Bärbel Narnhammer

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Zum Thema Schulpolitik in München. Herr Kollege Pfaffmann, ist Ihnen bekannt, dass die Kollegin Hohlmeier und Frau Staatsministerin Stewens sich an den Herrn Schulminister Schneider gewandt haben und für zwei Schulen im Landkreis Ebersberg den Schulteiler, wie er in München üblich ist, eingefordert haben?
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Staatssekretär, es wird Sie nicht wundern, dass ich den Gesetzentwurf etwas anders einschätze als Sie; denn für mich ist dieser Gesetzentwurf ein weiterer Schritt in den Überwachungsstaat. Im Jahr 2004 hat der damalige Datenschutzbeauftragte Vetter geschrieben – ich zitiere –:
Auch die Gerichte haben die Zulässigkeit dieser Videoüberwachung in der Zwischenzeit anerkannt. In dem bereits genannten Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht ja bereits bestätigt, dass Videoüberwachung auf öffentlichen Einrichtungen mit gleichzeitiger Aufzeichnung des gewonnenen Bildmaterials auf der Grundlage einer hinreichend bestimmten und normenklaren Ermächtigungsgrundlage unter bestimmten Voraussetzungen verfassungsgemäß sein kann. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung auch ausgeführt, dass die allgemeinen Regelungen im Bayerischen Datenschutzgesetz, die momentan die Rechtsgrundlage für die Videoüberwachung darstellen, nicht ausreichen, um diese Videoaufzeichnung auf öffentlichen Plätzen mit der gleichzeitigen Möglichkeit der Personenidentifizierung durchzuführen. Gleiches gilt im Übrigen auch für die entsprechende Rechtsgrundlage im Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetz.
Ausgehend von dieser Rechtsprechung soll deshalb mit dem vorliegenden Gesetzentwurf diesen Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts Rechnung getragen und die Videoüberwachung auf die entsprechende rechtliche Grundlage gestellt werden.
Daneben sind noch – als Folge davon – andere Änderungen in verschiedenen Gesetzen notwendig.
Ich erspare mir in der Ersten Lesung Einzelheiten zu diesem Gesetzentwurf. Ich denke, wir werden im Ausschuss sehr intensiv darüber diskutieren, darf allerdings bereits jetzt ankündigen, dass die CSU-Fraktion dem Gesetzentwurf zustimmen wird, weil wir uns eben für die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger in diesem Land einsetzen und diese Sicherheit auch höchste Priorität hat.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Präsident hat gerade die namentliche Abstimmung angekündigt. Uns ist dies sehr wichtig, weil gerade Kolleginnen und Kollegen aus der CSU-Fraktion im Rechtsausschuss bewiesen haben, dass sie durchaus Sympathie für unseren Antrag haben.
Kolleginnen und Kollegen, wie Sie vielleicht wissen, wird im Rahmen der Kultusministerkonferenz über die Einführung eines nationalen Bildungsregisters diskutiert. Da die Bayerische Staatsregierung bekanntermaßen emsig und gerne Daten von Bürgerinnen und Bürgern sammelt wie ein Eichhörnchen Nüsse für den Winter, hat sie die Individualerfassung von Schülern, Schülerinnen und Lehrern bereits fast umgesetzt.
In der Beantwortung meiner Schriftlichen Anfrage zu diesem Thema heißt es, ich zitiere: „Das Individuum verschwindet gleichsam in der großen Menge der anonymisierten Datensätze und kann momentan auch nicht über die Jahre hinweg in seinem Bildungsverlauf verfolgt werden.“ Ich betone: momentan. Das bedeutet, der Weg geht in die Richtung eines eindeutigen Merkmals zur Identifi kation von Schülern und Schülerinnen. Entsprechend erhofft sich das Kultusministerium mit einer Schüler-ID, die Bildungsberichterstattung um neuartige Analysemöglichkeiten zu erweitern.
