noch die Rechtmäßigkeit festgestellt hat, dass allein der Freistaat Bayern kostenpflichtig ist, weil es so im Gesetz steht, sind Sie aufgewacht. Jetzt ändern Sie das Gesetz und schreiben hinein, dass jetzt die bundesweite Regelung gelten solle. Es wäre ein schöner Zug, wenn Sie das gewollt und zugunsten der unbegleiteten Minderjährigen absichtlich gemacht hätten. Aber das war leider nicht der Fall. Es war ein handwerklicher Fehler, den Sie im Moment ausbessern. Es ist ein relativ schwaches Bild, acht Jahre lang nicht zu merken, dass man etwas Falsches in das Gesetz geschrieben hat.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion hat jetzt Frau Kollegin Meyer das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dieser Ersten Lesung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Berufsbildungsgesetzes und des Aufnahmegesetzes behandeln wir zwei unterschiedliche Themenbereiche. Das wird schon in der Überschrift des Gesetzes deutlich. Der erste Themenbereich dreht sich um die Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Berufsbildungsgesetzes, das wir natürlich sehr begrüßen. Diese Regelung wurde von der Bundesregierung bereits so verabschiedet. Es ist natürlich klar, dass Sie vonseiten der Opposition die Gelegenheit nochmals wahrnehmen, das zu kritisieren. Aber darum geht es heute nicht. Diese Änderung ist in Bayern notwendig, da durch das seit 01.04.2012 in Kraft getretene Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz in Bayern die zustän

digen Stellen für die Durchführung des Anerkennungsverfahrens benannt werden sollen. An dieser Stelle ist es wichtig zu erwähnen, dass es sich hier nur um bundesgesetzlich geregelte Berufe handelt, und zwar nur um diejenigen Berufe, die nicht durch Kammern geregelt werden. Für diese wenigen übrigbleibenden Berufe werden die bayerischen Ministerien ermächtigt, innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs Rechtsverordnungen zur Regelung der Anerkennung sonstiger Berufsausbildungen und beruflicher Fortbildungen zu erlassen. Als erste Anlaufstelle soll dabei das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen fungieren. Ein Beispiel dieser nicht in Kammern geregelten Berufe ist die Altenpflegeausbildung. Diese Ausbildung ist gesetzlich geregelt, aber dieser Beruf ist nicht in einer Kammer organisiert. In Bayern wurde die Regierung von Oberfranken durch das Kultusministerium beauftragt, ein Konzept für die Umsetzung zu erarbeiten. Konkret bedeutet dies, dass für Ausländer, deren Ausbildung als nicht gleichwertig anerkannt wird, ein Instrumentarium für Nachprüfungen und Nachqualifizierungen zu entwickeln sein wird. Dies ist in Arbeit und soll bis zum Herbst fertiggestellt sein. Für die Anerkennung landesrechtlicher Berufsausbildungen wurde eine Arbeitsgruppe der Länder eingerichtet, welche derzeit ein Mustergesetz erarbeitet. Dieses Mustergesetz soll nach Fertigstellung dem Ministerrat zugeleitet werden.

Der zweite Themenbereich, um den es in diesem Gesetz geht, dreht sich um eine einheitliche Kostenregelung bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in den Jugendeinrichtungen. Für nach Bayern eingereiste junge Menschen, die nach dem Asylbewerberleistungsgesetz leistungsberechtigt sind und Jugendhilfeleistungen erhalten, gibt es in Bayern bereits zwei Kostenerstattungsverfahren, die sich in weiten Teilen überschneiden. Das wurde bereits gesagt. Nach der Rechtsprechung geht das auf der bayerischen Regelung beruhende Kostenerstattungsverfahren dem bundesgesetzlichen Kostenerstattungsverfahren vor. Auch darauf wurde bereits hingewiesen. Die Folge ist, dass der bayerische Staatshaushalt belastet wird, während andere Länder, die keine vergleichbaren Regelungen haben, die gesamten Jugendhilfekosten in das bundesgesetzliche Kostenerstattungsverfahren einfließen lassen. Diese Praxis soll geändert werden. Für die Jugendlichen wird sich jedoch keinesfalls etwas ändern.

