Protocol of the Session on May 10, 2005

Wir vermissen an Ihrem Gesetzentwurf, dass wir in Bayern hochschulrahmenrechtliche Vorschriften des Bundes umsetzen müssen. Es wird von uns auch ein Gesetzentwurf eingebracht werden, der dies beinhaltet.

Das heißt, wir werden Ihnen im Herbst einen Katalog präsentieren, der mit Sicherheit eine umfassende und zukunftsweisende Regelung unserer Hochschulangelegenheiten im Freistaat Bayern beinhalten wird. Wir werden dafür Sorge tragen, dass die Hochschulen mehr Autonomie erhalten. Wir werden den Hochschulrat neu gestalten. Wir werden uns natürlich auch über die Zusammenarbeit der Fachhochschulen und der Universitäten Gedanken machen, aber ein Promotionsrecht der Fachhochschulen werden Sie mit uns nicht erleben, meine Damen und Herren, und zwar allein schon deshalb nicht, weil uns am Fortbestand der Fachhochschulen gelegen ist. Mit einem Promotionsrecht für Fachhochschulen würden wir das Sterbeglöcklein für die bewährte Einrichtung der Fachhochschule einläuten.

Wir werden mit Sicherheit auch keine Zwangsmitgliedschaft der Studierenden in irgendwelchen Gremien einführen, denn das gehört nicht dem letzten und dem vorletzten Jahrhundert an, sondern es ist unmenschlich, jemanden zu zwingen, in einer Gemeinschaft Mitglied zu sein, die er nicht unbedingt fördern möchte.

(Ulrike Gote (GRÜNE): IHK! – Franz Schindler (SPD): Handwerkskammer!)

Sie brauchen nicht aufzuzählen, wo es Pfl ichtmitgliedschaften gibt, meine Kollegen von der SPD. Das wissen wir auch. Wir wollen es nur den Studierenden ersparen. Wer selbst in den Sechziger- und Siebzigerjahren studiert hat, weiß, was wir unseren künftigen Studierenden ersparen wollen.

Kollegin Rupp hat eingangs bereits gesagt, dass ihre Fraktion den Gesetzentwurf zurückstellen will, bis wir im Herbst unseren eigenen Entwurf vorlegen. Das halte ich für ein gutes Aufeinanderzugehen. Ich wehre mich allerdings gegen die Vorstellung, dass wir den Gesetzentwurf nur ablehnen würden, weil er von der SPD kommt. Wir werden ihn in den Punkten ablehnen, in denen wir ihn als nicht geeignet ansehen und wo wir unseren für besser

halten. Ich freue mich auf eine angeregte Diskussion im Herbst.

(Beifall bei der CSU)

Als Nächste hat Frau Kollegin Gote das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe schon immer geglaubt, dass unser Hochschulgesetz verbesserungswürdig ist, dass es aber so schlecht ist, dass wir jetzt ein ganz neues vorgelegt bekommen sollen, ist mir neu.

(Prof. Dr. Hans Gerhard Stockinger (CSU): Das Bessere ist der Feind des Guten!)

Wir werden – egal ob es ein ganz neues Gesetz oder ein verbessertes Hochschulgesetz sein wird – alle Vorlagen im Ausschuss und in der weiteren Debatte an drei wichtigen Leitgedanken messen, die wir abprüfen werden. Erstens. Wir brauchen weltoffenere Hochschulen und internationale Hochschulen, also mehr Internationalisierung. Damit meine ich nicht nur den Bologna-Prozess.

Zweitens brauchen wir Chancengerechtigkeit nicht nur in den Schulen, sondern auch in den Hochschulen. Damit meine ich nicht nur die Frauen, sondern auch den Hochschulzugang insgesamt für andere Gruppen, die bisher in unseren Hochschulen nicht zum Zuge kommen.

Drittens werden wir den Gesetzentwurf daran messen, ob mehr Autonomie und Demokratisierung kommen. Ich möchte diese beiden Begriffe – genauso wie die Kollegin Rupp es getan hat – auch nur gemeinsam verwenden. Wir werden den Entwurf daran messen, ob mehr Autonomie und Demokratisierung damit geregelt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vor einem möchte ich ganz klar warnen, das ich von Ihnen immer wieder bei neuen Regelungen gehört habe. Wir dürfen mit dieser Neuregelung nicht einem Zeitgeist hinterher laufen, der da meint, nur mit einem neuen Label, mit angeblich neuen modernen Strukturen, die man von irgendwelchen anderen Systemen abkupfert und die für das Wissenschaftssystem nicht geeignet sind, tatsächlich etwas Neues oder Besseres schaffen zu können.