Kolleginnen und Kollegen, ich frage mich allerdings, was das für einen Nutzen haben soll. Alle einschlägigen Studien – ich nenne nur einmal Pisa, Timss und den Isb-Bildungsbericht – zeigen doch klar auf, woran das bayerische Schulsystem krankt. Wir haben eine zu frühe Differenzierung der Schüler und Schülerinnen nach der vierten Jahrgangsstufe. Wir haben eine zu geringe Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Schularten und eine zu große Abhängigkeit der Bildungschancen von der fi nanziellen Leistungsfähigkeit der Eltern. Wir haben eine Benachteiligung von Kindern mit Migrationshintergrund, einen Unterrichtsausfall wegen des dramatischen Lehrermangels und fehlende Ganztagsangebote.
Ich könnte die Aufzählung beliebig fortsetzen.
Richtig, dazu reicht die Zeit nicht. Um diese Tatsachen zu bestätigen, brauchen wir keine Schüler-ID. Wir brauchen Taten, um diese Missstände zu beseitigen.
Die Erfassung und Speicherung individueller Daten unter einer Schüler-ID schafft nun einmal gläserne Schüler und Schülerinnen. Ihre Bildungskarriere, ihre Herkunft und ihr
wirtschaftlich-sozialer Hintergrund werden lückenlos dokumentiert. Dies widerspricht nicht nur dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, es birgt in ganz großem Maße auch die Gefahr des Missbrauchs. Je mehr Datenbestände existieren, umso größer ist das Risiko, dass sie in falsche Hände geraten. Gelegenheit macht Diebe, leider auch hier.
Deshalb wollen wir mit unserem Antrag die Einführung einer Schüler-ID verhindern. Wir fordern die Staatsregierung auf, sich im Rahmen der Kultusministerkonferenz gegen die Einführung eines nationalen Bildungsregisters auszusprechen. Spätestens seit der Föderalismusreform hat der Bund bei der schulischen Bildung allenfalls noch eine kosmetische Funktion. Weshalb, frage ich mich, soll dann auf Bundesebene ein riesiger Datenfriedhof errichtet werden, wenn die Handlungskompetenz fehlt? –
Die Mitglieder der Mehrheitsfraktion in diesem Hause sprechen immer wieder gern und ausführlich vom Bürokratieabbau. Kolleginnen und Kollegen von der CSU, nehmen Sie diesen Anspruch auch einmal ernst. Bauen Sie nicht ein neues bürokratisches Instrument auf Bundesebene auf, das dort völlig nutzlos ist.
Ich freue mich darüber, dass genau aus diesem Grund Herr Kollege König im Rechtsausschuss sein hohes Maß an Sympathie für unseren Antrag bekundet hat.
Ich freue mich auch darüber, dass der Rechtsausschuss unseren Antrag einstimmig angenommen hat.
Kolleginnen und Kollegen, in der Bevölkerung nimmt das Unbehagen über die ausufernde staatliche Überwachung zu. Ausgehend vom Elternbeirat des Gymnasiums Grafi ng wurden bayernweit Unterschriften für eine Petition gegen diese Schüler-ID gesammelt. Fast 21 000 Bürgerinnen und Bürger haben diese Eingabe unterzeichnet. Ich appelliere deshalb an Sie: Nehmen Sie die Sorgen der Eltern ernst. Kolleginnen und Kollegen von der Mehrheitsfraktion, wachen Sie auf am heutigen Tag des Schlafes
und stimmen Sie wie unsere Kolleginnen und Kollegen im Verfassungsausschuss unserem Antrag zu.
Herr Präsident, eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass ich gleich nach dem Redner zur Zwischenbemerkung zugelassen werde, weil ich eigentlich Herrn Rüth etwas sagen wollte, aber ich kann ihn auch jetzt noch fragen. Herr Kollege, Sie haben angeführt, dass man eine Schüler-ID bräuchte wegen der Anfragen der Opposition. Wie wurden denn bisher die Anfragen der Opposition ohne Schüler-ID beantwortet? – Ich denke, das ist keine Begründung, um eine SchülerID erstellen zu müssen. Ich frage Sie auch: Wie konnte denn der umfangreiche Bildungsbericht ohne Schüler-ID erstellt werden?
