Herr Staats minister! Wie oft waren in den letzten zwei Jahren – seit Oktober 2003 – die Gewerbeaufsicht und die Lebensmittelkontrolle in den 39 Zwischenbehandlungsbetrieben für die Verarbeitung von Fleischabfällen für Tierfutter, in denen nun laut „Süddeutscher Zeitung“ vom 14.10.2005 verstärkte Durchsuchungen stattfanden, welche Mängel wurden dabei festgestellt und welche Sanktionen wurden ausgesprochen?
Liebe Frau Präsidentin, Herr Kollege Wörner, Kolleginnen und Kollegen! Ich unterscheide in meiner Antwort zwischen Gewerbeaufsicht und Veterinäraufsicht.
Die Gewerbeaufsicht hat hinsichtlich des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz seit Oktober 2003 in den fraglichen Betrieben 38 anlassbezogene Besichtigungen vorgenommen. Im Zuge dieser Besichtigungen wurden zwei mündliche Anordnungen, 13 Revisionsschreiben sowie zwei formale Bescheide zur Beseitigung festgestellter Mängel erlassen. Darüber hinaus wurden 25 Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet, die sich nach Angabe der Gewerbeaufsichtsbehörden ausnahmslos auf die Sozialvorschriften im Straßenverkehr beziehen.
Die Veterinärbehörden haben die Betriebe in den letzten zwei Jahren durchschnittlich zwei- bis dreimal pro Jahr auf Einhaltung der veterinärrechtlichen Vorschriften überprüft. In sieben Betrieben wurden in insgesamt acht Fällen geringe Beanstandungen im Bereich der Hygiene und geringe Mängel bezüglich der Dokumentation von Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen festgestellt. In fünf dieser Betriebe wurde der jeweilige Betreiber von den zuständigen Behörden mündlich belehrt, um eine umgehende Mängelbeseitigung herbeizuführen. An zwei Betriebe ergingen schriftliche Bescheide zur Anordnung
Frau Präsidentin, Herr Minister, wenn Sie gerade schildern, dass Gewerbeaufsicht und Lebensmittelüberwachung des Öfteren eingreifen mussten, frage ich Sie: Wäre es nicht längst an der Zeit gewesen, die Zuverlässigkeit der betroffenen Unternehmen infrage zu stellen und damit erheblich früher, als es jetzt der Fall ist, Konsequenzen zu ziehen?
Herr Kollege Wörner, die zuständigen gewerbeaufsichtlichen bzw. veterinärbehördlichen Kontrollen sind von der jeweils zuständigen Behörde – Gewerbeaufsicht oder Veterinärämter – durchgeführt worden und haben zu den jeweils angemessenen Reaktionen geführt. So wurden zum Beispiel Beanstandungen mit Fristsetzung zur Beseitigung eines Mangels, etwa eines Hygienemangels, ausgesprochen. Die Einleitung eines Verfahrens nach dem Gewerberecht, um die Zuverlässigkeit eines Unternehmers zu bewerten, obliegt der Kreisverwaltungsbehörde.
Die Vorgänge, die im Einzelnen festgestellt worden sind, sind sicher von der jeweils zuständigen Behörde – wir haben 71 Kreisverwaltungsbehörden in den Landkreisen, 25 kreisfreie Städte, also insgesamt 96 Kreisverwaltungsbehörden – entsprechend gewichtet worden. Die Vorgänge waren aber ganz offensichtlich nicht so gewichtig, dass es zu einem Gewerbeuntersagungsverfahren gekommen wäre. Das ist bei einem derart gravierenden Vorwurf, wie er sich jetzt im Zusammenhang mit den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen stellt, der Fall. Das Verfahren auf Entzug der Gewerbeerlaubnis ist vom Landratsamt Deggendorf als der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde eingeleitet worden.
Herr Minister, Sie schildern den Sachverhalt. Mir drängt sich der Verdacht auf, dass es offensichtlich zwischen den Gewerbeaufsichtsämtern und den Lebensmittelüberwachern keine Koordination der Maßnahmen gibt und dass man keinen Abgleich durchführt, um zu prüfen, wer bei beiden ständig auffällt. Ist das so und wenn ja, wie kann es verändert werden?
Herr Kollege Wörner, ich kann Ihren Verdacht nicht bestätigen; denn die Veterinärbehörden und die Gewerbeaufsichtsbehörden sind im Freistaat Bayern unter dem Dach eines Ressorts zusammengefasst. Der notwendige Informationsfl uss fi ndet statt.
