Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Eisenreich, zum Abbau von Bürokratie passt Folgendes gut: Zum Büchergeld gibt es angeblich 41 Seiten Durchführungsbestimmungen. Diese sind nicht von uns. Wenn Sie einen Abbau von Bürokratie wollen,
dann fi nde ich es sehr verwunderlich, dass Sie 41 Seiten an Vorschriften herausgeben. Ich bin sehr gespannt, sie zu lesen.
Eine weitere Anmerkung: Seit geraumer Zeit gibt es Hartz IV. Ich freue mich, dass es die Bayerische Staatsregierung geschafft hat, im Juli 2005 wegen Hartz IV eine fi nanzielle Anpassung vorzunehmen.
Zu Ihrem Gesetzentwurf. Zunächst kritisiere ich die Anhebung der Familienbelastungsgrenze, weil sie einen Trend fortsetzt. Neben den Sozialhilfeempfängern gibt es ja auch Leute, die auch nicht viel Geld haben und die mit solchen Anhebungen zusätzlich belastet werden. Das ist nicht nur bei dieser Änderung der Fall, sondern das summiert sich. Es gibt immer eine Gruppe, die nichts bekommt, weil sie zu viel Geld hat, um soziale Leistungen zu bekommen, die es letzten Endes aber sehr stark trifft.
Ich kritisiere weiterhin, dass Sie die Mehrkosten durch die Erweiterung der Sozialklausel mit der Anhebung der Familienbelastungsgrenze quasi gegenfi nanzieren. Ich meine: Sie geben es den einen und nehmen es den anderen. Das fi nde ich mit Verlaub etwas unredlich.
Ein nächster Punkt, der sich durch den heutigen und auch durch den morgigen Tag zieht. Das ist das Problem arithmetisches Mittel. Wenn Sie den Kommunen irgendwelche Beträge verrechnen, verwenden Sie immer einen Durchschnitt. In Bayern gibt es aber keinen Durchschnitt. Bayern ist sehr vielfältig. Beim Schulbudget geht es weiter. Die Städte profi tieren, während das Land benachteiligt ist; es kommt immer darauf an.
Wir haben heute Abend eine Sondersitzung des Bildungsausschusses. Ich sage dies allen, denen dies entgangen ist. Ihnen geht die Tagesordnung auch zu.
Sie sollten sich einmal kundig machen, ob es nicht statistische Verfahren gibt, mit denen man der Vielfalt in Bayern gerecht werden kann. Mit Ihren Durchschnittsberechnungen ist das Problem aus meiner Sicht jedenfalls nicht erschöpfend gelöst; denn es gibt Gewinner und Verlierer.
Ich verweise auf die Stellungnahme der Kommunen zu diesem Gesetzentwurf. Ich will dazu nichts weiter ausführen, weil die Stellungnahme sehr ausführlich ist. Nur eines:
Die Kostenfolgeabschätzung erscheint – damit bin ich beim entscheidenden Punkt – für ländliche Landkreise mit überdurchschnittlich weiten Einzugsbereichen und Schulwegen sowie mit überdurchschnittlich vielen Langzeitarbeitslosen unrealistisch. Des Weiteren werden nicht übertragbare Berechnungsgrundlagen kritisiert. Das ist beim Büchergeld das Gleiche gewesen.
Wir sind für die Kostenfreiheit des Schulwegs. Ich bin sehr gespannt, wie lang diese noch erhalten bleibt, aber wir sind nicht dafür, dass die Kommunen abgezockt werden. Wir sind auch nicht dafür, dass die Familienbelastungsgrenze zur Gegenfi nanzierung angehoben wird. Logischerweise stimmen wir deshalb mit Nein.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 15/3619 und die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport auf Drucksache 15/3825 zugrunde. Dieser Ausschuss empfi ehlt die unveränderte Annahme. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist dem Gesetzentwurf zugestimmt.
Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Widerspruch erhebt sich nicht. Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist das Gesetz so angenommen. Es hat den Titel: „Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Kostenfreiheit des Schulwegs“.
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Polizeiorganisationsgesetzes (Drs. 15/3275) – Zweite Lesung –
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Im Ältestenrat wurde hierzu eine Redezeit von 15 Minuten pro Fraktion vereinbart.
Herr Präsident, Hohes Haus! Der vorliegende Gesetzentwurf sieht vor, das neue Organisationsmodell der Bayerischen Landespolizei vor seiner Umsetzung zu erproben. Das ist notwendig und sachgerecht, handelt es sich bei dem Vorhaben doch um eine grundlegende und sehr weit reichende Reform, die nicht in einem Schritt für den gesamten Freistaat Bayern umgesetzt werden kann.
Gegenstand der Polizeiorganisationsreform ist es, durch die Verschmelzung der bisherigen Ebenen der Polizeipräsidien und der Polizeidirektionen eine neue Führungsebene zu bilden. Mit der vollständigen Umsetzung der Reform soll der bisher bestehende vierstufi ge Aufbau durch einen dreistufi gen Aufbau ersetzt werden. Bisher ist die Situation so, dass es vier Stufen gibt, nämlich Ministe
rium, Präsidien, Direktionen und Inspektionen. Wie gerade erwähnt, werden die beiden Ebenen Präsidium und Direktion zu einer Ebene zusammengefasst.
Die neue organisatorische Gliederung bietet folgende Vorteile: Die Verschmelzung von zwei Ebenen bringt personelle Synergiegewinne, die zum größten Teil zur Kriminalitätsbekämpfung vor Ort vorgesehen sind. Die entstehenden Präsidialbereiche erhalten leistungsstarke Einsatzzentralen. Dadurch wird die Einsatzorganisation wesentlich effi zienter. Schließlich ergeben sich durch eine schlanke Führung mit kurzen und schnellen Entscheidungswegen zusätzliche Effi zienzgewinne. Die Führungsspannen werden dadurch entscheidend reduziert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, durch die neu in das Polizeiorganisationsgesetz – POG – aufzunehmende Erprobungsklausel wird im bisherigen Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Unterfranken von den bisherigen Regelungen zur Gliederung der Landespolizei abgewichen. Es wird ein Artikel 5 neu in das POG aufgenommen, der die Möglichkeit eröffnet, dass im Polizeipräsidium Unterfranken die Erprobung auf der genannten Basis vorgenommen werden kann.
Beginn und Ende der Erprobungsphase werden durch Rechtsverordnung des Staatsministeriums des Inneren festgelegt. Es ist vorgesehen, dass die Erprobung in Unterfranken von Mitte dieses Jahres bis Mitte des nächsten Jahres stattfi ndet. Dabei wird die Möglichkeit eingeräumt, die Erprobungsphase zu verlängern, sollte dies zum Zweck der Erprobung erforderlich sein. Wenn nach Ablauf dieses einen Jahres nicht genügend Erkenntnisse vorhanden sind, dann eröffnet das Gesetz die Möglichkeit, den Erprobungszeitraum angemessen zu verlängern.
Ausschließlich zum Zweck der Erprobung ist die Erweiterung des Projekts auf weitere Polizeipräsidien zulässig. Wenn man also erkennt, dass man zusätzliche Polizeipräsidien mit einbeziehen sollte, dann ist dies zum Zweck der Erprobung ebenfalls möglich. Die Erweiterung kann weitere Erkenntnisse bringen, wenn die Ausdehnung etwa auf anders strukturierte Gebiete des Freistaates vorgenommen wird. Wenn man das Projekt beispielsweise von städtischen Gebieten auf ländliche Räume ausdehnt, dann kann das aufgrund der spezifi schen Aufgabenstellungen zusätzliche Erkenntnisse liefern.
