Protocol of the Session on March 7, 2006

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Diese Petition wurde bereits dreimal behandelt; wir haben es gehört. Ich muss feststellen, Frau Paulig, sie wurde jedes Mal mit Ernst und auf der Grundlage von für uns gültigem Wissen behandelt. Was Sie hier machen, ist in meinen Augen reiner Populismus.

(Beifall bei der CSU)

Ich hätte mir gewünscht, Sie hätten in den letzten sieben Jahren mit Ihrem Minister Trittin die Angelegenheit entsprechend abgesprochen; dann hätten wir vielleicht jetzt konkretere Grundlagen, als wir sie nun einmal haben.

Wir nehmen die Sorgen und Nöte der Menschen durchaus ernst. Wir müssen uns aber auf das Fachwissen von internationalen und nationalen Kommissionen verlassen können. Dieses Fachwissen zusammen mit der 26. Bundesimmissionsschutzverordnung sind für uns die Grundlagen, die uns die Grenzwerte für diese Anlagen vorgeben.

Zu dieser Anlage in Haibach: Die Anlage wurde im Jahre 1999 mit einer Genehmigung von drei Sektoren mit je vier Kanälen zu je zehn Watt genehmigt. In Betrieb genommen wurden in der Tat nur drei Sektoren mit drei Kanälen. Nach unseren Informationen ist ein Kanal, der in Richtung der betroffenen Familie strahlt, abgeschaltet worden. Das ist die Grundlage. Die Genehmigung wird nur erteilt, wenn die Grenzwerte eingehalten werden. Im Dezember 2005 wurde im Zusammenhang mit der dritten Petition und im Einvernehmen mit der Familie vom Landesamt für Umweltschutz die Strahlung gemessen. Die Messung hat ergeben, dass in der Summe ein Wert festgestellt worden ist, der 4,77 % des zulässigen Gesamtwertes entspricht. An der Innenseite des Kinderzimmers ist ein Messwert festgestellt worden, der 0,42 % des zulässigen Grenzwertes beträgt.

Das sind für uns die Grundlagen, und das war auch die Ursache, warum diese Petition im Ausschuss mit den Stimmen von CSU und SPD abgelehnt werden musste.

Es könnte sein, dass wir irgendwann etwas mehr wissen als heute, wir können aber diese Vorgaben nicht von heute auf morgen aufgrund von Ergebnissen und Hinweisen der Ärzteinitiative Bamberger Appell annullieren und nach Gutdünken entscheiden. Frau Paulig, der Mobilfunkpakt – das ist statistisch nachweisbar – funktioniert sehr gut. Aber wenn wir anfangen, jede Einzelanlage auf Antrag von vermeintlich Betroffenen zu überprüfen und vielleicht abzuschalten, dann können Sie sich vorstellen, dass uns nicht mehr objektive Grundlagen und Daten leiten, sondern lediglich subjektive Annahmen.

Ich will eines deutlich sagen: Frau Paulig hat die Situation der Familie geschildert. Ich will es nicht ins Lächerliche ziehen, aber wenn auch der Hamster der Familie an Wachstumsstörungen gelitten und sich letztlich zurückentwickelt hat, dann muss ich von der Statistik her feststellen: Wir müssten in viel höherem Maße krank sein und entsprechende Symptome aufweisen, wenn die Annahmen so zutreffen würden.

Aus diesem Grund bleiben wir bei unserer Haltung. Die Petition können wir nicht positiv verbescheiden. Ich bitte alle Kolleginnen und Kollegen, sich bei der heutigen Abstimmung gegen diese Petition auszusprechen.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Biedefeld.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte am Anfang feststellen, dass Vorwürfe sowohl von den Petenten, der Familie Bücher, als auch aus den Reihen der GRÜNEN, wir hätten uns nicht eingehend und ernsthaft genug mit der Petition befasst, zurückzuweisen sind. Wir haben das sehr wohl getan und die Angelegenheit in keiner Weise ins Lächerliche gezogen. Wir nehmen die Sorgen der Menschen wirklich ernst.