Wir werden den Gesetzentwurf in den Ausschüssen ausführlich diskutieren und ihn dann im Plenum wieder beraten. Wir werden dem Gesetzentwurf voraussichtlich zustimmen; davon gehe ich aus. - Ich bedanke mich bei Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Damit ist die Aussprache geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Soziales, Familie und Arbeit zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? - Das ist der Fall. Das ist so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Änderung der Verfassung des Freistaates Bayern Stärkung der direkten Demokratie, Volksentscheide über konkrete Einzelfragen einführen (Drs. 16/10550) - Zweite Lesung

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat wurden hierfür zehn Minuten pro Fraktion vereinbart. Als Erste darf ich Frau Kollegin Tausendfreund für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN das Wort erteilen. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Grunde hat uns Ministerpräsident Seehofer im letzten Herbst mit seiner Forderung nach mehr direkter Demokratie eine echte Steilvorlage gegeben. Nachdem die Volksabstimmung zu "Stuttgart 21" in Baden-Württemberg aus seiner Sicht positiv ausgegangen ist, hat er Morgenluft gewittert und - im stillen Kämmerlein oder wo auch immer, vielleicht ganz spontan - überlegt, dass eine Volksabstimmung über die dritte Startbahn in Bayern auch ganz schön wäre. Er könnte als derjenige dastehen, der die direkte Demokratie voranbringt. Während einer Verfassungsveranstaltung des Bayerischen Landtages hat er so getan, als ob die CSU in Bayern die Erfinder des kommunalen Bürgerentscheids gewesen wäre. Er hat völlig außer Acht gelassen und nicht erwähnt, dass gerade der kommunale Bürgerentscheid gegen den Willen der CSU durch eine Volksabstimmung in Bayern im Jahre 1995 durchgesetzt worden ist.

Wir haben Herrn Seehofer beim Wort genommen und einen entsprechenden Gesetzentwurf hervorgekramt, den wir bereits in der vorletzten Legislaturperiode eingebracht haben. In dem Gesetzentwurf haben wir aufgezeigt, wie der Wunsch Seehofers, eine Sachentscheidung über ein Infrastrukturprojekt zu initiieren, Wirklichkeit werden kann. Nach der aktuellen Gesetzgebung ist dies nämlich gar nicht oder zumindest nicht einfach möglich.

Während der Verfassungsveranstaltung im Bayerischen Landtag konnte man durchaus beobachten, dass die Beamtinnen und Beamten der Staatsregierung sowie die Kolleginnen und Kollegen der CSU-Fraktion gezuckt haben, als vonseiten des Ministerpräsidenten vorgeschlagen worden ist, eine Volksabstimmung über die dritte Startbahn herbeizuführen. Die Beamten mussten daraufhin prüfen, ob dies rechtlich überhaupt umsetzbar ist. Die Ergebnisse dieser Prüfung und die Antworten aus der Staatskanzlei sowie aus dem Innenministerium haben lange auf sich warten lassen. Daraufhin hat meine Kollegin, Frau Bause, die Anfrage gestellt, wie sich die Staatsregierung einen landesweiten Volksentscheid über den Bau der dritten Startbahn am Flughafen vorstelle. Die Staatskanzlei hat geantwortet, dass hinsichtlich einer Gesetzesvorlage ein Volksentscheid initiiert werden könnte. Dafür müsste es einen Gesetzentwurf über die Start- und Landebahn geben. Außerdem müsste ein Volksgesetzgebungsverfahren eingeleitet werden. Zunächst müssten also Unterschriften der Bürgerinnen und Bürger gesammelt werden. So schlau waren wir vorher auch. Seehofer wollte jedoch direkt einen Volksentscheid initiieren. Er hat die Sammlung von Unterschriften nicht beabsichtigt.

Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir erreichen, dass der Landtag zu Streitfragen einen Volksentscheid initiieren kann, ohne vorher Unterschriften zu sammeln. Ich fasse die Inhalte unseres Gesetzentwurfes zusammen: Wir fordern sowohl die Abstimmungsmöglichkeit per Volksentscheid über Staatsverträge als auch über Sachfragen. Darunter fallen Infrastrukturprojekte wie die dritte Startbahn oder der Bau eines Transrapids. Wir wollen Volksentscheide auch zu haushaltsrelevanten Themen zulassen. Bisher ist der Bayerische Verfassungsgerichtshof sehr streng und lehnt jeden Volksentscheid ab, der nur irgendeine finanzielle Auswirkung hat. Damit werden jedoch die Volksgesetzgebung und der Volksentscheid komplett ausgehöhlt. Sollte ein Volksentscheid zu der Regelung durchgeführt werden, dass Schulklassen nicht mehr als 25 Schüler umfassen dürfen, hätte dieser Volksentscheid die Einstellung zusätzlicher Lehrkräfte zur Folge. Diese kosten selbstverständlich etwas. Damit wäre ein Volksentscheid über diese Frage unzulässig. Das darf nicht sein.

