Protocol of the Session on February 16, 2006

(Thomas Kreuzer (CSU): Frau Kollegin, Sie haben nicht kapiert, um was es da geht! Sie hätten wenigstens die Pressemitteilung lesen sollen!)

Herr Kollege Kreuzer, Bayern braucht mehr Lehrerinnen und Lehrer. Der Staatsminister hat sich bei den Verhandlungen über den Nachtragshaushalt mit einem Almosen abspeisen lassen. Deshalb fi nde ich die Forderung gut und richtig, im neuen Schuljahr mehr Lehrerinnen und Lehrer einzustellen. Sie müssen hierfür im Haushalt endlich die erforderlichen Stellen vorsehen.

Woher können Sie das dafür notwendige Geld nehmen? Ich empfehle Ihnen insofern einen Blick auf das Papier in unserer Homepage. 52 000 Wiederholerinnen und Wiederholer verursachen Kosten in Höhe von 210 Millionen Euro. Das ist schon die Antwort auf die Frage, woher das Geld kommen soll. Wenn wir den Erlös aus dem Verkauf der Eon-Aktien in die Schuldentilgung stecken, sparen wir jährlich Zinsen in Höhe von 75 Millionen Euro. Der Wegfall der Eigenheimzulage erbringt in 2006 14 Millionen, in 2007 94 Millionen und in 2008 142 Millionen Euro. Das Geld liegt sozusagen auf der Straße. Sie müssen es eigentlich nur für den richtigen Zweck aufheben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es fehlt Ihnen, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CSU, aber eigentlich nicht an Geld, sondern an politischem Willen. Deshalb fordere ich Sie auf, diesen Mut aufzubringen und unseren Kindern nicht die Zukunft zu verbauen, sondern ihnen die Lehrerinnen und Lehrer zu geben, die sie brauchen. Von einem ausgeglichenen Haushalt haben unsere Kinder später nichts.

(Widerspruch bei der CSU)

Sie opfern die Chancen der nächsten Generation einem ausgeglichenen Haushalt. Herr Staatsminister, Kolleginnen und Kollegen der CSU, deshalb bekommen Sie von mir für die bayerische Bildungspolitik die Note ungenügend. Herr Kollege Stahl, ich könnte auch sagen: Setzen, sechs.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf des Abgeord- neten Christian Meißner (CSU))

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Sibler.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Alle Plenartage wieder zieht die SPD das Bildungsthema hoch. Man meint wohl, mit der morgigen Übergabe der Zwischenzeugnisse würde man mediale Aufmerksamkeit ernten – Herr Kollege Pfaffmann hat es ja selbst eingeräumt –, um die unhaltbaren Thesen der SPD wieder einmal unters Volk bringen zu können. Neu war heute der „Hellseher“ Pfaffmann. Aber seien Sie überzeugt, auch wir haben schon gewusst, was Sie sagen werden, und so interessant war das nun wirklich nicht.

Wir haben in den letzten Jahren im Staatshaushalt für das Lehrfach tatsächlich immer wieder zusätzliche Stellen und Beschäftigungsmöglichkeiten vorgesehen: an der Grundschule im Jahr 2000 933, 2001 1237, 2002 1277 und 2003 1079. An der Realschule ist dieser Trend ähnlich: im Jahr 2000 513, 2001 750, 2002 730 und 2003 797. Die Zahlen für die Gymnasien sind wie folgt: im Jahr 2000 909, 2001 1029, 2002 1051, 2003 1269.

Zudem ist festzustellen, dass der Freistaat Bayern heute die höchste Anzahl von Lehrerinnen und Lehrern aller

Zeiten beschäftigt. Und das sind die echten Zahlen, die wir festhalten müssen.

Außerdem hat die CSU-Fraktion auf ihrer Klausurtagung in Wildbad Kreuth weitere Stellen beschlossen. Das Paket sieht vor, 300 bestehende Verträge zu verlängern, 200 neue Verträge zu schaffen und durch die Verlagerung aus dem Hauptschulbereich, wo aufgrund sinkender Schülerzahlen über 700 Stellen frei werden, können an Realschulen und Gymnasien zusätzlich 400 Stellen geschaffen werden. Die im Bereich der Hauptschule verbleibenden Stellen hat zunächst einmal Staatsminister Schneider gerettet. Frau Tolle, da musste sich niemand ducken. Da hat man auch keine Almosen in Empfang genommen. Vielmehr können wir mit den verbleibenden über 300 Stellen die pädagogische Situation an der Hauptschule notwendigerweise weiter verbessern.

(Beifall bei der CSU)

Im Zeitraum 2000 bis 2004 lagen die Wachstumsraten im Bereich des Staatshaushalts bei 6 %. Der Bildungsbereich ist um sage und schreibe 19 % gestiegen. Wo sind denn hier die Katastrophenszenarien, die Sie immer wieder darstellen?

Selbst Ihre willkürlich gewählte Bezugsgröße Bruttoinlandsprodukt – die Bildungsausgaben orientieren sich am Bruttoinlandsprodukt – ist am Dienstag in einem Leserbrief in der „Süddeutschen Zeitung“ als deutlich ungeeignet entlarvt worden. Das müssen Sie einmal nachlesen.

