Protocol of the Session on December 13, 2006

Jahrzehnte erprobtes Rechtssystem hat international einen hervorragenden Ruf. Nicht von ungefähr war das deutsche Recht schon oft ein wichtiger Exportartikel. Es wurde nach der Wende in so manchem Staat Ost- und Mitteleuropas und auch in asiatischen Staaten übernommen. Ich denke zum Beispiel an Bulgarien, wo der Freistaat Bayern die Rechtsentwicklung hin zur EU betreut.

Zahlreiche internationale Rankings zeigen, dass Deutschland im Bereich der Rechtssicherheit ganz weit vorn liegt. In einem Ranking des „International Institute for Management Development“ aus dem Jahre 2004 belegt Deutschland bei der Rechtssicherheit von Personen und Eigentum weltweit den vierten Platz. Vor uns liegen nur noch Finnland, die Schweiz und Österreich.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Die werden wir auch noch einholen!)

Mit Sicherheit. In Bayern haben wir sie bereits eingeholt. Anfang Januar hat die Heritage Foundation ihren berühmten Index of Economic Freedom veröffentlicht. Deutschland wird dort bezüglich der Finanzen und Steuern mit dem äußerst mittelmäßigen Wert von 3,5 bewertet. Beim Eigentum hingegen erzielen wir eine glatte Eins. Eigentum ist in Deutschland bestens gesichert. Die Verträge sind sicher, so die Experten aus Washington. Sowohl die Justiz als auch die Verwaltung arbeiten höchst professionell. Das Gerichtssystem ist dezentralisiert, spezialisiert und äußerst zuverlässig.

Kolleginnen und Kollegen, Deutschland kann sich beim Thema Rechtssicherheit weltweit sehen lassen. Innerhalb Deutschlands – wen würde es wundern – belegt Bayern den ersten Platz im Qualitätswettbewerb. Die durchschnittliche Verfahrensdauer beträgt 1,2 Monate bei der Staatsanwaltschaft und drei Monate bei den Amtsgerichten in Strafsachen. Das ist ein bundesweiter Rekord. Zivilverfahren werden von Amtsgerichten durchschnittlich in 3,8 und bei Landgerichten in 6 Monaten erledigt. Das ist ebenfalls ein bundesweiter Spitzenwert.

Gleichzeitig steht die Belastung der bayerischen Richter bundesweit an erster Stelle. Das wissen wir. Auch die bayerischen Staatsanwälte sind bundesweit gesehen überdurchschnittlich belastet. Hier besteht sicherlich in den nächsten Jahren Handlungsbedarf. Wir können aber nicht alles auf einmal machen; denn auch der ausgeglichene Haushalt ist ein wichtiges Ziel, dem sich alle unterordnen müssen. Nicht nur die Menge, sondern auch die Qualität der Arbeit stellen zunehmend höhere Anforderungen. Das grenzüberschreitende Gefl echt der organisierten Kriminalität erfordert einen anderen Arbeitseinsatz als zum Beispiel ein Ladendiebstahl. Der Schadenersatzprozess eines geprellten Aktienkäufers stellt natürlich höhere Anforderungen als die Rückabwicklung eines Gebrauchtwagenkaufs.

Spezialkammern, wie sie etwa am Landgericht München I eingerichtet wurden, garantieren höchste Qualität und größtmögliche Schnelligkeit, auch bei schwierigsten Rechtsmaterien. Die hohe fachliche Qualifi kation der bayerischen Richter und Staatsanwälte wird überall geachtet und geschätzt, gerade auch in den Kreisen

der Unternehmer. Kurzum: Zu Bayerns Attraktivität als Wirtschaftsstandort trägt auch die erstklassig arbeitende Justiz bei.

Sehr geehrter Herr Präsident, Hohes Haus, ich freue mich, dass die bereinigten Gesamtausgaben des Einzelplans 04 für den Geschäftsbereich des Justizministeriums gegenüber dem Vorjahr um 51 Millionen Euro angestiegen sind. Das sind 3,1 % im Haushaltsjahr 2007. Weitere 25 Millionen Euro kommen im Jahr 2008 hinzu. Dies unterstreicht, dass die Bayerische Staatsregierung der nachhaltigen Sicherung der hohen Qualität des bayerischen Justizwesens höchste Bedeutung einräumt.