Ein weiterer Punkt sind die Laufbahnen. Man braucht sich nur den Übergang vom Kindergarten an die Grundschule anzusehen. Das klappt seit Jahrzehnten nicht optimal. Da wäre es sinnvoll, wenn sich Lehrkräfte und Erzieherinnen austauschen würden, aber das passiert leider nicht in dem Maße. Man braucht dafür keine Daten, Herr Minister; denn hier ist es ein Gespräch, das sinnvoll und hilfreich für unsere Kinder wäre.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mein Abstimmungsverhalten erklären und auch meine Fraktionskollegin Frau Dr. Kronawitter ausdrücklich entschuldigen, die aber hinter dieser Erklärung steht und sie auch mit formuliert hat ebenso wie meine Kollegin Kathrin Sonnenholzner.
Wir stimmen für den Antrag der GRÜNEN mit folgender Begründung: Als Abgeordnete der Flughafenregion wissen wir um die besonderen Belastungen der Menschen in dieser Region. Wir wissen um die enormen fi nanziellen Ausgaben der Kommunen im Zusammenhang mit den notwendigen Anpassungen der Infrastruktur im sozialen, schulischen und verkehrlichen Bereich. Wir klagen zusammen mit den lärmgeplagten Bürgerinnen und Bürger vor Ort über die schlechte verkehrliche Anbindung des Flughafens in der Region.
Kolleginnen und Kollegen, derzeit leben 10 000 Menschen im stark fl uglärmbelasteten Bereich. Mit der angestrebten dritten Startbahn werden es 30 000 sein. Insbesondere die Stadt Freising wird massiv betroffen werden.
Die Ausführungen der drei Staatsminister am 15. Juli 2006 vor dem Nachbarschaftsbeirat und vor der Presse bestärken uns ein weiteres Mal in der Auffassung, dass ein Mediationsverfahren, wie es am Flughafen Wien Schwechat durchgeführt wird, das geeignete Instrument ist, um die Belange des Flughafenumlandes im Verfahren dritte Startbahn überhaupt zur Geltung zu bringen. Dieses Ausgleichsverfahren hat die Staatsregierung strikt abgelehnt und geglaubt, den Nachbarschaftsbeirat als Befriedungsinstrument für die Region nutzen zu können. Nach elf Sitzungen haben die Kommunalpolitiker dieses Proformagremiums resigniert festgestellt – ich zitiere Bürgermeister Schneider von Neufahrn vom 17. Juli 2006 –: „Die Beschlüsse des Beirats sind sinnlos.“
Der ankündigte Umlandfonds ist nicht mehr als ein hohles Versprechen. Er soll nämlich aus den Gewinnen der Gesellschafter der FMG gespeist werden. Diese aber sind im nächsten Jahrzehnt und weit darüber hinaus nicht zu erwarten. Rückzahlung der Gesellschafterdarlehen, beabsichtigter Bau der dritten Startbahn, Umbau des Terminals 2 und weitere fi nanzielle Belastungen der FMG schließen faktisch betriebswirtschaftliche Überschüsse aus.
Es macht uns wütend, dass dem Umland nicht einmal ein Umlandfonds nach dem Beispiel des Wiener Flughafens zugestanden wird. In Wien wurde im Mediationsverfahren zwischen Flughafen und Umlandgemeinden eine Abgabe in Höhe von 0,2 bis 0,3 Euro pro Passagier ausgehandelt, und zwar lange bevor eine weitere Startbahn gebaut wurde. Da kommt für die Umlandgemeinden etwas zusammen, und zwar außerhalb der gesetzlich auferlegten Entschädigungen.
Ich denke, wir täten gut daran, vor Begeisterung über das Wachstum des Flughafens die Menschen in der Region und deren Belange nicht zu vergessen.
Herr Staatssekretär, gehe ich recht in der Annahme, dass Sie sich beim Spatenstich zur Ortsumgehung der Bundesstraße Zorneding die Staatsstraße 2081 südlich von Zorneding, die Sie eben genannt haben, angeschaut und festgestellt haben, dass sie trotz Geschwindigkeitsbegrenzung auf 40 Kilometer kaum mehr befahrbar ist, und wann genau wird mit
diesen beiden Sanierungsmaßnahmen, die Sie eben genannt haben, begonnen?
