Protocol of the Session on May 18, 2006

- Herr Zimmermann, regen Sie sich nicht auf. Sie wollen in München privatisieren, nicht die SPD.

(Beifall bei der SPD – Dr. Thomas Zimmermann (CSU): Sie wollen doch nur Privatisieren! Sie haben gar keine Ahnung!)

Nächste Wortmeldung: Kollege Nadler.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die bayerischen Hochschulen stehen insgesamt gut da. Damit das trotz ansteigender Studierendenzahlen und angesichts eines verstärkten Wettbewerbs um Drittmittel und Forschungsaufträge so bleibt, ist eine umfassende Novellierung des gesamten Hochschulrechts neben fi nanzieller Planungssicherheit für die Hochschulen von besonderer Bedeutung. Durch ein entscheidendes Mehr an Autonomie und Eigenverantwortung im globalen Wettbewerb sollen unsere Hochschulen neu positioniert werden.

Ich will den Aspekt „Frauenförderung – Frauenbeauftragte“ herausgreifen.

(Adelheid Rupp (SPD): Was, Sie! - Weitere Zurufe von der SPD – Lachen bei der SPD)

Der Senat wird verkleinert und der erweiterte Senat abgeschafft.

(Adelheid Rupp (SPD): Klar doch, Frauenbeauftragte, das soll der Mann machen!)

Statt bislang im Regelfall 16 Mitglieder hat er künftig neun Mitglieder, acht gewählte und die Frauenbeauftragte. Die Stärkung der Frauen in der Wissenschaft ist ein Element, eine Säule dieser Hochschulreform. Die Frauenförderung steht am Anfang des Gesetzes, gleichsam als Türschild.

(Große Heiterkeit bei der SPD und bei den GRÜ- NEN - Adelheid Rupp (SPD): Die Frau als Türschild!)

Sie ist uns wichtig, nicht aufgrund von Gender-Aspekten, sondern auch aufgrund volkswirtschaftlicher Aspekte

(Anhaltende Heiterkeit bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Uns geht es um die Förderung von Studentinnen sowie von weiblichen wissenschaftlichen Kräften. Ziel ist vor allem die Erhöhung des Frauenanteils in der Wissenschaft.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Da könnte man gleich rot werden!)

- Das will ich nicht, ich will schwarz bleiben, Kollege Wahnschaffe. – Ziel ist vor allem die Erhöhung des Frauenanteils in der Wissenschaft. Schließlich wird auch die Rechtsstellung der Frauenbeauftragten gestärkt, und ihre Einfl ussmöglichkeiten werden vermehrt.

Meine Damen und Herren, wir verpfl ichten mit diesem Gesetz die Hochschulen, die tatsächliche Durchführung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern als Leitprinzip der Aufgabenwahrnehmung zu berücksichtigen.

(Zurufe von der SPD – Unruhe – Glocke der Prä- sidentin)

Die Frauenbeauftragten gehören in jeder Fakultät dem Fakultätsrat als festes Mitglied an und sind bei allen Entscheidungen über Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung, Kollege Vogel, in der Fakultät beteiligt.

In den Berufungsausschüssen der Fakultäten, in denen die Entscheidung über die Berufung neuer Professoren vorbereitet wird, sind die Frauenbeauftragten nach dem Gesetz feste Mitglieder mit Stimmrecht. Bisher hatten sie kein Stimmrecht. Die Frauenbeauftragte der Hochschule ist als einziges der neun Mitglieder des Senats Mitglied kraft Amtes. Sie ist Mitglied in den Ausschüssen des Senats. Die Frauenbeauftragte der Hochschule ist gleichzeitig – zusätzlich zu ihrer Mitgliedschaft im Senat – Mitglied der erweiterten Hochschulleitung und hat auch dort Stimmrecht

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Das klingt ja irre!)

Außerdem kann sie von der Hochschulleitung als beratendes Mitglied neben Präsident oder Präsidentin, VizePräsident oder Vize-Präsidentin und Kanzler oder Kanzlerin berufen werden. Unabhängig davon ist sie bei allen sie betreffenden Angelegenheiten der Hochschule zu beteiligen. Sie hat beratende Stimme im Hochschulrat.

Am Rande sei erwähnt, dass die Frauenbeauftragte für die Erfüllung ihrer Aufgaben nach dem vorliegenden Gesetzentwurf eigene Gelder erhält und von anderen dienstlichen Aufgaben entlastet wird.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Hat das der Goppel aufgeschrieben?)

- Lieber Herr Kollege Dürr, ich weiß nicht, wo Sie denken lassen, ich habe selbst gedacht.