Eine Ausdehnung auf das gesamte Staatsgebiet oder auf wesentliche Teile davon ist jedoch ohne eine weitere Änderung des POG nicht zulässig. Dadurch wird verhindert, dass die neue Organisation schrittweise von einem Präsidium auf andere ausgedehnt wird und es am Schluss dazu kommt, dass die Reform ohne eine weitere gesetzliche Grundlage durchgeführt wird. Ich betone ausdrücklich, das ist nicht vorgesehen. Diese Möglichkeit bietet das Gesetz nicht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich fasse zusammen: Die vorgesehene Polizeiorganisationsreform wurde in drei Schritten konzipiert: In einem ersten Schritt wurde die Reform sorgfältig vorbereitet. Dabei wurden alle maßgeblichen Gruppierungen, vor allen Dingen die
Berufsverbände und die Praktiker in der Polizei, in die Erarbeitung der Konzeption einbezogen. In einem zweiten Schritt wird die Reform quasi im Echtbetrieb umfassend erprobt, und der dritte Schritt sieht vor, dass nach Auswertung der Ergebnisse der Erprobung und angemessener Berücksichtigung und gegebenenfalls Einarbeitung in das Gesamtkonzept eine fl ächendeckende Einführung erfolgt.
Wir sind beim zweiten Schritt angelangt. Der Gesetzentwurf wurde eingebracht, um eine gesetzliche Grundlage für die Erprobung in Unterfranken zu schaffen. Ich darf Sie herzlich um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf bitten.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Polizeiorganisationsgesetzes ist notwendig geworden, weil die Polizei in Zukunft nicht mehr vierstufi g, sondern dreistufi g geführt werden soll. Diese Dreistufi gkeit soll zunächst in Unterfranken erprobt werden. Anschließend soll die Neuorganisation auch im Bereich anderer Polizeipräsidien eingeführt werden.
Wir von der SPD-Fraktion haben mehrfach im Plenum und im Innenausschuss deutlich gemacht, dass wir gegen eine Umwandlung des Polizeiapparats von einem vierstufi gen in ein dreistufi ges Gebilde sind. Unserer Einschätzung nach wird diese Umwandlung nur durchgeführt, um bei der Polizei Personal einzusparen. Es geht nicht um eine Reform zur Verbesserung der Polizeiarbeit. Im Gegenteil: Die Polizeiarbeit wird dadurch verschlechtert.
Sie schreiben im Vorblatt zum Gesetzentwurf unter dem ersten Spiegelstrich, durch die Verschmelzung von zwei Ebenen würden personelle Synergiegewinne erzielt, die zum größten Teil für die Stärkung der operativen Ebene und der Kriminalitätsbekämpfung vor Ort vorgesehen sind. Fest steht jedoch, dass in den nächsten Jahren 1200 Stellen bei der Polizei wegfallen werden, zum Teil wegen der Verlängerung der Wochenarbeitszeit, aber auch durch die Polizeireform.
Es sollen 680 Stellen frei werden. 180 Stellen hat der Finanzminister sofort kassiert; diese Stellen sind bei der Polizei weg. 500 Stellen sollen nach unten verlagert werden. Diese Polizeireform ist keine Stärkung der Polizei, sondern eher das Gegenteil. Es hätte andere Möglichkeiten gegeben, um die Polizei zu reformieren. Wir sind nicht grundsätzlich gegen eine Reformierung der Polizei. Es gibt gewisse Bereiche, in denen Verbesserungen eingeführt werden müssen. So, wie es jetzt gemacht wird, ist das aber eine von oben verordnete Reform, und das kann so nicht sein.
Ein Beispiel dafür, wie die Reform hätte durchgeführt werden können, ist der EDV–Bereich. Es kann nicht angehen, dass sieben bis zehn Mitarbeiter einer Polizeiinspektion über Jahre hinweg in die EDV–Abteilung abgeordnet, aber bei der Inspektion geführt werden. Hier muss es eine Veränderung geben.
