Ein Beispiel ist auch die Unklarheit darüber, wie in Bayern die Umgestaltung zu flächendeckenden Bachelor- und Masterstudiengängen gelingen soll. Ich nenne auch das neue Zauberwort „Clusterbildung“ ohne hochschulspezifische Fundierung und so weiter. Dieser Einzelplan klammert alle wegweisenden Vorgaben in diesen Bereichen aus. Man könnte fast mitleidig feststellen, dass es einfach zurzeit zu viele Baustellen sind, auf denen die bayerische Hochschulpolitik agieren muss. Da kann es schon einmal vorkommen, dass die eine oder andere Baugrube nicht abgesichert ist. Ich glaube allerdings, das hinter dieser vermeintlichen Konzeptionslosigkeit durchaus ein Konzept steht, nämlich das Konzept einer generellen gesell
schaftlichen Umorientierung der Hochschulpolitik, und wenn ich an die Situation in den Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen denke, auch der Bildungspolitik generell.
Die zentrale Frage im hochschulpolitischen Bereich lautet: Lassen wir uns in Zukunft davon leiten, dass es die Aufgabe der Hochschulen sein wird, nach Erkenntnissen um der Erkenntnis willen zu streben, weil uns die Suche nach Wahrheit und Erkenntnis für gesellschaftliche Entwicklungen notwendig erscheint, weil wir eine möglichst breite akademische Bildung mit Zugang für alle Gesellschaftsschichten haben wollen, was in unseren Augen den Kern einer demokratischen Wissenschaftsgesellschaft ausmacht, und weil wir wissen, dass nur auf dieser Basis die Zukunftsfähigkeit unseres Landes fortentwickelt werden kann.
Oder, meine Kolleginnen und Kollegen: Lassen wir uns von einem sehr eingeengten ökonomischen Blick auf die Hochschulen leiten? CSU und Staatsregierung unternehmen den Versuch, wissenschaftsökonomisch zu kalkulieren, weil sie sich einseitig und vorrangig auf die wirtschaftliche Verwertbarkeit von Forschung und Lehre konzentrieren.
Ich will das beispielhaft an drei Punkten näher erläutern. Erstens die Autonomiefrage. Wie fragwürdig das Autonomieverständnis ist, wird schon allein in Artikel 6 Absatz 4 des Haushaltsgesetzes deutlich. Dort heißt es in Bezug auf die Hochschulen, „in den entsprechenden Kapiteln des Hochschulhaushalts ausgebrachte Stellen können, soweit sie frei sind oder frei werden, im Benehmen mit der jeweiligen Hochschule“ – nicht im Einvernehmen, nicht in gegenseitiger Absprache, nein, im Benehmen! – „umgesetzt und vom Staatsministerium zur Abdeckung eines unabweisbaren Personalbedarfs zugewiesen werden“.
Hier wird klar, wer bei den ach so autonomen Hochschulen bestimmt. Von wegen eigenverantwortliche Profilbildung! Mittelfristig gibt es damit für die Hochschulen keine Personalplanung. Das Ministerium bestimmt, es zieht ein, und die Hochschulen schauen in die autonome Röhre.
In finanzieller Hinsicht gehen CSU und Staatsregierung – wir haben es heute wieder gehört – nun mit einem Innovationsbündnis zwischen Landtag, Staatsregierung und den Hochschulen schwanger. Abgesehen davon, dass der Landtag zu diesen Vorstellungen noch nicht gehört wurde, geschweige denn diskutiert hat, befürchte ich, dass das lediglich eine schönfärberische Umschreibung für die eigenverantwortliche Hochschulverwaltung von viel zu knappen Mitteln ist. Also: Autonome Mängelbewirtschaftung oder Planungssicherheit am Hungertuch.
Glauben Sie denn allen Ernstes, dass dieser unterfinanzierte Hochschulhaushalt wirklich ein Anreiz für innovative, nach vorne weisende Hochschulprofilierung ist, wenn sie die Knappheit von heute bis zum Jahre 2008 garantieren? Und wenn dann die CSU von institutioneller Autonomie spricht, wie in den Banzer Erklärungen, dann konzentriert und reduziert sie Autonomie auf eine reine Neuord
nung der Gremienarbeit ohne grundsätzlich inhaltliche Voraussetzungen für die in diesem Zusammenhang eben auch erforderliche Demokratisierung der Hochschulen. Die Demokratisierung ist ein wesentlicher Punkt, wenn wir unsere Forderung nach einer demokratischen Wissenschaftsgesellschaft wahrnehmen wollen, einer Wissenschaftsgesellschaft, in der die generelle Zukunftsfähigkeit unseres Landes bestimmt wird. Das gilt für die gleichberechtigten emanzipatorischen Entfaltungsmöglichkeiten der dort Lehrenden und Lernenden ebenso wie für die demokratischen Strukturen in unserem Lande und die Konkurrenzfähigkeit im Wettbewerb.
