Wir sind in der glücklichen Situation, dass wir dank der Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen aus den Hochschulstädten Überzeugungsarbeit leisten konnten, dass man die Hochschulen nicht sich selbst überlassen darf. Wir müssen bei wachsenden Studentenzahlen zulegen, aber auch das Konzept intensivieren.
Ich bedanke mich bei Herrn Kollegen Manfred Ach, dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, und den Berichterstattern Engelbert Kupka und Monica Lochner-Fischer. Ich danke Herrn Kollegen Dr. Spaenle und Herrn Kollegen Vogel, die als Vorsitzender und Stellvertretender Vorsitzender des Hochschulausschusses dafür sorgen, dass wir Themen aus parlamentarischer Sicht rechtzeitig in die öffentliche Diskussion einbringen. Wir wissen zwar, wo uns der Schuh drückt, wir wissen aber auch, dass die Presse das Tempo nicht immer so gestaltet, wie wir es gern hätten. Deshalb ist es notwendig, in einer konzertierten Aktion daran zu erinnern, dass auch wir ein wichtiges Thema zu behandeln haben und dass das nächste Jahr wohl eines der turbulentesten der Hochschulgeschichte werden wird, die es im Freistaat Bayern nach dem Zweiten Weltkrieg gegeben hat.
Ein großes Gesetz zu novellieren, alle Fachwissenschaften auf den Prüfstand zu stellen, gemeinsam Profile zu bilden, wo man bis gestern gegeneinander gearbeitet hat, neue Schwerpunkte zu setzen, die Lehrerbildung zu überprüfen, Bachelor- und Masterstudiengänge einzurichten – das ist ein Pensum, das es bisher an den Hochschulen nicht gegeben hat. Deshalb will ich nicht nur dem Landtag und seinen Mitstreitern, den Journalisten, danken, son
dern auch den Hochschulen. Ich danke der wachsenden Zahl von Studierenden, die uns folgen in der Diskussion, dass man Lehre besser organisieren kann, wenn man untereinander auch ein geschäftliches Verhältnis hat. Außerdem danke ich den Professoren, die durch ihre Bereitschaft, zusätzliche Vorlesungen zu halten, dafür gesorgt haben, dass die Verhältnisse in der Betreuung an den Hochschulen besser werden und dass wir in Zukunft ein anderes Verhältnis zueinander haben, wenn es um die Schulung junger Erwachsener geht.
Die Universitätslandschaft ist in Bewegung, aber nicht in Unruhe. Die Universitäten sind auf einem guten Weg, was Partnerschaften und anderes beweisen. Die Universitäten sind auf der richtigen Strecke, weil sie dabei sind, die Modernisierung in die Tat umzusetzen, dabei in der Nachbarschaft zu lernen, aber auch ein gutes Beispiel abzugeben, wie das Elitenetzwerk und andere Einrichtungen zeigen. Ich danke Ihnen für Ihre Geduld und bitte um Zustimmung zu diesem Haushalt.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, im Ältestenrat wurde für die Aussprache eine Redezeit von einer Stunde und 30 Minuten festgesetzt. Davon entfallen auf die Fraktion der CSU 46 Minuten, auf die Fraktion der SPD 25 Minuten und auf die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN 19 Minuten.
Ich eröffne die Aussprache. Als erstem Redner erteile ich für die SPD-Fraktion Herrn Kollegen Vogel das Wort.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Staatsminister! Ich werde mich in meinen Ausführungen auf den Wissenschaftsbereich konzentrieren. Mein Fraktionskollege Peter Hufe wird zu Kunst und Kultur Stellung nehmen.
Herr Staatsminister, zuerst einmal danke für den Dank. Ich denke, Sie müssen keine Angst haben. Wir werden nach wie vor kritisch versuchen, die bayerische Hochschulpolitik voranzutreiben und zu analysieren, was in Bayern passiert. Dazu gehört zum Beispiel, den eigentlichen Kern Ihrer Rede herauszuarbeiten, damit Sie sich all das, was der Bund zu verantworten hat, beispielsweise im Bereich der Forschungspolitik, nicht als bayerisches Verdienst anrechnen zu lassen.