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Unsere Minister sind so ausgelastet,

(Wolfgang Vogel (SPD): …, dass sie nicht mehr denken können! – Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)

die schreiben Abgeordneten nichts auf. Wir wollen ein neues und grundlegend modernisiertes bayerisches Hochschulgesetz als Grundlage und Rahmen für in Forschung und Lehre erfolgreiche Hochschulen, die eine wesentliche Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit Bayerns sind. Meine Damen und Herren, dazu gehört auch und insbesondere die Stärkung von Frauen in der Wissenschaft. Diesem Anliegen sind wir mit diesem Gesetzentwurf gerecht geworden.

(Beifall bei der CSU – Wolfgang Vogel (SPD):Das war die Rede eines Frauenbeauftragten! – Engelbert Kupka (CSU): Das ist ein Mann, der Frauen versteht!)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Wahnschaffe.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich darf zunächst meinem Bedauern darüber Ausdruck geben, dass die Minister einschließlich des Ministerpräsidenten offensichtlich so überlastet sind, dass sie heute nicht anwesend sein können. Ich halte das deswegen für nicht ganz unwichtig, weil wir heute noch ein Universitätsklinikagesetz verabschieden, für das zwar in erster Linie der Wissenschaftsminister verantwortlich zeichnet, aber im Krankenhausbedarfsplan ist dafür das Sozialministerium zuständig. Deswegen hätte es der Ministerin oder ihrem Staatssekretär – dieses Ministerium hat nämlich auch noch einen Staatssekretär – gut angestanden, bei dieser Debatte anwesend zu sein, Wir nehmen es so, wie es ist.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ludwig Spaenle (CSU))

Meine Damen und Herren, mit dem Universitätsklinikagesetz betritt der Landtag hochschulpolitisches Neuland. Während der Status der Universitätsklinika bislang im Hochschulgesetz geregelt war, wird dafür nun ein eigenes Gesetz mit 17 Artikeln entworfen. Die alte Regelung kam mit nur zehn Artikeln aus.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das ist Verwaltungsvereinfachung!)

- Das ist dann eine Verwaltungsvereinfachung à la Bayerischer Staatsregierung. Meine Damen und Herren, die Abnabelung der Universitätsklinika geschieht nicht erst mit diesem Gesetz, sondern hat schon längst begonnen, insbesondere mit der Verordnung vom 20. Juni 2003 – Herr Kollege Dr. Zimmermann hat das schon erwähnt -, als damals ein Sonderstatus für das Klinikum Rechts der Isar in der Form der Anstalt des öffentlichen Rechts gewährt wurde. Triebfeder für das neue Gesetz, Herr Dr. Zimmermann, war aber nicht, wie Sie glauben machen wollen, dass die Bayerische Staatsregierung besonders fortschrittlich denkt, oder die Überlegung, wie es Herr Staatsminister vorher so schön formuliert hat, dass der Freistaat Bayern auch nach der rechtlichen Verselbstständigung über den Aufsichtsrat der Klinika in der politischen und wirtschaftlichen Gesamtverantwortlichung bleibt – darauf kommen wir noch - , sondern Triebfeder war etwas ganz anderes, etwas, das Sie schamhaft verschweigen. Das ist die blanke fi nanzielle Not.

Wenn Sie den Abschnitt „Problem“ auf dem Vorblatt des Gesetzentwurfs über die Universitätsklinika genauer lesen, wird Ihnen das sonnenklar. Da ist davon die Rede, dass ein von zunehmendem Konkurrenzdruck geprägter Markt zu erhöhter Wirtschaftlichkeit und fl exiblerem Handeln zwinge und deshalb dieses neue Gesetz erforderlich sei. Im Grunde genommen geht es um das Kürzungsdiktat des bayerischen Finanzministers. Das kommt in folgender Formulierung im Vorblatt zum Ausdruck: „Auch hinsichtlich des staatlichen Zuschusses für Forschung und Lehre sowie für sonstige Trägeraufgaben sind in der Zukunft nur begrenzte Möglichkeiten absehbar“.

Das heißt doch auf Deutsch nichts anderes: Wir haben kein Geld, also suchen wir nach anderen Geldquellen, und wir suchen sie in der Privatisierung, deren besonderer Verfechter Sie sind, Herr Kollege Dr. Zimmermann. Darauf komme ich noch zurück. Da kann man nur noch sagen: Als Begründung eines solchen Gesetzes ist dies mehr als dürftig. Nichts davon steht in dem Gesetz – das hätte man vielleicht erwarten können –, wie die Konkurrenzfähigkeit der Universitätsklinika in der medizinischen Forschung erhöht oder wie die Ausbildung des medizinischen Nachwuchses den veränderten Bedürfnissen unserer Gesellschaft angepasst werden kann. Auch die spannende Frage, was an der Schnittstelle zwischen Forschung und Lehre einerseits und einer Klinik der Maximalversorgung andererseits – da knirscht es ganz deutlich – künftig passieren wird, bleibt weitgehend unbeantwortet.