Der Gesetzentwurf, der heute in Erster Lesung vorgelegt wurde, enthält viele gute Ansätze; er mag Ihnen als Vorlage für das dienen, was von Ihnen dann im Herbst kommen wird. Was bisher an Ankündigungen von Ihnen kam – ich denke nur an die letzte Woche – war mager. Aber vielleicht haben Sie deshalb bisher noch keinen Gesetzentwurf vorgelegt, weil man ohne einen solchen Entwurf so schön jede Woche etwas Neues machen kann. Vorletzte Woche waren es die Meister. Die haben sich gefreut, dass sie in Zukunft leichter an die Hochschulen kommen können. Aber nichts dergleichen stimmt. Es war eine absolute Ente, die Sie da losgelassen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es gibt weder eine Regelung, noch ein entsprechendes Konzept. Sie haben im letzten Halbsatz der Pressemeldung sogar wieder neue Hürden aufgebaut, und als ich da im Ministerium nachgefragt habe, hat man mir erklärt, man sei dafür doch gar nicht zuständig.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN – Margarete Bause (GRÜNE): Wer ist denn zuständig?)

Das Kultusministerium sollte zuständig sein. Da müssen wir einmal den Herrn Schneider fragen.

Wir werden also im Detail diskutieren müssen, was genau Autonomie bedeutet, was am Ende das Ministerium regeln muss und was wir hier im Landtag regeln wollen. Das ist auch etwas, was bei Ihnen deutlich zu kurz kommt. Wenn wir von Zielvereinbarungen reden, dann möchten wir sie gern mit den Hochschulen aushandeln. Wir möchten sehr viel stärker den Landtag wieder in die wissenschaftspolitischen Debatten hereinholen, als es in Ihren Vorstellungen der Fall ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mehr Autonomie bedeutet – auch da stimme ich der Kollegin Rupp zu – mehr Organisationsautonomie für die Hochschulen. Ich kann mir durchaus auch Öffnungsklauseln vorstellen. Ich kann mir vorstellen, dass einzelne Institutionen unterschiedliche Kulturen haben und daher auch unterschiedliche Organisationsstrukturen für die einzelnen Institutionen sinnvoll sind. Ich hoffe, dass Sie das mit Ihrem Gesetzentwurf ermöglichen.

Eines ist klar: Eine Hochschulstrukturreform darf nicht dazu dienen, dieses System einer stärkeren Ökonomisierung zu unterwerfen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Übertragbarkeit von Management-Strukturen großer Konzerne auf den „Betrieb Hochschule“ – wie Sie so gerne sagen, der aber keiner ist; Sie sprechen auch vom „Unternehmen Hochschule“ – passt nicht. Man kann in der Hochschule zwar viel unternehmen, aber ein Unternehmen ist die Hochschule damit noch lange nicht. Das passt nicht auf das System.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich habe es auch schon gesagt: Die Internationalisierung bedeutet mehr als den Bologna-Prozess. Ich wünsche mir tatsächlich weltoffene Lernorte. Wir müssen mehr Menschen von außerhalb unseres Landes einladen, bei uns zu studieren, denn das alles kann uns nur bereichern.

Bei der Chancengerechtigkeit geht es natürlich auch um die Frauen. Dem ist nichts hinzuzufügen. Aber es geht mir hier auch um die Ermöglichung fl exibler Karrieren, individueller Karrieren an den Hochschulen und quer über verschiedene Hochschulen. Auch der Wechsel von der Fachhochschule zur Universität muss möglich sein. Das alles muss sehr viel fl exibler gestaltet werden, als es bisher

geschieht. Und natürlich gehört auch die Juniorprofessur dazu.

