Jetzt kommen wir aber zu den Opfern, wie ich Ihnen versprochen habe. Da haben wir Herrn Alfred Sauter, die Zukunftshoffnung aus Schwaben – er ist jetzt leider nicht mehr da. 1998 musste er für Stoiber wegen einer 100-Millionen-Pleite der Wohnungsbaugesellschaft LWS gehen. Was hat er damals zu Ihrem Verhalten gesagt, Herr Dr. Stoiber, als Sie ihm über Handy gekündigt haben?
Dann musste Barbara Stamm wegen der BSE-Krise gehen – ein fränkisches Bauernopfer – und dann die oberbayerische Hoffnungsträgerin Monika Hohlmeier – nicht wegen ihrer Schulpolitik, sondern für ein System von Bespitzelung und Intrigen, das zugleich auch das System Stoiber in diesem Land ist.
Bespitzelung – auch wenn sie nur in das Büro einer unangenehmen Landrätin hineingerichtet ist, in das Büro von Frau Pauli. Mittlerweile hat sich das System sogar bis nach Berlin herumgesprochen. Herr Seehofer sagt zum Beispiel: Ich bin gut informiert, ich weiß viel, ich habe viel Material. Monika Hohlmeier war zwar eine schlechte Kultusministerin, aber diesbezüglich hat sie Schule gemacht.
Wie Streibl sind Sie nicht aus dem Amt geschieden, wie Strauß auch nicht. Der ist im Amt verstorben. Das sind Sie Gott sei Dank nicht. Davor Alfons Goppel: Der hat aus Altersgründen aufgehört. Aber zu alt waren Sie auch nicht, und Ihre designierten Nachfolger sind nur unwesentlich jünger.
Wo bleibt also die Begründung dafür, dass Sie gestürzt worden sind? Was sind die Gründe dafür, einen so tollen Ministerpräsidenten – den besten, Herr Neumeier, wie Sie immer wieder sagen – in die Wüste zu schicken? Vielleicht erfahren wir es heute. Sie haben nichts dazu gesagt. Die CSU hat nichts dazu gesagt. Der KGB hat nichts gefunden, und Herr Beckstein sagt sowieso zu den drängenden Fragen der bayerischen Politik nichts. Kein Wort zum Transrapid, kein Wort zur Bildungssituation und kein Wort zur Kinderbetreuung. Stattdessen redet heute einer darüber, den Sie aus dem Amt gemobbt haben, der mit dem Arbeitsprogramm, das er hier verkündet, nichts mehr zu tun haben wird. Das ist eine ungewöhnliche Situation.
Herr Stoiber musste eine eigene Zukunftskommission einrichten, um den Weg Bayerns in die Zukunft zu beschreiben. 25 veritable Mitglieder – darunter eine Dame –, die Ihnen den Weg Bayerns in die Zukunft beschreiben sollen. Haben Sie eigentlich bemerkt, was das heißt? 124 Abgeordnete der CSU brauchte er nicht zu fragen, denn da hätte er keine vernünftige Antwort für die Zukunft erhalten.
Er brauchte am Ende eine Kommission, der es leichter gefallen ist, bei der SPD Gedanken, Ideen und Zielvorstellungen zu übernehmen und abzukupfern. Das wäre Ihnen falsch oder unehrlich vorgekommen. Die Kommission konnte es tun. Damit war es Ihnen möglich, vieles von dem, was Sie die letzten Jahre gnadenlos bekämpft und hier im Landtag über Jahre abgelehnt haben, jetzt zumindest vom Begriff her zu übernehmen und in Ihr Zukunftsprogramm aufzunehmen. Das ist nichts anderes als Etikettenschwindel, und das ist – wenn es das im politischen Leben gäbe – eine Verletzung des Urheberrechts.
Um den Weg in Bayerns Zukunft, in ein gerechtes und ein modernes Bayern zu fi nden, brauchen Sie die Straßenkarten der SPD, brauchen Sie das Navigationssystem der Opposition, sonst fi nden Sie den Weg in die Zukunft nicht mehr.
Ich habe darüber mit Herrn Professor Henzler gesprochen, Herr König. Professor Henzler hätte in seiner Kommission und hat in seiner Kommission noch sehr viel weiter ge
hende Überlegungen angestellt und diskutiert. Aber er hat gesagt: Mehr konnte ich der CSU nicht zumuten als das. Ich bin sowieso schon in der CSU-Fraktion kritisiert und angesprochen worden, ob da nicht zuviel SPD in diesem Zukunftsprogramm steht. – Da hat man nämlich auch über das dreigliedrige Schulsystem diskutiert. Man hat darüber diskutiert, ob das noch die zukunftsfähige pädagogische Antwort ist. Aber man hat gewusst, wenn man Ihnen das auch noch zumuten würde, dann würden Sie das nicht mehr verkraften. Es steht mit Ganztagsschulen, mit Kinderbetreuung, mit regionaler Wirtschafts- und Strukturpolitik, mit besserer Pfl ege und erneuerbaren Energien schon genug SPD-Programmatik in diesem Zukunftsentwurf. Das ist der Punkt. Das Original für diese Politik ist die Politik der SPD. Sie sind eine schlechte Kopie davon.
