Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten uns aber eines vor Augen halten, und das müssen Sie sich heute anhören: Wenn Sie nicht die Wende zur Wende zur Wende gemacht hätten, wenn wir daran nicht mitgewirkt hätten, dann wären Castoren da. Den Engpass, den Herr Kollege Blume zu Recht beschreibt, hätten wir heute nicht, wenn wir beim ersten Szenario, das von Rot-Grün eingeläutet wurde, dafür gesorgt hätten, dass die Castoren gebaut werden. Jeder hat sich aber darauf verlassen, dass Sie die Wende zur Wende politisch wieder hinbekommen. Das haben Sie auch fast geschafft, aber dann hat uns alle etwas anderes ereilt. Das ist das einzige Manko, das man Ihnen vorwerfen muss. Dafür sind Sie verantwortlich, und da lassen wir Sie nicht raus.
Meine Damen und Herren, wir haben uns deshalb der Stimme enthalten, weil wir derzeit keine Lösung sehen. Ich kann nicht sagen, her mit den Castoren, auch wenn es Blechbüchsen sind; denn das nützt nichts. Wir werden warten müssen, bis die Castor-Behälter abgenommen sind. Ich würde mir allerdings
wünschen, dass der Druck aus der Staatsregierung so hoch wird, dass die Damen und Herren ein bisschen mehr Gas geben, als das offensichtlich im Moment der Fall ist.
Vielen Dank, Herr Kollege Wörner. Nächster Redner ist Herr Kollege Hartmann, gefolgt von Herrn Thalhammer. Bitte, Herr Kollege Hartmann.
Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dankbar dafür, dass die FREIEN WÄHLER diesen Antrag hochgezogen haben. Die Debatte im Umweltausschuss war schon deutlich von einer Unkenntnis des Themas geprägt. Es ist durchaus angemessen, das heute hier nochmals zu diskutieren.
Natürlich ist unumstritten, dass das Gefahrenpotenzial nach der Abschaltung von Isar 1 vor gut einem Jahr geringer ist als vor der Abschaltung. Eines ist auch richtig: dass die Gefahr durch das Abklingbecken nicht behoben ist. Jedem muss die Problematik des Abklingbeckens bewusst sein. Kollege Blume hat im Ausschuss etwas falsch dargestellt. Er hat dargestellt - ich erwähne das heute absichtlich, nachdem er gerade so über Kollegen Aiwanger hergezogen ist -, dass das Abklingbecken ebenso geschützt sei wie der Kern. Das ist definitiv nicht so; da ist ein gewaltiger Unterschied. Wir alle wissen, dass sich aktuell im Abklingbecken circa 800 Brennelemente befinden, die man verladen könnte. Diese Problematik ist auch nicht ganz neu.
Im Ausschuss wurde von den Kolleginnen und Kollegen immer wieder angeführt, dass das vor 30 oder 40 Jahren keinen interessiert hat. Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, damals wurde der Müll nach Frankreich und England gefahren und kam in Castor-Behältern nach Gorleben zurück. Das Thema hat die Leute damals interessiert. Es war der Frage geschuldet, wohin mit dem Müll, wo kann er zwischengelagert werden, dass damals das Thema Wiederaufbereitungsanlage aktuell wurde. Jetzt schiebt man den Schwarzen Peter von einem zum anderen. Einmal ist die vorzeitige Abschaltung verantwortlich. Die 800 Brennelemente, die bereits abgeklungen sind, liegen schon länger im Abklingbecken und hätten schon längst verladen und im Standort zwischengelagert werden können.
Seit fast zwei oder drei Jahren wird der Schwarze Peter vom Umweltministerium zum Betreiber geschoben. Der Betreiber schiebt ihn zur Firma GNS, welche
die Castoren herstellt. Die Firma GNS - Gesellschaft für Nuklear-Service mbH - ist zu 48 % im Besitz von Eon. Die übrigen Anteile halten die drei weiteren Kernkraftwerksbetreiber. Die Aussagen des Umweltministeriums beruhen auf dem, was der Betreiber sagt. Der holt sich die Informationen vom Hersteller, der aber im Besitz des Betreibers ist. Dass der Betreiber, also Eon im Falle von Isar 1, aktuell kein Interesse daran hat, Brennelemente zu verladen, liegt auch auf der Hand. Man kann zwei und zwei zusammenzählen. Das Brennelementelagerbecken verursacht Kosten. Was gekühlt werden muss, muss umgepumpt werden. Ein volles oder teilweise entleertes Brennelementelagerbecken verursacht die gleichen Kosten. Wenn bereits jetzt umgeladen wird und die Castoren besorgt werden, fallen schon heute zusätzliche Kosten an. Das ist skandalös. Für Eon geht Wirtschaftlichkeit vor Sicherheit. Das kann nicht sein. Vonseiten der Staatsregierung muss mehr Druck ausgeübt werden.