Wir wollen die Hürde für die Unterstützungsunterschriften von 10 % - das sind fast 1 Million Unterschriften - auf 5 % der Stimmberechtigten senken. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass diese Hürde insbesondere in Kombination mit der Amtseintragung und dem Gang ins Rathaus einfach zu hoch ist. Außerdem ist die Eintragungsfrist, die zwei Wochen umfasst, sehr kurz. Daran sind viele Volksbegehren

schon knapp gescheitert. Ich erinnere nur an das Volksbegehren "Aus Liebe zum Wald".

Außerdem soll die Möglichkeit eingeführt werden, dass der Landtag von sich aus einen Volksentscheid beschließt. Die Argumente der CSU-Fraktion tragen nicht. Sie haben uns vorgeworfen, der Gesetzentwurf verstoße gegen die Ewigkeitsgarantie des Grundgesetzes und verletze die Grundsätze der Demokratie. Wo kommen wir denn hin? Ein stärkeres Mitspracherecht unserer Bürgerinnen und Bürger gefährdet nicht die Demokratie.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Füracker?

Das können wir mit einer Zwischenbemerkung machen.

In der Plenarsitzung und im Ausschuss haben die Kollegen Bausback und Heike sehr interessante Ausführungen gemacht. Kollege Bausback meinte, man dürfe nicht an der Verfassung herumdoktern. Kollege Heike hat gesagt, die Verfassung sei kein Spielwerk. Das widerspricht dem, was Sie sonst so planen. Gleichzeitig wollen Sie die Verfassung parallel zu den nächsten Landtagswahlen in vielen Punkten ändern. Sie wollen die Integrationspflicht, die Schuldenbremse und die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in der Verfassung verankern. Plötzlich wollen Sie auch die Freiheit des Internets in die Bayerische Verfassung aufnehmen. Ist das kein Herumdoktern an der Bayerischen Verfassung?

Ich bin der Meinung, die Stärkung der direkten Demokratie würde eine Verfassungsänderung rechtfertigen. Zu den anderen Punkten werden fragwürdige Verhandlungen zwischen den Fraktionen nach folgendem Motto stattfinden. "Krieg ich die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse, kriegst du die Schuldenbremse." Vielleicht bekommen die FREIEN WÄHLER dann ihren Klimaschutz. Ich warne davor, auf diese Art und Weise an unserer Verfassung herumzudoktern.

Als Fazit bleibt festzustellen, dass die Forderungen, die Ministerpräsident Seehofer zur direkten Demokratie aufgestellt hat, von der CSU-Fraktion alles andere als mitgetragen werden. Das kann jeder so bewerten, wie er möchte. Die Staatskanzlei hat das Ansinnen von Herrn Seehofer rechtlich gerade so hingebogen. Somit ist es nicht ganz peinlich geworden. Im Grunde kann ich nur das Fazit ziehen, dass die Ankündigungen von Ministerpräsident Seehofer häufig rein populistisch sind. Es war sehr eindrucksvoll, wie dies entlarvt wurde.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zur Zwischenbemerkung: Herr Kollege Füracker, bitte.

(Vom Redner nicht autori- siert) Frau Kollegin Tausendfreund, ich gebe zu, ich habe nicht jedes Detail gelesen, wie Sie in Ihrem Gesetzentwurf sicherstellen wollen, dass der jeweilige Ausgang von allen akzeptiert wird. Ich frage das vor dem Hintergrund der Volksabstimmung, die in Kürze stattfindet: Vor allem Vertreter Ihrer Partei haben angekündigt, wenn der Flughafenentscheid nicht so ausgeht, wie sie das wollen, werden sie den Entscheid nicht akzeptieren.

Herr Kollege Füracker, das Problem beim Flughafenentscheid ist, dass nur in München abgestimmt wird. Nur die Münchnerinnen und Münchner sind abstimmungsberechtigt. Erklären Sie mir bitte, wie eine Entscheidung, die nur von Münchnern getroffen worden ist, anschließend für das ganze Land gelten soll. Es wird über den Kopf der Freisinger, Erdinger und der sonstigen Bevölkerung hinweg entschieden.

(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH- LERN)

Die Bewohner dieser Landkreise sind vom Flughafen und von einer dritten Startbahn massiv betroffen. Das müssen Sie mir schon einmal erklären. Sie müssten den Weg frei machen für eine landesweite Abstimmung über die dritte Starbahn, dann könnte die Entscheidung auch landesweit gelten. Eine Münchner Abstimmung kann aber nur für München gelten und sie kann nur die Stadt für ihr Handeln innerhalb der Flughafen GmbH binden. Machen Sie doch eine landesweite Abstimmung. Wir sperren uns nicht dagegen.

