Protocol of the Session on June 13, 2007

Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Biedefeld.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vom Gipfel von Heiligendamm, der nunmehr Geschichte ist, hin zu einem Gipfel im Bayerischen Landtag – wir können hier sagen: zu einem Gipfel der Scheinheiligkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Aus unserer Sicht sind die Ergebnisse, die Heiligendamm gebracht hat, Herr Kollege Kaul, gerade im Hinblick auf die Klimapolitik alles andere als ein Erfolg, sie sind vielmehr mager. Es sind keinerlei konkrete Vorgaben gemacht worden. Man kann die Ergebnisse – das tue auch ich – durchaus als ein Signal in die richtige Richtung bewerten. Die USA haben sich bereit erklärt oder zumindest angekündigt, sich am UN-Klimaprozess zu beteiligen. Aber das ist für uns ein Signal in die richtige Richtung, mehr nicht.

Die getroffenen Vereinbarungen reichen bei Weitem nicht aus. Was Heiligendamm gebracht hat, reicht längst nicht aus. Was den Klimaschutz betrifft, so wissen wir alle, dass uns die Zeit davonläuft. Sinnvoller wäre es gewesen, sich bezüglich der Reduktion der Treibhausgase auf konkrete Ziele zu verständigen. Als Opposition im Bayerischen Landtag wissen wir, wie schwierig es schon ist, mit einer CSU auf Landesebene zurechtzukommen, die ebenfalls nicht bereit ist, sich auf Ziele festzulegen. Wenn sie einmal Ziele festgelegt hat, dann hält sie sie nicht ein. Sie vollzieht die notwendigen Maßnahmen nicht, um die Ziele in die Realität umzusetzen.

(Beifall bei der SPD)

Ich nenne als Beispiel die Regierungserklärung Stoibers von 1995 und das darin genannte Ziel, bis zum Jahr 2000 13 % der Energie aus erneuerbaren Energien zu erbringen. Sie ist nachzulesen in den Protokollen des Bayerischen Landtags. Das Jahr 2000 liegt schon sieben Jahre zurück. Da wollte der Freistaat Bayern einen Anteil der erneuerbaren Energien von 13 % erreichen. Das wurde 1995 angekündigt. 2007, also sieben Jahre nach dem Termin, zu dem das Ziel erreicht werden sollte, liegen wir bei 8 %.

Und was kommt jetzt? Nach einem großen Klimagipfel und einem wiederholten Klimagipfel auf der Zugspitze gibt es neue Ankündigungen, die wieder wie Seifenblasen zerplatzen werden, weil Sie nicht bereit sind, von Ankündigungen endlich zum Handeln überzugehen.

Im Jahr 2000 wollten wir also bei 13 % sein. Jetzt, im Jahr 2007, sagen Sie: Bis zum Jahr 2020 werden wir bei einem Anteil der erneuerbaren Energien von 16 % sein. Das ist Ihre Politik. Da versuchen sich die Staatsregierung und die CSU-Fraktion als Umweltpolitiker zu gerieren. Aber, Herr Kollege Kaul, das wird Ihnen nicht gelingen. Die Menschen sehen nämlich, dass Ihre Politik nicht glaubhaft ist, dass sie sich immer wieder in Ankündigungen erschöpfen, die nicht eingehalten werden. Es fehlen die Taten und vor allem die Haushaltsmittel; dazu werde ich noch kommen.

Ich gehe nicht auf Heiligendamm ein. Wir haben schließlich alles in den Medien mitverfolgt und gelesen. Man kann auch die Protokolle nachlesen.

Unser Thema sind auch Bayerns Klimaschutzinitiativen vor dem Hintergrund der G-8-Beschlüsse. Schauen wir uns doch einmal an, wie es um Bayerns Klimaschutzinitiativen steht. Global denken, lokal handeln – was bedeutet das denn für die Bayerische Staatsregierung und die CSU-Fraktion? Global denken – ja; das sind Ankündigungen. Aber statt zu handeln, wird immer mit dem Finger auf andere gezeigt, auf die Kommunen, unsere Städte und Gemeinden, auf unsere Landkreise. Es wird auch auf die Kirchen gedeutet, die sich jetzt einem Klimabündnis angeschlossen haben und ganz konkrete Maßnahmen auf den Weg bringen. Da muss man wirklich sagen: Ein dickes Kompliment unseren beiden Kirchen in Bayern, der katholischen und der evangelischen Kirche, die nicht nur reden, sondern auch handeln! Ebenso können wir viele positive Beispiele von Kommunen nennen.

