Protocol of the Session on October 19, 2005

Darüber hinaus hat das Ministerium für Donnerstag, den 20. Oktober, also morgen, ein Treffen mit Wissenschaftlern und Experten anberaumt, in dem wir – wie es auch Frau Kollegin Werner-Muggendorfer angesprochen hat – Initiativen erörtern wollen, um die europäischen Vorschriften zu verbessern, damit den Umgang mit K-3Material klarer zu regeln und eine Rückführung von Schlachtabfällen in den Lebensmittelkreislauf zu erschweren und möglichst unmöglich zu machen.

Bei diesem Gespräch morgen sollen vor allem die Möglichkeiten zur Verbesserung der Dokumentation beim Verbringen, aber möglicherweise auch das unmittelbare Kennzeichnen der Ware erörtert werden. Ich werde auch dazu später noch Näheres anmerken, deshalb nur soviel vorab auf Ihre Frage.

Zusatzfrage: Frau Kollegin.

Nachdem sich Bayern mit der Eigenkontrolle der Betriebe schon öfter eine blutige Nase geholt hat, frage ich Sie, warum diese Maßnahmen nicht schon früher durchgeführt wurden; denn gerade im Zuge von BSE sind uns genau diese Warenfl üsse als sehr problematisch aufgefallen.

Herr Staatsminister.

Frau Kollegin Lück, ich will noch einmal auf das europäische Recht hinweisen. Es regelt ausdrücklich in Artikel 25 der vorhin genannten EG-Verordnung, dass Betreiber und Inhaber von Zwischenbehandlungs- und Verarbeitungsbetrieben alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen haben, um dieser Verordnung nachzukommen. Es ist also keine bayerische Praxis oder ein Auf-die-Nasefallen in Bayern, sondern es ist unmittelbar europäisches Recht, dass die Betreiber für die Einhaltung der Vorschriften verantwortlich sind. Dieses Einhalten der Vorschriften, also die Eigenkontrolle wird von den Behörden geprüft.

Ich habe diesen Vorgang zum Anlass genommen, eine landesweite Überprüfung am gleichen Tag durchführen zu lassen. Außerdem habe ich diesen Vorgang zum Anlass genommen, das Prüfverhalten des örtlich zuständigen Veterinäramtes durch den Mobilen Veterinärdienst Bayern noch einmal überprüfen zu lassen, und zwar höchstpersönlich durch dessen Leiter, um sozusagen ein zusätzli

ches Bild über die Kontrolltätigkeit der örtlich zuständigen Behörde zu gewinnen.

Eine weitere Zusatzfrage: Frau Kollegin.

Herr Minister, ist Ihr Verweis auf die EURichtlinie nicht ein Verstecken hinter anderen Kompetenzen? Nachdem Sie jetzt anders gehandelt haben, wäre das wohl auch früher schon möglich gewesen.

Herr Staatsminister.

Frau Kollegin Lück, es wird kontinuierlich gehandelt. Die Betriebe werden regelmäßig überwacht. Allein im letzten halben Jahr ist der nämliche Betrieb siebenmal vom zuständigen Amt kontrolliert worden. Aber, es konnte wie ich vorhin schon zum Kollegen Sprinkart gesagt habe, zum Beispiel ein großer Teil dieses Materials im Betrieb überhaupt nicht angetroffen werden. Das heißt, es wurden dort keine Handelspapiere gefunden; denn das Geschäft fand sozusagen virtuell auf der Straße statt und nicht in den Betriebsräumen.

Letzte Zusatzfrage: Frau Kollegin Lück.

Da möchte ich doch noch einmal nachfragen. Dass in diesem Betrieb damals überhaupt nichts gefunden wurde, liegt vielleicht daran, dass unsere Überwacher nicht die notwendige Ausstattung hatten, um dies festzustellen. Wie kann ich mir erklären, dass bei diesen sieben Überprüfungen nichts gefunden wurde und jetzt, nachdem man tatsächlich Hausdurchsuchungen gemacht hat, doch etwas gefunden wurde?

Herr Staatsminister.

Frau Kollegin Lück, es ist sicherlich im Augenblick etwas schwierig für Sie, eine entsprechende mündliche Frage zu stellen, nachdem in der sich jetzt anschließenden Generaldebatte zu diesem Thema der Sachverhalt noch einmal im Detail geschildert werden wird.