(Albert Füracker (CSU): Sie akzeptieren offensichtlich das Ergebnis der Volksabstimmung nicht!)

- Doch, das tun wir sehr wohl. Allerdings in diesem Fall nur für das Verhalten der Münchner und nicht für das Wohl und Wehe der Bevölkerung in ganz Bayern. Dieser Volksentscheid kann nur die Münchner binden.

(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH- LERN)

Bevor ich in der Rednerliste fortfahre, darf ich Sie darüber informieren, dass die CSU-Fraktion namentliche Abstimmung beantragt hat.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Schon wieder eine Volksabstimmung!)

Herr Kollege Professor Dr. Bausback, bitte.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Tausendfreund, Sie haben wohl inspiriert vom ChampionsLeague-Finale ein Bild aus dem Fußball ausgesucht. Wenn Sie aber schon meinen, dass Ihnen der Ministerpräsident eine Steilvorlage gegeben hat, dann muss ich sagen: Sie haben den Ball in den Münchner Himmel geschossen und nicht im Tor versenkt. Wenn Sie mich zitieren, dann schauen Sie sich das Protokoll bitte genauer an. Ich habe nicht von einem Herumdoktern an der Verfassung gesprochen, ich habe das Protokoll extra noch einmal angesehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Kollegin Tausendfreund, eine Verfassung, die eine so große Tradition hat wie die Bayerische Verfassung, die älter als das Grundgesetz ist, ist eine äußerst komplexe Angelegenheit. Um das mit einem Bild verständlich zu machen: Wenn Sie in einen VW-Käfer den Motor eines neuen Porsche einbauen, ohne Lenkwerk, Bremsen und Sonstiges zu verändern, dann wird es Sie, wenn Sie mit dem Fahrzeug herumfahren, zerbröseln. Man kann eine Verfassung sicherlich in dem einem oder anderen wichtigen Punkt ändern, wenn sich die Umstände verändern. Das haben wir in der Vergangenheit sowohl beim Grundgesetz als auch bei der Bayerischen Verfassung gesehen. Dabei handelt es aber immer um eine Angelegenheit von größtem Ernst. Eine solche Änderung sollte deshalb immer von größter Sorgfalt getragen werden.

Eine solche Sorgfalt kann ich bei Ihnen aber beim besten Willen nicht entdecken. Es geht hier nicht um eine Frage, die sich nur auf den Münchner Flughafen bezieht. Sie stellten einen konkreten Gesetzentwurf zur Abstimmung, und in diesem Gesetzentwurf kann ich bei aller Gutwilligkeit die für eine Verfassungsänderung notwendige Sorgfalt nicht entdecken.

Ich bleibe bei dem, was ich schon in der Ersten Lesung gesagt habe: Ihr Gesetzentwurf würde dazu führen, dass wir ein verfassungswidriges Recht in die Bayerische Verfassung schrieben. Mit der Öffnung des Volksbegehrens und des Volksentscheids für haushaltsrelevante Fragen würden Sie demokratische Grundgedanken in der Verfassung aushebeln. Sie würden das parlamentarische Budgetrecht und die parlamentarische Verantwortung in einem Kernbereich treffen. Das erachte ich als verfassungswidrig. Eine Änderung der Bayerischen Verfassung in dieser Form würde auch gegen Grundsätze des Grundgesetzes verstoßen, die mit der Ewigkeitsgarantie zu Recht gesichert sind.

Die Absenkung des Unterschriftenquorums für ein Volksbegehren verstößt in der konkreten Ausgestaltung, wie Sie sie sich vorstellen, gegen demokratische Grundgedanken der Verfassung. Das wäre, und das hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof in der Vergangenheit schon einmal festgestellt, verfassungswidrig. Die Erweiterung des Gegenstands eines Volksbegehrens auf Entscheidungen im Rahmen der Zuständigkeit des Landtags geht in dieser Pauschalität viel zu weit. Volksentscheide und Volksbegehren sollten sich auf grundsätzliche Dinge beziehen. Die Initiierung von Volksentscheiden durch einen Beschluss des Bayerischen Landtags geht ebenfalls zu weit, denn nach dem Wortlaut Ihres Vorschlags würde es dem Landtag voraussetzungsfrei, das heißt, ohne thematische Begrenzung und ohne qualifizierte Mehrheit, ermöglicht, durch Beschluss sowohl seine Gesetzgebungsbefugnis als auch andere Entscheidungen im Rahmen seiner Zuständigkeit per Volksentscheid zu delegieren. Eine solche Flucht aus der Verantwortung sollte man einem Parlament nicht ohne Eingrenzung auf wesentliche Dinge ermöglichen.