Protocol of the Session on July 19, 2006

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Enthaltungen!)

Ich habe nach Enthaltungen nicht gefragt, weil ich den Überblick hatte, Frau Kollegin, aber vielen Dank.

Zu einer Erklärung zur Abstimmung erteile ich Frau Kollegin Narnhammer das Wort.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mein Abstimmungsverhalten erklären und auch meine Fraktionskollegin Frau Dr. Kronawitter ausdrücklich entschuldigen, die aber hinter dieser Erklärung steht und sie auch mit formuliert hat ebenso wie meine Kollegin Kathrin Sonnenholzner.

Wir stimmen für den Antrag der GRÜNEN mit folgender Begründung: Als Abgeordnete der Flughafenregion wissen wir um die besonderen Belastungen der Menschen in dieser Region. Wir wissen um die enormen fi nanziellen Ausgaben der Kommunen im Zusammenhang mit den notwendigen Anpassungen der Infrastruktur im sozialen, schulischen und verkehrlichen Bereich. Wir klagen zusammen mit den lärmgeplagten Bürgerinnen und Bürger vor Ort über die schlechte verkehrliche Anbindung des Flughafens in der Region.

Kolleginnen und Kollegen, derzeit leben 10 000 Menschen im stark fl uglärmbelasteten Bereich. Mit der angestrebten dritten Startbahn werden es 30 000 sein. Insbesondere die Stadt Freising wird massiv betroffen werden.

Die Ausführungen der drei Staatsminister am 15. Juli 2006 vor dem Nachbarschaftsbeirat und vor der Presse bestärken uns ein weiteres Mal in der Auffassung, dass ein Mediationsverfahren, wie es am Flughafen Wien Schwechat durchgeführt wird, das geeignete Instrument ist, um die Belange des Flughafenumlandes im Verfahren dritte Startbahn überhaupt zur Geltung zu bringen. Dieses Ausgleichsverfahren hat die Staatsregierung strikt abgelehnt und geglaubt, den Nachbarschaftsbeirat als Befriedungsinstrument für die Region nutzen zu können. Nach elf Sitzungen haben die Kommunalpolitiker dieses Proformagremiums resigniert festgestellt – ich zitiere Bürgermeister Schneider von Neufahrn vom 17. Juli 2006 –: „Die Beschlüsse des Beirats sind sinnlos.“

Der ankündigte Umlandfonds ist nicht mehr als ein hohles Versprechen. Er soll nämlich aus den Gewinnen der Gesellschafter der FMG gespeist werden. Diese aber sind im nächsten Jahrzehnt und weit darüber hinaus nicht zu erwarten. Rückzahlung der Gesellschafterdarlehen, beabsichtigter Bau der dritten Startbahn, Umbau des Terminals 2 und weitere fi nanzielle Belastungen der FMG schließen faktisch betriebswirtschaftliche Überschüsse aus.

Es macht uns wütend, dass dem Umland nicht einmal ein Umlandfonds nach dem Beispiel des Wiener Flughafens zugestanden wird. In Wien wurde im Mediationsverfahren zwischen Flughafen und Umlandgemeinden eine Abgabe in Höhe von 0,2 bis 0,3 Euro pro Passagier ausgehandelt, und zwar lange bevor eine weitere Startbahn gebaut wurde. Da kommt für die Umlandgemeinden etwas zusammen, und zwar außerhalb der gesetzlich auferlegten Entschädigungen.

Ich denke, wir täten gut daran, vor Begeisterung über das Wachstum des Flughafens die Menschen in der Region und deren Belange nicht zu vergessen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Frau Kollegin, es ist die Frage, wie lange eine Erklärung zur Abstimmung dauern darf. Aber ich denke, Kolleginnen und Kollegen, das muss möglich sein.

(Bärbel Narnhammer (SPD): Jetzt ist es auch schon vorbei!)

Ich wollte Sie nicht unterbrechen. Es soll auch möglich sein, sich zu erklären, auch wenn man dabei mehr oder weniger wieder in die Sachdebatte einsteigt. Ich bitte, das in Zukunft zu beachten, denn wir wollen von hier oben nicht allzu sehr reglementieren. Aber die Geschäftsordnung sollten wir schon beachten.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, dann kommen wir zu einem Tagesordnungspunkt außerhalb der Tagesordnung, und zwar zur

Eingabe mit dem Aktenzeichen HA.0398.15.

Der Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen hat sich mit dieser Eingabe in nichtöffentlicher Sitzung am 12. Juli 2006 befasst und beschlossen, sie gemäß § 80 Nummer 4 der Geschäftsordnung aufgrund der Stellungnahme der Staatsregierung für erledigt zu erklären.

Die SPD-Fraktion hat gemäß Artikel 5 Absatz 2 Satz 2 des Bayerischen Petitionsgesetzes fristgerecht beantragt, die Eingabe auf die Tagesordnung des Plenums zu setzen.

