Ich weiß, wie Sie heute abstimmen werden. Der Meinungsbildungsprozess ist aber noch nicht abgeschlossen. Sie sollten sich das wirklich überlegen. Sie sollten auch bei den Firmen nachfragen, warum sie sich so hartnäckig weigern, auch nur irgendeinen Beitrag dazu zu leisten. Das würde Ihre Positionen in der Argumentation spürbar verbessern. Wenn die Firmen das nicht machen, sollten wir auch nicht so viel öffentliches Geld in die Hand nehmen, um einige Leute etwas schneller zum Flughafen zu befördern. Ich bedanke mich für Ihre ungewöhnliche Aufmerksamkeit.
Herr Kollege Volkmann, sie hatten gerügt, dass Herr Staatsminister Huber nicht hier ist. Deshalb teile ich Ihnen mit, dass sich Herr Staatsminister Huber ordnungsgemäß entschuldigt hat, weil er in Berlin an einer wichtigen Besprechung zum Kombilohn teilnehmen und dort die bayerischen Interessen vertreten muss. Deswegen hatte er Herrn Staatssekretär Spitzner entsandt.
Herr Präsident, Hohes Haus! Die Rede oder – besser gesagt – die Polemik des Kollegen Pschierer hat mich dazu bewogen, mich zu Wort zu melden und Einiges richtig zu stellen. Ich halte es allerdings für einen schlechten parlamentarischen Stil, hier gegen eine Fraktion und einen Kollegen so zu polemisieren, anschließend aber sein Zeug zu packen, den Saal zu verlassen und sich so der Sachdiskussion zu entziehen.
Lassen Sie mich einige neue Gesichtspunkte, die sich seit der letzten Debatte hier im Hohen Haus am 30. März ergaben, in aller Deutlichkeit ansprechen. Wir haben uns schon etwas gedacht, warum wir diesen Dringlichkeitsantrag heute hier einbringen.
Herr Pschierer und Sie von der CSU bringen immer wieder die ewige Mär, Sie wollten Verkehr von der Straße auf den angeblich so umweltverträglichen Transrapid verlagern. Dazu müssten Sie einmal die Unterlagen des Planfeststellungsverfahrens studieren. Sie müssen sich einmal der Mühe unterziehen, die 40 Leitzordner durchzuarbeiten, wie wir es auch sukzessive getan haben. Nehmen Sie die Anlage 19 des Intraplan-Gutachtens zur Prognose der Benutzung des Transrapids. Schauen Sie einmal nach, woher der Transrapid seine Fahrgäste holt. 43 % kommen von der S-Bahn. Der größte Anteil stammt also aus einem funktionierenden öffentlichen Personennahverkehrsmittel. Weitere 5 % holt er aus den Bussen heraus. Die Hälfte kommt also aus dem öffentlichen Personennahverkehr - ÖPNV - und nicht von der Straße. Meine Damen und
Herren, was ist das für eine Geldverschwendung, wenn Sie mit einem sündhaft teuren Verkehrsmittel dem funktionierenden Personennahverkehr die Fahrgäste abgaunern? So etwas darf doch nicht wahr sein.
Dieser Debatte entzieht sich der Ausschussvorsitzende. Ein Drittel der Fahrgäste kommt von der Straße. Sie alle wissen, dass die A 9 eine tägliche Belastung von bis zu 200 000 Fahrzeugen hat. Der Entlastungseffekt auf den Straßen im Münchner Norden ist aber nicht spürbar. Diese Entlastung ist im Prinzip zu vernachlässigen. 21 % der Fahrgäste sollen neues Passagierpotential sein, welches zukünftig zum Flughafen München fährt. Zum einen sollen damit anderen Flughäfen Fluggäste abgegaunert werden, womit Sie, wie Kollege Runge gesagt hat, den Münchner Flughafen weiter mästen. Zum anderen sollen Passagiere – und da wird es für mich wirklich pervers - dem Schienenverkehr der Bahn abgezogen werden.
Ich zitiere jetzt aus den Unterlagen eine Stelle, an der dargestellt wird, woher der Transrapid seine Fahrgäste herholen soll:
Durch Änderung der Verkehrsmittelwahl im Hauptlauf von Fernverkehrsrelationen in den Nachfragesegmenten mit einer Konkurrenzsituation zwischen dem Luftverkehr und dem Schienenpersonenfernverkehr sowie in geringerer Größenordnung auch mit dem Pkw erhöht sich die Wahrscheinlichkeit von Flugreisen zulasten der Landverkehrsmittel, wenn die Tür-zu-Tür-Reisezeit im Luftverkehr durch Inbetriebnahme der MSB-Verbindung München Hauptbahnhof – Flughafen verkürzt wird.