Die Gremien sind, so wie sie von der CSU angedacht sind, weiterhin weitgehend professorendominiert mit einer Unterrepräsentanz von Mittelbau, Studierenden und nichtwissenschaftlichem Bereich. Sie widersprechen damit einem demokratischen Verständnis von Hochschule. Unsere Forderung lautet daher, die grundordnunggebenden Kollegialorgane so zusammenzusetzen, dass alle vier Gruppen vertreten sind und keine für sich allen eine Mehrheit bilden kann.
In diesen Zusammenhang gehört auch unsere Forderung nach Wiedereinführung einer verfassten Studierendenschaft mit politischem Mandat.
Zweitens, das Dilemma mit der Strukturplanung und der Mittelstraß-Kommission. Sie, Herr Goppel, haben gerade gesagt, dies sei ein Beispiel für das Selbstverständnis der Autonomie an unseren Hochschulen und Sie haben geglaubt, uns damit widerlegen zu können. In der Realität sieht das anders aus. Die Hochschulen haben ihre Strukturpläne in mehr oder weniger kontroversen Prozessen und in mehr oder weniger harmonischen Beschlussfassungen – manchmal gar nicht so transparenten Beschlussfassungen – entwickelt. Diese Konzepte sind von Universität Bayern e.V. zusammengefasst worden - ohne Schwerpunkte zu setzen -, und jetzt arbeitet die Mittelstraß-Kommission. Es sind bis dato keine politischen Vorgaben gemacht worden, wie die Hochschullandschaft der Zukunft aussehen soll. Gerade deshalb haben wir im Sommer das Dilemma gehabt, und da waren letzten Endes wir die Feuerwehr, die dafür gesorgt hat, dass beispielsweise in der Geografie in München oder bei der Lehrerbildung nicht schon jetzt Studiengänge eingestampft werden, von denen noch gar nicht klar ist, wo sie auf Dauer aufrecht erhalten und fortgeführt werden sollen.
Das ist das Dilemma, das Sie zu verantworten haben. Der richtige Weg wäre gewesen, hier im Hohen Hause den strukturellen Rahmen politisch zu diskutieren, dann die Weichen klar zu stellen und dann den Hochschulen in ihrer Autonomie die Wege vorzuzeichnen, damit sie die eigene Positionierung vornehmen können. Mit ihrem Tohuwabohu-Vorgehen befördern Sie Ängste, Sie demotivieren und halten Wissenschaftler ab, nach Bayern zu kommen. Sie
lähmen in manchen Fächern Lehre und Forschung und schaden damit der bayerischen Hochschullandschaft.
Nun lassen Sie mich zum dritten Punkt kommen, zu den Studiengebühren. Kaum ist der Coup mit den Verwaltungsgebühren über die Bühne gegangen, schon langt man den Studierenden wieder in die Tasche. Der Staatsminister, ja die gesamte Staatsregierung und die CSU wollen sich mit den Studiengebühren über die eklatanten haushalts- und finanzpolitischen Fehler im Hochschulbereich hinwegmogeln, indem sie den Studierenden für die Regierungsdefizite hohe Finanzlasten auferlegen.
Lassen Sie mich schlagwortartig festhalten: Die Umverteilung der Finanzmittel aus den Taschen der Studierenden in die Hochschulkassen löst die Probleme nicht. Wir wissen – ich will hier nicht ins Detail gehen, weil wir darüber noch ausführlich diskutieren werden –: Studiengebühren führen zu sozialer Auslese, sie führen zu einer Verlängerung der Studienzeiten. Die Anzahl der Studierenden, die erwerbstätig sein müssen, wächst bei der Einführung von Studiengebühren, weil sie sich ihren Lebensunterhalt und ihr Studium finanzieren müssen. Die Studiengebühren engen den Hochschulzugang ein. In vielen Ländern, in denen der Finanzminister vorher versprochen hat, den Hochschulen diese Mittel zu belassen, sind später die Mittel eingezogen worden.
Herr Kreuzer, was Ihre Partei, Ihre Staatsregierung und im letzten Jahr an Finanzversprechungen gegeben und gebrochen hat, lässt uns erheblich daran zweifeln, ob Sie hier ehrlich bleiben.
Nach der Einführung der Gebühren sind oftmals immer weitere Steigerungen verfügt worden. Der Gipfel ist das, was Sie, Herr Goppel, dann im Haushaltsausschuss gesagt haben, nämlich dass man mit den Studiengebühren vermeiden wolle, dass die Hochschulen zu Wärmestuben für sozial Schwache werden.
Ich bezweifle, ob sich die Hochschulen bei den Mittelansätzen für die Bewirtschaftung in Zukunft überhaupt noch Heizungskosten leisten können.
