Wetten wir? Es wäre ein Fehler in der bayerischen Politik, wie Sie in größer kaum machen hätten können. Der Transrapid wird nicht realisiert werden. Was Herr Beckstein dazu sagt, weiß ich sowieso.
Kommen wir zum traurigsten Kapitel Ihrer Regierungserklärung und Ihres Zukunftsprogramms, zur Bildung. Von Prioritätensetzung ist da keine Spur. Seit Jahren dümpelt der Anteil für Schulen an den Ausgaben im Staatshaushalt bei mageren 17 % ohne jede Steigerung.
Das wäre, wie wenn es hier zum Dach hereinregnete und Sie verteilten Regenschirme. Das ist doch keine vernünftige Bildungspolitik!
Vielleicht sogar noch kaputte Regenschirme. Wenn es durchs Dach regnet, muss man reparieren, investieren, die Architektur überprüfen, aber es reicht nicht, Regenschirme zu verteilen.
An unseren Schulen fehlt es hinten und vorne. Da gab es einen wunderbaren Satz in der heutigen Regierungserklärung, Herr Stoiber. Der Satz lautete: Der Rohstoff Geist ist das Wertvollste, was wir haben.
Jawohl! Warum investieren Sie nicht in diesen Rohstoff Geist? – Das ist doch die entscheidende Frage. Statt Lehrer einzustellen, schlägt Kultusminister Schneider allen Ernstes vor, an den Schulen Stunden zu streichen. Das ist doch der Hammer! Statt Lehrer einzustellen, streicht man Unterrichtsstunden. Das war sogar Ihnen zuviel, Herr Stoiber.
Aber mehr fällt Ihnen nicht ein. Wie ist die Lage? – Über 2700 Realschulklassen haben mehr als 31 Schülerinnen und Schüler. Über 2500 Gymnasialklassen haben mehr als 31 Schülerinnen und Schüler. Letzte Woche haben Eltern hier eine Petition mit 180 000 Unterschriften eingebracht. Dabei geht es ihnen um kleine Klassen, weniger Unterrichtsausfall, mehr individuelle Förderung, mehr Lehrer. Es geht ihnen um die Abschaffung des Büchergeldes und um mehr Schulsozialarbeit.
Für die Schulsozialarbeit schlagen Sie 375 Stellen in den nächsten 10 Jahren vor. 375 Stellen in den nächsten 10 Jahren bei 5500 Schulen – wir haben das nachgerechnet: Wenn es an jeder Schule einen Schulsozialarbeiter geben soll, brauchen Sie für dieses Programm 150 Jahre, meine Damen und Herren. In 150 Jahren wäre dann an jeder Schule wenigstens ein Schulsozialarbeiter.
Lassen Sie mich ein Beispiel dafür geben, wie schwach Ihr Programm tatsächlich ist: Sie sehen für den Ausbau der Ganztagsschulen – es wäre nicht schlecht,
wenn Sie sich das Beispiel anhören würden, Herr Ministerpräsident – in vier Jahren 100 Millionen Euro vor.
Zusätzlich. Allein das Investitionsprogramm „Zukunft Bildung und Betreuung“ – IZBB – des Bundes, mit dem die Mittagsbetreuung in Bayern ausgebaut und gefördert wurde, betrug in vier Jahren 596 Millionen Euro. Dieses Geld hat der Bund zusätzlich für Bayern gegeben.
Der Bund gibt sechsmal so viel aus wie Sie für bayerische Ganztagsschulen, obwohl er gar nicht zuständig ist, während Sie gar nichts tun. Das ist doch eine Blamage für Ihre Politik, wenn der Bund sechsmal so viel aufwendet wie Sie, obwohl es Ihre Aufgabe wäre.
Noch ein Wort zu den Hauptschulen. Aha, Sie haben im Münchner Norden eine Hauptschule besucht und festgestellt, dass es dort viele Kinder mit Migrationshintergrund gibt. Sie haben auf über zwei Seiten in Ihrer Regierungserklärung festgestellt, dass in den Hauptschulen der Ausländeranteil besonders hoch ist. Sie haben festgestellt, dass es dort häufi g Kinder mit Erziehungsschwierigkeiten gibt. Sie haben festgestellt, dass es dort Kinder mit Lernschwierigkeiten gibt, und Sie haben festgestellt, dass es an den Hauptschulen soziale Probleme gibt. – Toll! Das ist doch toll! Sie haben nach 14-jähriger Regierungstätigkeit in diesem Jahr gemerkt, dass es Probleme an unseren Hauptschulen gibt.