Dazu gehört auch, dass wir die Bereiche weglassen müssen, die immer wieder gebetsmühlenartig vorgebracht werden, indem Sie über Berlin schimpfen, aber nicht sehen, was von dort Gutes kommt, um sich hier auf die Schultern zu klopfen. Dann komme ich dazu, Herr Goppel, dass mich Ihre Ausführungen doch sehr stark am Realitätsbewusstsein des Verfassers zweifeln lassen,
weil ich den Eindruck habe, dass in der bayerischen Hochschullandschaft die sonst von Ihnen verschmähten Parallelgesellschaften existieren. Das sind also zwei Welten, von der Sie nur eine wahrnehmen, die andere klammern Sie nahezu vollständig aus und Sie beschreiben ein schön gefärbtes Zerrbild. Sie bewegen sich nämlich fast ausschließlich in der schönen, heilen Welt der Festreden,
der CSU-Grußworte und der unkritischen Dankadressen, um nicht zu sagen in Goppels schöner neuer Welt, und nehmen dabei kaum zur Kenntnis, welche Probleme und Schwierigkeiten viele Studierende, Lehrende und Forschende in der Alltagswelt haben.
Damit sich die nachfolgenden Rednerinnen und Redner der Regierungspartei nicht auf den falschen Themenfeldern stark machen, lassen Sie mich vorab erstens feststellen: Natürlich findet es erstens unsere Zustimmung, wenn die Staatsregierung und die CSU endlich einsehen, dass im Hochschulbereich eine Mittelaufstockung erforderlich ist. Deshalb begrüßen wir auch die Erhöhung des Hochschuletats. Sie müssen sich aber schon die Frage gefallen lassen, warum im Nachtragshaushalt 2004 erst einmal erheblich gekürzt wurde, warum massive Verunsicherungen durch Äußerungen des Finanzministers und anderer in den Hochschulbereich getragen wurden. Das war doch keine verantwortliche Politik, vor allem nicht für zentrale Zukunftsbereiche Bayerns. Abgesehen davon bleiben Sie doch auch in Ihrem Eigenlob realistisch! Angesichts der Jahr für Jahr allein an den Universitäten fehlenden Mittel für Bauunterhalt, Gebäudebewirtschaftung, Reinvestition usw. in Höhe von ungefähr 100 Millionen Euro, die sich über die Jahre auf fast 2,5 Milliarden Euro aufsummiert haben, ist der vorgelegte Investitionsbeitrag ein Tropfen auf den heißen Stein.
Trotz Ihrer Politik gibt es zweitens an den Hochschulen beachtliche Erfolge, und das ist nicht Ihr Verdienst. Natürlich sind wir jedes Mal erfreut, wenn sich bayerische Hochschulen durch herausragende Leistungen profilieren. Wir erkennen diese Leistungen an, die in Forschung und Lehre, beim Mittelbau, von den Beschäftigten im nichtwissenschaftlichen Bereich und von den Studierenden erbracht werden. Es ist ihr Zusammenwirken unter schwierigsten Rahmenbedingungen, die von der CSU zu verantworten sind, dass gute Positionierungen möglich sind. Aber es ist nicht redlich, Herr Dr. Spaenle, wenn Sie sich diese Erfolge in Spitzenleistungen an den Hut heften, die Defizite in der Breitenausbildung jedoch laufend negieren.
Drittens. Wir freuen uns auch, dass man bei der finanziellen Hochschulautonomie mit dem Haushaltsvermerk und der Nachschubliste endlich einen kleinen aber wesentlichen Schritt weitergekommen ist, indem nicht nur im Haushaltsgesetz die Übertragbarkeit nicht verbrauchter Mittel als eine Kann-Möglichkeit aufgeführt wird, sondern weil für jede einzelne Hochschule jetzt auch eine entsprechende Formulierung die Mittelverwendung ohne Einwilligung des Finanzministers sicherstellt. Aber wir hätten uns halt auch gefreut, wenn man damals gleich unserem entsprechenden Antrag zugestimmt hätte, statt ihn zuerst abzulehnen, am 11. November hier im Plenum noch einmal, um dann am 16. November die Nachschubliste hervorzubringen und das wortwörtlich zu übernehmen. Das ist die Engstirnigkeit, mit der Sie Politik machen.