Die Führungsebenen reduzieren sich erheblich. Dadurch ist eine schlanke Führung mit kurzen, schnellen Entscheidungswegen sichergestellt.
Das wird sich natürlich erst noch zeigen. Sie wollen jetzt in Unterfranken den Probebetrieb so einführen, dass überall dort, wo bisher eine Polizeidirektion war, jetzt eine Inspektion mit besonderen Einsatzschwerpunkten installiert wird. Das ist in meinen Augen wieder die Einführung einer Direktion; denn diese Inspektionen mit besonderen Einsatzschwerpunkten brauchen natürlich wieder einen Stab. Einsparungen wird es dadurch nicht geben. Ich bin sehr gespannt, wie sich die kurzen Entscheidungswege auswirken, wenn das geplante Modell in Mittelfranken eingeführt wird; denn auch hier haben wir wieder eine Vierstufi gkeit: Oben steht das Innenministerium, dann kommt das Präsidium, dann soll es drei Abschnittsleiter geben – West, Mitte und Ost –, und diese Abschnittsleiter führen dann die jeweiligen Inspektionen. Die Abschnittsleiter sind zwar im Präsidium angesiedelt, aber sie werden wieder einen eigenen Stab brauchen, um die ihnen zugeteilten Inspektionen zu führen. Unter personalhoheitlichem Aspekt haben wir hier wieder die Vierstufi gkeit durch die Hintertür.
Ich möchte noch kurz die Kosten der gesamten Reform ansprechen. Momentan geistert die Zahl von 38 Millionen durch den Raum. Ich glaube nicht, dass diese Reform mit 38 Millionen Euro verwirklicht werden kann. Ich habe aus dem Bereich München den Hinweis bekommen, dass allein durch die Umsetzung von Antennenmasten – die neuen regionalen Präsidien müssen vom Funk her ganz anders eingeteilt werden, die brauchen eigene Einsatzzentralen – 8 Millionen Euro an Kosten auf den bayerischen Staat zukommen. Diese insgesamt 38 Millionen hätte man besser in die Sachmittel der Polizei gesteckt; dann müssten sich nicht im Oktober oder November die Inspektionsleiter überlegen, ob sie noch Streifenwagen hinausschicken können, weil sie die Benzinkosten nicht mehr zahlen können.
Der Gesetzentwurf enthält eine Klausel, dass über die Verlängerung des Probebetriebs vom das Innenministerium entschieden werden kann. Das ist eine Missachtung des Parlaments. Solche Entscheidungen sollten vom Parlament, nicht vom Ministerium per Verordnung getroffen werden, vor allem deshalb, weil die Probeeinführung der Polizeireform in Unterfranken anders laufen soll als das Modell in Mittelfranken. Es gibt verschiedene Modelle. Wir im Innenausschuss und natürlich auch im Plenum würden schon gerne Bescheid wissen, wie lange der Probebetrieb läuft und welcher Probebetrieb läuft. Das kann aus unserer Sicht nicht über eine Verordnung geregelt werden. Bei
spiele dafür, wie etwas per Verordnung geregelt werden soll, sind nicht gerade die besten. Im Falle der integrierten Leitstellen warten wir heute noch auf die Verordnungen für die Ausbildung des Personals. Wir haben seinerzeit den Antrag gestellt, dass nicht über den Verordnungsweg, sondern per Gesetz geregelt werden soll, wie die Ausbildung der Mitarbeiter der integrierten Leitstellen erfolgen soll. Dieser Antrag wurde damals abgelehnt; bis heute sind die Verordnungen nicht erlassen. Das kann dazu führen, dass es unterschiedliche Qualifi kationen in Großstädten und auf dem Land gibt. Das ist aber ein anderes Thema. Wir sind deswegen dafür, dass dieser Passus aus dem Gesetzentwurf gestrichen wird.