Protocol of the Session on February 16, 2006

Außerdem haben wir eine Initiative zur Verbesserung des Ansehens des Lehrerberufs auf den Weg gebracht. Wenn wir bei der Föderalismusreform den nächsten Schritt schaffen, dann werden wir ebenfalls einen positiven Effekt bekommen. Ich bin überzeugt, wir werden in der Konkurrenz mit der freien Wirtschaft besser bestehen können.

Die Opposition möchte uns immer etwas einreden, aber dem muss ich entgegen halten: Wir halten die Qualität auf hohem Niveau. Wir werden uns dabei aber auch sehr wohl der Dinge annehmen, die draußen verbesserungswürdig sind.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn ich bei meinen Schul- und Informationsbesuchen vor Ort höre, warum Schülerinnen und Schüler, Abiturienten und Hochschulzugangsberechtigte nicht den Lehrerberuf wählen, dann bekomme ich manchmal die Antwort, in den Zeitungen stehe, dass es an den Schulen ganz fürchterlich schlimm sei. Wenn ich aber dann frage: Wie ist es dann bei Euch an der Schule? Empfi ndet Ihr das genauso? Dann sagen die jungen Leute: Natürlich nicht, bei uns ist das völlig anders! – Es scheint also so, dass Ihr Drang zu einer negativen Zeichnung draußen nicht so ankommt.

Ich möchte darauf nur hinweisen, dass Sie uns immer wieder sagen, wir würden die Dinge schlecht reden. Wir stehen mit beiden Beinen im Leben. Wir sehen uns die Situation vor Ort an. Wir wollen unseren Schülerinnen und Schülern weiterhin das beste Bildungsangebot unterbreiten. Wir haben für unsere Entschließung in Wildbad Kreuth die Überschrift „Bildung hat Vorrang“ gewählt. Das

ist kein leeres Gerede. Es gibt Fakten, die ganz klar darauf hinweisen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Bei der Erwachsenenbildung!)

Ich möchte die vorhandenen Probleme nicht schön reden. Ich könnte auch weiter über den Lehrerberuf sprechen. Es ist aber hanebüchen, zu verlangen, dass wir in irgendeiner Form in Sack und Asche Buße tun sollten. Wenn man sich Ihren Antrag genau ansieht, Herr Kollege Pfaffmann, könnte man sagen: Erledigt mit Erklärung von Herrn Pfaffmann, weil er gezeigt hat, dass der Antrag in dieser Form überhaupt nichts bringt.

(Beifall bei der CSU – Johanna Werner-Muggen- dorfer (SPD): Ach so! Es bringt nichts, wenn man 2000 zusätzliche Lehrer hat?)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Tolle.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich beginne bei Ihnen, Herr Waschler. Sie haben Herrn Kollegen Dürr, wie ich meine, mit Absicht missinterpretiert. Er wollte sagen, dass ein bayerisches Kind bei gleicher Kompetenz anderswo höhere Chancen auf den größtmöglichen Bildungserfolg hat. Diese Chancen werden Kindern in Bayern durch unser selektives System sehr oft verwehrt.

Eine zweite Bemerkung geht an den Minister. Ich habe in einer Zeitung in der Überschrift gelesen, dass Sie um Lehrer betteln müssen. Herr Staatsminister, ich halte das für eine Katastrophe, vor allen Dingen auch vor dem Hintergrund, dass ich schon im Jahre 2004 beantragt habe, eine vernünftige Personalplanung vorzulegen. Das haben Sie abgelehnt. Wenn Sie den Abiturienten keine Perspektiven aufzeigen, dann laufen Sie ihnen davon. Das ist jetzt der Fall.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist eine Folge davon, dass Sie wenig Weitsicht beweisen und Pläne und Strategien immer ablehnen.

Eine dritte Bemerkung, Herr Kollege Waschler. Sie haben die Qualität der Lehrerausbildung gelobt. Vielleicht darf ich Sie an den Hochschulausschuss erinnern. Dort wurde ein Bericht zur Reform der Lehrerbildung gegeben. Dort wurde ein Universitätsprofessor zitiert, der gesagt hat: Wenn wir auch nur eine Stunde mehr erziehungswissenschaftliche Anteile bekommen, dann bricht der Lehrbetrieb zusammen. Herr Kollege Wägemann war anwesend; er kann diese Äußerung bestätigen. Mir wird angst und bange, wenn Sie schwören, die Qualität soll so bleiben; denn die Qualität ist nicht gut.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, morgen bekommen die bayerischen Kinder Zwischenzeugnisse. Ich meine, das ist ein guter Tag, um die Politik der Staatsregierung zu bewerten. Ich will sie einmal hinsichtlich des Themas Lehrermangel bewerten. Der Lehrermangel zieht sich wie ein roter Faden durch die bayerische Bildungspolitik. Aus meiner Sicht ist es komplett egal, wer Minister ist. Auch unter Ihnen hat sich das nicht geändert. Das

