Zweitens. Sogar mit den 750 Millionen Euro fallen Sie hinter Ihre eigenen Ankündigungen zurück; Herr Faltlhauser hat noch im Mai von einer Milliarde Euro gesprochen.
Drittens. Angesichts des immensen Investitionsrückstandes, der sich in den letzten Jahren angehäuft hat, ist das Volumen sowieso zu niedrig: Investitionsstau bei den Staatsstraßen, beim Denkmalschutz,
beim Tourismus, bei den Hochschulen, bei Forschung und Entwicklung, bei den Schulen, der Kinderbetreuung; die Liste ist endlos.
Noch einmal kurz zu der Frage, warum Sie 2008 750 Millionen Euro und in den Folgejahren nur noch jeweils 250 Millionen Euro ausgeben.
Wissen Sie es auch schon, Herr Sinner? – 2008 sind Landtagswahlen, und die wollen Sie nicht verlieren.
Ich sage Ihnen: Damit wird der Staatshaushalt zur Wahlkampfkasse der CSU – Machterhalt statt Zukunftsperspektive ist hier das Motto.
Nach der Landtagswahl können Sie – so denken Sie sich das – die Wahlversprechen getrost wieder brechen.
Was habe ich hier aus Ihrem Mund heute hören müssen? – „Wir haben nach der letzten Landtagswahl Wort gehalten“, haben Sie gesagt.
Sie haben die Menschen im Land belogen. Fragen Sie den Bayerischen Beamtenbund, er hat Ihnen offen Wahlbetrug vorgeworfen, aber nicht nur er; auch die Gymnasiallehrer haben Ihrem Wort vertraut, dass es beim neunjährigen Gymnasium bleibt. Sie haben Ihre Meinung über Nacht geändert, entgegen Ihren Versprechungen vor der Wahl.
Dann haben Sie das Land mit sozialen Kürzungen überzogen. Davon betroffen waren die Familienbildung, die Erwachsenenbildung, die Freie Wohlfahrtspfl ege, die Jugendarbeit, die Sportförderung, der öffentliche Dienst, die Polizei und so weiter und so weiter. Alle waren sie davon betroffen. Jetzt höre ich aus der CSU-Fraktion kleinlaut, dass man die damaligen Kürzungen vielleicht in diesem Jahr wieder zurücknehmen könnte.
Übrigens wird von Ihnen gerade eine Legende in Umlauf gebracht, die Legende von der Stoiber-Dividende: Hätten wir das Land nicht mit dieser unsozialen Kürzungsorgie überzogen, dann hätten wir heute nicht die Möglichkeiten für dieses Zukunftsprogramm. – Das ist falsch. Sie fi nanzieren dieses Zukunftsprogramm nämlich aus dem konjunkturellen Aufschwung. Das ist die Antwort. Sie haben das Glück – und das gönne ich den Menschen in diesem Land und auch Ihnen –,
dass Sie aufgrund der Politik, die die frühere SPD-geführte Bundesregierung in den letzten Jahren gemacht hat, jetzt einen konjunkturellen Aufschwung mit Steuermehreinnahmen vorfi nden.
Da brauchen Sie gar nicht dazwischen zu rufen. Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, dann gäbe es zum Beispiel die Gewerbesteuer heute schon nicht mehr, das fi nanzielle Rückgrat der Kommunen. Sie bringen hier eine Legende in Umlauf.
Erstens. Wir brauchen in der Tat eine Haushaltspolitik für Vollbeschäftigung. Das heißt, wir brauchen gute Regional- und Strukturpolitik, damit zusätzliche Arbeitsplätze dort entstehen, wo die Arbeitslosigkeit in Bayern immer noch zu hoch ist. Das heißt auch, wir brauchen dort aktive Arbeitsmarktpolitik, wo jetzt bereits ein Fachkräftemangel herrscht.
Dieses können und wollen wir nicht durch Zuwanderung lösen, sondern durch Qualifi zierung und Weiterbildung, durch Maßnahmen für über 50-Jährige und durch bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Davon habe ich heute nichts gehört. Zu einer Politik für Vollbeschäftigung gehört natürlich auch, dass wir darüber reden, dass für gute Arbeit ein fairer und gerechter Lohn bezahlt wird.