Ein letzter Satz: Ein Globalhaushalt darf kein Mittel zum Sparen sein. Das ist klar. Ich will ein Hochschulrecht, das klar festschreibt, wer die Verantwortung für die Finanzierung der Hochschulen hat. Das ist der Staat und niemand anderes. Deshalb werden wir weitere Sparrunden und auch Studiengebühren in Zukunft ablehnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Damit ist die Aussprache beendet. Zu Wort hat sich noch Herr Staatsminister Goppel gemeldet.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will mich in aller Kürze zu diesem Gesetzentwurf aus den Reihen der SPD-Fraktion zu Wort melden, um deutlich zu machen, dass wir ein anderes Verständnis zu vielen einzelnen Positionen, wie sie in dem Entwurf angeführt sind, haben. Deshalb ist es gut, dass in die Beratungen, die wir im Herbst haben werden, auch eine Alternative einfl ießt, mit der man verdeutlichen kann, um was es uns im Einzelnen geht. Es gibt Dinge, die wir gemeinsam tragen; das ist keine Frage und versteht sich aus der Entwicklung der letzten Jahre. Dazu gehört selbstverständlich unter anderem auch die Beteiligung der beiden Geschlechter in den Gremien der Universität ohne Benachteiligung hier oder dort. Das werden wir genauso fortschreiben, wie es sich in den letzten Jahren entwickelt hat.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Das wäre eine Katastrophe, wenn Sie das so fortschrieben!)

Wir werden Ihnen allerdings nicht auf dem Weg folgen, plötzlich eine lange Jahre von Ihnen bekämpfte Öffnung der Hochschulen in der Besetzung von Stellen nach dem Gesichtspunkt vorzunehmen, das Bundesverfassungsgericht habe uns ja gesagt, dass wir die letzten fünf Jahre damit auf dem völlig falschen Dampfer waren, Juniorprofessuren einführen zu wollen und die Habilitation abschaffen zu wollen. Und weil das Verfassungsgericht gesagt hat, so nicht, wir wollen auf jeden Fall bei der anderen Richtlinie bleiben, ihr dürft noch habilitieren, können wir gemeinsam diskutieren, ob wir bei der alten Personalstruktur bleiben wollen, die um die Juniorprofessur erweitert wird. Damit würde dann die ganze Bandbreite möglich sein. Wir behalten im Übrigen einen Teil der alten Personalstruktur bei, wenn es beispielsweise um die Oberassistenten geht, denn wir wollen nicht jeden, der schon 20 Jahre dort arbeitet, rausschmeißen. Das ist aber eine sehr differenziertere Sichtweise als das, was Sie jetzt so pauschal mit drei Schlagworten vortragen, indem Sie den Eindruck vermitteln, Sie hätten die Weisheit im Besonderen gefunden.

Eines will ich Ihnen auch noch sagen. Wir brauchten mit dem Gesetzentwurf so lange, weil wir wegen der zwei Gerichtsurteile in Karlsruhe über ein Jahr lang aufgehalten worden sind und weil es eine Bundesregierung gibt, die das Hochschulrahmengesetz nach wie vor unverändert

belässt. Wenn wir hier eine andere Vorgabe erhalten hätten, hätten wir den Entwurf längst vorlegen können. Ob Sie das Ministerium mögen oder nicht, ich halte mich an den Rechtsstaat und an seine Grundlagen. Ich muss an die geltenden Bestimmungen anknüpfen und kann nur auf dieser Grundlage etwas vorbereiten. Sie legen etwas mit freiem Blick in den Himmel vor; das ist zweifellos sehr nett und ich nehme das alles zur Kenntnis und bin bereit, mit Ihnen darüber zu diskutieren, aber Sie vagabundieren in Ihren Zielsetzungen und Vorschlägen und meinen, die CSU würde Ihnen darin folgen, egal wohin.

Nein, so nicht! Sie haben keine akzeptable Studienstrukturreform vorgelegt, Übergangsvorschriften interessieren Sie nicht, die Neuordnung der Personalstruktur haben Sie in Ihr Gesetz überhaupt nicht aufgenommen. Und Sie wissen doch genau, dass Sie bei den Juniorprofessuren anfangen müssen. Sie haben höhere Kosten provoziert, was die Bürokratie anbelangt und meinen, man könnte damit rechnen, Bürokratie zu reduzieren, wenn man eine verfasste Studentenschaft einführte. Das Gegenteil ist der Fall. Sie erweitern sie immens; denn es wird am laufenden Band zu Abstimmungen kommen. Mich wollen Sie raus haben, aber intern wollen Sie alle möglichen Gremien auf allen Stufen diskutieren lassen. Nein, wenn die Hochschule effektiv sein soll, braucht es viele Arbeiter, aber nur wenige Entscheidungsgremien. Diese vielen Mitarbeiter werden wir gemeinsam organisieren.