Aber zum Verständnis möchte ich vorweg doch noch Folgendes aus dem später zu Sagenden kurz aufgreifen. Der Betrieb wird regelmäßig überwacht. Im Betrieb sind verschiedene Beanstandungen von den örtlichen Kontrolleuren erhoben worden, zum Beispiel im Bereich der hygienischen Verhältnisse des Betriebes. Die Umdeklarationen, die nun zum Lebensmittelskandal geführt haben, der jetzt die Nation beschäftigt – die Ermittlungen sind bis jetzt noch nicht abgeschlossen –, fanden zumindest in den letzten zwei Jahren so gut wie gar nicht in den Betriebsräumen in Deggendorf statt, sondern auf den Lkws. Die Ware wurde im Ausland gekauft, der Lkw kam über die Grenze und fuhr von Weil am Rhein direkt nach Rheinland-Pfalz. So war dies beispielsweise bei den Schweineschwarten der Fall. Insofern konnte der Deggendorfer Kontrolleur das überhaupt nicht vor Ort fest

stellen; denn die Schweineschwarten erreichten das Kühlhaus in Deggendorf nie.

Für die nächste Frage darf ich Frau Kollegin Peters bitten.

Frau Präsidentin, Herr Staatsminister! Ich frage die Staatsregierung: Wie viele Separatorenanlagen zur Gewinnung von wie viel Fleischmaterial sind in Bayern im Einsatz und wie können die Firmen ermittelt werden, die diese Fleischabfälle zu Endprodukten verarbeiten?

Herr Staatsminister, bitte.

Frau Präsidentin, Frau Kollegin Peters! In Bayern wird eine Separatorenanlage betrieben. Darin werden circa 6250 Tonnen Separatorenfl eisch pro Jahr hergestellt. Separatorenfl eisch ist lebensmitteltauglich. Die Abnehmer können aufgrund der Handelsdokumente des Herstellers von Separatorenfl eisch ermittelt werden.

Zusatzfrage: Frau Kollegin Peters.

Herr Staats minister, wurden die Anlagen und die betreibenden Firmen überprüft oder obliegen sie nur der Eigenkontrolle?

Herr Staatsminister.

Es gilt auch hier das, was für alle gilt. Jeder Unternehmer muss seinerseits alle gesetzlichen Vorschriften einhalten und damit auch eine Eigenkontrolle ausüben. Aber natürlich wird auch diese Anlage genauso wie alle anderen turnusmäßig, regelmäßig, anlassbezogen und risikoorientiert überprüft.

Weitere Zusatzfrage: Frau Kollegin.

Herr Staats minister, sind Sie nicht auch der Meinung, dass sich der Verbraucher am besten schützen könnte, wenn er die Firmen kennen würde, die dieses Fleisch und die Abfälle verarbeitet haben?

Herr Staatsminister.

Ich bin sehr für größtmögliche Transparenz und offene Information. Auch dazu werde ich im Detail in der Generaldebatte zu diesem Thema noch einmal Stellung nehmen. Wir müssen hier jeden Einzelfall betrachten und dürfen das nicht über einen Kamm scheren. Man muss es von Betrieb zu Betrieb betrachten. Ich werde Ihnen anschließend jeden einzelnen Schritt darlegen.

Ich denke, wir müssen diesen Vorgang insgesamt zum Anlass nehmen, um über die Transparenz in der Lebensmittelherstellung, in der ganzen Lebensmittelkette, größtmögliche Sicherheit zu bekommen.

Wir müssen aber auch die Situation des Verbrauchers sehen. Das Thema hat viele Facetten. Es geht intern – das ist der Schwerpunkt – um ein rechtliches Thema. Da hat jemand gegen das Fleischhygienegesetz verstoßen und offenbar einen Straftatbestand erfüllt. Wie Sie wissen, ist hier bereits eine Verhaftung erfolgt.

Dieser Verstoß ist sicherlich der zentrale Vorwurf. Aber um diesen Vorgang herum stellen sich viele Fragen. Es sind dies Fragen, wie ich sie vorhin schon angesprochen habe, wie beispielsweise nach der Verbesserung der Vorschriften im Umgang mit den K-3-Materialien. Es geht aber auch um Vorschriften der Verbraucherinformation und der Transparenz, wie Sie sie ansprechen, und auch um Fragen zum Verbraucherverhalten.

Ich denke, dass für jeden Verbraucher, auch für den mit kleinem Portemonnaie gewährleistet sein muss, dass das, was als Lebensmittel im Regal steht, auch lebensmitteltaugliches Material enthält.

Umgekehrt müssen wir uns aber auch die Frage stellen, ob man bei der heutigen „Geiz-ist-geil-Mentalität“, die wir in unserem Lande haben, nicht auch den Verbraucher in die Betrachtung einbeziehen muss; denn letztendlich ist in Deutschland ein gnadenloser Preisunterbietungswettbewerb zu erkennen. Wir sollten erkennen, dass letzten Endes Weniger Mehr sein kann. Es gilt, die Qualität regionaler Produkte mit überschaubaren Kreisläufen wieder stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen.

Das Thema hat viele Facetten. Ich kann sie nicht alle ausführen, da ich nur eine kurze Antwort geben möchte. Sie sprechen einen wichtigen Baustein in einem Mosaik an, es gibt aber weitere.