Herr Staatssekretär, ich gehe davon aus, dass Sie auch beim nächsten Spatenstich an der Bundesstraße 304, nämlich bei der südlichen Ortsumgehung von Ebersberg, wieder dabei sind. Ich würde Sie gern einladen, mit mir vorher diese besagte Staatsstraße 2081 zu besichtigen. Die ist nämlich inzwischen nur noch einspurig befahrbar, und zwar ganz in der Mitte, weil links und rechts alles wegbricht. Darf ich davon ausgehen, dass Sie meine Einladung annehmen?
Gut, dann machen wir einen Termin aus.
Herr Präsident, Hohes Haus! Zur Erinnerung: Am Ende der letzten Legislaturperiode, Herr Kollege, hat die Mehrheitsfraktion in diesem Haus endlich ihren jahrelangen Widerstand aufgegeben. Wir konnten endlich die Kinderrechte in die Bayerische Verfassung aufnehmen.
Ich denke, es war längst an der Zeit, dass im Jahre 2003 der Anspruch von Kindern auf die Entwicklung zu selbstbestimmungsfähigen und verantwortungsvollen Persönlichkeiten auch Verfassungsrang in Bayern bekam. Aber, Kolleginnen und Kollegen, es ist natürlich niemandem geholfen, wenn die Verfassungswirklichkeit nicht mit der Lebenswirklichkeit übereinstimmt.
Wir müssen leider feststellen, dass es auch zwei Jahre nach der Verfassungsänderung noch immer keine entscheidenden Verbesserungen bei der Umsetzung und Ausgestaltung der Kinderrechte gibt.
Bundesweit konnten wir unter der Regierung von Gerhard Schröder das Recht auf gewaltfreie Erziehung durchsetzen, wohlgemerkt gegen den Widerstand der CSUStaatsregierung in Bayern, die im Bundesrat dagegengestimmt hat.
Bis heute lehnen Sie ab, was in unserer Gesellschaft eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein muss. Prügel, Schläge gegen Kinder sind keine Erziehungsmethode, sondern ein Straftatbestand.
Zu den wichtigsten Punkten in der UN-Kinderrechtskonvention zählt auch die Beteiligung von Kindern an den demokratischen Entscheidungsprozessen. Wir haben es heute schon öfter gehört, in Sonntagsreden und in Grußworten heißt es immer so wunderschön: „Kinder sind unsere Zukunft“. Ich kann nur sagen, richtig ist das schon, Herr Kollege, aber warum sind junge Menschen dann diejenige Bevölkerungsgruppe, der am wenigsten eigene Mitwirkungsmöglichkeiten bei der Gestaltung ihrer Zukunft zugestanden werden?
Ich meine, je eher Kinder und Jugendliche sich aktiv beteiligen können, umso schneller entwickeln sie ein solides demokratisches Grundverständnis.
Wir möchten seit Jahren, dass das kommunale Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt wird. Und im Übrigen bin ich davon überzeugt, dass Jugendliche ihre Interessen selbst am besten vertreten können. Kinder und Jugendliche, die sich engagieren und Verantwortung übernehmen wollen, müssen gefördert und gestützt werden. Aber im Gegensatz dazu ist die CSU-Staatsregierung dabei, die Arbeit des Bayerischen Jugendrings bis hinunter zu den Kreisjugendringen kaputtzusparen.
Ein Beispiel bei mir aus dem Landkreis Ebersberg: Der Kreisjugendring kann im nächsten Jahr kaum mehr Fortbildungen für die ehrenamtlich Aktiven in den Jugendzentren durchführen,
weil Sie, Kolleginnen und Kollegen von der Mehrheitsfraktion, die entsprechenden Fördermittel zusammengestrichen haben. Wir haben es Gott sei Dank geschafft, dass wir im Kreistag eine parteiübergreifende Mehrheit bekommen haben, damit wenigstens noch ein bisschen
was an Fördermitteln fl ießt und das damit ausgeglichen werden kann. Es kann doch nicht sein, dass man das auf die Kommunen verlagert.
