Frau Staatsministerin, zu Ihrer Forderung, dass bei Heranwachsenden grundsätzlich das Erwachsenenstrafrecht
angewendet werden soll und die Höchststrafe deutlich erhöht werden soll, ist zu sagen, das ist doch nicht einmal in den Reihen der unionsregierten Länder mehrheitsfähig. Dafür fi nden Sie doch nicht einmal im Bundesrat eine Mehrheit. Warum machen Sie also der Bundesregierung einen Vorwurf? – Diese Bundesregierung hat gehandelt. Diese Bundesregierung hat die nachträgliche Sicherungsverwahrung eingeführt. SPD und GRÜNE haben sich nicht gesträubt, als nach dem Fall Natalie Astner das Sexualdeliktebekämpfungsgesetz erlassen worden ist. Da waren Sie noch nicht hier, Frau Dr. Merk. Herr Kollege Dr. Weiß war damals damit befasst. Da gab es keine Versäumnisse von SPD und GRÜNEN, und auch von dieser Bundesregierung gibt es keine Versäumnisse.
Wenn wir jetzt alle miteinander zum ersten Mal feststellen, es gibt eine Lücke, dann sollten wir gemeinsam daran gehen, diese Lücke möglichst schnell zu schließen. Wir sollten das Ganze aber nicht überfrachten mit Forderungen, die nicht einmal in Ihrem eigenen Lager mehrheitsfähig sind.
Frau Staatsministerin, es ist rhetorisch schon fast brillant, nicht auf die eigentliche Problemlage einzugehen, sondern immer nur zu sagen, Ihnen gehe es um den Schutz der Opfer. Was meinen Sie denn, warum wir uns mit dem Thema befassen? Was meinen Sie denn, warum wir das tun? – Selbstverständlich deswegen, weil es uns darum geht, die Öffentlichkeit und insbesondere Kinder möglichst gut zu schützen. Es ist gut, dass das allgemeine Meinung ist. Deshalb wäre es vernünftig, wenn Sie unserem Antrag zustimmen würden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Schindler, ich muss Ihnen widersprechen. Wenn unsere Forderungen durchgegangen wären, dann hätte es durchaus so kommen können, dass der Täter nicht mehr in Freiheit gekommen wäre und dieser Fall nicht passiert wäre.
Erstens wäre unser Vorschlag, auf Heranwachsende grundsätzlich Erwachsenenstrafrecht anzuwenden, zur Anwendung gekommen. Ich muss Ihnen weiter widersprechen, wir haben sehr wohl im Bundesrat eine Mehrheit erhalten und sind mit diesem Entwurf im Bundesrat durchgekommen. Der Täter wäre nach Erwachsenenstrafrecht behandelt worden, und zwar selbst dann, wenn er in der Reife zurückgeblieben gewesen wäre, weil er ein besonders gefährlicher Täter ist und der Erziehungsgedanke in diesem Zusammenhang keinen Erfolg versprochen hätte. Selbstverständlich muss man immer den Richter mit einschalten. Das ist klar, aber das verstehen Sie doch sehr wohl, Herr Schindler.
Jetzt seien Sie doch froh, dass wir überhaupt etwas getan haben. Das kann doch auch rückwirkend gelten.
Herr Schindler hat mich gefragt, ob es mit unseren Anträgen möglich gewesen wäre, dass der Täter nicht herauskommt.
Lassen Sie mich doch wenigstens Herrn Schindler antworten; der hört immerhin zu. Der Täter wäre als Heranwachsender nach Erwachsenenstrafrecht behandelt worden. Nachdem wir die Sicherungsverwahrung für Heranwachsende beantragt haben, hätte – selbst mit der Fünfjahreshürde – die Möglichkeit bestanden, ihn in Sicherungsverwahrung zu nehmen.
Nachträgliche Sicherungsverwahrung, das ist richtig. Das heißt, wenn unsere Anträge nicht blockiert worden wären, wäre dieser Fall – theoretisch gesehen – vollinhaltlich davon erfasst. Herr Schindler, das war Ihre Frage, die ich Ihnen so beantworten muss.
Frau Staatsministerin, ist Ihnen bewusst, dass zum Zeitpunkt der ersten Verurteilung, auf die Sie sich eben bezogen haben, noch eine Bundesregierung im Amt war, die von Ihrer Partei mitgetragen wurde, und dass die Anträge, von denen Sie jetzt sprechen und die nach meinem Kenntnisstand erst nach dem Jahr 2000 auf die Tagesordnung gekommen sind, überhaupt nicht greifen konnten?