(Zurufe von der Besuchertribüne)

Ich bitte Sie, die Besuchertribüne sofort zu verlassen. Das, was Sie machen, ist unzulässig. Würden Sie bitte die Besuchertribüne unverzüglich verlassen. Bitte gehen Sie freiwillig.

Ich werde diesen Zwischenfall zum Gegenstand der nächsten Sitzung des Ältestenrats machen. Ich möchte gerne wissen, von wem die Besucherin eingeladen worden ist.

(Beifall bei der CSU)

Frau Kollegin, die Redezeit ist Ihnen nicht verloren gegangen.

Ich sage noch einmal: Ich weise die Vorwürfe – egal, woher sie kommen – zurück, wir hätten uns nicht ernsthaft und eingehend mit dieser Petition beschäftigt. Wir nehmen die Sorgen der Menschen ernst. Wir wissen, dass es Menschen gibt, die

sensibel sind und durch elektromagnetische Strahlung gesundheitliche Beeinträchtigungen erleiden. Ich sage aber auch – dabei schließe ich mich meinem Kollegen Dr. Hünnerkopf an –: Das, was Sie, Frau Kollegin Paulig, vonseiten der GRÜNEN, hier betreiben, ist Populismus pur. Ihre Behauptung, dass uns der Mobilfunkpakt die rechtliche Handhabe dafür gibt, die Anlage abzubauen, ist völlig falsch und nicht zutreffend. Das ist eine Lüge, die Sie vor diesem Plenum ausgesprochen haben.

(Beifall bei der SPD und bei der CSU)

Weisen Sie mir bitte nach, dass uns der Mobilfunkpakt die rechtliche Grundlage für Ihren Vorschlag gibt, dann können wir gerne weiterdiskutieren. Wir haben uns an die vorhandenen rechtlichen Vorgaben zu halten. Wir wissen auch, dass in dieser Angelegenheit bereits Klage geführt worden ist und die Klage der Petenten abgewiesen worden ist. Der Rechtsweg ist also ausgeschöpft worden.

Im Umweltausschuss am 9. Februar hat es Irritationen gegeben. Wir haben die Petition in dieser Sitzung zum dritten Mal – wie bereits ausgeführt worden ist – behandelt, und es gab Irritationen, wie weit diese Anlage teilweise – es geht um Sektoren und Kanäle, die solche Masten haben – abgebaut worden ist. Zu diesen Irritationen hat auch das Umweltministerium beigetragen, weil Zahlen verwechselt worden sind; auch das muss ich sagen. Aber diese Irritationen konnten im Umweltausschuss aufgeklärt werden. Es gibt Messungen, die sowohl vom LGL – dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit – als auch im Auftrag des Umweltministeriums durch das Landesamt für Umweltschutz vor Ort bei den Petenten, bei der Familie Bücher durchgeführt worden sind. Diese Messungen zeigen ganz klar auf, dass die vorhandenen Grenzwerte längst nicht ausgeschöpft worden sind.

Die Messergebnisse liegen also unter den Grenzwerten. Damit haben wir keine rechtliche Handhabe, diese Anlage abzubauen. Selbst wenn die Leistung der neuen Anlage hinzugerechnet wird, wäre eine solche Handhabe nicht vorhanden. Hier heißt es ganz klar: Aufgrund der physikalischen Ausbreitungsbedingungen von Hochfrequenzfeldern kommen durch die neue Anlage allerhöchstens Beträge in der Größenordnung von einigen Promille bzw. Zehntel-Promille zur derzeitigen Grenzwertausschöpfung hinzu. Wir sind also weit unterhalb der Grenzwerte. Damit haben wir keine rechtliche Handhabe, diese Anlage abzubauen.

Frau Kollegin Biedefeld, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Dr. Runge?