Das steht im Intraplan-Gutachten auf Seite 39. Mit anderen Worten: Der Transrapid soll dazu dienen, dass Leute, die momentan mit dem Schienenpersonenfernverkehr der Bahn unterwegs sind, zukünftig wieder innerhalb Deutschlands fl iegen. Das darf doch nicht wahr sein. Ursprünglich hat es geheißen, der Transrapid soll gebaut werden, um die Leute von der Luft auf den Transrapid zu bringen. Jetzt machen Sie exakt das Gegenteil davon. Hier geht es um die Größenordnung von etwa einer Million Fahrgäste, die Sie herüberholen. Und das wollen Sie mit zwei Milliarden Euro oder noch mehr subventionieren. Wo kommen wir da hin? Auf der einen Seite bauen Sie für 3,6 Milliarden eine ICE-Strecke, und dieser ICE-Strecke entziehen Sie wiederum die Fahrgäste mit einem zwei Milliarden Euro teuren Fahrzeug, um den Verkehr wieder auf die Luftverbindungen herüberzuziehen. Das ist doch eine absurde Verkehrspolitik, die Sie hier betreiben.
Das alles geht aus den Unterlagen klar hervor. Das sind Planfeststellungsunterlagen und nicht Ideologiediskussionen, wie Kollege Pschierer sagt. Es sind Zitate aus den Unterlagen, die wir momentan durcharbeiten. Bei der Planfeststellung geht es nicht nur um ungefähre, sondern um konkrete Planungen. Auf der S 1, der Westanbindung des Flughafens, und der gesamten Anbindung des
Münchner Nordens – Fasanerie, Moosach, Feldmoching, Oberschleißheim, Unterschleißheim, Eching, Neufahrn, Freising – soll der Takt von 20 Minuten auf 30 Minuten ausgedehnt werden. Die Leute sollen also den Lärm des Transrapids und eine verschandelte Landschaft bekommen. Dann dünnt man ihnen auch noch das SBahn-Angebot um 50 % aus, obwohl auf dieser Strecke die Leute heute schon in den Morgenstunden teilweise wie die Heringe in der S-Bahn stehen. Die werden nun noch dafür bestraft, dass sie die Transrapidstrecke mit ihrem Lärm vor die Haustüre gesetzt bekommen.
Als Drittes möchte ich auf die Finanzierung eingehen. Es gibt eine Stellungnahme der DB AG vom Herbst letzten Jahres, welche laut den mir vorliegenden Unterlagen am 16. September 2005 auch Herrn Ministerialdirigent Wellner im Wirtschaftsministerium zugegangen ist. Diese Stellungnahme muss damit auch dort bekannt sein. Darin steht ganz klar, dass die Bahn von Kosten in Höhe von 1,85 Milliarden Euro ausgeht. Sie gibt aber auch zu, dass nach einem Worst-Case-Szenario mit 2,3 Milliarden Euro gerechnet werden muss. Das ist also deutlich mehr. Das sind Ausführungen der DB AG, die den Transrapid letztlich bauen und betreiben soll oder will. Die Bahn kommt klar zu dem Ergebnis, dass sich bei dem Worst-Case-Szenario von 2,3 Milliarden Euro ein negatives wirtschaftliches Ergebnis ergibt. Dann gibt es keinen Gewinn und keine Eigenfi nanzierung mehr. Irgendjemand muss dann das Defi zit des Transrapids tragen.
Wenn die Bahn den Transrapid nicht mehr betreiben kann, wird sie die öffentliche Hand auffordern, ihn zurückzunehmen und weiterzubetreiben. Die Bahn wird das Defi zit nicht ausgleichen. Ein Geldbetrag zur Finanzierung des Transrapids wird sich aus Gewinnen nicht ergeben, wie es Herr Wiesheu in seinem ersten phantasievollen Finanzierungskonzept dargestellt hat. Das heißt, die Finanzierung des Transrapids ist gescheitert. In der letzten Presseerklärung des Bundesverkehrsministers spricht der Sprecher von Herrn Tiefensee davon, Herr Huber sollte die Kreativität, die er beim Griff in fremde Taschen entwickelt, bei der Finanzierung seines Eigenanteils zum Transrapid entwickeln. Diese Presseerklärung von Herrn Tiefensee ist so freundschaftlich, dass man es sich kaum vorstellen kann, dass die beiden Ministerien das Projekt noch gemeinsam realisieren wollen. In meinen Augen geht es nur noch darum, den schwarzen Peter von Berlin nach München oder von München nach Berlin zu schieben. Das Projekt hat mittlerweile 140 Millionen Euro Planungskosten verschlungen.