Das ist Aufgabe des Staates.
Zu den Koalitionsvereinbarungen hat meine Kollegin Werner-Muggendorfer schon etwas gesagt. Auch zur Bildung ist schon einiges gesagt worden. Die Chancengleichheit in der Bildung leidet in Bayern wie in keinem anderen Bundesland. Anstatt gegenzusteuern verschärfen Sie die Probleme noch mit Büchergeld und Studiengebühren.
Und Sie versäumen es, den einzigen positiven Aspekt der zurückgehenden Geburtenzahlen zu nutzen. Es wird nämlich von Ihrer Seite nicht diskutiert über kleinere Gruppen in den Kindertagesstätten,
über kleinere Klassen in den Schulen. Für Sie ist das vielmehr ein willkommenes Einfallstor, um zu sparen.
Schule und Kinderbetreuung sind kein Feld, meine Kollegen und Kolleginnen von der rechten Seite, auf dem der Herr Ministerpräsident seine Sparwut austoben kann.
Gerade bei Kindern und Jugendlichen gilt: Was heute Millionen kostet, spart morgen Milliarden.
Kolleginnen und Kollegen, es wäre noch sehr viel zu sagen zur Lebenswirklichkeit der Kinder in Bayern. Ich hoffe, dass die Enquete-Kommission „Jung sein in Bayern“ uns neue Impulse gibt. Vielleicht lassen sich die Kolleginnen und Kollegen der Mehrheitsfraktion vom Geist der Großen Koalition in Berlin anstecken. Denn da haben Sie den Passagen zur Kinder- und Jugendpolitik zugestimmt, auch wenn einige dabei – der Herr Ministerpräsident ist nicht da – ausgesprochene Fluchtrefl exe entwickelt haben.
Ich appelliere an Sie: Geben Sie Ihre Blockadepolitik auf zum Wohle unserer Kinder, zum Wohle unserer Zukunft.
Herr Staatssekretär, wie viele und welche Städte bzw. Gemeinden in Bayern haben
wie die Stadt Grafi ng bei München – unter Berufung auf das Bayerische Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz – BayKiBiG – die bestehenden Verträge über die Betriebsführung der Kindertagesstätten gekündigt und wie beurteilt die Staatsregierung dieses Vorgehen im Hinblick auf die Planungssicherheit von Trägern und Eltern, die Arbeitsplatzsituation der Erzieherinnen und die Sicherheit der Versorgung mit Kindertagesstättenplätzen?
Herr Staatssekretär, inwieweit wird jetzt die Staatsregierung auf den Bürgermeister
der Stadt Grafi ng einwirken, damit die Versorgung mit Plätzen in Kindertagesstätten beibehalten wird?
Ist es der Staatsregierung möglich, vielleicht bei dem Bürgermeister anzurufen, um die Betriebsträgerschaft aufrechtzuerhalten?
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Stierstorfer, auch wenn Sie noch so oft die Zahlen zitieren, die Qualität des Gesetzes wird davon auch nicht besser.
Wenn Sie von mehr Kinder- und Familienfreundlichkeit reden, dann würde ich Ihnen empfehlen – Sie sind noch nicht so lange im Landtag – sich unsere alten Anträge anzuschauen. Sie würden sehen, wie oft wir das schon beantragt haben. So haben wir zum Beispiel einen Familienfreundlichkeits-TÜV gefordert, genauer gesagt, eine Familienfreundlichkeitsprüfung. All diese Anträge wurden von Ihrer Fraktion abgelehnt.
Nun zum Gesetz: Wir alle sind uns wohl darin einig, dass dieses Gesetz eines der wichtigsten Vorhaben in dieser Legislaturperiode ist;
denn dieses Gesetz hat Auswirkungen auf alle gesellschaftlichen Bereiche des Lebens: auf die Kinder, auf die Eltern, auf das Personal, auf die Träger und auf die Kommunen. Deshalb denke ich, es ist dem Gesetzentwurf angemessen, dass er in diesem Hause ausführlichst diskutiert wird und, dass auch die Kritikpunkte ausführlichst zur Sprache kommen.