Nach dem Gewicht einer Beanstandung und eines Vorwurfs ist zu entscheiden, ob bei einer Beanstandung – zum Beispiel des Veterinäramtes – ein so gravierender Verstoß vorliegt, dass die Kollegen des Gewerberechts innerhalb der Kreisverwaltungsbehörde verständigt werden sollten. Das wäre zum Beispiel ein Vorgang, bei dem die Zuverlässigkeit des Unternehmers in Frage steht.
Dieser konkrete Fall ist sehr gravierend, da die Kreisverwaltungsbehörde nicht nur die Anlage beanstandete, sondern auch die Zuverlässigkeit des Unternehmers bei der Führung eines Gewerbes. Deshalb wurde das Verfahren eingeleitet.
Herr Staats minister, Sie verweisen bezüglich der Kontrolle des Unternehmens durch sich selbst immer auf das EU-Recht. Sie wissen so gut wie wir, dass die Bayerische Staatsregierung die freiwillige Selbstkontrolle der Unternehmer auf ihre Fahnen geschrieben hat. Deshalb sollten Sie nicht nach Brüssel deuten, sondern sich selbst an der Nase nehmen. Kann man davon ausgehen, dass Ihre Ideologie der freiwilligen Selbstüberwachung – wie dieser Fall zeigt – gescheitert ist?
Herr Kollege Wörner, der Freistaat Bayern verfolgt keine Ideologie. Die Eigenkontrolle ist im Europarecht unmittelbar verankert. Davon sind Formen der Kooperation zu unterscheiden, wie wir sie in Bayern mit den unterschiedlichsten Branchen praktizieren. Davon völlig unabhängig ist jedoch, dass das, was gesetzlich geregelt ist, vom Unternehmer einzuhalten ist. Dies wird vom Staat im Rahmen der vorgegebenen Kontrolldichten – sowohl von der EU als auch national – kontrolliert.
Der Unternehmer steht in der Verantwortung, alle Gesetze, alle Sicherheitsbestimmungen und alle Hygienevorschriften einzuhalten. Der Staat kontrolliert dies durch Lebensmittelkontrollen, durch Veterinärkontrollen und durch gewerbeaufsichtliche Kontrollen. Dieses System hat in 25 Mitgliedstaaten der Europäischen Union Gültigkeit, auch in Deutschland und damit auch in Bayern.
Herr Staatsminister Dr. Schnappauf, damit haben Sie Ihre Fragen beantwortet. Ich darf nun die Fragen an das Staatsministerium für Unterricht und Kultus aufrufen. Für die Beantwortung der Fragen steht Herr Staatssekretär Freller zur Verfügung. Die erste Fragestellerin ist Frau Kollegin Tolle.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Staatssekretär! Teilt die Staatsregierung die Meinung, dass die Zuschüsse des Freistaates beim Büchergeld in Höhe von 4 Euro pro Schüler/Schülerin allen Sachaufwandsträgern gleichermaßen entsprechend dem tatsächlichen Anteil der Befreiungsfälle zur Verfügung gestellt werden müssen und sich nicht an einem durch
schnittlichen Anteil von 18 % Befreiungsfällen orientieren, wenn ja, wie will sie dies sicherstellen, wenn nein, warum nicht?
Verehrte Frau Abgeordnete Tolle, die pauschalierten staatlichen Zuweisungen sowie die ebenfalls als Pauschalen zu leistenden kommunalen Sozialbeiträge nach Artikel 22 des Bayerischen Schulfi nanzierungsgesetzes sind vorrangig für die Fälle der ohne Zuzahlung Lernmittelberechtigten zu verwenden. Das ist in § 13 a Absatz 5 der Ausführungsverordnung zum Bayerischen Schulfi nanzierungsgesetz, Gesetzentwurf der Staatsregierung, Landtagsdrucksache 15/3148 vom 12. April 2005 auf den Seiten 3 bis 5 festgelegt. Der Anteil der ohne Büchergeldzahlung lernmittelberechtigten Schüler wurde aufgrund des vorhandenen statistischen Materials mit bayernweit 18 % errechnet. Die pauschale Zuweisung ist damit keine am jeweiligen konkreten Bedarf des einzelnen kommunalen Schulaufwandsträgers exakt ausgerichtete Geldsumme. Die staatlichen Zuweisungen nach Artikel 22 Absatz 1 des Bayerischen Schulfi nanzierungsgesetzes haben nicht die Funktion eines ergänzenden kommunalen Finanzausgleichs.