Bitte, Herr Kollege Dr. Runge.

Frau Kollegin Biedefeld, kann es sein, dass es Ihnen entgangen ist, dass die SPDFraktion im Bundestag bis zum Jahr 2003 großspurig

Senkungen des Grenzwertes angekündigt hat, sich dann aber durch ein vom jetzigen Außenminister Steinmeier verkündetes Kanzlerwort an Weihnachten 2003 hat einbremsen lassen?

Herr Kollege Dr. Runge, ich frage Sie, ob es Ihnen entgangen ist, wer in den letzten Jahren auf Bundesebene den Umweltminister gestellt hat. Auf der Bundesebene werden die Grenzwerte festgelegt. Umweltminister Trittin hat sich nicht erweichen lassen, obwohl wir seit Jahren eine Absenkung der Grenzwerte um den Faktor 10 eingefordert haben und dazu auch stehen. Mit einem Umweltminister Trittin war es nicht möglich, diese Absenkung der Grenzwerte zu erreichen.

(Beifall bei der SPD und bei der CSU)

Frau Kollegin Biedefeld, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Kollegen Kaul? – Ich würde Ihnen die Frage nicht auf die Redezeit anrechnen, wenn Sie sie zulassen.

Frau Kollegin Biedefeld, ist Ihnen bei der Vorbereitung zu diesem Tagesordnungspunkt aufgefallen, dass bei den zwei vorangegangenen Beratungen dieser Eingabe im Ausschuss, die Sie erwähnt haben, das Ausschussvotum, die Eingabe aufgrund der Stellungnahme der Staatsregierung für erledigt zu erklären, einstimmig mit den Stimmen der GRÜNEN erfolgt ist? Können Sie das bestätigen?

Ich kann das bestätigen, muss aber fairerweise einräumen, dass die Eingabe mit der Maßgabe für erledigt erklärt worden ist, dass das Umweltministerium noch einmal auf den Anlagenbetreiber zugeht und versucht, eine freiwillige Lösung zu erreichen. Dem Anlagenbetreiber ging es nicht um eine Standortverlagerung, sondern um einen Abbau innerhalb des Mastes. Dabei ging es um eine Reduzierung von Sektoren bzw. von Kanälen. Auf Drängen des Umweltministeriums wurde erreicht, dass der auf das Haus und das Kinderzimmer ausgerichtete Kanal abgebaut wurde. Ein Kanal wurde defi nitiv abgebaut.

Herr Kollege Dr. Runge, wir werden an unseren Forderungen weiterhin festhalten, auch in einer großen Koalition. Ich darf aber noch einmal darauf hinweisen, dass Ihr Umweltminister Trittin die Grenzwerte nicht abgesenkt hat. Wir werden weiterhin versuchen, mehr Mittel für die Forschung zu erhalten und ein Minimierungsgebot für Anlagen und Handys nach dem Stand der Technik zu erreichen. Wir wollen die Grenzwerte um den Faktor 10 absenken und die 26. BImSchV, also die 26. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, in ein Elektrosmoggesetz überführen, damit die Summationseffekte entsprechend berücksichtigt werden können. Wir wollen darüber hinaus den Ausbau der Mobilfunkberatung usw. Diese Ziele werden wir weiterverfolgen, gerade im Interesse der Menschen, die gesundheitliche Beeinträchtigungen erfahren und auf Mobilfunkstrahlung sensibel reagieren.

Momentan haben wir keine rechtlichen Möglichkeiten. Deshalb schließen wir uns dem Ausschussvotum an, diese Eingabe aufgrund der Stellungnahme der Staatsregierung für erledigt zu erklären.

(Beifall bei der SPD und bei der CSU)

Herr Staatssekretär Dr. Bernhard hat sich jetzt zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nur ein paar Bemerkungen zu den Grenzwerten machen. Frau Kollegin Paulig, Sie haben behauptet, wir würden uns mit solchen Bürgerbeschwerden nicht ausreichend beschäftigen. Das ist einfach abwegig. Ich müsste eigentlich die Frage stellen, ob das, was wir hier machen, mit einer vernünftigen Arbeitsrationalität noch etwas zu tun hat.