(Beifall bei der SPD – Johanna Werner-Muggen- dorfer (SPD): Da schau her, kaum wartet man 14 Jahre!)
Das ist eine richtig gute, erfreuliche Erkenntnis. Jetzt werfen Sie uns vor, wir machten die Hauptschule madig. Niemand von uns macht die Hauptschule madig. Wir schätzen die Arbeit der Hauptschullehrer und Hauptschullehrerinnen.
Wir wollen auch eine gute Hauptschule. Das Problem ist aber nicht, dass wir die Hauptschule madig machen würden, das Problem ist vielmehr, dass Sie die Hauptschule in den letzten Jahren kaputt gemacht haben. Das ist das entscheidende Problem.
Weil Sie die Hauptschule am langen Arm verhungern lassen, suchen sich die Eltern für ihre Kinder andere Schulen.
Deswegen bluten die Hauptschulen aus. Und jetzt schließen Sie erst die Teilhauptschulen; dann sperren Sie alle anderen Hauptschulen zu. Das ist Ihre Politik.
Sie sollten uns nicht vorwerfen, wir machten die Hauptschule madig, wenn Sie sie kaputtmachen. Das ist doch wirklich ein ungeheuerlicher Vorgang.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, kommen wir zu den Hochschulen. Da gibt es erfreuliche Ergebnisse und Erfolge in der Exzellenzinitiative zu vermelden. Aber die Studienbedingungen bleiben schlecht. Auch an den Exzellenzuniversitäten in München sitzen die Studenten in den Vorlesungen auf dem Boden. Auch an Exzellenzunis sind die Seminarräume überfüllt. Überall herrscht Überlast. Auch das ist eine Folge fehlender Investitionen in die Hochschulen. Herr Goppel hat das Investitionsdefi zit, den akuten Investitionsbedarf für die nächsten zwei oder drei Jahre in Bayern auf rund 3 Milliarden Euro beziffert. Und was steht in Ihrem Zukunftsprogramm? – 275 Millionen. Das ist doch keine Antwort, wenn in München das Dach eines Universitätsgebäudes einstürzt und wenn es in Regensburg schon wieder durchs Dach hereinregnet. Das ist doch keine Antwort auf die Herausforderungen an den Hochschulen.
Stattdessen haben Sie auch noch Studiengebühren eingeführt, und zwar nach Ihrem Motto: Der Staat muss sparen; da sollen sich doch lieber die Eltern und die Studierenden verschulden. Das ist Ihr Motto. Wir sparen, die Eltern werden abgezockt, die Studierenden sollen sich lieber verschulden. Das ist fürwahr keine gute Politik.
Kommen wir zum Kapitel „Kinder und Verbesserung der Kinderbetreuung“. Auch hier sage ich Ihnen: Hören Sie endlich auf, uns zu diffamieren!
Im Gegensatz zu Ihnen akzeptieren wir nämlich bei jedem Mann, bei jeder Frau, bei jeder Familie, welchen Lebensentwurf sie wählen und leben wollen.
Für uns sind zwei Dinge wichtig: erstens das Wohl des Kindes, zweitens die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Männer und Frauen.
Wir sind absolut nicht der Meinung, Herr Stoiber, dass es eine Verpfl ichtung zum Besuch einer Kinderkrippe geben sollte. Dieser Vorschlag ist jüngst in den Medien aufgetaucht: Verpfl ichtung zum Besuch einer Krippe. Dieser Vorschlag kam aber nicht von uns, sondern wurde von der stellvertretenden Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes gemacht; das ist Frau Ingrid Sehrbrock. Jetzt raten Sie einmal, welches Parteibuch diese Frau in der Tasche hat. Das ist kein SPD-Parteibuch. Diese Frau gehört der CDU an. Sie ist die Einzige, die bisher von der Verpfl ichtung zum Besuch einer Kinderkrippe gesprochen hat. Wir waren das nicht. Hören Sie deshalb auf, uns zu diffamieren.
Wir meinen im Gegenteil: Jede Familie muss frei entscheiden können. Es ist nicht Sache des Staates, hier die Vorgabe zu machen oder die Entscheidung zu treffen. Die Sache des Staates, Herr Herrmann, ist eine andere: Er muss die Voraussetzungen schaffen, damit diese Wahlfreiheit überhaupt möglich ist.