Bei den obersten Dienstbehörden, in der Tat! – Die Zahl der Spitzenpositionen bei Staatskanzlei und Staatsministerien hat sich in den letzten zehn Jahren wie folgt entwickelt: bei den B 3-Stellen plus 2,5 %, bei den B 6-Stellen plus 14 %, bei allen Stellen zwischen A 16 und B 9 insgesamt plus 4 %. Oben werden also die Stellen fett ausgeweitet, und unten blutet der kleine Verwaltungsangestellte und muss mit seiner Stelle bezahlen. Das ist keine vernünftige Verwaltungsreform.
Wir wollen den Abbau von bürokratischen Wasserköpfen an der Spitze von Regierung und Verwaltung, die Verkleinerung der Staatsregierung, weniger Verschwendungssucht und Repräsentationsgehabe, Reduzierung des Werbeetats für die Bayerische Staatskanzlei, der wieder steigt, Einsparungen bei Beschaffungen und Verwaltungskosten, effizienter Einsatz der Eon-Privatisierungserlöse für Investitionen, Umschichtungen des Landeserziehungsgeldes zugunsten von Kinderbetreuungseinrichtungen, besseres Immobilien- und Gebäudemanagement und eine vermehrte Nutzung von Leasingangeboten, mittelfristig den Verkauf der Anteile am Flughafen München, Verzicht auf den Transrapid,
Herr Kollege Maget, Sie haben vorhin die Verwaltungsreform angesprochen. Können Sie verstehen, dass der Vorsitzende der CSU-Stadtratsfrakti
on in Weiden mit Blick auf die Verwaltungsreform heute in der Zeitung klarstellen lässt, dass diese Stadt mit der so genannten Behördenreform ausgeschlachtet wird und dass Weiden zum Verlierer gestempelt wird, und können Sie verstehen, dass der CSU-Bürgermeister der Stadt Weiden vor wenigen Tagen in der Zeitung erklärt hat, dass er feststellen muss, dass zu viele Menschen in Bayern die CSU gewählt haben und dass das ein Fehler ist?
(Heiterkeit und lebhafter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Joachim Herrmann (CSU): Das werden Sie ganz bestimmt nicht verstehen!)
Herr Herrmann sagt zu Recht: Es ist schwer vorstellbar, dass ich für diese Aussagen keinerlei Verständnis aufbringen könnte.
Ich möchte zum Schluss noch einige Gedanken zu Ihren bundespolitischen Vorhaben vortragen, die Sie heute zwar nur angedeutet haben, die aber deutlich machen, welche Alternativen die Union eigentlich zur Politik der Bundesregierung und unserer Partei hat. Herr Stoiber, Sie fordern in der Bundespolitik massive Mehrausgaben – für die Bundeswehr, für die Familienförderung, für den Straßenbau. Sie fordern gleichzeitig deutliche Steuersenkungen, und Sie fordern, endlich Schulden abzubauen. Das halte ich für ein großartiges Programm.
Das ist so genial, dass es eigentlich kein Wunder mehr ist, dass Zweifel an der Regierungstauglichkeit Ihrer Partei auf Bundesebene aufkommen. Die Gesundheitspolitik hat das ja zuletzt unter Beweis gestellt.
Was Sie den Menschen allen Ernstes als Reform anbieten wollen, bezeichnet Kollege Kobler – – Er ist auch nicht da; das verstehe ich.
Ja, der versteht etwas von Gesundheitspolitik, meine Damen und Herren. Kollege Kobler bezeichnet das – ich zitiere ihn, das kann ich Ihnen jetzt nicht ersparen – als „überbürokratisches Monster“,
Norbert Blüm sagt: Das ist Murks, ich bedauere jeden, der das erklären muss. Herr Seehofer sagt: Der Kompromiss ist so schwach, dass niemand von mir verlangen kann, dass ich das mittrage und draußen erkläre.
Herr Stoiber sagt dazu auf dem Parteitag zur Findung dieses Kompromisses wörtlich: „Wir haben eine exzellente Diskussion auf hohem Niveau geführt.“
Das finde ich prima. Eine exzellente Diskussion auf hohem Niveau führt bei der CSU zu einem solchen Ergebnis. Ich gratuliere sehr herzlich.
Aber auch über die Gesundheitspolitik hinaus ist das, was Sie den Menschen anbieten, nicht das Gelbe vom Ei. Sie wollen den Kündigungsschutz weiter lockern, obgleich alle Studien, die dazu geschrieben wurden, aussagen, das schafft keine neuen Arbeitsplätze. Zuletzt hat das die IABStudie bestätigt. Sie wollen die Mitbestimmung einschränken, obgleich es viele, auch Unternehmer, gibt, die sagen, die Mitbestimmung ist deshalb so wichtig in Deutschland, weil sie die Arbeitnehmer beteiligt, mitwirken lässt und damit einen entscheidenden Beitrag zum sozialen Frieden in unserem Land leistet. Sie aber wollen sie nicht mehr haben.
Auch die Tarifautonomie wollen Sie beseitigen, auch sie passt Ihnen nicht. Die Tariflöhne sind in Deutschland mittlerweile auf einem unglaublich niedrigen Niveau. Sie beginnen bei 4,38 Euro. Wer dann noch sagt, die Tariflöhne in Deutschland seien zu hoch, den kann ich nicht mehr verstehen. Wir wollen doch kein Niedriglohnland sein, wir wollen ein Bildungshochland sein. Wir können nicht mit niedrigen Löhnen in die Zukunft gehen.