Herr Abgeordneter, es ist so, dass ein Teil unserer Anträge seit sieben Jahren in Berlin liegt und nicht behandelt wurde.
Auch Sie haben vorhin von refl exartigem Handeln gesprochen. Die Entwicklung im Jugendstrafrecht und vor allen Dingen die extreme Problematik hochgefährlicher junger Krimineller und Gewalttätiger ist erst in den vergangenen
Sie sagten vorhin in Ihren Reden, es ginge nicht darum, die Jahre nachzuzählen, sondern miteinander Konsequenzen zu fi nden, damit wir in Zukunft gemeinsam unsere Bevölkerung sichern. Es geht auch darum zu erläutern, dass das, was wir fordern, in diesem Fall tatsächlich bedeutet hätte, dass der Täter nicht mehr hätte auf freien Fuß gesetzt werden müssen. Ich habe das ohne Polemik, sondern ganz sachlich gesagt. Mit diesem Antragspaket hätten wir tatsächlich etwas erreicht.
Zur Klarstellung: Liebe Frau Ministerin, Anträge und Gesetzentwürfe von Ihnen mögen auf Halde liegen. Aber ist Ihnen eigentlich klar, dass in Ihren sieben Initiativen und Gesetzentwürfen keine einzige Forderung nach Sicherungsverwahrung für Jugendliche bzw. Heranwachsende, die nach Jugendstrafrecht verurteilt wurden, enthalten ist? – Das müsste Ihnen auch klar sein.
Ich habe keine weitere Wortmeldung vorliegen. Die Aussprache ist geschlossen. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, nun folgt ein umfangreiches Abstimmungsverfahren. Ich bitte um Aufmerksamkeit, damit es zu den einzelnen Abstimmungsschritten keine Verwirrung gibt.
Ich lasse zunächst über den Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion auf Drucksache 15/2919 abstimmen. Die Abstimmung soll getrennt über den ersten Absatz und über die einzelnen Nummern 1 bis 3 erfolgen. Ich stelle jetzt den ersten Absatz in einfacher Form zur Abstimmung. Wer diesem Teil zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU und der SPD. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90 /DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Dem ersten Absatz ist damit zugestimmt worden.
Jetzt lasse ich in namentlicher Form über die Nummer 1 des Dringlichkeitsantrags der CSU-Fraktion auf Drucksache 15/2919 abstimmen. Für die Stimmabgabe sind Urnen auf beiden Seiten des Sitzungssaals und auf dem Stenografentisch bereitgestellt. Mit der Stimmabgabe kann begonnen werden. Hierfür stehen fünf Minuten zur Verfügung.
Die Abstimmung ist abgeschlossen. Meine sehr geehrte Damen und Herren, ich bitte Sie, die Plätze wieder einzunehmen. Vorher werden wir nicht weiterfahren können.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen, damit wir weiter ein geordnetes Abstimmungsverfahren durchführen können.
Ich wiederhole: Wir fahren nicht weiter, bevor die Plätze nicht eingenommen werden. Ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen.
Außerdem bitte ich die Damen und Herren der Presse, insbesondere die Kameraleute, hinten bei ihren Plätzen zu bleiben.
Wenn Sie damit einverstanden sind, können wir, während draußen die Stimmen ausgezählt werden, weitermachen. – Dagegen gibt es keinen Widerspruch. Dann fahren wir in der Abstimmung fort. Wir stimmen über Nummer 2 des Dringlichkeitsantrags der CSU auf Drucksache 15/2919 ab. Die Urnen sind bereitgestellt. Sie haben wieder fünf Minuten Zeit.
Meine Damen und Herren, die Stimmabgabe ist hiermit abgeschlossen. Ich bitte, die Plätze wieder einzunehmen, weil wir dann auch gleich mit der Abstimmung fortfahren können.
Wir können mit der Abstimmung fortfahren, sobald die Plätze eingenommen wurden. Entgegen der Ankündigung kommt jetzt nämlich keine weitere namentliche Abstimmung.
Ich bitte noch einmal, die Plätze einzunehmen. Die CSUFraktion verzichtet auf die namentliche Abstimmung über Nummer 3 ihres Dringlichkeitsantrags. Wir führen deshalb das übliche Verfahren durch.
Ist es denn bitte möglich, die Gespräche einzustellen, auch dort hinten an der Tür? Wir kommen also jetzt zur Abstimmung über die Nummer 3 des Dringlichkeitsantrags der CSU auf Drucksache 15/2919. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist dieser Teil des Dringlichkeitsantrags angenommen. Damit ist auch die Stimmabgabe zu diesem Antrag abgeschlossen. Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung liegt noch nicht vor.