Ich glaube, wir sind uns auch darin einig, dass das alte Kindertagesstättengesetz von 1972 einer Modernisierung bedarf. Was aber jetzt vorliegt, wird den Bedürfnissen von Kindern, Eltern, Personal und Trägern nicht gerecht.
Es ist heute schon ein paar Mal angesprochen worden: Es gab Hunderte von Petitionen mit Tausenden von Unterschriften. Es gab Anhörungen zu dem Thema, und überall kam heraus, dass dieses Gesetz auf einhellige Ablehnung
stößt. Bedauerlicherweise werden oder wurden – vielleicht wird es auch noch – die Anregungen aus den Petitionen und den Anhörungen von der Mehrheitsfraktion nicht aufgenommen. Die Anregungen von der Opposition werden sowieso nicht aufgenommen, doch hier wurde noch nicht einmal auf die Anregungen der Bürgerinnen und Bürger draußen gehört. Manchmal habe ich den Eindruck, dass Sie das Motto haben: Die können sagen und schreiben was sie wollen – wir machen, was wir wollen.
Sie können sich gern zu Wort melden, Herr Kollege. Die Meinungen der Bürgerinnen und Bürger wurden ignoriert. Ich möchte hier noch einmal wiederholen: Es ist ein Grundrecht, und es ist das gute Recht jeder Bürgerin und jedes Bürgers in Bayern, sich mit Petitionen und Anliegen an den Bayerischen Landtag zu wenden. Ich habe viele der Petitionen gelesen. Man muss feststellen: Es steckt sehr viel Herzblut und Engagement in diesen Eingaben. Die wurden nicht einfach nur so hingeschrieben. Der Umgang der Mehrheitsfraktion damit ist aber leider undemokratisch. Das möchte ich hier noch einmal festgehalten haben.
Es wurde schon angesprochen, dass dieses Gesetz mehr Verwaltungsaufwand und mehr Bürokratie mit sich bringt. Die Zeit, die dafür aufgewendet werden muss, geht schlicht und einfach für die Zeit am Kind verloren.
Die Verfügungszeit wird nämlich nicht im Gesetz festgeschrieben. Ich habe die Protokolle sehr genau gelesen. Die Frau Ministerin hat in einer Ausschusssitzung irgendwann einmal gesagt, in dem Basiswert sind 5,7 Stunden Verfügungszeit mit eingerechnet. Ich habe Herrn MR Dunkl letzthin im Ausschuss gefragt: Warum schreibt man das dann nicht in das Gesetz hinein? – Er hat geantwortet: Na ja, die einen geben 2 Stunden, die anderen geben 10 Stunden. Wir wollen den Trägern in dieser Frage nicht dreinreden. – Das ist in Ordnung. Aber so, wie es jetzt ist, dass gar nichts im Gesetz steht, bedenkt, dass die Träger mit dem Basiswert letztendlich machen können, was sie wollen. Sie müssen keine Verfügungszeiten geben. Man hätte zwar keine Stunden in das Gesetz hineinschreiben müssen, aber man hätte hineinschreiben können, dass Verfügungszeiten verpfl ichtend gegeben werden müssen. Das hätte man sehr wohl hineinschreiben können.
Da jetzt immer wieder auf die Ausführungsverordnung verwiesen wird, Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, dann möchte ich dazu Folgendes sagen: In der letzten Woche habe ich aus dem Ministerium gehört, dass uns zur Schlussberatung dieses Gesetzes die Verwaltungsverordnung oder die Durchführungsverordnung oder die Rechtsverordnung oder wie immer diese Verord
nung heißen wird, vorliegen wird. Also, ich habe sie nicht. Herr Unterländer, ich weiß nicht, ob Sie sie haben. Ich jedenfalls habe sie nicht.