Ein Hersteller, der Kernkraftwerksbetreiber ist, will uns weismachen, dass er die Castoren nicht so schnell liefern kann. Das kann man nicht einfach so stehen lassen. Vielmehr muss man die Frage stellen: Warum wurden die neuen Behälter erst so spät beantragt? Warum erst im Jahre 2008? Warum wurden die Unterlagen für die Genehmigung, die vom Hersteller der Castoren-Behälter immer wieder nachgereicht werden sollten, nur stückchenweise nachgereicht? Warum hat sich das so lange hingezogen? Dahinter steckt doch ein System. Man wollte nicht so zügig fertig werden. Deshalb unterstützen wir den Antrag der FREIEN WÄHLER, da die Staatsregierung einen größeren Druck auf Eon ausüben muss.
Der nächste Redner ist Herr Kollege Thalhammer. Ihm folgt Herr Staatsminister Dr. Huber. Bitte schön.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kein einziges Kraftwerk hat ausschließlich Vorteile. Die Kernenergie hat den immensen Nachteil, dass der erzeugte Abfallstoff ganz besonders schwierig zu entsorgen und ganz besonders gefährlich ist. In einem einzigen Punkt bin ich mit Herrn Aiwanger einer Meinung: Dort muss gelten, was für jeden Häuslebauer, jeden Handwerker und jeden Mittelständler gilt. Um den Müll, den man selber verursacht, muss man sich auch selber kümmern. Das soll auch entsprechend für große Konzerne gelten.
Herr Kollege Wörner hat darauf verwiesen, dass wir durch die Wende von der Wende die Situation verschlimmert haben.
Durch die Verlängerung der Laufzeit des Kernkraftwerks Isar 1 sind neue Brennelemente eingesetzt worden, die aufgrund des Ausstiegs nicht aufgebraucht werden können. Aus diesem Grund ist noch ein größeres Gefahrenpotenzial vorhanden. Das hat er uns vorgeworfen - zu Recht. Herr Kollege Wörner, nehmen Sie mir es bitte nicht übel, wenn ich Ihnen vorwerfe, dass Sie das Problem mit den Abfallstoffen aus den Kernreaktoren auch jahrelang verschlafen haben. Rot-Grün hat damals beschlossen, aus der Kernenergie auszusteigen, und vergessen, sich um die Abfallstoffe zu kümmern. Ganz im Gegenteil: Es wurde sogar ein Moratorium eingeführt, dass man sich um eine Suche nach einer Endlagerstätte für diesen schmutzigen Abfall nicht weiter kümmern darf. Herr Kollege Wörner, das gehört auch zur Wahrheitssuche. Ich bin sehr froh, dass der Bund dem Antrag von CSU und FDP aus Bayern gefolgt ist. Das Denkverbot zu Endlagerstätten für die abgebrannten Brennstäbe wurde endlich aufgehoben. Endlich suchen wir nach einer Lösung, mit der wir späteren Generationen sagen können: Wir leben nicht nur auf Kosten der kommenden Generationen.
Das Anliegen der Kollegen der FREIEN WÄHLER ist nachvollziehbar. Wie andere Vorredner sage ich: Ja, wir würden das Problem gerne lösen. Im Moment geht es aber nicht. Wir können das Problem aus zwei Gründen nicht lösen. Die Castor-Behälter gibt es nicht. Der Vorwurf, die Bayerische Staatsregierung hätte etwas verschlafen, stimmt nicht. Der Betreiber hat bereits im Jahre 2008 die neuen Castor-Behälter bestellt. Das Genehmigungsverfahren ist jedoch noch immer nicht abgeschlossen. Das liegt unter anderem daran, dass jeder einzelne Castor-Behälter neu geprüft werden muss. Selbst wenn ein Castor-BehälterTyp grünes Licht erhält, erhalten die Nachbauten nicht automatisch grünes Licht. Stattdessen wird jeder Castor-Behälter einzeln geprüft.
Es wäre wünschenswert, wenn es schneller gehen würde. Wir können nur appellieren, dass die Castoren schneller bereitgestellt werden. In einem Punkt bin ich mit den meisten hier im Hause einer Meinung. Es ist nicht sinnvoll, die abgebrannten Brennstäbe im Abklingbecken oder neben dem Kraftwerk zu lagern.
Selbstverständlich wäre ein Endlager besser. Dieses haben wir jedoch unter anderem wegen des Moratoriums, dem Denkverbot von Rot-Grün, nicht.