Das gehört dazu. Ich kann nicht verstehen, warum Sie sich zum Beispiel der Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn immer noch widersetzen. Ich habe bei der Tagung des Bayerischen Städtetages in der letzten Woche zur Kenntnis genommen, dass der CSU-Oberbürgermeister aus Ingolstadt beantragt hat, das Thema „gesetzlicher Mindestlohn“ positiv befürwortend in die Beratungen des Städtetags aufzunehmen. Ihre Basis ist wieder einmal weiter als Sie hier im Hohen Haus.
Kernbestandteil einer Haushaltspolitik für Vollbeschäftigung ist die deutliche Erhöhung der Investitionsquote. Diese ist während Ihrer 14-jährigen Amtszeit von 21,6 % im Jahr 1993 auf sage und schreibe 11,8 % in diesem Jahr abgesunken. Das ist historischer Tiefstand, Herr Faltlhauser. Das ist kein Ergebnis einer guten Finanz- und Haushaltspolitik.
Das hat Wohlstand, Wachstum und Arbeitsplätze gekostet. Gerettet haben Sie sich in der Tat nur dadurch, dass Sie in den letzten 14 Jahren sämtliches öffentliches Eigentum der Bürgerinnen und Bürger privatisiert und verscherbelt haben. Für Ihre Nachfolger ist nichts mehr davon übrig. Dieser Weg ist ihnen verbaut. Das Hofbräuhaus, Herr Beckstein, hätten wir noch. Ansonsten ist dieser Weg verbaut.
(Prof. Dr. Kurt Faltlhauser (CSU): Der erzählt so einen Schmarrn, der hinten und vorn nicht stimmt!)
Wenn Sie schon hier vorne sitzen, Herr Faltlhauser –, was ist denn nach diesen sieben Jahren geblieben? – Das Münchner DAX-Unternehmen Viag, einst der Ausweis großer bayerischer Wirtschaftspolitik, ist eliminiert. Stimmt das oder stimmt das nicht?
Die in München angesiedelte Eon-Zwischenholding Eon Energie AG erhält ihre Befehle aus Düsseldorf. Beide Vorstände sind bayernfreie Zone. Die traditionsreiche ViagChemietochter SKW Trostberg ist im neu geschmiedeten Degussa-Konzern auf- bzw. untergegangen. Degussa gehört mittlerweile zum Ruhrgebietskonzern RAG, der
Oder sollen wir über die beiden großen bayerischen Banken reden, die Vereinsbank und die Hypobank? Was ist von ihnen geblieben? – Beide sind mittlerweile in italienischem Besitz, Herr Faltlhauser. Auch das gehört zur Bilanz bayerischer Wirtschaftspolitik. Das sind keine großen Meisterleistungen. Das hätte man auch dazu sagen müssen.
Das größte Investitionsprojekt, das Sie vorgestellt haben, ist Ihr Lieblingskind, der Transrapid in München. Bei diesem Thema war es heute merkwürdig still; das ist mir aufgefallen.
Große Begeisterung kam nicht mehr auf, und das kann ich mir auch erklären. In Wahrheit steht der Transrapid längst auf dem Abstellgleis, und er wird von dort auch nicht mehr wegkommen. Ich verstehe nicht, warum Sie an diesem unsinnigen Prestigeprojekt festhalten und tatsächlich fast die gesamten Eon-Erlöse dafür aufbrauchen wollen. Ich verstehe es nicht.
Nehmen Sie endlich Abschied von diesem unsinnigen Projekt, das Sie sowieso nicht fi nanzieren können.
Wie schaut es übrigens aus mit dem Gipfeltreffen Stoiber/ Merkel? Letzte Woche – vielleicht können Sie uns dazu Auskunft geben, Herr Huber – waren Sie bei Herrn de Maizière, um vorzufühlen, was geht. Ich sage Ihnen: Gar nichts geht in Berlin. Hören Sie endlich auf, einem Phantom nachzujagen. Herr Dr. Stoiber, Sie werden den Transrapid in Bayern nicht realisieren. Ich setze hinzu: Gott sei Dank.
Wetten wir? Es wäre ein Fehler in der bayerischen Politik, wie Sie in größer kaum machen hätten können. Der Transrapid wird nicht realisiert werden. Was Herr Beckstein dazu sagt, weiß ich sowieso.