Gleichzeitig – darüber freue ich mich – steigen die Einnahmen im Justizhaushalt. Aufgrund der hohen Ausgabensteigerungen wird die Einnahmedeckungsquote leicht auf rund 48 % absinken. Liebe Kolleginnen und Kollegen, trotzdem hat der Justizetat die höchste Einnahmedeckungsquote, den höchsten selbstverdienten Kostendeckungsbeitrag, ausgenommen natürlich die Finanzverwaltung und das Wirtschaftsministerium, wo entweder durch Steuern oder Zuschüsse des Bundes oder der EU sehr hohe Einnahmen zu verzeichnen sind. Wir ruhen uns aber nicht auf unseren Erfolgen aus. Wir investieren in die Justiz im Rahmen des Programms „Investieren in Bayerns Zukunft“. So sind im Einzelplan 04 in beiden Jahren für die Erstausstattung der Justizvollzugsanstalten Landshut und München zusammen insgesamt rund 7 Millionen Euro zusätzlich veranschlagt.

Herr Kollege Schindler, auch beim Stellenplan tut sich etwas. Sie haben gesagt, dies sei zu wenig. Ich denke aber, wir unternehmen einen wichtigen Schritt. Mit den 50 neuen Stellen der Besoldungsgruppe R 1 kann ein Teil des Fehlbestandes ausgeglichen werden. Wesentlich sind auch die Hebungen. Es wird 57 gegenfi nanzierte – also kostenneutrale – Hebungen geben sowie zusätzlich 27 bis 28 Beförderungen durch das Hebungsprogramm „Verwaltung 21“.

Außerdem wird die Staatsregierung unter dem Stichwort „Innere Sicherheit“ ein Hebungsprogramm in Höhe von insgesamt 300 000 Euro in den kommenden beiden Jahren aufl egen. Ich denke, das darf man nicht verachten. Natürlich ist auch die Justiz für eine schlanke Verwaltung wesentlich. Auch hier müssen Stellen abgebaut werden, wo dies irgendwo vertretbar ist. So werden auch bei der Justiz rund 60 Stellen eingespart. Weitgehend ausgespart bleibt davon der höhere Dienst, weil wir dort bereits deutlich abgebaut haben. Vorher wurde bereits die Zahl von 76 Stellen genannt.

Ich möchte jetzt noch auf den Justizvollzug zu sprechen kommen. Für die Inbetriebnahme der neuen JVA Landshut, für die neue Frauenabteilung und für die Jugendarrestanstalt in München – beides PPP-Projekte – konnten insgesamt 64 neue kostenwirksame Stellen ausgebracht werden. Zudem konnten im Bereich des Jugendtherapiezentrums der JVA Neuburg-Herrenwörth 14 dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse gesichert werden.

Vom bereits erwähnten Hebungskonzept „Innere Sicherheit“ wird der Justizvollzug erheblich profi tieren; denn

rund die Hälfte der beantragten 655 Stellenhebungen wird in diesem Bereich realisiert werden können. Dies bedeutet Kosten von 900 000 Euro. Das ist keine Kleinigkeit. Natürlich leistet auch der Justizvollzug einen Sparbeitrag; denn hier werden acht Stellen eingespart.

Nun zum Sachhaushalt: Ich kann Ihnen mitteilen, dass für den Betrieb der Gerichte und Staatsanwaltschaften im Doppelhaushalt, verglichen mit dem Sollnachtrag 2006, insgesamt 2,2 Millionen Euro mehr zur Verfügung stehen. Bei den Auslagen in Rechtssachen ist aufgrund der Entwicklung eine Erhöhung im Jahr 2007 um 13,9 Millionen auf insgesamt 255 Millionen und im Jahr 2008 um weitere 7 Millionen erforderlich. Seit dem Jahr 2005 sind die Vergütungen für Betreuer mittelloser Mündel deutlich angestiegen, und zwar um rund 20 Millionen auf 78,3 Millionen. Ich möchte anmerken, dass die eingeführte Pauschalierung ab 01.07.2005 leider zu keinem Rückgang der Betreuerkosten geführt hat.

Im Hochbau haben wir eine Entwicklung, wie wir sie auf vielen anderen Feldern kennen. Die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel müssen immer mehr für Sanierungen verwendet werden. Neubaumaßnahmen sind nur noch eingeschränkt möglich. Deshalb ist es besonderes erfreulich, dass auf diesem Sektor die Mittel für das Jahr 2007 um 2,1 Millionen Euro auf 20,1 Millionen Euro angehoben werden können und auch im Jahr 2008 steigen werden.

Beim Justizvollzug wird das Budget um knapp 5,7 Millionen – das sind 11,5 % – erhöht. Die Budgeterhöhung im Jahr 2008 beträgt, wenn man sie hinzunimmt, insgesamt 12,4 % – eine wesentliche Steigerung. Dies ist vor allem auf die zwei neuen Anstalten zurückzuführen, nämlich Landshut und die Frauenabteilung sowie der Jugendarrest der JVA München, die ausgestattet werden müssen.