Sie zeigen mit dem Finger auf Berlin. Sie verweisen immer wieder auf viele andere. Sie selbst handeln nicht. Wie sieht es denn mit ganz konkreten Maßnahmen im Freistaat Bayern aus, die Sie hier mit Ihrer Zweidrittelmehrheit auf den Weg bringen könnten?

Ich werde jetzt ein paar Punkte konkret ansprechen – Herr Kollege Kaul hat das nicht getan –, wie es mit den Klimaschutzinitiativen in Bayern ist. Wie ist es denn tatsächlich gelaufen? Wir haben gesagt: Wir wollen eine nachhaltige Klimaschutzpolitik. Diese fordern wir seit Jahren. Ich verweise auf die Umweltausschusssitzung vom 24. April 2007, als ich einen Aktenordner mit unseren gesamten Initiativen allein zur Energie- und Klimapolitik dabei hatte. Ich habe in dieser Sitzung die Zeit dazu genutzt, unter Nennung der Drucksachennummern all dies darzulegen, aber alle Anträge wurden von Ihnen abgelehnt.

Wir würden in Bayern schon ganz anders dastehen, wenn Sie endlich vom Reden zum Handeln kommen würden.

(Beifall bei der SPD)

Wie ist es? Was haben wir unter anderem eingefordert? – Wir haben einen jährlichen Klimabericht eingefordert. Wir wollen, dass die Staatsregierung jedes Jahr einen bayerischen Klimaschutzbericht mit Evaluierung der eingeleiteten Maßnahmen vorlegt. Wir brauchen nicht ständig Klimagipfel auf der Zugspitze mit neuen Ankündigungen, wie zum Beispiel die Einsetzung eines neuen Kabinettsausschusses, der federführend unter Minister Schnappauf berät. Sie unterhalten sich jetzt neu über den Klimaschutz. Im April 2007 haben Sie beschlossen, einen Kabinettsausschuss für das Klima einzusetzen und man unterhält sich über das Klima im Kabinett. Das ist eine tolle Geschichte. Wir wollen einen Klimabericht. Aus diesem Klimabericht wollen wir genau ersehen: Welche Maßnahmen sind in einem Jahr eingeleitet worden? Wie viele Haushaltsgelder sind eingesetzt worden? Mit welcher Maßnahme haben wir welchen Erfolg erzielt? Was ist weiter auf den Weg zu bringen? Warum sind wir nicht vorangekommen? Diesen jährlichen Klimabericht haben Sie immer wieder abgelehnt.

Wichtig sind verpfl ichtende Ziele für die Paktteilnehmer oder die teilnehmenden Bündnispartner: Fragen Sie doch einmal einen Bündnispartner wie den Bund Naturschutz, der zur Zusammenarbeit bereit ist und auch sagt, die tollen Reden, Events und Veranstaltungen sowie ShowVeranstaltungen nutzten nichts, wir brauchen ganz klare und konkrete Ziele und sind bereit, uns mit in das Boot nehmen zu lassen. Wir wollen daher verpfl ichtende Ziele, und zwar mit Evaluierung, das heißt, mit entsprechender Erfolgskontrolle. Es darf nicht immer nur neue Ankündigungen geben.

Wir wollen eine Markteinführung von Biomasse – das ist eine von ganz vielen Forderungen, die in unseren Anträgen zu einer Energiepolitik und damit zu einer besseren Klimapolitik für Bayern immer wieder genannt werden. Wir brauchen die Biomasse zur Wärmeerzeugung und zur Stromgewinnung sowie als Treibstoff. Wir brauchen ein bayerisches Programm und nicht nur einen Fingerzeig in Richtung Berlin, in Richtung auf den Bund. Vieles ist auf eine rot-grüne Bundesregierung zurückzuführen. Die Erfolge, die Sie sich aneignen und für die Sie sich feiern lassen, gehen auf eine Vielzahl von Maßnahmen einer rotgrünen Bundesregierung zurück. Sie sind nicht auf Ihre Politik zurückzuführen. Schauen Sie nur einmal an, was in Ihrem Haushalt an Mitteln für Klimapolitik steckt. Wir haben ein Tankstellennetz für biogene Treibstoffe eingefordert – abgelehnt. Wir wollen eine energetische Sanierung landeseigener Liegenschaften.