Nach Artikel 22 der Bayerischen Verfassung verhandelt der Landtag öffentlich. Der Ausschluss der Öffentlichkeit kann in Plenarsitzungen nur auf Antrag von 50 Mitgliedern des Landtags oder der Staatsregierung mit Zweidrittelmehrheit der anwesenden Abgeordneten beschlossen

werden. Die Verfassung bringt damit den hohen Stellenwert der Parlamentsöffentlichkeit zum Ausdruck.

Die Fraktionen sind deshalb übereingekommen, die Petition in der Vollversammlung in öffentlicher Sitzung zu behandeln. Nun obliegt es dem einzelnen Redner, soweit ihm dies notwendig erscheint, den Grundsätzen, die für den Ausschluss der Öffentlichkeit im Ausschuss nach § 138 Absatz 2 der Geschäftsordnung maßgeblich waren, Rechnung zu tragen.

Ich eröffne die Aussprache und darf Herrn Professor Dr. Gantzer das Wort erteilen.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie müssen sich keine Sorgen wegen der Öffentlichkeit bzw. Nichtöffentlichkeit machen. Alles das, was ich jetzt vortrage, ist schon in der Zeitung gestanden, ist alles schon durch den Münchner Blätterwald gerauscht. Sie brauchen also kein schlechtes Gewissen zu haben.

Es handelt sich um einen Fall der verwaltungsmäßigen Einfl ussnahme und Steuerung seitens des Finanzministeriums zulasten der Gemeinde Grünwald. Das Pikante daran ist: Wir haben ein CSU-geführtes Finanzministerium und wir haben eine CSU-geführte Gemeinde. In diesem Fall stehen sich diese beiden Partner gegenüber. Einfl ussreiche Darsteller sind dabei eine Frau Dr. Bartenschlager, die die staatlichen Grundstücke in der Rodungsinsel Wörnbrunn gekauft hat und ein Beamter im Finanzministerium, Leitender Ministerialrat Dr. D. Dieser ist zufällig Wertungsrichter bei Reitturnieren, und die Käuferin ist zufällig Turnierreiterin. Da hat anscheinend wieder eine Wertung stattgefunden.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Das entscheidende Problem ist, dass die Gemeinde Grünwald diese staatlichen Grundstücke unbedingt kaufen wollte. Es hat ein Gespräch stattgefunden in der Gemeinde selber. Aufgrund dieses Gesprächs hat die Gemeinde einen Aktenvermerk angefertigt, das Finanzministerium nicht. Der Aktenvermerk sagt, dass das Finanzministerium keinerlei Angebote gemacht hat, diese Grundstücke durch die Gemeinde kaufen zu lassen. Später wird aber vom Finanzministerium behauptet, es habe der Gemeinde den Kauf angeboten. Die Gemeinde ist bereit, durch den Bürgermeister und den Bauleiter einen Eid zu schwören, dass das nicht der Fall gewesen ist.

Eine Gemeinderätin hat daraufhin eine Petition eingereicht und geschrieben: Die Beamten im Finanzministerium lügen.

Sie wissen, als Dienstvorgesetzter bin ich eigentlich verpfl ichtet, wenn so ein Vorwurf erhoben wird, diesen strafrechtlich zu verfolgen. Es steht sogar im Strafgesetzbuch, dass insoweit ein eigenes Antragsrecht des Behördenleiters besteht. Dies ist nicht erfolgt mit der Ausrede, da würde doch immer etwas hängen bleiben. Ich glaube auch, dass in diesem Fall etwas hängen bleiben würde.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es ist also so, dass hier der Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung seitens des Finanzministeriums aufgrund persönlicher Einfl ussnahme nicht erfüllt worden ist.

(Ludwig Wörner (SPD): Wo ist er denn, der Herr Finanzminister?)

Ich will das nicht weiter ausführen, weil unsere Redezeit begrenzt ist. Aber wenn man den Gesamtzusammenhang betrachtet, gibt das, was da passiert ist, immer mehr ein Geschmäckle.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Und dieses Geschmäckle hat sich zu einem ziemlich starken Antigeschmack entwickelt, als mir der Kaufvertrag für dieses Grundstück zwischen dem Freistaat Bayern, vertreten durch das Finanzministerium, und Frau Bartenschlager zugespielt wurde. In diesem Kaufvertrag gibt es zwei Klauseln, die ich als Notar nicht nachvollziehen kann. Ich bin 36 Jahre Notar, habe umgerechnet etwa 100.000 Urkunden beurkundet – etwa 3.000 Urkunden im Jahr mal 36 ergibt sogar mehr – und glaube daher, dass ich mich in Verträgen auskenne. Ich habe diesen Kaufvertrag genau durchgelesen.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Es handelt sich dabei – bis auf den letzten Absatz – um einen ganz normalen Kaufvertrag. Im letzten Abschnitt werden also zwei Vereinbarungen getroffen, die das Geschmäckle zu einem Ungeschmack erweitern:

Erstens: Die Frau Bartenschlager hatte mit der Landesschule für Behinderte einen Vertrag abgeschlossen, dass sie auf dem gekauften Grundstück Reiten für Körperbehinderte ermöglichen wird. Das ist alles in Ordnung und auch förderungswürdig. Aber dieser Vertrag, der zwischen Fremden abgeschlossen worden ist, wird vom Finanzministerium als wesentlicher Bestandteil des Kaufvertrages – das müssen Sie sich einmal vorstellen! – übernommen; so steht es ausdrücklich drin. Sie wissen, „wesentlicher Bestandteil eines Kaufvertrages“ ist eine Säule des Kaufvertrages. Es gibt keine Erklärung dafür, außer dass gesagt würde, wir müssen auch sozial sein, es ist doch im Interesse des Staates, dass der Behindertensport gefördert wird. Es gibt keinen Anlass dafür, dass sich das Finanzministerium zum Vollzugsbeamten eines fremden Pachtvertrages macht und sich dann auch noch bereit erklärt, diesen zukünftig zu kontrollieren, weil Änderungen des Vertrages nur mit Zustimmung des Finanzministeriums möglich sind. Meine Damen und Herren, ich habe das noch nie erlebt.

Zweitens ist eine Verpfl ichtung enthalten, dass sich Frau Bartenschlager, der das Gasthaus Wörnbrunn schon gehört, verpfl ichtet, dieses Gasthaus wieder zu eröffnen und zehn Jahre zu betreiben. Welchen Sinn gibt es, dass das Finanzministerium die Dame verpfl ichtet, ein Gasthaus, das sie schon hat, wieder zu eröffnen und zu betreiben?

Zusammengefasst, weil die Redezeit abläuft: Es gibt einen ganz klaren Grund dafür, nämlich den, dass die Gemeinde erklärt hat, ein Vorkaufsrecht auszuüben. Sie können in jeder Fortbildungsschulung hören, dass solche Klauseln immer vereinbart werden, um das Vorkaufsrecht auszuhebeln; denn selbstverständlich kann die Gemeinde das Gasthaus nicht eröffnen und zehn Jahre betreiben, weil es ihr nicht gehört. Damit wollte man also – für einen Juristen, für einen Notar ganz klar – das Vorkaufsrecht der Gemeinde aushebeln.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich fasse zusammen und komme damit zum Ende: Die Gemeinde ist zweimal ausgetrickst worden: einmal beim Angebot, das sie nicht bekommen hat, und zweitens beim Vorkaufsrecht, das man verhindern wollte. Deswegen beantragen wir Würdigung.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich darf nun das Wort Herrn Kollegen Johann Neumeier erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen, meine lieben Kollegen! Es ist mir unerklärlich, warum diese Petition in das Plenum hochgezogen wurde. Es gibt hierfür zwei Gründe, die es mir aber nicht erklären:

Erstens: Wir haben diese Angelegenheit im Haushaltsausschuss in drei Sitzungen beraten.

(Zuruf von der SPD: Nichtöffentlich!)

Damit können Sie nicht einverstanden sein, das ist Ihr Recht. Entscheidender ist der andere Grund: In dieser Sache wird derzeit ein Zivilgerichtsverfahren durchgeführt, wo alle diese Punkte geklärt werden, die Kollege Gantzer beanstandet hat.

Wegen dieser beiden Gründe habe ich kein Verständnis dafür, dass die Petition in Kenntnis dieser Situation hochgezogen wurde. Wenn es Schule macht, das derartige Eingaben zu Grundstücksgeschäften immer dann im Plenum behandelt werden, wenn irgendjemand dagegen Bedenken hat, haben wir in diesem Hohen Haus noch schöne Aufgaben vor uns.

(Beifall bei der CSU)

Was den Sachverhalt betrifft, bringt die Petentin vor, dass das Verfahren beim Verkauf der staatlichen Flächen in Wörnbrunn zu beanstanden sei. Sie spricht von Lügen, Verdächtigungen und Beziehungsgeschäften. Kollege Professor Dr. Gantzer hat das begründet und ist auf dieses Schiff aufgesprungen. In allen Sitzungen des Haushaltsausschusses und bei der Beratung der hier hochgezogenen Eingabe wurde festgestellt, dass das Verfahren und der Zuschlag an die Meistbietende nicht zu beanstanden sei.

Die erste Eingabe wurde aufgrund der Stellungnahme der Staatsregierung für erledigt erklärt. Das Finanzministerium hat dann vorgeschlagen, dem Verkauf mit genau festgesetzten Konditionen zuzustimmen, und dem wurde entsprochen. Der gegenständlichen Petition konnte ebenfalls nicht entsprochen werden.