Kolleginnen und Kollegen, letztendlich fehlt in den Einrichtungen auch die Zeit für die Umsetzung des Rechtes des Kindes auf Bildung. Ich sage hier ganz bewusst: des Rechtes. Das Recht des Kindes auf Bildung ist in der UNKinderrechtskonvention in Artikel 28 festgelegt. Deutschland hat diese UN-Kinderrechtskonvention 1992 unterzeichnet. Bekanntlich war zu diesem Zeitpunkt auch die CSU mit an der Regierung. Wir haben in der Bayerischen Verfassung – das ist noch gar nicht lange her, das war im Jahre 2003 – die Kinderrechte festgeschrieben. Aber in diesem Gesetz kommt Bildung leider nur in der Überschrift vor.
Dabei wissen wir alle, wie wichtig die frühkindliche Bildung ist. Das betont auch die Pisa-Studie ausdrücklich, auf die auch ich hier hinweisen muss. Das alte Sprichwort „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“ gilt, glaube ich, heute umso mehr. Heute gibt es neuere Hirnforschungen – wobei ich mich frage, ob man die noch gebraucht hat; denn das habe ich schon vor 30 Jahren in Psychologie gelernt –, die festgestellt haben, wie richtig dieser Satz nach wie vor ist.
Wir haben den Bildungs- und Erziehungsplan, schön und gut. Darauf gibt es positive Reaktionen, und er wird auch sehr gut in der Praxis angenommen. Das ist hervorragend. Aber die Umsetzung dieses Bildungs- und Erziehungsplans passt mit dem Finanzierungsmodell überhaupt nicht zusammen, und das ist das Problem dabei.
Zur Bildung gehört übrigens auch die Sprachkompetenz. Darüber wurde heute schon ein bisserl was gesagt, deshalb spare ich mir das. Über dem ganzen Gesetzentwurf hängt das Damoklesschwert der Kostenneutralität. Deshalb ist und bleibt das Gesetz, das sage auch ich, ein Spargesetz.
Meine Damen und Herren – Herr Unterländer, auch Sie haben es heute Morgen in Ihrer Rede gesagt –, es ist wunderbar, wir haben in diesem Gesetz eine Deregulierung. Wir haben keine Vorgaben, beispielsweise auch keine Raumvorgaben. Das ist wunderschön. Auch ich denke, an den bisherigen Vorschriften musste einiges geändert werden. Es muss beispielsweise nicht unbedingt festgelegt werden, dass die Handtuchhalter im Kindergarten mindestens 25 cm auseinander sind. Darin stimmen wir überein. Das Gesetz von 1972 wurde aber auch eingeführt, um gewisse Mindeststandards festzuschreiben.
Ich weiß das noch. Jetzt haben wir das nicht mehr. In der Konsequenz heißt das – und ich sage das hier ganz bewusst: in der theoretischen Konsequenz, und hoffentlich auch nur in der theoretischen Konsequenz –, dass eine Kinderbetreuungseinrichtung genauso gut in irgendeinem Wohnzimmer oder in einer verräucherten Bude eingerichtet werden könnte. Ich sage deshalb „theoretisch“, weil die Bayerische Verfassung dem entgegensteht. Ich möchte deshalb die Bayerische Verfassung zitieren, und zwar Artikel 125. Dort heißt es unter Absatz 1:
Gesunde Kinder sind das köstlichste Gut eines Volkes.
Und in Absatz 2 steht:
Die Reinhaltung, Gesundung und soziale Förderung der Familie ist gemeinsame Aufgabe des Staates und der Gemeinden.
Zur Familie gehören die Kinder. Ich bitte deshalb, wenn die Ausführungsverordnung bzw. die Durchführungsverordnung, oder wie immer sie heißen mag, kommt, zur Kenntnis zu nehmen, dass die Bayerische Verfassung das gesunde Aufwachsen von Kindern fordert.
Zur Gastkinder-Regelung: Seien Sie mir nicht böse, aber darauf muss ich noch einmal zurückkommen. Die Probleme, die diese Regelung bringt, werden auf dem Rücken der Eltern ausgetragen. Die Wahlfreiheit der Eltern wird sehr stark eingeschränkt. Ich muss jetzt noch einmal die Bayerische Verfassung zitieren. Ich weiß nicht, wer von Ihnen sich die Bayerische Verfassung, was diesen Punkt betrifft, schon einmal angeschaut hat.
