Protocol of the Session on March 4, 2005

(Christa Naaß (SPD): Aber wo?)

Ich möchte Sie dabei noch auf etwas hinweisen.

Sie haben gefordert, man müsste jetzt für die betroffenen Beschäftigten einen Sozialplan aufstellen.

(Christa Naaß (SPD): Richtig!)

Liebe Frau Kollegin Naaß, nicht einem Einzigen wird gekündigt. Niemand wir ausgestellt, sondern Zug um Zug wird die Verwaltungsreform bis zum Jahr 2015 umgesetzt. Wir brauchen deshalb nicht, wie in der Wirtschaft, einen Sozialplan, sondern wir haben versichert, wir wollen die bayerische Reform sozialverträglich gestalten. Einen Sozialplan brauchen wir in dieser Phase daher überhaupt nicht.

(Zuruf der Abgeordneten Christa Naaß (SPD))

Lassen Sie mich noch einmal auf ein paar wesentliche Punkte unserer Reform „Verwaltung 21 – Reform für ein modernes Bayern“ verweisen.

Erstens. Wir wollen Aufgaben abbauen. Ich habe schon festgestellt, wir wollen uns auf das Wesentliche konzentrieren und nicht immer nur auf das Wünschenswerte. In Ihrer Rede ist immer das Wünschenswerte im Vordergrund gestanden.

Zweitens. Wir wollen einen Staat mit weniger Reglementierungen. Herr Staatsminister Huber hat darauf verwiesen, dass wir jetzt bereits erste Schritte unternommen haben. Erste Schritte wurden nicht nur in diesem Jahr, sondern bereits im letzten Jahr umgesetzt. Wir haben aber auch zur Kenntnis zu nehmen, dass der Abbau von Vorschriften gar nicht so leicht umzusetzen ist. So fehlt beispielsweise in Bayern offenbar eine Entscheidungskompetenz. Was sollen wir tun, wenn beispielsweise Europa eine unsägliche Regelung schafft wie die FFH – die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie –, die nur zusätzliche Bürokratie schafft?

(Zurufe von Abgeordneten der GRÜNEN)

Oder das Antidiskriminierungsgesetz, um ein anderes Beispiel zu nennen. Dieses Gesetz schafft keinen einzigen neuen Arbeitsplatz, es verhindert diese nur. Vorhin hat mich Frau Kollegin Haderthauer auf etwas aufmerksam gemacht, worüber sie kürzlich einen Artikel geschrieben hat. Wissen Sie, was mich bei diesem Antidiskriminierungsgesetz so nachdenklich macht? – Durch dieses Gesetz wird eigentlich überall der Staat übergestülpt und dadurch entsteht fast so etwas wie eine Gedankenkontrolle.

(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Ha, ha! Die Gedanken, die Du hast, brauchen wir nicht zu diskutieren!)

Ich fi nde diesen Gedanken ganz interessant. Dieses Gesetz sorgt dafür, dass man nicht darüber nachdenkt, wo man Freiräume schaffen kann, wie man Arbeitsplätze schaffen kann, sondern das Gesetz wirkt überall hinein und man muss ständig überlegen, was der Staat von einem verlangt. Dieses Gesetz ist genau das Gegenteil dessen, was wir fordern, nämlich mehr Subsidiarität und mehr Freiheit.

Drittens. Wir haben beim Abbau der Vorschriften mit vielen Gruppen und vielen Lobbyisten zu tun. Ich denke beispielsweise, lieber Herr Kollege Otmar Bernhard, an den Beschluss unserer Fraktion, die Gesundheitsbelehrung für die Ehrenamtlichen wegfallen zu lassen.

(Christa Naaß (SPD): Vier Jahre hat das gedauert!)

Sofort ist ein riesiger Sturm losgegangen.

(Zuruf der Abgeordneten Christa Naaß (SPD))

Ja, liebe Frau Kollegin Naaß, in manchen Bereichen ist ein Sturm der Entrüstung losgegangen. Wir haben es aber geschafft, wir haben es umgesetzt, weil wir den Ehrenamtlichen helfen wollen.

(Christa Naaß (SPD): Und in vier Jahren wird das dann wieder abgeschafft?)