Folgendes ist falsch dargestellt worden: Im Abklingbecken, dem Nasslager, befinden sich derzeit 1.734 Elemente. Das ist die Zahl aus dem Ausschuss. Die habe ich nachgelesen. Das ist die aktuelle Situation. Herr Aiwanger, Ihre Darstellung kann man vor diesem Hintergrund bemängeln. Laut Ihrer Darstellung können die Brennelemente nach Abstellung von Isar 1 sofort alle im Untergrund verbuddelt werden.
Ein Brennelement, das aus dem Reaktorkern kommt, muss auf alle Fälle fünf Jahre lang in diesem Nasslager zwischengelagert werden, damit es überhaupt transportfähig ist. Das gehört zur Wahrheit.
Summa summarum: Liebend gerne würde ich Ihren Antrag unterstützen und sagen: Jawohl, endlich weg und endlich endlagern. Im Moment geht es jedoch nicht. Deswegen müssen wir die Realität anerkennen und Ihren Antrag leider ablehnen.
Herr Kollege Thalhammer, mit Ihrer letzten Aussage haben Sie sich und Herrn Blume selbst enttarnt. Gerade haben Sie gesagt, diese Brennelemente müssten fünf Jahre im Abklingbecken liegen, bis sie überhaupt zwischenlagerfähig sind. Das bedeutet, die 800 zwischenlagerfähigen Brennelemente stammen aus den Jahren 2007 und 2008. Das ist deutlich vor dem Atomausstieg. Die Brennelemente hätten ohnehin in Castoren transportiert werden müssen, egal, ob wir aussteigen oder nicht. Selbst wenn die Atomausstiegspläne nicht durchgesetzt worden wären, wären wir derzeit nicht in der Lage, ordnungsgemäß zwischenzulagern. Damit sind es Lügen, die Sie vorher verbreitet haben. Sie haben gesagt: Wir sind durch den Ausstieg vom Ausstieg überrumpelt worden. So hat es auch Herr Blume dargestellt. Durch den Unfall in Fukushima ist die Öffentlichkeit auf diesen Zustand erst aufmerksam geworden. Ansonsten war es offensichtlich gute fachliche Praxis, Kosten einzusparen und das Zeug relativ unsicher im Abklingbecken rumgammeln zu lassen. Die Castoren hätte man so oder so nicht gehabt. Stimmen Sie mir zu?
Lieber Herr Kollege Aiwanger, Ihre Aussage steht nicht im Widerspruch zu meinen Aussagen. Ich habe gesagt, dass durch die Laufzeitverlängerung neue Brennelemente in den Reaktorkern eingesetzt worden sind.
- Lassen Sie mich bitte ausreden. Das gehört zur Wahrheit dazu. Die Brennelemente befinden sich jetzt im Nassbecken. Demzufolge ist die Anzahl so hoch.
(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Die Zahl interessiert uns nicht! Uns interessieren die 800 alten Brennelemente!)
- Mich interessieren auch die neuen Brennelemente. Sie interessieren nur die 800 alten Brennelemente. Wir von der FDP versuchen, uns den Problemen ganzheitlich zu widmen.
Im Hinblick auf die 800 alten Brennelemente haben Sie recht. Ich sage Ihnen auch, warum Sie recht haben. Ich sage Ihnen ebenfalls, warum es völlig egal ist, ob eine politische Energiewende beschlossen worden ist oder nicht. Selbst wenn Rot-Grün an der Regierung wäre, gäbe es keine Castoren.
Die Brennelemente sind nicht transportfähig. Im Jahre 2008 wurden neue Castor-Behälter beantragt, die jedoch noch nicht zur Verfügung stehen. Der Herr Umweltminister wird gleich bestätigen, dass wir die 800 alten Brennelemente bereits gerne im Endlager hätten. Wir haben zwei Probleme: Es stehen keine Castoren zur Verfügung. Außerdem haben wir immer noch kein Endlager, weil Rot-Grün damals gesagt hat: Wir wollen uns nicht weiter auf Endlagersuche begeben. Rot-Grün hat mit dem Moratorium ein Denkverbot erlassen. Das hat Schwarz-Gelb endlich geheilt.
und Kollegen! Ich glaube, es wäre ganz gut, ein bisschen die Luft aus dem Ganzen zu nehmen. Ich glaube, wir wären auch relativ schnell fertig. Herr Aiwanger, die Forderung, dass wir uns darum bemühen, dies so schnell wie möglich in die Zwischenlager zu überführen, teilen wir.
Herr Aiwanger, eines muss ich Ihnen schon sagen: Eine Hysterie aufzubauen, das Nasslager im Reaktorgebäude sei unsicher und direkt mit Fukushima zu vergleichen, ist nicht in Ordnung.