Einzige, was sich geändert hat, war: Frau Hohlmeier hat den Mangel geleugnet; Sie geben ihn zu. Davon können sich die Kinder an den bayerischen Schulen aber auch keine Lehrer kaufen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Am Dienstag in der Sitzung des Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes haben Sie geradezu ein Armutszeugnis vorgelegt. Herr Kollege Nöth hat für die CSU formuliert: Da müssen Antworten gefunden werden. Guten Morgen, Herr Kollege! Ich freue mich, dass Sie wenigstens jetzt merken, dass es da Fragen gibt, auf die Sie Antworten fi nden müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben am Dienstag darüber berichtet, wie Sie den Lehrerinnen- und Lehrerbedarf ermitteln. Ich habe mir die Schritte hierzu durchgelesen; über diese kann man vielleicht diskutieren. Darüber haben Sie am Dienstag schon gesprochen. Ich habe mir Seite für Seite durchgelesen; Herr Kollege Schneider, überall steht dabei: Wir können das so machen; – darunter steht: wenn es die Haushaltssituation zulässt. Im Zeitablauf habe ich mir dann schon gedacht: Warum stellt man überhaupt Lehrerbedarfsprognosen auf, wenn sie der Haushalt quasi sowieso vom Tisch wischt, wenn Sie sich vor dem Finanzminister ducken müssen? Fragen Sie ihn doch einfach, wie viel Geld er Ihnen gibt, und dann stellen Sie die Lehrer ein. Das wäre doch die ehrlichere Sache.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mir stellt sich die Frage, ob der Haushalt beherrschende oder dienende Funktion haben sollte. Das ist eine politische Frage. Diese hat die CSU aus meiner Sicht falsch entschieden. Sie haben alles und damit auch das entscheidende Feld Bildung dem ausgeglichenen Haushalt untergeordnet. Das Diktat eines ausgeglichenen Haushalts halte ich – Herr Staatssekretär, entschuldigen Sie den Ausdruck – für pervers,

(Beifall bei den GRÜNEN – Widerspruch bei der CSU)

weil es die Bildung unserer Kinder unter die Knute des Haushalts zwingt. Ich habe mir lange überlegt, ob ich dieses Wort benutze, aber ich glaube, dass es kein treffenderes gibt. Herr Kollege Waschler, wenn Sie die Bildung unserer Kinder unter die Knute des Haushaltes stellen, dann verspielen Sie die Chancen unserer Kinder. Mit Chancen müssten Sie eigentlich sorgfältiger umgehen; denn Herr Staatssekretär Freller bezeichnet unsere Kinder immer als Schatzkiste. Sie machen sich aber nicht die Mühe, diese Schätze in den Schatzkisten durch eine ausreichende Zahl an Lehrerinnen und Lehrern zu heben. Auch ein Finanzstaatssekretär müsste doch daran interessiert sein, alle diese Juwelen zu fi nden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Situation wurde am Dienstag eindrucksvoll beschrieben. Ich will Ihnen einige Sachen sagen. Ich halte es nicht für einen Erfolg, Herr Waschler, dass Sie in der Realschule die Anzahl der Klassen mit über 33 Schülerinnen und Schüler von 244 auf 218 reduziert haben. Ich halte das gelinde

gesagt für lachhaft. Eigentlich müssten Sie dafür sorgen, dass es keine Klasse über 30 Schüler gibt.

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Das wird schon noch!)

Sie müssten einmal langfristige Überlegungen anstellen und Planungen vornehmen, wie Sie auf 25 Schüler kommen. Das ist die richtige Maßgabe.

(Beifall bei den GRÜNEN – Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Sie werden es erleben!)

Wenn Sie bei 25 angekommen sind, Herr Kollege Waschler, bin ich persönlich bereit, Sie zu feiern.

Sie haben es auch als Erfolg verkauft, dass Sie die durchschnittliche Klassenstärke von 28,8 um 0,1 reduziert haben. Ich halte das nicht wirklich für glorreich. Damit können Sie nicht glänzen. Im Gymnasium erreichen Sie – so steht es im schriftlichen Bericht vom Dienstag – die gewünschten Ziele, welche das auch immer sein mögen, frühestens 2011. Einen weiteren Anstieg der Klassenstärke und eine Zunahme der Klassen mit mehr als 30 Schülern schließen Sie nicht aus. Das ist kein Grund zum Jubeln, Herr Kollege Waschler.