Die Gefahr – und darauf habe ich heute Vormittag schon bei der Debatte über das Bayerische Krankenhausgesetz hingewiesen –, dass die totale Ökonomisierung des Krankenhauswesens die Oberhand gewinnt, wird durch dieses Gesetz nicht gebannt, sondern im Gegenteil durch die Öffnungsklausel, die eine vollständige Privatisierung von Universitätsklinika ausdrücklich zulässt, noch befördert. Diesen Weg werden wir nicht mitgehen.

(Beifall bei der SPD)

Man muss sich fragen, warum Sie sich nicht gleich offen zur Privatisierung der Klinika bekennen. Eines eigenen Gesetzes hätte es nicht bedurft; Sie hätten das in das Krankenhausgesetz hineinschreiben können. Dort haben Sie auch der Privatisierung den Weg geöffnet. Herr Kollege Dr. Zimmermann, wir sind uns durchaus einig: Es geht nicht um die privatrechtlichen Rechtsformen.

(Dr. Thomas Zimmermann (CSU): Doch, darum geht es!)

Nein, das ist nicht der Punkt. Da sind wir durchaus einer Meinung. Wir sind auch der Meinung, dass der jetzt beschrittene Weg, nämlich der Anstalt des öffentlichen Rechts diesen Weg zu öffnen, richtig ist. Soweit sind wir einig. Solange der Staat die Garantenstellung behält, kann das gut gehen. Sie wollen aber etwas ganz anderes. Mit der Öffnungsklausel in Artikel 16 wollen Sie einer Privatisierung bei der Trägerschaft Tor und Tür öffnen. Herr Dr. Zimmermann, ich darf Sie mit einem Zitat konfrontieren, mit dem Sie im „Münchner Merkur“ vom 21. Dezember vergangenen Jahres zitiert werden:

Befl ügelt hat die Münchner Privatisierungspläne der Verkauf der Universitätskliniken Marburg und Gießen. (…) Es ist eine kühne, aber tolle Sache, was in Hessen geschieht.

Dort geschieht die totale Privatisierung, nämlich die Übernahme von zwei Universitätsklinika durch einen privaten Betreiber. Sie haben im Augenblick noch eine Schamfrist gewährt und sagen: Das wollen wir nicht gleich, das wollen wir nicht jetzt.

(Widerspruch des Abgeordneten Dr. Thomas Zimmermann (CSU))

Mit Artikel 16 öffnen Sie aber der Privatisierung der Universitätsklinika Tor und Tür, und das ist zugleich das Einfallstor dafür, Universitäten zu privatisieren. Diesen Weg werden wir unter keinen Umständen mitgehen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Damit wird privaten Kapitalgebern erlaubt, auf Krankenhäuser der Maximalversorgung und damit direkt oder indirekt auch auf die Forschung und Lehre bestimmend Einfl uss zu nehmen.

Wirtschaftliches Handeln ist im Gesundheitswesen notwendig; dazu bekennen wir uns. Private Betreiber haben aber vor allem im Sinn – das habe ich heute Morgen schon gesagt –, Kosten zu senken. Das erleben wir tagtäglich; denn sie wollen Gewinne machen. Der Staat aber hat eine Garantenpfl icht in einem wichtigen Bereich der Daseinsvorsorge. Den Häusern der Maximalversorgung kommt hier eine besondere Bedeutung zu. Wir wollen keine hessischen Verhältnisse. Die Privatisierung der Universitätsklinika Gießen und Marburg kann für Bayern kein Vorbild sein. Aus den genannten Gründen werden wir diesen Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Wahnschaffe. – Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie erlauben mir, dass ich die Sitzung kurz unterbreche. Wir haben heute sehr viele Ehrengäste bei uns im Haus zu begrüßen. Ich darf weitere Ehrengäste im Namen des Bayerischen Landtags, aber auch persönlich hier begrüßen: einmal den Gouverneur der Region Krasnodar, Herrn Alexander Tkatchev, sowie den Vorsitzenden der Gesetzgebenden Versammlung, Herrn Vladimir Beketov, und die Delegation. Seien Sie uns herzlich willkommen. Ihr Besuch im Bayerischen Landtag fi ndet im Rahmen der „Tage der russischen Region Krasnodar in Deutschland“ statt. Sie sind gestern zu einem Informationsbesuch nach München gekommen. Wir wünschen Ihnen einen weiterhin angenehmen Aufenthalt und noch weitere interessante Gespräche. Noch einmal ein herzliches Willkommen von den Kolleginnen und Kollegen und von mir persönlich bei uns im Bayerischen Landtag.