Heiligendamm: Hier wäre Handeln angesagt, nicht nur in Heiligendamm. Bundeskanzlerin hin oder her – wir stehen im Freistaat Bayern in der Verantwortung. Energetische Sanierung – inzwischen bereits unzählige Anträge. Immer wieder haben wir seit dem Jahr 2000 ganz konkret Haushaltsmittel eingefordert, weil wir sagen, der Freistaat Bayern müsse mit gutem Beispiel vorangehen und seine eigenen Liegenschaften energetisch sanieren. Der Oberste Rechnungshof schreibt Ihnen ganz klar in Ihr Hausaufgabenbuch, dass Sie der Energieverschwender par excellence seien. Schauen Sie sich einmal Ihre Haushalte seit 2000 an: Es gibt eine Haushaltsstelle, aber keinen einzigen Cent; eine fette Null steht in dem Haushaltstitel, für eine energetische Sanierung der bayerischen

Liegenschaften. Sie fordern aber auf, dass es andere tun. Die Kirchen zum Beispiel tun es, aber bei Ihnen immer wieder nur Ankündungen.

Wir wollten einen bayerischen Ökokredit für energetische Altbausanierung im privaten Bereich mit Hilfe entsprechender Zinsverbilligungen in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Landesbank. Es gab viele, viele Vorschläge. Meine Zeit reicht leider nicht aus, um den Katalog der konkreten Forderungen, die wir seit Jahren vorbringen, vorzutragen. Von Ihren Klimaschutzinitiativen habe ich von Ihnen, Herr Kaul, nichts gehört. Vielleicht kommen spätere Redner Ihrer Fraktion noch darauf zu sprechen. Es reicht nicht, nur zu reden, sondern es müssen Taten folgen. Insofern bedarf es nicht noch weiterer Gremien wie Kabinettsausschüsse oder Klimaräte. Wir haben entsprechend viel an Vorarbeit geleistet. Wir wissen, was zu tun ist. Wir wissen auch, dass Handlungsdefi zite vorhanden sind, und wir kennen Handlungsmöglichkeiten. Ich erinnere an die Energie-Enquete-Kommission des Bayerischen Landtags. Nichts davon ist umgesetzt worden.

Ich kann nur noch einmal sagen: Wir fordern Sie erneut auf, unsere Maßnahmen mit aufzugreifen. Wir würden sie gerne begleiten, sind aber nicht bereit, Ihre Show-Veranstaltungen und Ihre Ankündigungspolitik weiter mitzumachen. Wir wollen, dass Sie Taten folgen lassen und Haushaltsmittel zur Verfügung stellen. Wir sind jetzt schon auf den Nachtragshaushalt 2008 und ganz speziell auf die Mittel für eine andere und neue Energie- und Klimapolitik in Bayern gespannt.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Rednerin: Frau Kollegin Paulig.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Diese Aktuelle Stunde gleicht bisher einem Gipfel von Schein-Heiligendamm.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Es ist beeindruckend – das fällt richtig auf –, dass Sie den Wahlspruch, den die GRÜNEN vor circa 25 Jahren hatten – global denken, lokal handeln – heute zum Thema Ihrer Aktuellen Stunde machen. Ich muss in diesem Zusammenhang sagen: Die GRÜNEN haben damals die Umweltbelastung als Folge der Globalisierung thematisiert. Sie sind erst heute so weit. Guten Morgen, CSU.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich habe mir heute die Elogen auf Frau Merkel angehört. Dann muss ich sagen: Es fällt auf, wie sehr Sie sich im zweifelhaften Glanz von Frau Merkel sonnen. Haben Sie denn nichts Eigenes zu bieten?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie versuchen damit, von Ihrer lähmenden Zeremonie abzulenken – noch 120 Tage bis zum Wechsel im Amt des Ministerpräsidenten. Zurzeit herrscht ein lähmender Still