Das ist viel zu viel und eine Geldverschwendung ohnegleichen. Machen wir ein Ende mit Schrecken, anstatt das auf ewig vor uns herzuschieben und weiteres gutes Geld dieser schlechten Planung in den Rachen zu werfen! Stimmen Sie unserem Antrag zu? Das Projekt ist nicht fi nanzierbar. Verzichten Sie darauf und schenken Sie der Bevölkerung reinen Wein ein. Wir bitten um Zustimmung zum Antrag.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD – Staatsminister Prof. Dr. Kurt Faltlhauser: Das war ein schöner Beifall hier in diesem Hause!)
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst noch einmal darauf hinweisen: Herr Minister Huber hat sich ausdrücklich schriftlich entschuldigt, weil er einen sehr wichtigen Termin in Berlin hat. Herr Präsident, ich bedanke mich dafür, dass Sie dies klar und deutlich herausgestellt haben. Sie haben beklagt, dass Minister Huber nicht da ist. Wir haben erst vor einigen Wochen sehr ausführlich hier diskutiert, und er hat Ihnen ausführlich Rede und Antwort gestanden.
Erstens. Ich habe aufmerksam zugehört und möchte gar keine Polemik in die Debatte bringen, Herr Runge. Ich habe aber kein neues Argument gehört. Sie haben Ihre Meinung, und wir haben unsere Meinung. Herr Kollege Magerl, wenn es in den letzten Jahren nach Ihrer Meinung gegangen wäre, dann hätten wir heute gar nicht zu diskutieren brauchen; denn dann gäbe es den Flughafen FranzJosef-Strauß gar nicht; dann könnten wir heimgehen, meine Damen und Herren.
Zweitens. Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, es gibt einen Koalitionsvertrag. Am 11.11.2005 wurde der Transrapid in München darin als Leuchtturmprojekt aufgenommen.
- Was heißt „nicht der“? Sie wissen ganz genau, dass es einschlägige Untersuchungen über fünf verschiedene Projekte gegeben hat und dass die Sachverständigen einstimmig zu der Meinung gekommen sind: Wenn es einen Transrapid in Deutschland geben soll, dann ist nur der in München zum Flughafen zu verwirklichen. Also ist ganz klar „der“ Transrapid in München gemeint und kein anderer, weil die anderen Möglichkeiten nach Meinung der Bundesregierung ausgeschlossen werden müssen.
Wenn das Projekt wirklich so unsinnig wäre, dann fände ich es geradezu abenteuerlich, dass der Haushausausschuss des Bundestages heute vor wenigen Stunden mit großer Mehrheit 50 Millionen Planungsmittel dafür freigegeben hat. Wenn der Haushaltsausschuss des Bundestages der Meinung wäre, dass das ein unsinniges Projekt ist, hätte er das mit Sicherheit nicht getan.
Drittens. Herr Kollege Volkmann, Sie haben von der Beteiligung der Industrie gesprochen. Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass man fordert, die Industrie müsste sich stärker beteiligen. Sie haben als Strafverteidiger in wunderschön advokatischer Weise den Weg aufgezeigt, wie es manchmal geht. Sie sagen: Hätten Sie dabei zumindest den Schein erweckt und noch etwas draufgepackt, dann hätten Sie das später nachholen können. Genau das hat im Interesse der Klarheit und Wahrheit und der Transparenz die Industrie nicht getan. Dafür möchte ich mich ausdrücklich bei der Industrie bedanken.
- Sie sind viel zu intelligent, als dass Sie nicht kapieren würden, dass Ihr Zwischenruf ein Schmarren ist.
Die Industrie hat klar und deutlich gesagt: Wir machen ein sehr, sehr günstiges Angebot. Wir spielen nicht mit gezinkten Karten und wollen nicht durch einen überhöhten Beitrag, den wir jetzt plakativ ins Spiel bringen, die Leute täuschen und ihn dann später mit Zins und Zinseszins vom Steuerzahler wieder holen. Das ist in meinen Augen der klare, saubere betriebswirtschaftliche Weg. Nochmals: Die Planungskosten von 50 Millionen sind freigegeben worden.