Ein vierter Punkt. Die Verwaltung muss für den Bürger da sein, nicht umgekehrt. Dafür ist auch in den Amtsstuben eine Änderung der Mentalität notwendig. Hierzu ein Bei

spiel: In meiner ersten Legislaturperiode als Abgeordneter war ich auch für die Gesetzgebung der neuen Bayerischen Bauordnung als Berichterstatter zuständig. Liebe Kolleginnen und Kollegen, inzwischen werden ein Drittel der Bauten in Bayern genehmigungsfrei errichtet. Auch das hat Erwin Huber dargelegt. Es hat aber lange gedauert, bis es den Beamtinnen und Beamten klar war, bis die Kommunen daraus die Konsequenzen zogen, dass man hierfür in den Bebauungsplänen und in den Flächennutzungsplänen die notwendigen Freiräume schaffen muss, um das Gesetz richtig nutzen zu können. Inzwischen haben wir das umgesetzt. Die Änderung der Mentalität war aber notwendig, und sie dauerte ihre Zeit.

Fünftens. Wir wollen eine Strukturreform, mit der wir bündeln und mit der wir Effi zienzgewinne erreichen. Ich sage es noch einmal: Trotzdem wollen wir in der Fläche die Beamten und die Ämter vor Ort belassen. Aber wir bauen Hierarchien ab, das ist ein ganz wesentlicher Punkt.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch meiner Fraktion ein herzliches Dankeschön sagen. Früher war es Franz Meyer, heute leitet Robert Kiesel unsere Arbeitsgruppe Verwaltungsreform. Viele Kolleginnen und Kollegen haben sich dort leidenschaftlich und konstruktiv eingebracht. Ich nenne ein paar Beispiele. Der Einsatz zum Erhalt der Selbstständigkeit der Direktion für ländliche Entwicklung. Wir waren überzeugt, dass diese Behörde für den ländlichen Raum Akzente setzt und dabei wird viel Positives umgesetzt. Wir haben aber auch beschlossen, dass in diesem Bereich Personalabbau stattfi ndet. Warum? – Man schafft Synergieeffekte, wenn die Direktion in Zukunft verstärkt mit der Vermessungsverwaltung und mit anderen Behörden zusammenarbeitet. Das sind Synergieeffekte. So kann moderne Verwaltung aussehen.

Ein weiterer Bereich. Es gab viele Diskussionen über die Zukunft der Vermessungsverwaltung. Ich habe hier im Plenum schon oft gesagt, dass ich die Vermessungsverwaltung als moderne, leistungsfähige und fast kostendeckende Verwaltung erachte. Wir haben uns deshalb nach langer Diskussion entschlossen, diesen Bereich nicht für öffentliche Sachverständige zu öffnen. Wir haben das abgelehnt, weil wir gesagt haben, diese Vermessungsverwaltung arbeitet hervorragend, das hat sie unter Beweis gestellt.

(Christa Naaß (SPD): Das ist unser Antrag!)

Ich möchte noch einmal, weil Sie, Frau Kollegin Naaß, immer wieder darauf zu sprechen kamen, auf die Spareffekte eingehen. Wir wollen die Verwaltungsreform auch durchführen, und dazu bekennen wir uns auch, um in der Zukunft sparen zu können. Deshalb ist es auch richtig, dass wir mit der Arbeitszeitverlängerung zusammen in den nächsten Jahren rund 11 000 Planstellen abschaffen. Aber, Frau Kollegin Naaß, der entscheidende Punkt ist doch, dass wir damit für die nächsten Jahre Freiräume schaffen durch ein Sparpotenzial von rund 550 Millionen Euro. Das Geld wollen wir nutzen, um wieder investieren zu können, damit wir von den jetzt 12,6 % wieder auf eine höhere Investitionsquote kommen. Gerade damit können wir dann auch der Wirtschaft helfen, damit es auch dort wieder vorwärts geht und die Bilanz positiv ist. Der Staat,

das sage ich noch einmal, ist aber sicherlich der falsche Arbeitgeber.

(Christa Naaß (SPD): Das sagen Sie mal den Beschäftigten!)

