Eine andere sagt: „Unter vier Augen sagen die Lehrerinnen, so sei kein vernünftiger Unterricht möglich. Kinder haben morgens geweint und wollten nicht mehr in die Schule.“ – Da lachen Sie. Ich bitte Sie doch, dem einmal nachzugehen, ob das wirklich so ist. Verschließen Sie doch nicht die Augen vor der Wirklichkeit!
Da schreibt eine Mutter: „Obwohl die sehr engagierte Lehrerin nie krank war, fielen zwischen Ostern und den Sommerferien 21 Stunden aus. An zwei Vormittagen wurden die Kinder vor den Fernseher gesetzt.“
Als Ministerpräsident würde ich einem solchen Fall einmal nachgehen. Ich würde mich vor Ort erkundigen, ob das tatsächlich die Lebenswirklichkeit an unseren Schulen ist. Wenn nicht, dann haben diese Leute übertrieben. Wenn es aber die Wirklichkeit ist und wenn das stimmt, wozu die Menschen stehen, dann ist es endlich Zeit zum Handeln, meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht mehr Zeit zum Schönreden.
Sie stellen sich diesen Aufgaben nicht. Sie verbessern die Situation an unseren Schulen nicht. Sie reden sich die Dinge schön. Sie behaupten hier, wir hätten das beste Betreuungsangebot für Kinder unter drei Jahren. Das Gegenteil ist richtig! Sie zählen ja jede Großmutter dazu, die auf ihr Enkelkind aufpasst. Das zählen Sie alles dazu.
Herr Kollege Maget, was ist denn herausgekommen, als Sie den eben zitierten Fällen nachgegangen sind?
Nein. Ich habe das mit der Journalistin von der „Süddeutschen Zeitung“, die das veröffentlicht hat, überprüft. Wir haben mit den Eltern gesprochen. Wir haben diese Eltern – wir werden das noch bei vielen anderen tun; darauf können Sie warten – gebeten und ihnen geraten, alle diese Dinge nicht nur in der Öffentlichkeit zu erklären, sondern auch in Form von Eingaben und Petitionen in dieses Haus zu tragen,
damit wir Sie nicht mehr in Ihrem Realitätsverlust verweilen lassen, sondern damit wir endlich – das würde ich gerne gemeinsam tun – gemeinsame Anstrengungen für
mehr individuelle Förderung, für bessere Bildung, für mehr Kinderbetreuung und für mehr Chancengerechtigkeit in unserem Lande unternehmen. Das sollten wir tun, anstatt ein Büchergeld einzuführen.
Stattdessen werden kritische Lehrerinnen und Lehrer mit Maulkörben bedacht. Günstlinge der Kultusministerin werden befördert, Kritiker zwangsversetzt. Alles das müssen ordentliche Gerichte in Bayern reparieren, anstatt dass Sie das in eigener Verantwortung korrigieren würden.
überbordende Bürokratie in unserer Schulverwaltung, wo wirklich Anlass zum Handeln gegeben wäre, wo Sie aber nichts tun. Ich nenne Ihnen dafür drei Beispiele.
Erstes Beispiel. Wenn eine Personalakte über einen Lehrer geführt wird, dann wird sie an der Schule geführt. Trotzdem wird auch noch vom Schulamt eine komplette Personalakte geführt. Eine dritte, sozusagen abschließende Personalakte wird bei der Schulabteilung an den Bezirksregierungen geführt. Hinzu kommt noch, dass die EDVSysteme auf diesen drei Ebenen so unterschiedlich sind, dass ein Datenabgleich nicht möglich ist oder zumindest enorm erschwert wird.
Zweites Beispiel. Will ein Lehrer oder eine Lehrerin an einer Fortbildungsveranstaltung teilnehmen, meldet er oder sie das seiner oder ihrer Schule.
Die Schule nimmt dazu Stellung und gibt den Antrag mit Stellungnahme an das Schulamt. Das Schulamt nimmt ebenfalls Stellung und reicht den Vorgang an die Regierung weiter. Die Regierung prüft den Antrag erneut und entscheidet, es sei denn, das Kultusministerium behält sich selbst eine Entscheidung in besonderen Fällen vor.
Als weiteres Beispiel nenne ich die Verwaltung der Krankenstatistik. Ein Lehrer ist krank. Der Schulleiter registriert die Krankmeldung, meldet dies an das Schulamt, und das Schulamt meldet das an das Schulamt der Bezirksregierung weiter. Das ist nicht nur überflüssige Bürokratie; das ist auch zynisch, weil man zwar feststellt, dass der Lehrer krank ist,
aber gleichzeitig die mobile Reserve abschafft und deswegen keinen Ersatz für diese Lehrer bereitstellen kann.