Kommen wir zu Ihrem heute vorgelegten Programm: Als Erstes stellt sich die Frage: Warum muss jemand, der 14 Jahre die Geschicke dieses Landes in der Hand hatte, heute, am Ende seiner 14-jährigen Amtszeit, so viele Ankündigungen machen? – Die Antwort ist ganz einfach: Weil das die gesamte Liste Ihrer Versäumnisse ist, die Sie heute als Programm für die Zukunft ankündigen.
Was sollen Eltern heute denken, die schon längst Ihre Kinder in kleinere Klassen schicken möchten, die über Unterrichtsausfall klagen, die gerne eine Ganztagsschule für Ihre Kinder hätten? All das fi nden sie nicht, weil Sie das, was Sie heute großspurig ankündigen, in der Vergangenheit vergessen, versäumt, nicht gewollt, nicht fi nanziert und nicht mitgetragen haben. Sie haben Bayerns Zukunft in den letzten zehn Jahren schlichtweg verschlafen. Das haben Sie heute eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
Was sollen Eltern denken, Herr Herrmann, die einen Krippenplatz für Ihre Kinder wollen und brauchen, aber in Bayern keinen fi nden? Was sollen sie denn denken? Sie müssen immer 10 bis 15 Jahre warten, bis auch Sie auf die Idee kommen, dass Krippen kein sozialistisches Teufelszeug sind, sondern eine gute familienergänzende Einrichtung. Wenn Sie die Stadt München hier anführen, dann sage ich Ihnen eines: Die Hälfte aller Krippenplätze in Bayern gibt es in der Landeshauptstadt München. 10 Prozent der Einwohner und 50 Prozent der Krippenplätze.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN – Jo- hanna Werner-Muggendorfer (SPD): Ohne Landesunterstützung!)
Wo waren Sie denn in den letzten Jahren? Die Münchner CSU verlangt heute für 60 Prozent oder 80 Prozent der Kinder Kinderkrippen, und wenn Sie in Ihren Haushalt schauen, dann müssen Sie feststellen, dass sie dort nicht einmal das Geld haben, um die Krippen, die wir heute schon dringend brauchen, zu fi nanzieren.
Schauen Sie, Herr Dr. Stoiber – Herr Faltlhauser, da habe ich etwas für Sie –: In Niedersachsen hat der Landtag in der letzten Woche einstimmig beschlossen, das letzte Kindergartenjahr kostenfrei für alle Kinder zu stellen. In Niedersachsen einstimmig beschlossen. Kommt Ihnen dieser Vorschlag bekannt vor? – Diese Forderung ist hier von uns erhoben, aber von Ihnen abgelehnt worden. Das wäre einmal Familienpolitik.
Nicht über Familienpolitik schwadronieren, sondern konkrete Leistungen für die Familien auf den Weg bringen. Das wäre der richtige Weg gewesen.
Was sollen die Studierenden denken, die in überfüllten Hörsälen sitzen und dafür jetzt auch noch Studiengebühren zahlen müssen? Was sollen die denn denken?
Was sollen Familien denken, denen Sie das Landeserziehungsgeld radikal gekürzt haben? Davon war heute keine Rede. Sie haben das Landeserziehungsgeld lobend erwähnt, aber die Kürzung verschwiegen.
Was sollen die Polizisten denken, die mit Fahrzeugen mit 300 000 oder 400 000 Kilometer auf dem Tacho herumkurven müssen?
Damit wir uns richtig verstehen: Ich will kein Zerrbild Bayerns malen, und ich will kein Schreckensszenario entwerfen.
Sie erkennen nicht die Chancen und Defi zite. Sie wollen Sie nicht erkennen. Sie sehen damit auch nicht die Chancen für die Zukunft. Sie werden den richtigen Weg nicht fi nden.
Die Frage ist, ob das heute von Ihnen vorgelegte Konzept die richtigen Antworten für die Zukunft gibt. Professor Henzler hat gesagt, es muss ein Quantensprung her. Das ist es nun wahrlich nicht geworden. Angesichts der
Mängelliste, die Ihnen Herr Henzler aufgeschrieben hat, ist das Konzept mit 1,5 Milliarden Euro bis 2011 dürftig und schmalbrüstig, und es kommt viel zu spät. Warum ist es dürftig und nicht der große Wurf?
liegt das Volumen bei 750 Millionen Euro. In den drei folgenden Jahren 2009 bis 2011 sind es dann nur noch jeweils 250 Millionen Euro.
Zweitens. Sogar mit den 750 Millionen Euro fallen Sie hinter Ihre eigenen Ankündigungen zurück; Herr Faltlhauser hat noch im Mai von einer Milliarde Euro gesprochen.