Die Hochschulrealität ist viel komplexer, als es die CSUSonntagsreden vermuten lassen. Deshalb möchte ich einen Vergleich, den ich schon einmal gebracht habe, wiederholen, weil er mir allzu gut gefällt. Herr Goppel, Sie kommen mir mit Ihren Reden vor wie der Scheinriese Tur Tur aus dem CSU-Lummerland. Je weiter man von ihm entfernt ist, desto größer wirkt er. Wenn man jedoch näher an ihn herankommt, dann wird er immer kleiner. Also, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Regierungsmehrheit, lieber Ludwig Spaenle, fassen Sie sich ein Herz, seien Sie mindestens so tapfer wie Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer, und nähern sich einmal diesem Tur Tur.
Von Ferne schildert uns nämlich Tur Tur Goppel blühende Hochschullandschaften. In der Nähe stellen wir aber fest, dass angesichts wachsender Studierendenzahlen zumindest bis 2011 eine katastrophale Unterversorgung in Bibliotheken, überfüllte Lehrveranstaltungen, schlechte Betreuungsrelationen, dadurch bedingte lange Studienzeiten usw. für eine viel zu geringe Akademikerquote drohen. Von Ferne jubelt Tur Tur Goppel über die Aufstockung im Hochschulhaushalt. Aus der Nähe stellen wir dann aber erhebliche Defizite, beispielsweise in der Titelgruppe 73 fest, einer Titelgruppe, die gerade im Nachtragshaushalt erheblich bluten musste.
Bei den Fachhochschulen haben Sie zwar auf den ersten Blick hin aufgestockt, gleichzeitig damit aber Aufgaben nur verlagert. In den Universitäten haben Sie nicht einmal diese Verschleierungstaktik angewandt, sondern haben diese Haushaltsmittel auf den viel zu niedrigen Ansätzen belassen.
Im Februar dieses Jahres, meine Kolleginnen und Kollegen von der SPD – ich wende mich jetzt bewusst an euch, denn die anderen hören immer nicht zu –, ging ein Brief des Wissenschaftsministers, unterzeichnet vom Ministerialdirigenten Dr. Weiß, an die Landesuniversitäten hinaus, in dem es wortwörtlich heißt:
Angesichts der hohen Einsparungen der vergangenen Jahre bei gleichzeitig stark steigenden Studentenzahlen werden wir bei den Ansätzen der Globalmasse Lehre und Forschung
eine Steigerung von 15 % fordern. Es wird daher gebeten, hier ausgehend vom Haushaltsbetrag des Jahres 2004 jeweils eine Steigerung von 15 % zugrunde zu legen.
Die Hochschulen sind aufgefordert worden, um 15 % zu steigern, und jetzt haben wir eine Steigerung von 0 %. Was ist das für ein Verständnis von nachhaltiger Hochschulpolitik? Nachhaltig ist allein das Unvermögen, die Hochschulen mit den Mitteln auszustatten, die sie brauchen! Und nachhaltig bleibt bei den Hochschulen die Gewissheit, mit den Finanzproblemen allein gelassen zu werden.
Wir haben dafür Deckungsvorschläge in Verbindung mit Platzhaltergeschäften bei Eon-Verkäufen vorgelegt. Herr Dr. Kaiser hat sie im Ausschuss noch einmal ausführlich erklärt. Sie haben es nicht verstanden, nicht verstehen wollen oder wollten nicht zustimmen. Anscheinend warten Sie damit bis 2007, damit es in Ihre Wahlkampftaktik passt.
Von Ferne preist Tur Tur Goppel die Aufstockung der Investitionen im Hochschulforschungsbereich. Mal abgesehen davon, was der Bund finanziert, ist das eine Politik immer neuer Spatenstiche, die manchmal sicher sinnvoll ist. Aber was nützen denn Neubauten, mein lieber Ludwig Spaenle, wenn es in bestehenden Bauten von der Decke tropft, wenn es aus den Toiletten mieft und wenn Wandverschalungen drohen auf die Passanten herunterzufallen? Aus der Ferne singt Tur Tur Goppel immer wieder das Hohelied der Lehre.