Das ist auch die Wirklichkeit in diesem Land. Da sollte eine Verwaltungsreform ansetzen. Herr Huber hat uns vor einem Jahr hier vorgehalten, dass Sie mittlerweile 70 000 Verwaltungsvorschriften zusammengeschrieben haben – Sie, nicht wir. Das wären einige Verwaltungsvorschriften, die man angehen sollte, die man aber deswegen nicht angeht, weil Bayern immer noch das zentralistischste Land aller deutschen Bundesländer ist. Haben Sie doch mehr Vertrauen zu den Schulen vor Ort, zu den Hochschulen vor Ort! Geben Sie denen eine Chance für mehr Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit und mehr Autonomie.
Wenn Sie das tun, haben Sie uns auf Ihrer Seite. Wir sind begeisterte Anhänger einer Entbürokratisierung und Verwaltungsvereinfachung. Sie muss allerdings bestimmte Kriterien erfüllen: mehr Bürgernähe, mehr Dezentralität, mehr Entscheidung vor Ort, mehr Effizienz, stärkere Einbeziehung der Kommunen, weniger Bürokratie, weniger Bevormundung, weniger Doppelarbeit. Um das zu erreichen, müssen Sie die Betroffenen und die Beteiligten, die Fachleute, einbeziehen und dürfen sie nicht außen vor halten. Sie müssen das Parlament einbeziehen.
Sie können das nicht in Ihrer Zweidrittelarroganz alles alleine beschließen. Sie haben keine Kosten-Nutzen-Analyse für die einzelnen Entscheidungen erstellt. Wir wollen das hier im Parlament diskutieren und darüber auf sachgerechter Grundlage entscheiden. Wir wollen uns nicht an dem beteiligen, wozu Ihr Projekt jetzt geworden ist: keine Verwaltungsreform, sondern ein pures Behördengeschachere, bei dem es nur noch darum geht, wer was zu wessen Lasten bekommt. Das ist wie auf dem orientalischen Basar und nicht wie in einer Verwaltung, in der vernünftig gearbeitet wird.
Die Kommunen sind von dieser Verwaltungsreform am meisten enttäuscht. Der Bayerische Landkreistag erklärt dazu beispielsweise – ich zitiere wörtlich: „Unsere Vorschläge haben samt und sonders die Papierkörbe der Ministerien gefüllt.“ Der CSU-Landrat von Bamberg, Herr Denzler, gibt zur Verwaltungsreform 21 – Ihr Meisterwerk, Herr Huber – folgende Bewertung ab: „Glatte Themenverfehlung, glatte Note 6.“
Das war Herr Denzler, Ihr CSU-Landrat in Bamberg; das war nicht ich. Diese Beurteilung kommt nicht aus heiterem Himmel. Eine solche Beurteilung entsteht, weil Sie das Ganze wieder einmal vom falschen Ende her aufzäumen. Die Sparmaßnahmen müssen oben beginnen. Zuerst gehört das Kabinett auf das Durchschnittsmaß in der deutschen Länderlandschaft verkleinert.
Die in unserer Verfassung – heute ist Verfassungstag, Herr Ministerpräsident – geregelte Ressortverantwortlichkeit wird wiederhergestellt. Das wäre gut für dieses Land. Der Freistaat Bayern hat auf der politischen Leitungsebene die höchsten Kosten pro Einwohner, nämlich 4140 Euro pro Einwohner im Jahr. Sie lieben den Ländervergleich sehr, deshalb weise ich darauf hin: in Nordrhein-Westfalen sind es 3002 Euro.
Auch ein Ländervergleich zeigt, dass in der bayerischen Staatsverwaltung noch erheblicher Gestaltungsspielraum zur Reduzierung bei den obersten Dienstbehörden besteht.
Bei den obersten Dienstbehörden, in der Tat! – Die Zahl der Spitzenpositionen bei Staatskanzlei und Staatsministerien hat sich in den letzten zehn Jahren wie folgt entwickelt: bei den B 3-Stellen plus 2,5 %, bei den B 6-Stellen plus 14 %, bei allen Stellen zwischen A 16 und B 9 insgesamt plus 4 %. Oben werden also die Stellen fett ausgeweitet, und unten blutet der kleine Verwaltungsangestellte und muss mit seiner Stelle bezahlen. Das ist keine vernünftige Verwaltungsreform.