Sie haben immer wieder davon gesprochen, dass vor Ort Behörden zerschlagen würden. Dem möchte ich entgegenhalten, dass diese Verwaltungsreform ganz im Gegenteil, nicht nur bei den Indianern Einschränkungen vorsieht, sondern auch bei den Häuptlingen. Beispielsweise werden rund 20 Präsidentenstellen abgeschafft. Bei der Forstverwaltung beispielsweise schaffen wir eine ganze Ebene ab. Dort wird nämlich die zweite Stufe abgeschafft. All dies sind positive Effekte, mit denen wir dafür sorgen, dass wir in Bayern eine effi ziente, eine leistungsfähige Verwaltung bekommen.

Meine Damen und Herren, nach all den Diskussionen, die wir geführt haben, bin ich der Überzeugung, dass Bayern mit dieser Verwaltungsreform auf einem guten Weg ist. Es ist ein positiver Weg in die Zukunft. Es gibt dazu folgendes Zitat: „Der Wert einer Generation liegt nicht in ihrer Ernte, sondern in ihrer Aussaat.“ Mit dieser Verwaltungsreform säen wir Gutes für die künftigen Generationen! In diesem Sinne hoffe ich auf eine gute Zukunft.

(Beifall bei der CSU – Christa Naaß (SPD): Bis zur nächsten Verwaltungsreform!)

Nächste Wortmeldung: Dr. Dürr.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Seit über zehn Jahren kündigt Ministerpräsident Stoiber energisch Bürokratieabbau an. Seit über zehn Jahren aber wächst die Bürokratie in Bayern, und wächst und wächst.

(Beifall bei den GRÜNEN – Christa Naaß (SPD): Komisch!)

Die CSU hat dafür gesorgt, also Sie, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, dass unser Land unter den mit Abstand meisten Gesetzen und Verordnungen in Deutschland erstickt. Wir haben die meisten. Sie verweisen immer gerne auf andere, auf Brüssel, auf Berlin, auf andere Bundesländer. Der Spitzenreiter unter allen Bürokraten, Kolleginnen und Kollegen, das ist die CSU. Das sind Sie, Kolleginnen und Kollegen von der CSU und die Staatsregierung.

(Beifall der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE))

Zuletzt hat die Henzler-Kommission darauf hingewiesen, sie hat auch Zahlen genannt. Bayern unter Stoiber und Huber macht mit Abstand die meisten Gesetze und Verordnungen. Der Freistaat macht 20 % mehr als das nächste schlimme Bundesland: Baden-Württemberg. Der Freistaat macht doppelt so viele wie Niedersachsen und Sachsen. Das machen Sie.

Herr Minister Huber, Sie haben heute das Ziel der Staatsregierung ausgegeben. Sie wollen sehr rasch – was immer das heißen mag – die Landesverordnungen von 1100 auf 850 verringern. Das ist ein lobenswertes Ziel, denn Bayern bleibt damit ungefährdet deutscher Bürokratiemeister.

(Heiterkeit bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die anderen haben einfach nicht so viele, das schafft ihr nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber Sie stellen sich hier hin und wollen der Bundesregierung für den Bürokratieabbau Ratschläge geben. Lernen Sie doch erst mal wie das geht, dann reden wir wieder weiter.

(Dr. Otmar Bernhard (CSU): Keine Belehrungen, Herr Kollege! – Zuruf von der CSU: Mein Gott, mein Gott!)

Herr Minister Huber, im großspurigen Ankündigen und im grundlosen Selbstlob sind Sie tatsächlich der Superminister, zu dem Sie sich beim Amtsantritt ausgerufen haben. Bis heute haben Sie aber so gut wie nichts umgesetzt.

(Zurufe von Abgeordneten der CSU)

Das hindert Sie nicht, Erfolge um Erfolge zu verkünden. Diese Erfolge stehen aber nur auf dem Papier. Sie haben noch nicht einmal die so genannte Forstreform in ein Gesetz gießen können.

(Thomas Kreuzer (CSU): Sie sind doch gegen alles!)

Bis jetzt haben Sie das noch nicht geschafft. Was Sie gemacht haben, ist auch sinnlos, aber bis heute haben Sie noch nichts davon umgesetzt.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zurufe von Abgeord- neten der CSU)

Ja, das ist so. Wenn Sie heute schon wieder eine Regierungserklärung abgeben, obwohl Sie nichts Neues zu sagen haben, ist auch das ein Beispiel für weiß-blaue Bürokratie in vollendeter Meisterschaft.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abgeordneten Christa Naaß (SPD))