Letzte Zusatzfrage: Frau Kollegin Peters.

Herr Staats minister, können wir davon ausgehen, dass Sie heute Nachmittag Ross und Reiter nennen, also die Firmen benennen werden, die die Produkte weiterverarbeitet haben?

Herr Staatsminister, bitte.

Im Rahmen der Gesetze veröffentlicht das Verbraucherschutzministerium das, was veröffentlicht werden kann. Verbraucherschutzverwaltung ist aber Exekutive und hat die durch die Legislative erlassenen Gesetze zu beachten. Im Rahmen der Gesetze gibt es eine offene Information. Wer weitergehende Informationen wünscht, muss die Gesetze ändern.

Ich darf Herrn Kollegen Dupper bitten, seine Frage zu stellen. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, Herr Minister! Was will die Staatsregierung unternehmen, um den Schaden für Bauern, seriöse Betriebe in der Lebensmittelverarbeitung, Metzger und Lebensmittelhandel zu begrenzen und das verlorene Vertrauen der Verbraucher in bayerisches Fleisch zurückzugewinnen?

Herr Staatsminister, bitte.

Frau Präsidentin, Herr Kollege Dupper, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mir liegt sehr daran, zunächst auf Ihre Frage feststellen zu dürfen, dass die bayerische Landwirtschaft und die bayerische Lebensmittelwirtschaft eine seriöse und hervorragende Arbeit machen. Es ist, wie so oft, so, dass ein schwarzes Schaf bzw. mehrere in der Lage sind, den Ruf einer ganzen Branche in Misskredit zu bringen. Das ist auch hier leider ganz offensichtlich der Fall. Das Problem ging zwar von einem in Bayern ansässigen Unternehmen aus, hat aber Auswirkungen auf alle Länder Deutschlands und mehrere Staaten der Europäischen Union. Zweifelsohne ist das Bild der Bauern, die eine gute Arbeit geleistet haben, und des Lebensmittelstandorts Bayern befl eckt worden.

Deshalb gilt es – das ist mit eine Motivation für mich, den Fall zu verfolgen –, den Vorgang aufzudecken, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und somit das Qualitätsbewusstsein von der Urproduktion bis zur Lebensmittelverarbeitung, wie es am Lebensmittelstandort Bayern gegolten hat, aufrechtzuerhalten und diesem wieder das nötige Ansehen zu geben. Die Qualität ist bei der ganz großen Mehrzahl der Betriebe vorhanden. Es geht darum, das Image, das durch diesen Vorgang in Mitleidenschaft gezogen worden ist, wieder herzustellen.

Wir haben uns deshalb entschlossen, ungeachtet der Einschätzung aller Experten, dass Gesundheitsgefahren nicht zu besorgen sind, eine Rückholung des Materials anzustreben. Soweit betroffenes Material konkret von bayerischen Firmen hergestellt bzw. in Verkehr gebracht worden ist, haben wir die Öffentlichkeit informiert. Alle zehn Länder, in die genussuntaugliche Schweineschwarten oder Gefl ügelkarkassen geliefert wurden, sind benachrichtigt. In Bayern selbst wurden unter anderem alle so genannten Kategorie-3-Betriebe einer gesonderten Kontrolle unterzogen, die in einem Fall zu einer Beschlagnahmung geführt hat. Auf den sich aus diesem Skandal zeigenden Nachbesserungsbedarf europäischer Vorschriften habe ich schon hingewiesen und darauf will ich später noch einmal eingehen. Ich denke, dass wir mit einer konsequenten Aufarbeitung dieses Vorgangs einen Beitrag leisten können, um das Vertrauen in den Lebensmittelstandort Bayern zurückzugewinnen.

Zusatzfrage: Herr Kollege Dupper?

Sind außer verbesserter Imagepfl ege und Rückholung konkrete Maßnahmen geplant?

Herr Staatsminister, bitte.

Herr Kollege Dupper, ich hatte eben gesagt und auch schon vorhin ausgeführt, dass morgen eine Initiative gestartet werden wird, um die beiden Ströme Lebensmittel und K-3-Material klarer voneinander zu trennen. Es geht darum, eine Initiative bei der Europäischen Union zu starten, da es sich ausschließlich um EU-Recht handelt. Selbst wenn wir wollten, könnten wir die Angelegenheit nicht landesrechtlich regeln. Wir müssen aus diesem Skandal, der von Bayern ausgegangen ist, eine Lehre ziehen, um auf europäischer Ebene einen Vorschlag zu unterbreiten und klarzustellen, dass Handlungsbedarf besteht.

Keine weitere Zusatzfrage? – Ich darf dann Herrn Kollegen Wörner bitten, seine Frage zu stellen.