Die Erhöhung des allgemeinen Bauunterhalts beträgt immerhin 12,6 %; das sind 900 000 Euro. Damit können wir dem Verfall der Bausubstanz Einhalt gebieten, die natürlich durch die hohen Gefangenzahlen und das Alter der Gebäude sehr beansprucht ist. Auch bei den kleinen Baumaßnahmen der Arbeitsbetriebe haben wir eine Steigerung um 54 %; das sind 700 000 Euro. Beim Hochbau ergeben sich gegenüber dem Jahr 2006 Erhöhungen von 2 Millionen. Die Mittel werden etwa zur Hälfte für Neubauvorhaben – vor allem für die JVA Landshut –, im Übrigen für Sanierungen eingesetzt. Die Maßnahmen für die Aufrechterhaltung der Sicherheit und für Erweiterungen werden fortgesetzt.

Ich möchte auch die JVA Straubing erwähnen, in der eine Versorgungszentrale saniert und neu errichtet wird – insgesamt 18 Millionen Euro, wovon im Doppelhaushalt 7 Millionen Euro zum Tragen kommen. Auch in anderen Bereichen wird Public Private Partnership weiterhin fortgesetzt. Dies ist wichtig, um die Zahl der Plätze in den JVAen zu erhöhen. Das könnten wir nicht ohne private Finanzierungen. Hinzu kommt ein neues Projekt, nämlich Augsburg/Gablingen mit insgesamt 600 neuen Haftplätzen. So können wir erstmals auch Erfahrungen mit Privatfi nanzierungen bei großen Justizvollzugsanstalten

sammeln. Der Mangel an Haftplätzen wird damit erheblich reduziert.

Mir ist es ein besonderes Anliegen, am Ende meiner Ausführungen allen Angehörigen der bayerischen Justizverwaltung besonders zu danken. Mein Dank gilt natürlich auch der Rechtsanwaltschaft, den Notaren und unserer bayerischen Polizei. Besonders danken möchte ich auch allen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die bei der Justiz ehrenamtlich mitarbeiten. Das ist kein Nachteil, wie es Frau Stahl gesagt hat, sondern ein großer Vorteil.

Im Bayerischen Landtag möchte ich besonders den Mitgliedern des Verfassungs- und Rechtsausschusses sowie den Mitgliedern des Haushaltsausschusses mit seinem Vorsitzenden Manfred Ach und meinem Mitberichterstatter Dr. Helmut Müller danken. Besonders danke ich auch unserer Justizministerin, dir liebe Beate, für deine besondere Arbeit. Du setzt die Prioritäten völlig richtig, und zwar beim Opferschutz und nicht beim Täterschutz.

(Beifall bei der CSU)

Genau, das ist einen Applaus wert.

Dein juristischer Sachverstand, dein Organisationstalent und vor allem dein Charme tragen wesentlich dazu bei, unserem Justizsystem neue Impulse zu geben.

(Beifall bei der CSU)

Zum Schluss meiner Ausführungen will ich noch eine Neuerung erwähnen, die deutlich macht, wie wichtig uns eine funktionierende Justiz ist, und zwar die zusätzlichen freien Tage für den Ausgleich der Schichtarbeit. Wir sind immer bestrebt, die Arbeitsbedingungen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglichst gut zu gestalten. Das Können und das Engagement unserer Vollzugsbediensteten im Besonderen ist für uns äußerst wichtig. Ich freue mich deshalb, dass für unsere Polizei- und Justizbeamten eine Erhöhung der freien Tage zum Zwecke des Freizeitausgleichs möglich ist. Der mögliche Zusatzurlaub wird um zwei Tage erhöht. Das ist deshalb wichtig, weil Schichtdienstleistende gesundheitlich und familiär besonders belastet sind. Immerhin sind fast die Hälfte unserer Polizeibeamten, nämlich 17 000 von 36 000, Schichtdienstleistende, im Justizvollzug sind es 2800 von 5000 – das entspricht fast 60 % der Mitarbeiter.

Ich glaube, wir setzen hiermit Maßstäbe und machen deutlich, dass wir diese Belastung honorieren und schrittweise Verbesserungen einführen. Die großen organisatorischen und fi nanziellen Anstrengungen müssen wir immer wieder nach außen darstellen. Gerade was das Finanzielle anbelangt, setzten wir mit dem Doppelhaushalt 2007/2008 Maßstäbe. Die von der Opposition in ihren Anträgen geforderten weiteren Mittel würden den Rahmen des Haushalts sprengen und im Wesentlichen nicht die Verbesserungen erzielen, die wir für wichtig erachten. Die CSU wird deshalb die Anträge der Opposition ablehnen. Lediglich beim Bauunterhalt der Justizvollzugsanstalten – wir haben das beantragt und in der Fraktion beschlossen – soll eine Erhöhung des Ansatzes um 200.000 Euro jährlich erfolgen.