Viertens. Uns wird in einigen Tagen ein Gutachten, das noch von der alten Bundesregierung bestellt wurde, über die industriepolitische Bedeutung des Transrapid vorliegen. Sie behaupten immer wieder, er hätte keine industriepolitische Bedeutung. Da werden einige überraschende Ergebnisse herauskommen. Man hört jetzt schon einiges. Man hört, dass das Gutachten, das von einem allseits anerkannten renommierten Institut erstellt wurde, besagt, der Transrapid sei nicht nur für Bayern, sondern für Deutschland industriepolitisch äußerst interessant und zwar nicht nur als Prestigeprojekt, sondern auch als Marketingprojekt, aufgrund dessen viele andere Projekte laufen werden. Bei diesem Institut sind inzwischen eine ganze Reihe von Nachfragen aus der Europäischen Union, aus den USA oder von Asien eingegangen. Wir gehen davon aus, dass der Transrapid industriepolitisch ein voller Erfolg werden wird. Wenn das so ist, dann bin ich mir dessen sicher, dass auch die Industrie da noch nicht das letzte Wort gesprochen hat.
Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie haben gesagt, Bayern müsste einen höheren Beitrag leisten. Darüber kann man diskutieren. Ich bedanke mich dafür, dass Sie fairerweise auch gesagt haben, dass in den vergangenen Jahrzehnten über 1,5 Milliarden Euro vom Bund in Forschung und Entwicklung gesteckt wurden, weil das ein Projekt von nationaler Bedeutung war. Dieses Geld ist meines Erachtens sinnvoll ausgegeben worden. Sie haben selbst gesagt, dass das ein hochinteressantes technologisches Projekt ist. Jetzt geht es um die Schlussfi nanzierung. Sie sagen, Bayern müsse sich hier bewegen. Ich bin optimistisch und sage Ihnen: Der Bund wird sich bewegen, und Bayern wird sich bewegen. Am Ende des Jahres wird ein vernünftiger Kompromiss geschlossen werden. Davon können Sie ausgehen. Sie werden noch ernüchtert werden. Meine Damen und Herren, wir werden uns über die Höhe noch unterhalten. Ich bin optimistisch, dass hier noch etwas kommt.
Lassen Sie mich noch etwas zur Express S-Bahn sagen. Jetzt wird der MAEX - oder wie das heißt – als der Weisheit letzter Schluss betrachtet. Die GRÜNEN fordern, gezielt vertiefte Untersuchungen über Alternativen anzustellen. Mein Haus hat bereits in den Jahren 2003 und 2004 von renommierten Sachverständigen 14 S-BahnVarianten von München zum Flughafen untersuchen lassen; da gibt es die Westschiene und die Ostschiene. Was war das Ergebnis? – Genau die Linie, die jetzt Herr Ude vorschlägt – der MAEX -, war die Linie auf der Osttangente, von der die Sachverständigen vor drei Jahren eindeutig gesagt haben, das sei vom Kosten-Nutzen-Verhältnis her die absolut schlechteste Linie. Wenn man schon eine S-Bahn zum Flughafen haben will, warum will man dann die Linie, die bei der Betrachtung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses am schlechtesten wegkommt? Das verstehe ich nicht. Warum ausgerechnet diese Linie? Die Sachverständigen haben klar und deutlich gesagt, dass es bei den jetzt veranschlagten 624 Millionen Investitionskosten mit Sicherheit nicht bleiben wird. Es ist völlig unstrittig, dass beim Flughafenausbau Maßnahmen getätigt werden müssen, so dass zunächst Kosten in Höhe von mindestens 900 Millionen Euro entstehen würden. Hinzu kämen weitere Baumaßnahmen - Stichworte Ausziehgleis beim Hauptbahnhof, Überholgleis, unterirdische Tunnels und all diese Dinge.
Herr Volkmann, reden Sie doch mit den Leuten, die etwas davon verstehen. Sie verstehen nichts davon, ich verstehe nichts davon. Ich sage das klar und deutlich: Ich verlasse mich auf die Experten, die etwas davon verstehen. Alle Experten sagen einhellig: Wenn dies konkret werden soll, dann würde der MAEX mindestens eine Milliarde Euro kosten.
Jetzt geht es auch noch um den Zeitpunkt. Ich weiß nicht, warum man das nicht sieht: Wenn man eine Express-SBahn haben will, dann kann man sie nicht sofort haben, sondern für die Express-S-Bahn ist die Fertigstellung des Erdinger Ringschlusses und der zweiten S-Bahnstammstrecke unverzichtbar. Vor 2020 – das ist auch unbestritten – würde bei der Express-S-Bahn überhaupt nichts gehen. Sie reagieren immer nach dem Motto: „Konfrontieren Sie mich ja nicht mit Fakten zum Transrapid; ich bleibe bei meinem Vorurteil.“ Fakt ist, vor 2020 wird eine Express-S