Wenn Sie wollen, dass an den Hochschulen das getan wird, was Studenten und Professoren gut tut, müssen Sie den Hochschulen in den Bereichen, in denen sie über den Kernteil ihrer Aufgabe der Lehre und Forschung hinausgehen wollen, mehr Mittel zur Verfügung stellen. Diese Mittel hat der Freistaat nicht, und das wissen Sie alle. Die fehlenden 50 Milliarden, die Sie aufgrund der neuen Steuerschätzung heute zugeben müssen, haben nicht wir verfrühstückt.

Wenn das Geld nicht zur Verfügung steht, müssen wir es anderweitig beschaffen. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten. Die eine besteht darin, dass die Beteiligten ein Stück selbst fi nanzieren, wenn sie etwas zusätzlich wollen. Das kann nach der Diskussion und einer Entscheidung am Ort der Hochschule durch Professoren und Studenten erfolgen. Es gibt keine Studienbeiträge, wenn die Professorenschaft vorher nicht gesagt hat, wie sie die Lehre künftig verbessern möchte. Da müssen die Studierenden mittun. Anschließend wird der Beitrag erhoben. Wenn ein Student das nicht will, kann er an die Nachbarhochschule gehen, dort muss er vielleicht nichts bezahlen. Diese Freiheit werden wir haben. Sie bekommen die Freiheit, die Sie ständig einfordern, aber ich befürchte, diese Freiheit wird nicht so sein, wie Sie das meinen. Sie meinen nämlich eine Freiheit, bei der der Staat alles bezahlt, sich aber aus allen Fragen heraushält. Das kommt nicht in Frage. Wo der Staat zahlt, wird er nach wie vor sagen, wie die Grundsätze von Forschung und Lehre an der Hochschule auszusehen haben. Das wird auch notwendig sein. Dort, wo der Staat nicht zahlt, kann eine Hochschule festlegen, was sie gerne machen möchte. Wir werden 37 verschiedene Modelle bekommen.

Sie bekommen an der Fachhochschule kein Promotionsrecht, weil Sie den Professoren sonst die Zeit zum Lehren

nehmen. Sie wollen doch nur, dass wir die Zahl der Beschäftigten verdoppeln, weil wir – –

(Adelheid Rupp (SPD): Lesen Sie den Gesetzentwurf!)

Sie haben keine Personalstruktur vorgelegt, deshalb kann ich auch nichts lesen, Frau Kollegin Rupp. Was Sie nicht geschrieben haben, das kann ich auch nicht lesen. Was Sie geschrieben haben, ist allerdings auch nicht durchdacht. Es ist nicht durchdacht, passt weder zum alten Gesetz noch zur jetzigen Regelung. Deshalb ist es Unfug, und dabei bleibe ich auch. Ich will Ihnen ausdrücklich sagen: Dabei mache ich nicht mit.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Die Professoren an den Fachhochschulen unterrichten derzeit 19 Stunden in der Woche. Wo sollen die Professoren dann noch Promotionen durchführen, das möchte ich gerne wissen? Sie möchten, dass die Zahl der Professoren verdoppelt wird, dass die Zeit, die ein Professor in der Lehre verbringt, halbiert wird. Dafür haben wir das Geld nicht. Deshalb sollen die Tüchtigen dort promovieren, wo die Promotion auch hingehört: an der Universität. Deshalb wird die Universität künftig auch für Handwerksmeister mit hoher Qualität geöffnet. Die Prüfung der Handwerksmeister und ihrer Qualität wird nicht im Wissenschaftsministerium festgelegt, das haben Sie offensichtlich noch nicht gemerkt. Bitte lesen Sie den Gesetzentwurf, dort steht es ausdrücklich drin. Wenn also ein Handwerksmeister tüchtig ist und kommt, dann wird er selbstverständlich auch an der Universität akzeptiert. Im Übrigen wird er nach unserer Vorstellung von der Hochschule akzeptiert und nicht vom Staat. Die Hochschule entscheidet, wen sie aufnimmt.

(Zuruf der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE))

Entschuldigen Sie, ich befasse mich mit Ihren Äußerungen, anschließend mit meinen Vorstellungen. Das pfl ege ich immer noch zu unterscheiden, ob Ihnen das passt oder nicht. Ihren Unfug nehme ich auseinander und setze eine durchdachte und vernünftige Lösung dagegen.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Und Ihr Unfug?)