Protocol of the Session on July 17, 2007

Zweitens. Sogar mit den 750 Millionen Euro fallen Sie hinter Ihre eigenen Ankündigungen zurück; Herr Faltlhauser hat noch im Mai von einer Milliarde Euro gesprochen.

Drittens. Angesichts des immensen Investitionsrückstandes, der sich in den letzten Jahren angehäuft hat, ist das Volumen sowieso zu niedrig: Investitionsstau bei den Staatsstraßen, beim Denkmalschutz,

(Beifall bei der SPD)

beim Tourismus, bei den Hochschulen, bei Forschung und Entwicklung, bei den Schulen, der Kinderbetreuung; die Liste ist endlos.

Noch einmal kurz zu der Frage, warum Sie 2008 750 Millionen Euro und in den Folgejahren nur noch jeweils 250 Millionen Euro ausgeben.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Komisch!)

Die Antwort ist einfach.

(Zuruf des Staatsministers Eberhard Sinner)

Wissen Sie es auch schon, Herr Sinner? – 2008 sind Landtagswahlen, und die wollen Sie nicht verlieren.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Was für ein Zufall!)

Ich sage Ihnen: Damit wird der Staatshaushalt zur Wahlkampfkasse der CSU – Machterhalt statt Zukunftsperspektive ist hier das Motto.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Nach der Landtagswahl können Sie – so denken Sie sich das – die Wahlversprechen getrost wieder brechen.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Wie beim letzten Mal!)

Was habe ich hier aus Ihrem Mund heute hören müssen? – „Wir haben nach der letzten Landtagswahl Wort gehalten“, haben Sie gesagt.

(Zurufe von der SPD: Oho!)

Sie haben die Menschen im Land belogen. Fragen Sie den Bayerischen Beamtenbund, er hat Ihnen offen Wahlbetrug vorgeworfen, aber nicht nur er; auch die Gymnasiallehrer haben Ihrem Wort vertraut, dass es beim neunjährigen Gymnasium bleibt. Sie haben Ihre Meinung über Nacht geändert, entgegen Ihren Versprechungen vor der Wahl.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Bayerisches Oberstes Landesgericht!)

Dann haben Sie das Land mit sozialen Kürzungen überzogen. Davon betroffen waren die Familienbildung, die Erwachsenenbildung, die Freie Wohlfahrtspfl ege, die Jugendarbeit, die Sportförderung, der öffentliche Dienst, die Polizei und so weiter und so weiter. Alle waren sie davon betroffen. Jetzt höre ich aus der CSU-Fraktion kleinlaut, dass man die damaligen Kürzungen vielleicht in diesem Jahr wieder zurücknehmen könnte.

Übrigens wird von Ihnen gerade eine Legende in Umlauf gebracht, die Legende von der Stoiber-Dividende: Hätten wir das Land nicht mit dieser unsozialen Kürzungsorgie überzogen, dann hätten wir heute nicht die Möglichkeiten für dieses Zukunftsprogramm. – Das ist falsch. Sie fi nanzieren dieses Zukunftsprogramm nämlich aus dem konjunkturellen Aufschwung. Das ist die Antwort. Sie haben das Glück – und das gönne ich den Menschen in diesem Land und auch Ihnen –,

(Prof. Dr. Kurt Faltlhauser (CSU): Das ist grundfalsch!)

dass Sie aufgrund der Politik, die die frühere SPD-geführte Bundesregierung in den letzten Jahren gemacht hat, jetzt einen konjunkturellen Aufschwung mit Steuermehreinnahmen vorfi nden.

(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CSU – Henning Kaul (CSU): Das ist eine Legende!)

Da brauchen Sie gar nicht dazwischen zu rufen. Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, dann gäbe es zum Beispiel die Gewerbesteuer heute schon nicht mehr, das fi nanzielle Rückgrat der Kommunen. Sie bringen hier eine Legende in Umlauf.

Meine Damen und Herren, ich komme zu den von Ihnen gesetzten Prioritäten.

Erstens. Wir brauchen in der Tat eine Haushaltspolitik für Vollbeschäftigung. Das heißt, wir brauchen gute Regional- und Strukturpolitik, damit zusätzliche Arbeitsplätze dort entstehen, wo die Arbeitslosigkeit in Bayern immer noch zu hoch ist. Das heißt auch, wir brauchen dort aktive Arbeitsmarktpolitik, wo jetzt bereits ein Fachkräftemangel herrscht.

Dieses können und wollen wir nicht durch Zuwanderung lösen, sondern durch Qualifi zierung und Weiterbildung, durch Maßnahmen für über 50-Jährige und durch bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

(Beifall bei der SPD)

Davon habe ich heute nichts gehört. Zu einer Politik für Vollbeschäftigung gehört natürlich auch, dass wir darüber reden, dass für gute Arbeit ein fairer und gerechter Lohn bezahlt wird.