Ich bitte Sie um Zustimmung zum Entwurf des Justizhaushalts für die Jahre 2007 und 2008 in der Fassung der Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses, die den Änderungsantrag der CSU beinhaltet.

(Beifall bei der CSU)

Das Wort hat Frau Staatsministerin Dr. Merk.

Herr Präsident, Hohes Haus, guten Morgen! Der Justizhaushalt, über den wir heute sprechen, umfasst nur ein schmales Segment des gesamten Kuchens, keine 5 % der bayerischen Staatsausgaben. Ich freue mich, dass dennoch heute Morgen einige gekommen sind, um sehr ernsthaft über diesen Haushalt zu diskutieren, der es wirklich wert ist. Die Justiz leistet etwas, das für jeden modernen Staat unverzichtbar ist, etwas, das zum absoluten Kernbestand jedes Gemeinwesens gehört. Damit ist dieses kleine Segment auch ein sehr wichtiges Segment. Die Justiz ist Wahrerin des sozialen Friedens. Gemeinsam mit der Polizei sorgt sie für die innere Sicherheit. Sie ist für jedermann Garant dafür, dass er auf die Gesetze vertrauen kann, dass ihm sein Recht gewährt wird – sogar gegenüber dem Staat selbst – und dass er vor Missachtung dieses Rechts geschützt wird.

Deswegen sehe ich es als Anerkennung dieser zentralen Rolle an, dass der Haushaltsentwurf für die Jahre 2007 und 2008 für den Einzelplan 04 einige wichtige Verbesserungen, einige Highlights enthält – als Anerkennung nicht nur für mich, sondern als Anerkennung für unsere Justiz insgesamt. Natürlich kann und muss man immer mehr Stellen fordern. Natürlich hätten wir uns auch mehr Stellen gewünscht. Natürlich müssen wir aber auch einsehen, dass wir dem Ziel eines ausgeglichenen Haushalts eine gewisse Zurückhaltung schuldig sind und dass öffentliche Gelder nicht unbegrenzt verfügbar sind.

Der Entwurf zum Doppelhaushalt 2007/2008 sieht für uns – wir haben es gehört – 50 zusätzliche Stellen für Richter und Staatsanwälte vor – das sind Stellen, die wir dringend benötigen; das sind Stellen, mit denen zugleich der bei der Justiz bestehende Bedarf anerkannt wird,

und es sind Stellen, mit denen wir dem Haushalt nicht zusätzlich zur Last fallen; das muss man auch immer betonen; denn sie werden durch die Umwandlung von Überkapazitäten aus dem Unterstützungsbereich gewonnen.

Der Entwurf zum Doppelhaushalt enthält für uns außerdem umfangreiche Stellenhebungen in allen Bereichen und Besoldungsgruppen, über 300 zum Beispiel im Justizvollzug. Das ermöglicht uns eine nachhaltigere Personalentwicklung. Damit geben Sie uns mehr Chancen, engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu fördern und ihre Leistungen anzuerkennen. So können wir noch mehr Motivation wecken und den Menschen Mut machen, Verantwortung zu übernehmen.

Besonders wichtig sind mir schließlich die 64 neuen Planstellen für den Strafvollzug für die Anstaltsneubauten in

Landshut und in München. Außerdem erhalten wir Mittel, um bis zu 14 Bedienstete für das neue Therapiezentrum in der Jugendstrafanstalt Neuburg-Herrenwörth einstellen zu können. Diese Investition zur Betreuung der jungen Straftäter ist mir ganz wichtig.

Besonders wichtig ist für uns auch die Verpfl ichtungsermächtigung für das PPP-Projekt in Augsburg mit 600 Haftplätzen.

Der Wert des inneren Friedens lässt sich nicht in Geld aufwiegen, und er lässt sich auch nicht in Geld aus drücken, noch nicht einmal über den Justizhaushalt. Aber wenn Sie den Justizhaushalt verabschieden, so wie er im Entwurf vorgesehen ist, meine Damen und Herren, setzten Sie damit trotzdem ein Zeichen. Sozialer Friede und innere Sicherheit sind nicht selbstverständlich. Das ist heute in Ihren Reden auch immer wieder angeklungen. Beides existiert, weil wir Menschen haben, die dafür arbeiten. Ein staatliches Gewaltmonopol kann nur bestehen, wo eine Institution für einen effektiven Ausgleich von Konfl ikten sorgt, und diese Institution ist die Justiz.