Ich zitiere Artikel 126 Absatz 1:
Die Eltern haben das natürliche Recht und die oberste Pfl icht, ihre Kinder zur leiblichen, geistigen und seelischen Tüchtigkeit zu erziehen. Sie sind darin durch Staat und Gemeinden zu unterstützen. In persönlichen Erziehungsfragen gibt der Wille der Eltern den Ausschlag.
Das heißt übersetzt, die Eltern entscheiden, wohin sie ihre Kinder geben, in welche Einrichtung mit welchem pädagogischen Konzept, und nicht die Kommune, die noch irgendwo freie Plätze hat.
Zu dieser Gastkinderregelung gibt es übrigens – ich wundere mich, dass das heute noch nicht angesprochen wurde – ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. November 2004. Es bezieht sich zwar auf BadenWürttemberg, aber ich denke, dass das auch für bayerische Verhältnisse, also für dieses Gesetz, wenn es so kommt, angewendet werden könnte, wenn jemand klagt. Es geht in diesem Urteil um Einrichtungen der WaldorfPädagogik. Danach begründen Überkapazitäten – im bayerischen Gesetz wären das die freien Plätze – nicht,
dass die Einrichtungen mit besonderer Pädagogik nicht auch gleichermaßen gefördert werden. „Das verletzt Bundesrecht“ steht ausdrücklich drin.
Elternrecht ist, sich für eine Einrichtung mit besonderer pädagogischer Konzeption entscheiden zu können. Der Hinweis auf das Fehlen fi nanzieller Mittel rechtfertigt nicht die Einschränkung des Wunsch- und Wahlrechts der Eltern sowie der Trägervielfalt.
Zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gibt es auch ein Rechtsgutachten von der Anwaltskanzlei Quaas & Partner aus Stuttgart über die Konsequenzen dieses Urteils. Ich denke, das ist sehr interessant. Es ist ein dickes Kompendium. Ich erspare Ihnen das jetzt, aber Sie können sich das gern bei mir kopieren, wenn Sie es vielleicht doch interessiert. Ich denke, auch dies könnte relevant werden. Dort steht nämlich:
Meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, es wäre der Bedeutung und Tragweite dieses Gesetzes angemessen gewesen, wenn Sie, meine Damen und Herren von der CSU, Anregungen und Bedenken aus den Petitionen ernst genommen und den Entwurf, den wir jetzt vor uns liegen haben, substanziell verändert hätten und nicht mit Marginalien, wie Sie es mit Ihren Anträgen getan haben, wobei Sie in den Veranstaltungen draußen immer Ihre Anträge hoch gehalten und erklärt haben: Wir haben ja etwas verändert! – Ja, was haben Sie denn verändert? Sie haben zum Beispiel das Wort „wöchentlich“ eingefügt.
Sie degradieren – ich sage es, wie es ist – Kinder zum Kostenfaktor. Es bleibt nach wie vor bei Ihren Sonntagsreden: Kinder sind unsere Zukunft – wenn sie es sind, dann müssen wir auch etwas für sie tun.
Welche Gründe nennt die Staatsregierung dafür, dass insbesondere Integrationsgruppen bzw. Integrationskindergärten, unter anderem laut Bericht des „Landsberger Tagblatts“ vom 17.06.2004 in der Modellregion Landsberg/Lech, die nach den Richtlinien des neuen Kindertagesstättenfinanzierungsmodells arbeiten, schließen mussten bzw. nicht mehr weiter betrieben werden können?
Frau Staatsministerin, wenn ich Sie jetzt richtig verstanden habe, dann ist der Bestand also nicht gefährdet. Aber wie sieht es mit den integrativen Gruppen aus, die in Zukunft eingerichtet werden sollen, wenn der Bezirk, wie man allgemein hört, sich weiter aus der Finanzierung zurückzieht? Der Bezirk ist dann auch daran interessiert, dass keine neuen Integrationseinrichtungen mehr genehmigt werden.