Die Pauschalsumme ist auf 4 Euro festgelegt worden, entsprechend der Zahl aller Schüler, und bezieht sich nicht auf die tatsächlichen Befreiungsfälle.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich sehe das anders. Auch in Ihrem Gesetzentwurf wird das anders gesehen. Dort stehen diese 4 Euro, weil darin in einer langen Berechnung von 18 % Befreiungsfällen ausgegangen wird.
Frau Kollegin, würden Sie das bitte in eine Frage kleiden? – Das ist nun einmal nach unserer Geschäftsordnung so vorgeschrieben. Vielleicht können wir das einmal ändern, damit es ein bisschen leichter wird.
Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin, ich empfand meine Einleitung als ganz arg kurz. Ich nehme einmal die Stadt Augsburg oder auch die Stadt Nürnberg als Beispiel, in denen die Befreiungsfälle 25 % erreichen. Diese Städte liegen um 7 % über der Berechnung. Das bedeutet, dass diese Städte über dem Breakeven-point – –
Meine Frage kommt jetzt: Wie wollen Sie dafür sorgen, dass die Stadt Augsburg genau das Geld bekommt, das sie braucht, um die Befreiungsfälle mit den genannten 4 Euro zu fi nanzieren?
Frau Abgeordnete Tolle, ich möchte Ihnen einmal genau erklären, wie das Ganze funktioniert. Wir haben die Regelung, dass den Kommunen für jeden Schüler – ganz gleich, ob er vom Büchergeld befreit ist oder nicht – 4 Euro überwiesen werden und die Kommunen selbst 2 Euro dazugeben. Das bedeutet, pro Schüler, unabhängig davon, wie viele Schüler es sind, stehen 6 Euro zur Verfügung, um damit Ersatz für die Schüler zu leisten, die vom Büchergeld befreit werden.
Die Berechnung ergab dabei einen Satz von 18 %. Sie sagen, dass es Schulen gebe, bei denen 25 oder 30 % der Schüler das Büchergeld nicht bezahlen könnten.
Es ist durchaus möglich, dass es in einer Kommune eine Schule gibt, in der 30 % der Schüler kein Büchergeld bezahlen müssen. In der Regel sind das große Kommunen mit Stadtteilen, in denen sozial schwächere Bevölkerungsschichten leben. Allerdings haben gerade die großen Kommunen auch Stadtteile, in denen alle Schüler das Büchergeld bezahlen müssen.
Nein. Gehen Sie einmal durch die Städte. Ich habe mir das angesehen. Das ist in München so mit dem Hasenbergl und Bogenhausen und in Nürnberg mit Erlenstegen und Gibitzenhof. Wenn Sie sich das einmal ansehen, werden Sie feststellen, dass es Schulen gibt, in denen alle Schüler das Büchergeld bezahlen müssen, aber auch Schulen, in denen 30 % der Kinder vom Büchergeld befreit sind.
Hier müssen wir einen Ausgleich schaffen. Dieser Ausgleich besteht darin, dass der Freistaat insgesamt für jeden Schüler 4 Euro bezahlt und die Kommunen noch einmal 2 Euro draufl egen. Somit stehen pro Schüler insgesamt 6 Euro zur Verfügung. Dadurch entsteht eine variable Masse, die in einer Kommune verwendet werden kann, um die Ausfälle an den Schulen, bei denen 30 oder 50 % der Eltern vom Büchergeld befreit sind, zu ersetzen.
Sie sagen, dass es auch Städte geben könnte, bei denen es 18 oder 20 % seien. Das ist nicht völlig auszuschließen. Eine Spitzabrechnung wäre aber derart kompliziert und komplex, dass sie fast nicht mehr praktikabel wäre. In der Regel handelt es sich um die größeren Städte. Sie haben die Städte Augsburg und Nürnberg genannt. Ich kenne die Zahlen aus diesen Städten noch nicht im Detail. Diese Städte werden aber durch das Büchergeld erheblich entlastet, um ein mögliches Defi zit, das etwa im Bereich von 1 bis 3 % der Schüler liegen könnte, wieder aufzuheben.
Wenn wir alles noch komplizierter machen sollen, können Sie gerne eine Spitzabrechnung fordern. Das hätten Sie im Gesetzgebungsverfahren auch fordern können. Irgendwo werden wir dann aber selber unglaubwürdig, weil wir eigentlich eine Vereinfachung und nicht eine Verkomplizierung haben wollen. Ich kenne Ihre Presseerklärungen, dass Ihnen das Büchergeld zu kompliziert ist. Sie fordern etwas, was das Büchergeld – –