(Ulrike Gote (GRÜNE): Im Geo-Gebäude … schon seit Jahren! – Franz Schindler (SPD): In Regensburg vor allem!)
Also: Aus der Ferne singt Tur Tur Goppel das Hohelied der Lehre und der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung. In der Nähe hört man die Dissonanzen. Zum Beispiel in Erlangen-Nürnberg: Die jüngsten Deputatserhöhungen für Professoren führen zu einer Kapazitätserweiterung im Fach Medizin. Unabhängig von fehlenden Laborplätzen ergibt sich ein Problem dadurch, dass in der Vorklinik die Kapazität nach dem vorhandenen Lehrpersonal, in den klinischen Semestern aber nach den Bettenkapazitäten berechnet wird. Folglich müssen, und das sicher nicht nur in Erlangen, auf so genannten Teilstudienplätzen mehr Studierende zugelassen werden, als man am Ende ausbilden kann. So werden heute 70 Studierende aufgenommen, die aber nach dem vierten Semester nicht mehr in Erlangen weiterstudieren können. Wenn dann noch die äußerst problematische Erhöhung des Lehrdeputats für
Wo sind hier die haushaltsrelevanten und hochschulpolitischen Entscheidungen Ihres Hauses, Herr Goppel, um die Studierenden und den Mittelbau vor unerträglichen Zuständen zu schützen? Wie sieht es denn aus mit der Lehre in den Spitzenjahren 2010/2011? Schon heute halten manche Beschäftigten im Mittelbau bis zu viermal mehr Übungen und Seminare, als sie eigentlich müssten. Wo soll das noch hinführen?
Stimmen denn die Gerüchte – nehmen Sie bitte auch dazu Stellung – dass Sie Lehrkräfte aus den Schulen an die Hochschulen abwerben wollen? Man höre: Aus den Schulen! Das Kultusministerium wird sich freuen, weil dort schon heute so viel überflüssige Lehrerinnen und Lehrer sind.
Ich könnte eine Reihe weiterer Beispiele anführen, Beispiele, die nicht nur für die eigene Selbstbeweihräucherung stehen, sondern die man auch in der Nähe des CSU„Puppenkisten-Lummerlandes“ ansiedeln könnte. Dazu gehört die Frauenpolitik an den Hochschulen, die im Herbst dieses Jahres auf den wahren Kern reduziert wurde, nämlich auf die Aufforderung an die Präsidenten und Rektoren der bayerischen Hochschulen, sich doch an die gemeinnützige Hertie-Stiftung zu wenden, um sich auditieren zu lassen. Das ist Ihr Beitrag zur Frauenförderung.
Ein anderes Beispiel ist die weitgehende Untätigkeit bei der Einführung der Juniorprofessur. Bayern, so sagen Sie, könne das ohnehin besser.
Ja wo denn? Was machen denn die wenigen Junior-Professoren und -Professorinnen beispielsweise in Bayreuth? Wie geht es weiter?
Das nicht nachlassende Gerede von der Elite-Förderung ist ein weiteres Beispiel. Darüber haben wir uns schon vor 14 Tagen unterhalten. Man verschließt die Augen davor, dass damit eine fundierte Breitenausbildung vernachlässigt wird.
Ein Beispiel ist auch die Unklarheit darüber, wie in Bayern die Umgestaltung zu flächendeckenden Bachelor- und Masterstudiengängen gelingen soll. Ich nenne auch das neue Zauberwort „Clusterbildung“ ohne hochschulspezifische Fundierung und so weiter. Dieser Einzelplan klammert alle wegweisenden Vorgaben in diesen Bereichen aus. Man könnte fast mitleidig feststellen, dass es einfach zurzeit zu viele Baustellen sind, auf denen die bayerische Hochschulpolitik agieren muss. Da kann es schon einmal vorkommen, dass die eine oder andere Baugrube nicht abgesichert ist. Ich glaube allerdings, das hinter dieser vermeintlichen Konzeptionslosigkeit durchaus ein Konzept steht, nämlich das Konzept einer generellen gesell