(Zuruf des Abgeordneten Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD))

Herr Pfaffmann, auch Sie zitieren oft genug Leserbriefe, die Ihnen passen oder nicht.

In diesem Brief wird deutlich, dass das Bruttoinlandsprodukt Bayerns überdurchschnittlich hoch ist und dass sich die daraus resultierenden Relationen entsprechend anders darstellen. Herr Pfaffmann, als korrekte Größe muss die Höhe der ausgegebenen Mittel pro Schüler herangezogen werden, und da braucht sich Bayern nicht zu verstecken. Da haben wir sehr gute Zahlen vorliegen.

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Jawohl, so ist es!)

Dass die Effi zienz des Bildungssystems in der Tat sehr hoch ist, hat die Pisa-Studie deutlich bewiesen. Letztlich ist der heute von Herrn Dr. Dürr gebrachte Vergleich mit der Türkei bodenlos. Da hat sich Herr Dr. Dürr im Hinblick auf den Kalender wohl getäuscht und den Unsinnigen Donnerstag schon eine Woche vorverlegt.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege Sibler, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Pfaffmann?

Mit Blick auf die Uhr leider nicht.

Sie fordern in Ihrem Antrag, dass neben der für uns seit vielen Jahren selbstverständlichen Wiederbesetzung aller

frei werdenden Stellen 2000 zusätzliche Planstellen geschaffen werden. Das kostet „lediglich“ zusätzlich 120 Millionen Euro. Das wären im bayerischen Staatshaushalt natürlich weitere Schulden. Es wurde heute vom Finanzstaatssekretär schon darauf hingewiesen, über welche zusätzlichen Zinsbeträge wir hier reden, die andere Aufgaben blockieren.

Sehr geehrte Frau Kollegin Tolle, das sind die Bürden, die Sie der kommenden Generation auferlegen. Laut Entwurf der Staatsregierung wird im Nachtragshaushalt der Bildungsbereich um rund 4 % steigen. Im Schuljahr 2006/ 2007 wird im Rahmen dieses Nachtragshaushalts eine angemessene Unterrichtsversorgung gewährleistet sein.

(Beifall bei der CSU)

Zu einer Zwischenintervention: Herr Kollege Pfaffmann. Sie haben eine Redezeit von maximal zwei Minuten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Sibler hat festgestellt, der einzige akzeptable Vergleich bei den Bildungsausgaben sei der Pro-Kopf-Anteil. Ich stelle fest: Bayern gibt 600 Euro pro Kopf, gemessen an der Bevölkerung, für Bildung aus.

(Zuruf von der CSU: Pro Schüler!)

Der OECD-Durchschnitt liegt bei 800 Euro und der deutsche Durchschnitt bei mindestens 700 Euro, sodass Bayern bei den Bildungsausgaben auf der untersten Ebene liegt.

(Beifall bei der SPD – Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Das ist doch ein Schmarr‘n!)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Strobl.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben in dieser Woche im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes den Bericht des Ministeriums über die Einstellungspolitik der Staatsregierung behandelt. Aus diesem Bericht wurde der Lehrermangel in Bayern deutlich.

Ich muss sagen, ich bin darüber erschrocken. Das war für mich kein Einstellungsbericht, sondern ein Armutsbericht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Simone Tolle (GRÜNE): Ja, genau!)

Das war ein Zeugnis des Versagens der Staatsregierung in der Vergangenheit und Gegenwart, das war ein schlechtes Zeugnis für die Bayerische Staatsregierung.

(Zuruf des Abgeordneten Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD) – Gegenruf von der CSU)

Das Schlimme ist: Je mehr man sich mit der Thematik beschäftigt, desto mehr wird einem bewusst, wie hier gesündigt wird,

(Unruhe bei der CSU)

wie die Zukunft unserer Kinder verspielt wird, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wenn Sie für sich den Anspruch erheben: Wir in Bayern sind die Besten, wir in Bayern sind immer vorne, dann müssen Sie sich auch gefallen lassen, an diesen Ansprüchen gemessen zu werden.

Tun Sie bitte nicht so, als wäre diese Entwicklung nicht absehbar gewesen. Ich lese im Bericht, dass man es „mit unvorhersehbaren Veränderungen im Bildungsverhalten zu tun hat, die sich in einem deutlichen Anstieg der Übertritte in Realschule und Gymnasium zeigen“. Meine Damen und Herren, wir haben Ihnen vorhergesagt, was sich mit der R 6 usw. tun würde,

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

aber Sie wollten es nicht hören. Sie haben der Bevölkerung weisgemacht: Hier ändert sich nichts – und jetzt ist das eingetreten, was wir gesagt haben.

Der Hinweis auf die haushaltspolitische Situation ist mehr als unangebracht, meine Damen und Herren. Wir meinen, Bildung darf nicht vom Haushalt abhängen, sondern muss sich an den Kindern orientieren.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Lehrer dürfen nicht nach Kassenlage, sondern müssen nach Bedarf eingestellt werden.