Ich will Ihnen ein Angebot machen. Sie sagen immer, der bayerische Bildungshaushalt habe Priorität. Lassen Sie uns beide doch einmal öffentlich zusammenrechnen, was im Haushalt steht, nämlich die Bereiche Volksschule, Gymnasium, Realschule, Fachoberschule und Berufsschule. Zählen wir einmal zusammen, was seit dem Jahr 2004 als Plus in Euro und in Stellen herauskommt. Ich kann Ihnen heute schon prophezeien: Das ist marginal.

Im November hat der Kultusminister einen Bericht über ausgefallene Stunden gegeben. Auch diese Zahlen zitiere ich Ihnen gerne: Entgegen dem regulären Stundenplan nicht erteilte Lehrerstunden: Volksschule zur sonderpädagogischen Förderung 9,6 %, Realschule 8,5 %, Volksschule 7,2 %, Gymnasium 7,2 %, Fachoberschule 6,7 %. Ersatzlos ausgefallen sind – ich nenne nur die drei Schularten mit den größten Ausfällen –: Gymnasium 3,6 %, Realschule 2,6 % und Fachoberschule 1,9 %. Durchschnittlich fanden an den befragten Schulen Ende November 2,3 % des Unterrichts nicht statt. Ich muss Ihnen deshalb die Note mangelhaft geben, Herr Minister.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Unterricht ist eine Verpfl ichtung des Staates. Unsere Kinder haben ein Recht auf Unterricht. Ihnen ist der Mangel bekannt, Sie lösen aber Ihre Verpfl ichtung sehenden Auges nicht ein. Ich meine, das spottet jeder Beschreibung.

Ich kann nun meine Ausführungen fortführen. Als Quelle nenne ich Ihre Presseveröffentlichung: Neues im Schuljahr 2005/2006, die ich für eine Bankrotterklärung im Lehrerbereich halte.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Schneider, ich lese Ihnen nun daraus vor:

Mobile Reserven an der Grund- und Hauptschule: Aufstockung um 72 Stellen, davon allein 59 in Oberbayern. Damit eine Schwächung der Mobilen Reserve zum Halbjahr verhindert werden kann, mussten für diese Lehrerinnen und Lehrer in der Freistellungsphase der Altersteilzeit Aushilfsverträge angeboten werden. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die den mobilen sonderpädagogischen Dienst in Anspruch nehmen müssen, ist um 27,3 % auf 16 000 gestiegen.

Die Antwort nach mehr Personal bleiben Sie schuldig.

Unter der Rubrik „Realschule“ steht, nicht mehr in allen Fächerverbindungen stünden ausreichend Bewerber zur Verfügung, sodass es in einigen Unterrichtsfächern bei der Lehrerversorgung durchaus zu Engpässen kommt. Kritische Fächer sind zum Beispiel Mathematik und Physik.

Unter der Rubrik „Gymnasium“ heißt es, der überraschende Schülerzuwachs in Höhe von 3 % könne nicht ganz aufgefangen werden. Es gebe fächerspezifi sche Engpässe, zum Beispiel in Mathematik und Latein. Teilweise könnten die Intensivierungsstunden in Mathematik und Latein nicht mehr in allen Jahrgangsstufen stattfi nden, sie würden stattdessen in anderen Fächern erteilt.

Des Weiteren heißt es, aufgrund der hohen Anzahl von Erkrankungen und Mutterschutzfällen seien derzeit fast sämtliche verfügbaren Aushilfsmittel verplant. Bei neu auftretenden Aushilfsfällen könnten den Schulen nur beschränkte Aushilfsmittel oder Mobile Reserven zugewiesen werden.

Was die Berufsschulen betrifft, ist die Situation in Bezug auf die Bewerber für die berufl ichen Fachrichtungen Metall-, Elektro- und Informationstechnik, aber auch für die Fächer Deutsch, Englisch, Mathematik und Physik problematisch.

Herr Staatsminister, alle diese Zitate stammten aus Ihren eigenen Veröffentlichungen. Daraus ziehe ich folgenden Schluss: Die Zustände an den bayerischen Schulen und der Mangel, der sich seit Jahren wie ein roter Faden durch Ihre Bildungspolitik zieht, ist bekannt. Sie veröffentlichen den Mangel selbst, er ist offenkundig. Man stolpert geradezu darüber.

Ich brauche keine Zukunftskommission der CSU-Fraktion, um das festzustellen und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Dass Sie eine Zukunftskommission einsetzen, um bei der Aufstellung des Haushaltes mehr Mitsprache zu bekommen, ist geradezu lächerlich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wer bestimmt denn den Haushalt? Der Bayerische Landtag, und da haben Sie die Mehrheit. Sie brauchen doch keine Zukunftskommission einzusetzen. Organisieren Sie sich doch endlich einmal!

(Thomas Kreuzer (CSU): Frau Kollegin, Sie haben nicht kapiert, um was es da geht! Sie hätten wenigstens die Pressemitteilung lesen sollen!)