Richter, Staatsanwälte und gerade auch die Beschäftigten des Strafvollzugs sind es, die diese Leistungen erbringen. Ihnen dafür, soweit wir das können und es wirtschaftlich machbar ist, die notwendigen Mittel zu geben, muss uns der innere Friede und die Sicherheit der Menschen wert sein.

Meine Damen und Herren, ich möchte meinen Fokus auch deutlich auf den Strafvollzug richten, so wie Sie das in Ihren Reden auch getan haben. Der grauenvolle Mord in Siegburg zum Ende des Jahres hat den Blick der Öffentlichkeit auf die Welt hinter den Gefängnistoren gelenkt. Das ist wichtig und gut so. Es ist wichtig, dass diese Welt stärker in das Bewusstsein der Menschen tritt. Die innere Sicherheit hat für mich als Justizministerin oberste Priorität. Ihre Gewährung ist der Maßstab für unser Handeln. Wichtig ist mir aber auch, dass unsere Häftlinge in unseren Anstalten ordentlich untergebracht sind und dass sie vor allen Dingen zielgerichtet behandelt werden.

(Beifall des Abgeordneten Johann Neumeier (CSU) – Joachim Wahnschaffe (SPD): Das gilt auch für die Forensik, obwohl Sie da nicht zuständig sind!)

Ja, da bin ich nicht zuständig, aber man kann darüber sprechen. Zur inneren Sicherheit gehört notwendigerweise die Sicherheit in den Anstalten. Das betrifft auch unsere Mitarbeiter selbst. Wir alle wissen, dass eine Beschneidung der Freiheit Aggressionen im Menschen fördert, und zwar bei jedem Menschen. Strafgefangene sind nun einmal Menschentypen, denen der Umgang mit der eigenen Aggression genauso wie mit fremder Aggression ganz besonders schwer fällt. So kann es im Strafvollzug immer wieder zu Gewalt unter Gefangenen kommen. Deswegen sind wir in unseren bayerischen Anstalten auch extrem sensibel für jedes Anzeichen dafür. Was tun wir alles, um in Bayern möglichst Fälle wie in Siegburg zu verhindern? – Das Wichtigste ist, dass wir unsere Gefan

genen nicht aus den Augen lassen. Wir zeigen Präsenz. Jeder Rückzug des Personals würde dazu führen, dass sich Subkultur entwickeln kann.

Es wird sichergestellt, dass jeder Gefangene mindestens dreimal täglich von einem Bediensteten gesehen wird, sei es bei der Essensausgabe oder sei es bei gesonderten Kontrollen. Wenn bei den Kontrollgängen oder den Außenrunden Unruhen bemerkt werden, wenn Lärm bemerkt wird, wird dem selbstverständlich sofort nachgegangen. Diese Kontrollgänge sind vorgeschrieben; das heißt, sie erfolgen nicht bloß aus Zufall. Wird in einer Gemeinschaftszelle der Notruf betätigt, so nehmen die Beamten selbstverständlich vor Ort die Aufklärung wahr, und zwar auch dann, wenn die Hafträume mit einer Gegensprechanlage ausgestattet sind, wie wir es in den meisten bayerischen Haftanstalten haben.

Ich habe angeordnet, dass die Abklärung vor Ort in Zukunft in allen Anstalten unabhängig von der Situation geschieht. Außerdem haben wir in den Anstalten erfahrenes und hochqualifi ziertes Personal. Da möchte ich auch einmal etwas Positives sagen. Wir sagen immer, der Justizvollzug sei unterbesetzt. Das ist richtig; wir haben ein knappes Personaltableau. Aber was wir ganz bestimmt nicht machen – das sage ich gezielt an Sie, Frau Abgeordneten Stahl –, ist, dass wir auf private Bedienstete übergehen. Hessen kann uns in diesem Fall kein Beispiel sein; denn genau das wollen wir nicht.

(Beifall des Abgeordneten Johann Neumeier (CSU))

Wenn wir schon knapp besetzt sind, dann müssen wir darauf vertrauen können, hochkompetentes, erfahrenes Personal zu haben, das ganz gezielt ausgebildet ist von Menschen, die unsere Strafanstalten von innen kennen und die in der Justizvollzugsschule in Straubing zwei Jahre Ausbildung genießen und wenn es um den Jugendvollzug geht, sogar drei Jahre. Das ist elementar wichtig.

(Beifall bei der CSU und bei der SPD)