(Beifall bei der CSU)

Der Bundestag, das Landgericht, das Oberlandesgericht und der Bayerische Landtag haben sich mit diesem Fall beschäftigt. Hier ist wirklich ausreichend geprüft worden. Man kann nicht behaupten, dass wir diese Sache nicht ernst genommen hätten.

Sie wissen ganz genau, dass der Mobilfunkpakt zwar die Möglichkeit bietet, auf die Firmen zuzugehen, dass wir sie aber zu nichts zwingen können, wenn sie eine Standortbescheinigung haben. Wir sind auf die Firmen zugegangen und haben erreicht, dass ein paar Kanäle abgeschaltet wurden. Sie haben selbst eingeräumt, dass die Grenzwerte so niedrig seien, dass sie selbst bei einer Senkung immer noch eingehalten würden. Wir haben intensive Messungen durchgeführt. Daran können Sie sehen, dass wir uns wirklich um diese Sache gekümmert haben.

Noch eine Bemerkung zu diesem Auftritt: Sie sollten sich vielleicht einmal überlegen, ob in diesem Fall nicht vorwiegend eine persönliche Betroffenheit im Spiel ist und weniger eine tatsächliche Beeinträchtigung durch diese Anlage.

Ich möchte eine weitere Bemerkung über die Ärzte machen, die in diesem Fall ins Feld geführt wurden. Bislang gibt es zu diesen Behauptungen keine seriöse wissenschaftliche Zustimmung. Auf der Grundlage dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse sollen und müssen wir jedoch arbeiten. Bislang wurde nie durch seriöse Wissenschaftler nachgewiesen, dass diese Behauptungen, die hier ständig in den Raum gestellt werden, richtig sind.

Das Krebsregister ist erst vor kurzem unbefristet verlängert worden. Zu diesem Thema gibt es viele Informationen, sodass ich zusammenfassend feststellen kann: Die Grenzwerte wurden weit, weit, weit unterschritten. Die Experten stützen all das, was diese Ärztegruppe behauptet hat, nicht. Das Gutachten wird zugänglich gemacht. Dies war eine Forderung und Bitte der Petenten. Wir sehen in dieser Situation keine Handlungsmöglichkeit, aber auch keine Handlungsnotwendigkeit. Alles

wurde geprüft und wissenschaftlich beurteilt. Frau Kollegin Paulig, Sie haben diesen Fall in Anwesenheit der Petentin polemisch aufgebauscht, um den Eindruck zu erwecken, dass alles ganz anders sein könnte. Das ist weder seriös noch hilft es uns weiter.

(Beifall bei der CSU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Frau Kollegin Paulig hat nach § 133 unserer Geschäftsordnung um die Möglichkeit gebeten, eine Erklärung zur Abstimmung abzugeben. Nach dem Abschluss der Beratung, aber vor der Abstimmung hat jede Fraktion das Recht, ihr Abstimmungsverhalten kurz zu begründen. Frau Kollegin Paulig, das ist jetzt Ihre Möglichkeit.

Herr Staatssekretär, vielen Dank, dass Sie soeben etwas von dieser Emotionalität herausgenommen haben. Ihr Beitrag war sehr sachbezogen.

(Zuruf von der CSU: Begründung!)

Ich begründe das Abstimmungsverhalten meiner Fraktion. In diesem Zusammenhang erlaube ich mir die Bemerkung, dass es möglicherweise gut gewesen wäre, wenn wir den Petenten bereits im Umweltausschuss das Wort gegeben hätten. In diesem Fall hätten wir vielleicht einige Emotionen herausnehmen können.

(Henning Kaul (CSU): Darüber haben wir uns doch im Ausschuss ausführlich unterhalten!)