Herr Kollege, ich frage mich, wie Sie Ihr Studium bestritten haben. Ich weiß, was es bedeutet hat, sich nach der Decke strecken zu müssen, um einigermaßen über die
Runden zu kommen. Diese Diffamierung von Leuten aus bildungsferneren Schichten wollen wir Ihnen nicht durchgehen lassen.
All diese Punkte machen klar: Diesem Einzelplan kann man trotz einiger weniger richtiger Ansätze nicht zustimmen. Im Gegenteil: Man muss Sie, meine Damen und Herren von der Regierungspartei, weiter treiben, den richtigen Weg zu finden.
Frau Präsidentin, Hohes Haus! Lieber Kollege Wolfgang Vogel, wenn der Vergleich nicht schon so abgegriffen wäre, würde ich sagen: Ein trauriger Vogel musste sich heute hier präsentieren.
(Wolfgang Vogel (SPD): Nein, der war sehr fröhlich! – Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Ein sehr pfiffiger Vogel!)
Man könnte natürlich auch den Drachen Nepomuk nehmen, wenn wir schon über Jim Knopf und die wilde 13 sprechen. Er hockt in seinem Vulkan, versucht Rauch zu erzeugen, aber es passiert nichts. So viel nur, wenn wir schon solche Vergleiche ziehen wollen.
Also, ganz schlimm war es nicht. Es war alles von Sachlichkeit geprägt. Aber der ideologische Schlussaufritt hat Dich wieder einmal als Kompanieführer der Fußkranken der akademischen Völkerwanderung ausgewiesen, leider.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, Hohes Haus! Bayern ist, was seinen Ruf als Universitätsstandort angeht, PremiumStandort in der Bundesrepublik Deutschland.
Wissenschaft, Forschung und Entwicklung sind dabei die Herzstücke einer erfolgreichen Modernisierungsstrategie der Bayerischen Staatsregierung und der Mehrheitsfraktion in diesem Hohen Haus. Die Zukunft unseres Landes hängt, so unsere feste Überzeugung, zentral von der Erringung und Bewahrung der Spitzenposition in den strate
gischen Schlüsselfeldern des wissenschaftlichen Fortschritts ab. Der Bayerische Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber hat dies in seiner Regierungserklärung vor gut einem Jahr an dieser Stelle mit der Benennung von Wissenschaft und Forschung als zentralen Strategiefeldern für diese Legislaturperiode klar herausgestellt. Mit dem vorliegenden Doppelhaushalt 2005/2006 und den weiteren Initiativen im Bereich der Hochschulpolitik wird dieser Ankündigung eindrucksvoll Rechnung getragen.
Das Motto „Versprochen – gehalten“ kann die Wissenschaftspolitik in Bayern deshalb mit einer überzeugenden Zwischenbilanz geltend machen. Die Leistungsfähigkeit unserer Universitäten und Fachhochschulen, die Attraktivität des Forschungsstandortes Bayern und die überdurchschnittliche Leistungsbereitschaft und Kreativität der in Wissenschaft und Forschung Tätigen stehen deshalb im Fokus der bayerischen Wissenschaftspolitik. Staatsminister Dr. Goppel, dem ich an dieser Stelle für die vertrauensvolle und intensive Zusammenarbeit mit unserem Arbeitskreis, aber auch dem Wissenschaftsausschuss dieses Hohen Hauses ausdrücklich danken darf, hat dies hier gerade im Zusammenhang mit dem Haushaltsentwurf mit der überdurchschnittlichen Steigerungsrate ebenso wie mit der Vorrangstellung der Hochschuletats gegenüber anderen Politikbereichen deutlich gemacht. Dies erreichen zu können, ist eine große Gemeinschaftsleistung aller Beteiligten. Der übergeordneten Bedeutung einer nachhaltigen Haushaltspolitik war dabei ebenso zu entsprechen, wie der Unterstützung anderer Politikfelder für dieses Ziel zu erreichen. Meiner Fraktion möchte ich deshalb für die strategische Weichenstellung ausdrücklich danken.
Die Wissenschaftspolitik muss in den kommenden Jahren für Bayern große Anforderungen erfüllen. Wir stehen vor dem strategischen Ziel, den Hochschul- und Wissenschaftsstandort Bayern für die sich rasch verschärfenden Rahmenbedingungen des nationalen und internationalen Wettbewerbs zu rüsten. Dies führt zu einer einmaligen Situation für Wissenschaft und Forschung in Bayern. Wir stehen vor der größten Gestaltungsagenda in der Hochschulpolitik seit Jahrzehnten. Im laufenden Betrieb müssen fünf zentrale Reformfelder konzipiert und umgesetzt werden.
Erstens. Die umfassende Novellierung des Bayerischen Hochschulgesetzes. Die CSU-Landtagsfraktion hat auf ihrer letzten Klausurtagung in Kloster Banz ein Eckpunktepapier für ein neues Hochschulgesetz beschlossen.