stand in der Klimapolitik. Dazu passt es natürlich, dass Sie auf Ihrem viel beschworenen Klimagipfel auf der Zugspitze alles erst einmal bis Oktober 2007 in die Kabinettskommission vertagt haben. Handeln ist jetzt angesagt, der Worte haben wir genug.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Eines sage ich Ihnen: Wer sich sonnen will, der steht schnell im Schatten. Nur im Schatten von Frau Merkel sind schon andere.

Wenn man sich den Gipfel genau ansieht, muss man erkennen: Bundeskanzlerin Merkel hat zwar in Heiligendamm eine Reihe von Absichtserklärungen eingesammelt, aber die konkreten Taten stehen aus. Heiligendamm war ein Gipfel für die Gesichtswahrung und kein Durchbruch.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Bestätigung des UN-Klimaprozesses ist Schadensbegrenzung und kein Erfolg. Man hat doch an den friedlichen Protesten, am Alternativgipfel und den qualifi zierten Veranstaltungen gesehen, dass die Gesellschaft weiter ist als Ihre Politik. Wie die internationale Wissenschaft fordert die Gesellschaft konkrete Maßnahmen bis 2020. Dazu fi ndet sich nichts, aber auch gar nichts in der Gipfelerklärung. So ist es, und dahinter wollen Sie sich verstecken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie wollen heute Bayerns Klimaschutzinitiativen vorstellen. Man muss wirklich sagen: Mutig sind Sie schon. Zum Vorstellen haben Sie nichts. Welche Klimainitiative?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Über die Vertagung in die Kabinettskommission bis Oktober habe ich schon gesprochen. Sie haben das KWKGesetz – die Kraft-Wärme-Kopplung – gerühmt. Wo ist das Handeln von Minister Glos von der CSU bei der Fortschreibung und beim Monitoring des KWK-Gesetzes in Deutschland? Er blockiert, statt fortzuschreiben. Was haben wir hinsichtlich der Klimazahlen von 2003 in Bayern? – Sie wollen eine aktuelle, fortschrittliche und zukunftsfähige Klimapolitik machen. Sie arbeiten mit veralteten Zahlen, und nach diesen veralteten Zahlen sind Sie weit, weit vom Kyoto-Protokoll entfernt. Sie haben seit 1990 eine Reduktion von 1 % bei den CO2-Emissionen in Bayern erreicht statt 21 %, wie es die Weltgemeinschaft fordert. Wir haben beim Verkehr eine Zunahme um 11 % und um 75 % oder mehr beim Flugverkehr. Das ist Ihre Politik, liebe CSU.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Über die Ankündigungen hat meine Vorrednerin schon ausführlich gesprochen. 1995 hat Stoiber in einer Regierungserklärung einen Anteil von 13 % hinsichtlich der erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2000 angekün

digt. Heute stehen wir nach den vorliegenden Zahlen bei 6,6 %. Das nennen Sie fortschrittliche Klimapolitik.

Wenn wir uns dann Ihre Taten ansehen, stellen wir fest: Sie erhöhen den Ausstoß der Klimagase permanent. Ausbau von Regionalfl ughäfen – Herr Pschierer –: Hof, Memmingen, Oberpfaffenhofen, dritte Startbahn, Bau von Autobahnen quer durchs Fichtelgebirge. Das produziert Treibhausgase und einen weiteren Anstieg beim Verkehr.

(Beifall bei den GRÜNEN)

So sieht es aus. Sie wollen zwei Milliarden für den lächerlichen Transrapid ausgeben, statt Mittel in den Ausbau und die Qualifi zierung des öffentlichen Verkehrs zu stecken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist sinnvoll. Der Bergwald wird abgerodet, dass es einem im Herzen wehtun kann.

(Christian Meißner (CSU): Wo wird der Wald abgerodet?)

In Garmisch ist zum Beispiel für die Ski-WM die Rodung von 15 Hektar Bergwald geplant und genehmigt.