Auch das gehört in die Patriotismus-Debatte, und ich begrüße, dass es sie gibt. Ich begrüße sie ausdrücklich, weil eine Gesellschaft immer wissen muss, auf welche Werte man sich gemeinsam verständigt und welche gemeinsamen Werte eine Gesellschaft zusammenhalten können. Zum Patriotismus gehört zum Beispiel auch, sein Vaterland nicht ständig schlechtzureden. Wenn Investoren lesen, was Sie, Herr Dr. Stoiber, über Deutschland verlauten lassen, dann wird keiner mehr kommen. Ich zitiere deshalb – das tun auch Sie gelegentlich – Herrn Limberger, den Vorstandschef von General Electrics, die nach Bayern, nach Deutschland gekommen sind. Herr Limberger sagte:
Die Presse staunte, als wir nach Deutschland gegangen sind. Selbst die Politiker wunderten sich: Wieso investiert ein amerikanischer Konzern, einer der profitabelsten Konzerne der Welt, gerade in Deutschland, wo doch alles so schlecht
ist. Die Antwort ist denkbar einfach: Deutschland war, ist und bleibt im gesamteuropäischen Kontext ein idealer Unternehmensstandort.
Patriotismus sollten wir auch den Unternehmern anraten, die ihre Betriebe und Arbeitsplätze aus Bayern verlagern. Ich verstehe das, weil es scharfen internationalen Wettbewerb gibt. Man darf aber nicht vergessen, wo ein Unternehmen groß geworden ist, wo man sein Geld verdient hat, und wo man auch in Zukunft den sozialen Wohlstand, die guten Schulen und das kulturelle Angebot selbst nutzen will. Wer das selbst aufrechterhalten und nutzen will, der muss auch hier bleiben und einen Beitrag zur Finanzierung dieser Angebote leisten.
Zum Patriotismus gehören auch ein friedlicher Umgang aller Mitglieder unserer Gesellschaft und die bestmögliche Integration ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger. Der Ministerpräsident hat erklärt, eine multikulturelle Gesellschaft ist kalt und gefährlich. Das Problem dabei ist, so glaube ich, dass Sie es waren, die jahrelang die Existenz von Zuwanderung schlicht geleugnet haben. Sie haben erklärt: Bayern ist kein Zuwanderungsland. Sie haben einfach nicht zur Kenntnis genommen, dass Menschen tatsächlich zugewandert sind und Integrationsangebote brauchen. Deshalb gibt es zu wenige Integrationsangebote in unserem Land. Das ist das entscheidende Problem.
Ihre Haltung war realitätsfremd, sie war romantisch, und ich sage auch, sie war von vorgestern, weil eine moderne Gesellschaft Zuwanderer braucht. Eine moderne Gesellschaft lebt vom internationalen Austausch. Eine moderne Gesellschaft will ausländische Studierende, sie braucht ausländische Fachkräfte. Alles das bekommen Sie aber nicht unter einer patriotischen und nationalen Käseglocke, sondern nur mit einem europäischen und einem internationalen Verständnis.
Wir müssen die Integration verbessern; da haben Sie Recht. Ich will jetzt nicht weiter ausführen, warum das in der Tat eines der wichtigsten und zentralen Probleme unseres Landes ist. Ich bitte Sie, einen Blick in das Zuwanderungs- und Integrationsgesetz zu werfen, das am 1. Januar 2005 jetzt endlich in Kraft tritt, nach viel zu vielen Jahren Zeitverlust. Alle Zuwanderer werden in Deutschland ein staatliches Grundangebot zur Integration erhalten. Eine nicht ordnungsgemäße Kursteilnahme führt zu aufenthaltsrechtlichen Sanktionen bei der Entscheidung über die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis. Ich halte es für richtig, dass man dieses Thema jetzt endlich so angeht. Es ist aber zu spät, weil Sie sich über Jahre der Wirklichkeit verschlossen haben.
Auch diejenigen, die schon da sind, werden mit solchen Integrations- und Sprachkursen angesprochen. Es wird eine nachholende Integration geben. Im Gesetz heißt es, bereits in Deutschland lebende Ausländerinnen und Ausländer können zur Teilnahme an Integrationskursen verpflichtet werden. Bei Verletzung der Teilnahmepflicht können für die Dauer der Nichtteilnahme die Sozialleistungen eingeschränkt werden. Auch das halte ich für richtig, weil wir einen wirklich gravierenden Nachholbedarf auf diesem Gebiet haben.
Diesen Nachholbedarf haben wir vor allem in unseren Bildungseinrichtungen, bei den Kindertagesstätten. Da tun wir viel zu wenig. Sie lassen zu, dass Kinder ausländischer Herkunft ohne Deutschkenntnisse in die Grundschule aufgenommen werden.
Doch, so ist es. Sie lassen es zu, dass Kinder in die erste Klasse unserer Grundschulen gehen, ohne ein Wort Deutsch zu können. Das müssen Sie ändern; das ist überfällig. Patriotismus ist eine gute Sache.
Richtig. Der letzte Absatz des Dringlichkeitsantrags ist korrekt. Ich gehe davon aus, dass Sie den heute eingereichten Dringlichkeitsantrag meinen. Wenn Sie so freundlich wären, den letzten Absatz zur Kenntnis zu nehmen. Leider habe ich den Text nicht wörtlich in Erinnerung. Ich bitte dafür um Verständnis.