(Beifall bei der SPD)

Das gehört dazu. Ich kann nicht verstehen, warum Sie sich zum Beispiel der Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn immer noch widersetzen. Ich habe bei der Tagung des Bayerischen Städtetages in der letzten Woche zur Kenntnis genommen, dass der CSU-Oberbürgermeister aus Ingolstadt beantragt hat, das Thema „gesetzlicher Mindestlohn“ positiv befürwortend in die Beratungen des Städtetags aufzunehmen. Ihre Basis ist wieder einmal weiter als Sie hier im Hohen Haus.

(Beifall bei der SPD)

Kernbestandteil einer Haushaltspolitik für Vollbeschäftigung ist die deutliche Erhöhung der Investitionsquote. Diese ist während Ihrer 14-jährigen Amtszeit von 21,6 % im Jahr 1993 auf sage und schreibe 11,8 % in diesem Jahr abgesunken. Das ist historischer Tiefstand, Herr Faltlhauser. Das ist kein Ergebnis einer guten Finanz- und Haushaltspolitik.

(Zuruf des Abgeordneten Franz Josef Pschierer (CSU))

Das hat Wohlstand, Wachstum und Arbeitsplätze gekostet. Gerettet haben Sie sich in der Tat nur dadurch, dass Sie in den letzten 14 Jahren sämtliches öffentliches Eigentum der Bürgerinnen und Bürger privatisiert und verscherbelt haben. Für Ihre Nachfolger ist nichts mehr davon übrig. Dieser Weg ist ihnen verbaut. Das Hofbräuhaus, Herr Beckstein, hätten wir noch. Ansonsten ist dieser Weg verbaut.

(Prof. Dr. Kurt Faltlhauser (CSU): Der erzählt so einen Schmarrn, der hinten und vorn nicht stimmt!)

Wenn Sie schon hier vorne sitzen, Herr Faltlhauser –, was ist denn nach diesen sieben Jahren geblieben? – Das Münchner DAX-Unternehmen Viag, einst der Ausweis großer bayerischer Wirtschaftspolitik, ist eliminiert. Stimmt das oder stimmt das nicht?

(Prof. Dr. Kurt Faltlhauser (CSU): Das ist faktisch falsch, was Sie erzählen!)

Die in München angesiedelte Eon-Zwischenholding Eon Energie AG erhält ihre Befehle aus Düsseldorf. Beide Vorstände sind bayernfreie Zone. Die traditionsreiche ViagChemietochter SKW Trostberg ist im neu geschmiedeten Degussa-Konzern auf- bzw. untergegangen. Degussa gehört mittlerweile zum Ruhrgebietskonzern RAG, der

wesentliche Bereiche der früheren SKW für seinen Börsengang ausgeschlachtet und verkauft hat.

Oder sollen wir über die beiden großen bayerischen Banken reden, die Vereinsbank und die Hypobank? Was ist von ihnen geblieben? – Beide sind mittlerweile in italienischem Besitz, Herr Faltlhauser. Auch das gehört zur Bilanz bayerischer Wirtschaftspolitik. Das sind keine großen Meisterleistungen. Das hätte man auch dazu sagen müssen.

(Beifall bei der SPD – Jürgen Dupper (SPD): So viel zur Landesliga!)

Das größte Investitionsprojekt, das Sie vorgestellt haben, ist Ihr Lieblingskind, der Transrapid in München. Bei diesem Thema war es heute merkwürdig still; das ist mir aufgefallen.

(Margarete Bause (GRÜNE): Leider war die Transrapidrede diesmal nicht so lustig!)

Große Begeisterung kam nicht mehr auf, und das kann ich mir auch erklären. In Wahrheit steht der Transrapid längst auf dem Abstellgleis, und er wird von dort auch nicht mehr wegkommen. Ich verstehe nicht, warum Sie an diesem unsinnigen Prestigeprojekt festhalten und tatsächlich fast die gesamten Eon-Erlöse dafür aufbrauchen wollen. Ich verstehe es nicht.

(Beifall bei der SPD)

Nehmen Sie endlich Abschied von diesem unsinnigen Projekt, das Sie sowieso nicht fi nanzieren können.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abgeordneten Joachim Wahnschaffe (SPD))

Wie schaut es übrigens aus mit dem Gipfeltreffen Stoiber/ Merkel? Letzte Woche – vielleicht können Sie uns dazu Auskunft geben, Herr Huber – waren Sie bei Herrn de Maizière, um vorzufühlen, was geht. Ich sage Ihnen: Gar nichts geht in Berlin. Hören Sie endlich auf, einem Phantom nachzujagen. Herr Dr. Stoiber, Sie werden den Transrapid in Bayern nicht realisieren. Ich setze hinzu: Gott sei Dank.

(Zuruf des Abgeordneten Joachim Wahnschaffe (SPD))

Wetten wir? Es wäre ein Fehler in der bayerischen Politik, wie Sie in größer kaum machen hätten können. Der Transrapid wird nicht realisiert werden. Was Herr Beckstein dazu sagt, weiß ich sowieso.